Antirepression

STREIT: ORGANISIERTE VIELFALT UND ANTRIEB FÜR DEN WEITEREN PROZESS

Alltagstauglichkeit: Direkte Intervention üben


1. Einleitung
2. Anbahnung von Kommunikation und Kooperation
3. Kreative Streitorte schaffen und Methoden "erfinden"
4. Alltagstauglichkeit: Direkte Intervention üben
5. Links

Eine weitere wichtige, zur Zeit ebenfalls wenig geübte Form des Streitens ist die der direkten Einmischung oder sozialen Intervention. Damit ist gemeint, die abweichende Meinung und das Unbegangen mit einer bestehenden Situation direkt deutlich zu machen, d.h. in den Ablauf zu intervenieren, um zumindest diesen, oft aber auch um die beteiligten Personen mit ihren Auffassungen zu verändern.

Eine typische Anwendung ist die Beobachtung von Verhaltensweisen anderer, die einem nicht gefallen - also auch all das, was als Diskriminierung, Übergriff, Gewalt usw. bezeichnet wird. Die Gleichgültigkeit, mit der das Umfeld eines solchen Geschehens reagiert, ist oft fast mehr schockierend als der Vorfall selbst. Zumindest liegt ein Grund für die hohe Zahl von Übergriffen darin, dass kaum jemand sich einmischt. Weggucken, verharmlosen oder für sich gute Ausreden zum Nichthandeln überlegen sind eher an der Tagesordnung. Dabei wäre hier Streit nötig - Streit im Sinne des Empfindens einer abweichenden Auffassung ("was da läuft, finde ich falsch") und des Einmischens. Eine Vielzahl von Übergriffen können gemildert oder schon in der Entstehungsphase abgefangen werden, wenn Menschen es lernen, sich einzumischen. Das bedarf der Überwindung einiger Hemmnisse - zumindest in der aktuellen Zeit, die davon geprägt ist, dass Menschen sich nicht um das Geschehen um sie herum kümmern. Das wird so anerzogen, zudem hat, wer sich einmischt, mit einer Menge an Folgeproblemen zu können, z.B. wenn der Staat auch noch ins Spiel kommt und zu seiner eigenen Genugtuung TäterInnen, Opfer und ZeugInnen durch den Fleischwolf der Selbstinszenierungskultur "Justiz" dreht.

Aus Christoph Spehr (2003): "Gleicher als andere", Karl Dietz Verlag in Berlin
Es gehört zur Schwäche des vorherrschenden Marxismus, dass er über keine Konflikttheorie verfügt. Konflikte und der Umgang damit sind nicht vorgesehen. Konflikte sind immer objektiv entscheidbar, oder sie verschwinden im zukünftigen Kommunismus. Sie können daher nicht Gegenstand einer Politik des Sozialen sein, die auf Freiheit und Gleichheit Bezug nimmt. ...
(S. 41)
Eine Politik der Anerkennung ist etwas anderes als die liberale Idee der Toleranz – wonach jeder nach seiner Fasson selig werden mag, solange er bestimmte Grenzen einhält, bezüglich derer es wiederum keine Toleranz gibt. Anerkennung braucht den Konflikt und die Auseinandersetzung. Wir können Anderssein akzeptieren und als eine produktive Praxis begreifen, wenn wir dieses Anderssein kennen gelernt und zumindest Umrisse davon begriffen haben. ...
(S. 89)

Zum nächsten Text, dem vierten Text im Kapitel zur Praxis und konkreten Anwendungsfeldern: Umweltschutz

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