Antirepression

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Schadenersatz fordern & Strafanzeigen


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Schadensersatzzahlungen steigen
2019: Der Freistaat Bayern zahlt Mollath zusätzlich 600 000 Euro. Das schreibt die Süddeutsche.
Die steigenden Schadensersatzzahlungen hatten Psychiatriekritiker*innen schon im Dezember 2015 registriert (siehe Bericht).
Ob Versicherungen vielleicht bald schon die Menschenrechte missachtenden Zwangspsychiatrien als Risiko ablehnen?

Strafanzeigen?
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, bei Fixierungen und anderen Zwangsmaßnahmen ein Recht darauf besteht, die mögliche Strafbarkeit solcher Handlungen überprüfen zu lassen. Stellt ein Patient Strafanzeige, dürfen Gerichte und Staatsanwaltschaften nicht einstellen, wie sie es bei Übergriffen durch Hoheitsträger bislang meist machen. Das hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen (Beschluss vom 15. Januar 2020, Az.2 BvR 1763/16) und dabei klargestellt: „Ob ein Eingriff in die persönliche (körperliche) Freiheit vorliegt, hängt dabei allein vom tatsächlichen, natürlichen Willen des Betroffenen ab. Fehlende Einsichtsfähigkeit lässt den Schutz des Art. 2 Abs. 2 GG nicht entfallen; die Freiheit ist auch dem psychisch Kranken und nicht voll Geschäftsfähigen garantiert.“ Ärzte und medizinisches Personal können nun strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie ohne rechtswirksamen Beschluss eines Gerichts Zwangsmaßnahmen ergreifen, die sich später als Unrecht erweisen.

Das Werner-Fuß-Zentrum schrieb dazu (Mail am 23.1.2020):
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte im Sommer 2018 die Rechte von Betroffenen gegen Fixierungen gestärkt. Mit der gestern bekannt gemachten, wichtigen Entscheidung macht es klar: Wir meinen das ernst. Und in der Begründung hat es neue Maßstäbe gesetzt:
a) Ob ein Eingriff in die persönliche (körperliche) Freiheit vorliegt, hängt dabei allein vom tatsächlichen, natürlichen Willen des Betroffenen ab. Fehlende Einsichtsfähigkeit lässt den Schutz des Art. 2 Abs. 2 GG nicht entfallen; die Freiheit ist auch dem psychisch Kranken und nicht voll Geschäftsfähigen garantiert. Damit beginnt das BVerfG eine Revision seines Urteils von 2011, in dem es Nicht-Einwilligungsfähigkeit als einzige Rechtfertigungsmöglichkeit für eine gesetzlich geregelte psychiatrische Zwangsbehandlung behauptet hatte - fälschlicherweise, wie hier bewiesen wird. Diesen Beweis scheint das Gericht nun zur Kenntnis genommen zu haben.
b) Ärzte und medizinisches Personal machen sich ab jetzt ganz leicht strafrechtlich schuldig - insbesondere der Körperverletzung bei einer Zwangsbehandlung - wenn sie ohne rechtswirksamen Beschluss (also endgültigen Beschluss) eines Gerichts Zwangsmaßnahmen ergreifen, die sich später als Unrecht erweisen. Das ist z.B. der Fall, wenn das Gericht ohne ein nachvollziehbares psychiatrisches Gutachten den Zwangsmaßnahmen zugestimmt haben sollte.
Deshalb ganz wichtig: eine PatVerfü zu haben, mit der man von vornherein jede psychiatrische Begutachtung rechtswirksam untersagt (§1901a BGB) und konsequent schweigen, wenn ein Psychiater mit einem zu sprechen versucht, sondern nur stereotyp auf die PatVerfü hinweisen. Dann darf kein psychiatrisches Gutachten entstehen.
c) In Zukunft in jeder entsprechenden Strafanzeige (Muster siehe hier) auf diese Entscheidung des BVerfG 2 BvR 1763/16 hinweisen, so dass die Staatsanwaltschaft informiert ist, dass die Ermittlungen gründlich zu führen und zur Anklage zu bringen sind, weil höchstrichterlich entschieden wurde, das in solchen Fällen ein öffentliches Verfolgungsinteresse mit dem Recht auf effektive Strafverfolgung besteht.

Die Pressemitteilung des BVerfG hier: www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-005.html
Die Tagesschau berichtete hier: www.tagesschau.de/inland/verfassungsgericht-fixierte-patientin-101.html
Durch eine Strafanzeige können kostenlos, ohne einen eigenen Anwalt, Ermittlungen durch den Staatsanwalt ausgelöst werden. Wenn das Strafverfahren Erfolg gehabt hatte, kann danach erfolgversprechend ein Zivilverfahren auf Schmerzensgeld geführt werden, und dafür wird dann der Anwalt von der Gegenseite bezahlt.
Letztes Jahr konnte auch für einen 2014 zurückliegenden Fall ein Schmerzensgeld von 12.000,- € erzielt werden, siehe das Urteil hier:
www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE190035691
Bericht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hier: www.faz.net/aktuell/rhein-main/patientin-wird-zu-unrecht-fixiert-und-bekommt-12-000-euro-16296924.html?premium=0x283e794751dedfd2b90fabb9f711a110
Bericht im Ärzteblatt hier: www.aerzteblatt.de/nachrichten/104814/12-000-Euro-Schmerzensgeld-wegen-unrechtmaessiger-Fixierung


Allerdings ist eine Warnung wichtig: Wer eine Strafanzeige fertigt, muss dafür Aussagen vor einer Repressionsbehörde machen. Meist wird mensch dann als Zeugi geführt und hat dann auch weiterhin kein Aussageverweigerungsrecht. Wer aber mit Polizei, Gutachtis und anderen plaudern muss, gefährdet schnell sich selbst und andere.
Vorteile einer Strafanzeige sind die mögliche juristische Aufarbeitung, Entstehung von Akten mit Zwang der Gegenseite, sich zu äußern. Diese Akten können oft später eingesehen werden.
Eine Alternative wäre die Klage vor einem Verwaltungsgericht, wenn es rein polizeiliche oder behördliche Maßnahmen sind (also ohne Gerichtsbeteiligung).
  • Die Gruppe AntiRRR hat in „We dont talk to cops“ ausführlich aufgeschrieben, warum sie Strafanzeigen den falschen Weg finden.

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