Organisierung

KLIMA-KAPITALISMUS

Klimazertifikate


1. Politischer Unwille und reine Profitgier
2. Klimazertifikate
3. Fragwürdige Positionen von (Umwelt-)NGOs, Parteien und Klimaschutzgruppen
4. Kommentare zum Abschluß des Klimagipfels in Bonn (Juli 2001)
5. Und so weiter ...
6. Kohleausstieg in Deutschland: Kapitalismus frisst gute Idee
7. Al Gore und der Klima-Hype

Wie der Markt funktioniert ...
Im Original: Klimaschutz nach Kyoto-Protokoll ist Greenwashing
Aus dem Bericht "Vorwurf von Greenwashing Geschäfte mit CO2-Zertifikaten - heiße Luft?", auf: tagesschau.de am 10.1.2024
Wie viele CO2-Zertifikate ausgegeben werden können, ist vom Referenzgebiet abhängig. Dieses ist die Basis der zu erwartenden Waldschäden und entscheidend für die Anzahl der CO2-Zertifikate. Je mehr Abholzung im Referenzgebiet des Projektes stattfindet, umso mehr Zertifikate sind - bezogen auf das Projektgebiet - möglich. ...
Schon Nichtstun führt zu CO2-Zertifikaten, die woanders für CO2-Emissionen führen - ein klares Minus für den Klimaschutz. Der Trick: Für einen bestehenden Wald wird einfach behauptet, dass der Wald abgeholzt werden soll, aber das jetzt doch nicht passiert. Dann werden die Bäume so gerechnet, als wären sie neu gepflanzt. Das führt zu CO2-Zertifikaten, und damit kann dann woanders zum Klimawandel beigetragen, aber trotzdem behauptet werden, dass das Projekt, die Produktion oder das Produkt klimaneutral seien. ...
Das Netzwerk der Organisatoren, Zertifizierer und Vermittler funktioniert, weil sie - so Biologin Jutta Kill - alle davon profitieren: "All diese Profiteure bereichern sich letzten Endes an Gutschriften, die keine Basis in reellen Emissionsminderungen haben. Das heißt, der Profit geht auf Kosten nicht nur der Bevölkerung vor Ort, sondern - letzten Endes - auch auf Kosten des Klimas, weil hier zum großen Teil Phantomgutschriften gehandelt werden." Die Expertin sieht noch eine weitere Gefahr bei diesen Kompensationen: "Sie gaukelt uns vor, hier ist doch eine Netto-Null auf dem Papier, also können wir weiter Erdöl, Erdgas, Kohle konsumieren. In Realität gibt es diese Null aber in der Atmosphäre nicht. Das ist fatal."


Aus "Umweltverschmutzung wird zum Spekulaktionsobjekt", in: FR, 19.3.2009 (S. 18)
Unternehmen, die auf klimafreundliche Produktion setzen und in moderne Anlagen investieren, werden belohnt. Wer zu viel CO2 produziert, wird belastet. Davon soll nicht nur die Umwelt profitieren, sondern auch der deutsche Staat.
Der verdiente an dem Emissionshandel im vergangenen Jahr 933 Millionen Euro. Durch den Preisverfall könnten 2009 über 500 Millionen Euro in den Kassen fehlen, sagt ein Branchenkenner: "Die Drosselung der Produktion setzt Zertifikatsressourcen frei, ebenso werden sie von Unternehmen abgestoßen, um kurzfristig an frisches Kapital zu kommen."
Der Markt wird überflutet, der Preis sinkt, wie auch die Umweltbelastungen, aber das ist nur ein temporärer Effekt. Denn Unternehmen werden jetzt aus Kostengründen weniger in klimaschonende Anlagen investieren.

Ablasshandel JohannesburgAus: Agenda-Newsletter vom 18.10.2001, CAF, Bonn)
Surf-Tipp: Handel mit der heißen Luft
Das Bundesumweltministerium hat eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die bis Ende des Jahres Vorschläge für den Handel mit Kohlendioxid-Lizenzen vorlegen soll. Beteiligt sind Umweltverbände, Unternehmen, Industrie- und Handwerksverbände. Die EU-Kommission plant im Herbst einen Richtlinien-Entwurf zum Emissionshandel vorzulegen. Näheres unter: www.bmu.de/klimaschutz/fset1024.htm

Industrie freut sich auf mehr Umsätze
Aus einer Presseinfo der Carbon Expo (Handelsmesse für Klimazertifikate in Köln) vom 5.11.2004
"In Folge der Ratifizierung Russlands können wir mit einem beträchtlichen Anstieg der GHG-Marktaktivitäten (GHG=Treibhauseffekt-Schadstoffemission) rechnen, insbesondere in dem entscheidenden Bereich des Clean Development Mechanism (CDM). Die Marktaktivitäten haben bereits einen Zuwachs erfahren. Wir gehen von einer Verdopplung der Transaktionen auf ca. 160 Millionen Tonnen in diesem Jahr und von beträchtlichen Zuwächsen im nächsten Jahr aus, wenn die EU-ETS in Kraft treten wird. GHG-Märkte werden Preissignale für Unternehmen liefern, um neue sowie bereits bestehende saubere Technologien zu entwickeln und einzusetzen", so Dornau weiter.

Aus einem Interview mit dem Dresdner-Bank-Vorstand Otte Steinmetz, in: FR, 29.12.2004 (S. 10)
Die Anreize sind gut gesetzt
... Wir haben früh erkannt: Dieses neue System verändert das Agieren der Unternehmen, denn Umwelt bekommt jetzt plötzlich einen Marktpreis. Uns war klar: Das wird ein neues Produkt, ein neuer Markt, hier entsteht eine neue Handelsplattform. Und wer hier seine Firmenkunden gut beraten und die Risiken bewerten kann, der hat Vorteile. ...
Zunächst muss man sehen, dass viele Unternehmen - auch in der Grundstoffindustrie - ausreichend mit Zertifikaten ausgestattet wurden. ...
Warum soll nicht der Käufer eines spritdurstigen Autos bei den Banken CO2-Zertifikate erwerben, um sie dann stillzulegen. Was er zuviel an Kohlendioxid produziert, kann er so an anderer Stelle einsparen. Das könnte sein Gewissen sicher beruhigen. Oder die Autokonzerne bieten das gleich beim Pkw-Kauf als Paket an - mit Plakette für die Windschutzscheibe: Hier fährt ein Umweltschützer. ... das ist ein innovatives, marktwirtschaftliches Instrument.


Gemauschel bei der Umsetzung des Emissionshandel
Aus dem Pressedienst Nr. 012/04 des Bundesumweltministeriums am 23. Januar 2004 (Hrsg: BMU-Pressereferat)
Energie/Emissionshandel: Planwirtschaft lässt grüssen
Zur Diskussion um die Regeln für den Emissionshandel erklärt Bundesumweltminister Jürgen Trittin: Die Diskussion um die Ausgestaltung des Emissionsrechtehandels nimmt allmählich groteske Züge an. Während das Bundesumweltministerium eine Regelung vorschlägt, die es der Industrie erlaubt, beim Ersatz alter Kraftwerke durch neue Anlagen die weit bemessenen Emissionsrechte der Altanlage in vollem Umfang auf die Neuanlage zu übertragen, will die Kohle-Lobby, dass der Staat Emissionsrechte nach Brennstoff verteilt. Das ist Planwirtschaft. Das Umweltministerium setzt auf Marktwirtschaft. Der durch eine Neuanlage oder Modernisierung erzielte Effizienzgewinn bleibt nach unserem Vorschlag als Modernisierungsanreiz bei dem Unternehmen. Diese Übertragungsregelung soll unabhängig von der Art des Brennstoffs gelten, der in der neuen Anlage eingesetzt wird - also für Steinkohle, Braunkohle, Öl und Gas in gleicher Weise. Die Gesellschaft gibt so ein Ziel vor. Es bleibt den Unternehmen überlassen, wie sie das Ziel erreichen. Nur für Investoren, die neu auf den deutschen Markt kommen, also keine Altanlagen ersetzen, soll nach unserem Vorschlag ein ambitionierter Standard gelten. Die kostenlose Zuteilung soll in dem Umfang erfolgen, wie es für ein hocheffizientes, dem Stand der Technik entsprechendes Gas- und Dampfkraftwerk gleicher Kapazität angemessen wäre. Egal welche Technik und welcher Brennstoff eingesetzt wird: Die Emissionen des neuen Kraftwerkes müssen sich an dieser im Markt gängigen und relativ klimaschonenden Technik messen lassen. Wir wollen eine Übertragungsregelung auf der Basis des Produkts - nicht des Brennstoffs!
Die Umsetzung der Emissionshandelsrichtlinie in Deutschland wird insgesamt wirtschaftsfreundlich vorgenommen: Die Emissionszertifikate werden den Anlagen kostenlos zugeteilt. Als Basis dafür dienen die tatsächlichen Emissionen der Jahre 2000 - 2002. Um die deutsche Klimaschutzverpflichtung zu erreichen, wird die Gesamtmenge der Zertifikate bis 2010 schrittweise vermindert; der Umfang dieser Verminderung orientiert sich an der Selbstverpflichtung der Deutschen Wirtschaft zum Klimaschutz. Eigene Vorleistungen der Unternehmen für den Klimaschutz werden berücksichtigt. Kraft-Wärme-Kopplung wird begünstigt. Die Bundesregierung hält an ihrer Zusage fest, ihnen keine zusätzlichen Lasten gegenüber ihrer Selbstverpflichtung aufzubürden. Die Deutsche Industrie hat sich 2001 verpflichtet, gegenüber 1998 bis 2010 45 Mio. t CO2 einzusparen, davon allein 20 Mio. t durch den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung. 1998 hatten Industrie und Energiewirtschaft 508 Mio. t CO2 emittiert. Die Äusserungen der letzten Tage lassen befürchten, dass sich Teile der Industrie von ihren zugesagten Verpflichtungen verabschieden wollen - zu Lasten der Steuerzahler.


Aus Pressetext zum Klimahandel (Quelle hier ...)
Umweltminister Jürgen Trittin hat erstmals einen vollständigen Entwurf zur Umsetzung des europaweiten Emissionshandels vorgelegt.
Nach Angaben aus dem Umweltministerium wird das Kabinett den "Nationalen Allokationsplan" über die Zuteilung der Emissionszertifikate auf gut 2600 Anlagen in Deutschland bis zum 31. März fristgerecht verabschieden und der EU vorlegen. Danach muss auch das Parlament zustimmen. Ziel ist eine Reduzierung des Klima gefährdenden CO2-Ausstoßes. Dabei werden ab 2005 EU-weit Kohlendioxid-Verschmutzungszertifikate ver- und gekauft. Firmen, die CO2 einsparen, können überschüssige Emissionsrechte veräußern. Firmen, die über ihrem Limit liegen, müssen hinzukaufen.
Am Donnerstagabend hatte unter Leitung von Umwelt-Staatssekretär Rainer Baake erneut eine Runde aus den Ressorts Umwelt, Wirtschaft und Verkehr mit Vertretern der Industrie verhandelt. Dabei war es, wie schon bei früheren Treffen, nicht zu einer Annäherung gekommen. Am 12. Februar soll erneut gesprochen werden. Kern des Konflikts ist die Befürchtung der Wirtschaft, durch Einsparverpflichtungen beim Kohlendioxid Wettbewerbsnachteile zu erleiden.
Dagegen erinnert das Umweltministerium an die Selbstverpflichtung der Wirtschaft, bis 2010 gegenüber dem Stand von 1998 Emissionen von 45 Millionen Tonnen einzusparen. "Wir erwarten nicht mehr, aber auch nicht weniger Minderungsleistung als die deutsche Wirtschaft zugesagt hat", heißt es. Berücksichtigt sei in dem Entwurf bereits eine Entlastung der Wirtschaft in Höhe von 7 Millionen Tonne pro Jahr durch den Atomausstieg und von 10 Mio Tonnen durch Einsparverpflichtungen im Verkehrssektor.
BDI-Präsident Michael Rogowski nannte den Entwurf am Freitag "indiskutabel". Das Umweltministerium habe faktisch die Zusage zurück gezogen, von der Wirtschaft nicht mehr zu fordern als in den freiwilligen Klimavereinbarungen versprochen. Der Emissionshandel dürfe nicht zu "standortfeindlichen politischen Zielen missbraucht werden", sagte Rogowski.
Der Umweltschutzverband WWF betonte dagegen, Trittins Behörde sei den Vorstellungen der Industrie "sehr weit entgegengekommen". "Das Umweltministerium ist mit seinem Vorschlag aus ökologischer Sicht an die absolute Schmerzgrenze gegangen."


  • Weiterer Bericht zum Tauziehen um die Milliarden in der Bundesregierung
  • Trittin versucht, die Industrie einzufangen mit dem (richtigen!) Hinweis, dass der Emissionshandel vor allem dem Profit dient:
    • Berlin, 12.02.2004: Emissionshandel hilft Industrie beim Klimaschutz/Trittin mahnt Einhaltung von Zusagen an
    • Berlin, 11.02.2004: Gezielte Desinformation über den BMU-Vorschlag zum Emissionshande
  • Geschacher um Klimazertifikate an Großindustrie, in: FR, 29.6.2006 (S. 11)
  • Kritik an diesem Ablaßhandel auf sonnenseite.com (der Macher, Franz Alt, vertritt sonst oft auch rechte Positionen!)
  • Kritischer Text auf einem Wiki
  • BesetzerInnen am Hambacherforst fordern Klimaschutz von unten (Indymedia, 17.12.2012)

Im Original: Null Effekt wegen Zertifikaten?
Aus Oliver Geden, "Die Klimafront verläuft nicht im Alltag", in: SZ, 10.8.2008
Nur ein Beispiel: Der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass Stromsparen im Haushalt zu einer Verminderung des CO2-Ausstoßes führen wird. Dem ist jedoch mitnichten so. Denn das EU-Ernissionshandelssystemist so konstruiert, dass das Gesamtvolumen der Emissionsberechtigungen, die von Kraftwerksbetreibern und energieintensiven Industriezweigen erworben werden müssen, schon auf Jahre hinaus festgelegt ist, mit stetig sinkender Tendenz. Eine verminderte Elektrizitätsnachfrage privater Haushalte ändert nichts an der Gesamtzahl der ohnehin knappen Zertifikate. Zwar kann durch privates Stromsparen zunächst der C02-Ausstoß eines nahegelegenen Kohle- oder Gaskraftwerks sinken, es ermöglicht den Kraftwerksbetreibern jedoch, die nun überschüssigen Zertifikate an der Strombörse zu verkaufen. Die Emissionen werden also lediglich verlagert, entweder auf andere Kraftwerke oder hin zu industriellen Großverbrauchern von Elektrizität. Je mehr die umweltbewussten Haushalte einsparen, desto mehr und demzufolge günstigere Zertifikate kommen auf den Markt. Davon profitieren vor allem energieintensive Industrien wie Stahl- und Aluminiumhütten, für die der Druck zur Anpassung ihrer Produktionsprozesse ein wenig abgemildert wird - was in volkswirtschaftlicher Hinsicht nicht das Schlechteste ist, für den klimabewussten Verbraucher aber sich nicht der Grund war, sich eine effizientere Waschmaschine zu kaufen. ...
Die Systemausschnitte für die möglichst positive Bewertung der eigenen Alltagspraxis werden so gewählt, dass der Vorreiter-Anspruch gewahrt und das Gewissen beruhigt bleibt. Vielen wird es genügen, nun nur noch "im Kleinen'' einen Unterschied zu machen. Hin und wieder das Auto stehen lassen. Flüge in Kombination mit den angebotenen Projekten zur CO2-Kompensation buchen: "Immer noch besser als nichts". Wer ein bisschen Geld in die Hand nimmt und sorgfältig plant, kann aber auch mit strategischen Kaufentscheidungen beträchtliche Distinktionsgewinne erzielen - mit einer Solaranlage auf dem Dach natürlich leichter als mit einer Modernisierung der im Keller versteckten Heizungsanlage. Und das neue Auto sollte nicht nur über einen Hybrid-Antrieb verfügen, sondern als solches auch deutlich zu erkennen sind. Der Anspruch ist schließlich, durch nachhaltigen Konsum den uneinsichtigen Mitbürgern ein gutes Beispiel zu sein. Misst man den Ansatz einer ökologisch ausgerichteten "Alltagspolitikfi aber an seinen eigenen Ansprüchen, so fällt die Bilanz der letzten 30 Jahre doch recht bescheiden aus. Nicht einmal Energiesparlampen und CO2-arme Autos haben sich bislang am Markt durchsetzen können. Auf die Energie- und Materialeffizienz von industriellen Produktionsprozessen haben Endverbraucher ohnehin keinen Einfluss.


EIgentlich ganz gut ... Jubel von links und Öko
Aus Pomrehn, Wolfgang (2007), "Heisse Zeiten", Papyrossa in Köln (S. 152).
Die Idee des Emissionshandels hört sich in der Theorie ganz gut an.
Der Autor ist Redakteur bei Junge Welt und hat dort mehrfach gegen emanzipatorische Kritik am Handel mit Luft polemisiert.

Aus Uwe Witt, "Verrechnete Emissionen", in: Junge Welt, 30.12.2008 (S. 9)
Die Idee hört sich gut an, die Umsetzung in der Praxis ist mitunter katastrophal.


Es kam, wie es kommen mußte, das Kyoto-Protokoll entpuppte sich auch für die betriebsblinden Jubelperser aus den NGOs als Fehlschlag ... doch die Zertifikateidee wird nicht als Ursache bemerkt ...

Im Original: Das Scheitern bemerken
Aus einer Pressemitteilung der Umweltverbände am 9.2.2004 (Quelle)
Das eigentliche Ziel des Instruments, der Klimaschutz, droht beim Geschacher um die Verschmutzungsrechte unter die Räder zu kommen. Der Emissionshandel ist das zentrale Element, damit die Bundesrepublik ihre internationalen Klimaschutzverpflichtungen erfüllen kann. Falls sich die Industrie zu Lasten der Sektoren Haushalte und Verkehr durchsetzt, würde der Nationale Allokationsplan "weichgespült" und das Kyoto-Protokoll geriete in Gefahr. Die Umweltorganisationen WWF, Greenpeace, BUND, NABU und Germanwatch nehmen die aktuelle Diskussion zum Anlass, ihre Position zu den anstehenden Verhandlungen zu verdeutlichen.

Darüber jammern natürlich wiederum die Umweltverbände, die das ganze Zertifikatesystem noch selbst bejubelt hatten und auch jetzt positiv herausstreichen, dass die Industrie sowie übervorteilt ist
Presseinformation Berlin, 11.02.2004
Industrie will Klima-Zusage brechen
Umweltorganisationen kritisieren Blockadehaltung beim Emissionshandel
... "Der Vorschlag des Umweltministeriums verlangt von der deutschen Industrie nicht mehr, als sie in ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung bereits an Emissionsminderungen zugesagt hat. Wenn die Unternehmensvertreter jetzt sogar noch Zuschläge verlangen, sind sie wortbrüchig und fordern im Grunde eine Lizenz zum Klimakillen", so die Verbände. Dabei werde den deutschen Energieversorgern im aktuellen NAP-Entwurf die Möglichkeit geboten, bei der Errichtung von Neuanlagen riesige Extragewinne einzustreichen. ...


Ökokapitalismus pur
Aus dem Kommentar "Schwachstellen" in: FR, 13.4.2006 (S. 3)
Goldene Nasen haben sich die Unternehmen in der Vergangenheit am Emissionshandel verdient. Einfaches Prinzip: Für vom Staat geschenkte Abgaszertifikate den Bürger Stromkunden noch einmal blechen lassen. Frech kommt weiter. ... Für jedes neue Großkraftwerk bekommen sie Gratis-Verschmutzungsrechte.

Aus Uwe Witt, "Verrechnete Emissionen", in: Junge Welt, 30.12.2008 (S. 9)
Der Mechanismus ist allerdings in Verruf geraten: Von Investoren werde unter den Augen der UN je nach Fall geschickt manipuliert oder dreist betrogen, um billig an Emissionsgutschriften zu kommen, heißt es nicht nur unter Insidern. Neue Nahrung bekommt diese Einschätzung dadurch, daß das Klimasekretariat der Vereinten Nationen kürzlich dem norwegischen Prüfunternehmen DNV die Lizenz entzogen hat. Bei DNV handelt es sich um den weltweit größten Gutachter zur Beurteilung der ökologischen Integrität von CDM-Klimaschutzvorhaben in Entwicklungsländern.
Läuft bei den CDM alles richtig, dann ergibt sich zwar keine Emis sionsminderung, aber doch wenigstens ein Nullsummenspiel: Was im Süden eingespart wird, darf im Norden mehr ausgestoßen werden. Diese Formel beschreibt die Achillesferse des Systems. Denn werden auch Projekte anerkannt, die ohnehin durchgeführt worden wären, wird mehr CO2 ausgestoßen, der Planet also zusätzlich aufgeheizt. Denn die faulen CDM-Emissionsgutschriften wandern ins EU-Handelssystem. Dort werden sie genutzt, für neue Kohlekraftwerke etwa.

Aus einem kritischen Bericht über den Kyoto-Mechanismus in Indien, in: Junge Welt, 28.9.2006 (S. 9). Auszüge:
"Wieder einmal halten die reichen Staaten die Macht in Händen und diktieren uns die Bedingungen. Ich sehe eine deutliche Parallele zwischen der Welthandelsorganisation und dem CDM", kommentierte der Experte. Indien werde ohne Kontrolle über die Gewinne für eine nachhaltige Entwicklung zum Ausverkauf gezwungen. Skeptisch ist auch Mahua Acharya von der CO2-Finanzierungsabteilung der Weltbank. Sie vermißt international verbindliche, standardisierte Richtlinien und bemängelt, daß Investoren, Käufer, Projektentwickler und Prüfer zur Zeit auf einer wenig gefestigten Basis entscheiden.

Aus einem Bericht zur gleichen Konferenz (Nairobi 2006) in: Junge Welt, 20.11.2006 (S. 9)
In Deutschland bekommen die Unternehmen die Zertifikate kostenlos zugeteilt, während sie zum Beispiel in Grobritannien ersteigert werden müssen. Greenpeace hat berechnet, daß deutsche Energiekonzerne, Chemieunternehmen und andere dadurch mehrere Milliarden Euro im Jahr sparen.


Die Jubler
Ablaßhandel ...
Aus "profil:grün", Zeitung der Grünen-Bundestagsfraktion 9/2004 (S. 3)
"Sie verursachen mit Ihrem Flug von Berlin nach Zurich Abgase mit einer Klimawirkung von insgesamt etwas 150 Kilogram CO2. Diese können Sie mit einem atmosfair-Zertikat durch ein Klimaschutzprojekt für 4 Euro einsparen." Manchmal ist es leicht, einfach gut zu sein! ... Einmal Berlin-Zürich sind also 4 Euro. Die können Sie gleich an Ort und Stelle überweisen und unterstützen so ökologische Projekte in Entwicklungsländern, die nachweislich zu einer Reduzierung von Treibhaus-Emissionen beitragen. ... Na dann, guten Flug!

Nichts als Wirtschaftswachstum im Kopf ... Umweltschutz wird gar nicht mehr als Ziel erwähnt!
Aus dem Editorial von Martin Jänicke "Klimapolitik als Standortvorteil" in Umwelt, Zeitung des Bundesumweltministeriums, 11/05 (S. 605)
Deutschland hat mit seiner parteiübergreifend entwickelten Klimapolitik seit 1990 eine Vorreiterrolle eingenommen. Diese trägt jetzt ihre Früchte. Die ergriffenen Maßnahmen haben dem Land eine führende Marktposition bei wichtigen Zukunftstechnologien eingebracht. Sie erweisen sich zunehmend als wirtschaftlicher Standortvorteil.

Reinhard Loske (Ex-Grüner MdB) im Interview der Grünen-Zeitung "profil: grün" zur Bundestagswahl 2005 (S. 3)
Der Emissionshandel optimiert den Klimaschutz, und das nach den Regeln des Marktes.


Im Original: Kritik
Aus einem Aufruf zum Antira- und Klimacamp 2008
Was haben Migrationskontrolle und Überfischung miteinander zu tun? Was verbindet die Fregatten der europäische Grenzschutzagentur Frontex mit den industriellen Fischfangflotten? Ist es Zufall, dass sie beide vor der westafrikanischen Küste kreuzen?
Was haben Überschwemmungen mit einem Internierungslager zu tun? Ist es Zufall, dass MigrantInnen aus Bangladesh in der Westukraine in elenden Verhältnissen gefangen gehalten werden?
Auch wenn sich der Sinn dieser Fragen nicht auf den ersten Blick erschließt, der Zusammenhang ist gegeben. Und deshalb ist es aus unserer Sicht goldrichtig, dass sich die zwei Aktionscamps mit den Themenschwerpunkten Antirassismus und Migration sowie Klimawandel und Klimapolitik vom 15. bis 24. August in Hamburg zusammentreffen.
Hamburg steht für eine rücksichtslose und mit eiserner Konsequenz betriebene Abschiebepolitik, die nicht zuletzt auch europäische Koordinierungsaufgaben übernimmt. Gleichzeitig ist der Großraum Hamburg eine der reichsten Gegenden Europas, eine Boomregion, in der sich Waren- und Kapitalströme konzentrieren. Hamburg, weltoffen für Container und Millionäre, nicht aber für Menschen, denen das Geld nicht gerade aus der Tasche quillt.
Hamburg verkörpert damit symbolhaft eine europäische Politik, die z. B. den Fischern Westafrikas mit Fangflotten die Existenzgrundlage raubt und ihnen gleichzeitig mit hochgerüsteten Grenzsicherungsmaßnahmen die Einreise nach Europa verwehrt. Es ist eine Politik der rücksichtslosen Ausbeutung natürlicher Ressourcen und der totalen Unverantwortlichkeit gegenüber den sozialen Konsequenzen dieses Raubbaus. Dieser Zusammenhang von Reichtum auf der einen und Armut auf der anderen Seite erfährt durch den Klimawandel eine weitere Verschärfung. Wird doch seitens des UN-Umweltprogramms prognostiziert, dass weltweit einem Großteil der bereits überfischten Fischbestände aufgrund einer durch den Klimawandel verursachten Verlagerung der Meeresströmungen der völlige Zusammenbruch droht. Raubbau, Grenzschutz und Klimawandel gehen hier eine tödliche Allianz ein.
Nicht anders in Bangladesh, wo die vom globalen Norden zu verantwortenden Folgen des Klimawandels bereits deutlich zu spüren sind. Ansteigender Meeresspiegel und abschmelzende Gletscher führen zu immer häufigeren Überschwemmungen. Und wenn sich Betroffene auf den Weg Richtung Europa machen, laufen sie vermehrt Gefahr, noch vor der EU-Außengrenze abgefangen und z.B. im Lager Pawschino in der Ukraine unter unmenschlichen Bedingungen weggesperrt zu werden.
Solche Zusammenhänge aufzuzeigen und Verbindungslinien deutlich zu machen, ist ein Ziel des Hamburger Doppelcamps.
Kämpfe rund um die Themen Flucht und Migration sind seit Jahren Brennpunkte sozialer Auseinandersetzungen in und um Europa. Sie spitzen sich zu im Sturm auf Ceuta und Melilla oder im Widerstand gegen Abschiebungen. Die Aufstände in den Vorstädten französischer Metropolen gehören ebenso dazu wie Bleiberechtskampagnen in deutschen Kleinstädten. Die Organisierung von Selbsthilfe gegen rassistische Schlägertrupps ist genauso Bestandteil dieser Konfrontationen wie Kampagnen gegen rassistische Polizeigewalt und gegen die Residenzpflicht. Ebenso stehen Initiativen für den ungehinderten Zugang zu Gesundheitsversorgung, gegen Lager oder gegen ausbeuterische Arbeitsverhältnisse für eine Kampfansage an gravierende Ungleichbehandlung, gezielte Verarmung bis zur Existenzvernichtung und behördliche Schikanen. Antirassistische Auseinandersetzungen erscheinen dabei immer auch als Kämpfe um soziale Rechte.
Demgegenüber ist Klimawandel ein Begriff, der medial in erster Linie für meteorologische Extreme, Naturkatastrophen und technische Lösungen steht. Das Verständnis der globalen sozialen Dimension ist völlig unterentwickelt. Dabei ist klar, dass sich der bereits heute bestehende Zusammenhang von Armut, ungünstigen Umweltbedingungen und Anfälligkeit für klimatische Extreme wie Überschwemmungen, Erdrutsche, Dürren oder Stürme (sind es doch gerade Arme, die oftmals gezwungen sind, in ökologischen Risikolagen zu siedeln) zukünftig noch weiter verschärfen wird. Gleichzeitig werden in den reichen Ländern die mit den vorgeschlagenen technologischen Anpassungsstrategien verbundenen Kosten für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen wenn nicht zur Existenzfrage so doch mindestens zur Frage nach Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Auf der anderen Seite erkaufen sich diejenigen, die es sich leisten können, die Fortsetzung ihres bisherigen Lebensstils.
Diese Entwicklungen überschneiden sich mit der Absenkung sozialer Standards und der rasanten Verteuerung von Nahrungsmitteln, Prozesse, die seitens internationaler Anlegercliquen und Konzernchefs vorangetrieben werden. Oder anders gesagt: Wer arm ist, hat wenig oder keine Chancen, dem Zangenangriff aus globalisiertem Lohndumping, Klimawandel, Ressourcenplünderung und dem Diktat der Agrarkonzerne zu begegnen. Daher wird es eines unserer Anliegen auf den Hamburger Camps sein, die Diskussion um übergreifende globale soziale Rechte weiterzuentwickeln und neue Interventionsformen zu konzipieren.
In diesem etwas umfassenderen Verständnis ist die europäische Grenzschutzagentur Frontex eben nicht nur ein Werkzeug repressiver Migrationspolitik sondern auch der europäischen Klimapolitik. Frontex ist Teil einer sicherheitspolitischen Antwort auf stattfindende und noch mehr auf zukünftige Migrationsbewegungen. Diese werden weltweit zunehmend beeinflusst von den durch den Klimawandel verstärkten sozialen Verwerfungen.
Den durch das internationale Migrationsregime bedingten massiven Einschränkungen der Bewegungsfreiheit steht das Selbstverständnis gegenüber, dass ungehinderte Reisefreiheit und die Möglichkeit jederzeit (fast) alle Orte dieser Welt aufsuchen zu können, Teil des westlichen Lebensstils ist. Ein Partybesuch übers Wochenende auf Mallorca ist Normalität einer Generation Easy-Jet. Und wer etwas für das eigene grüne Gewissen tun will, leistet noch eine CO2 Ablasszahlung. Diese Reisefreiheit ist, global gesehen, das Privileg einer Minderheit. Die Mehrheit muss, um ihre Ziele zu erreichen, abenteuerliche und oftmals lebensgefährliche Wege einschlagen. Das Recht auf uneingeschränkte Bewegungsfreiheit ist von daher immer eine Kernforderung der antirassistischen Bewegung gewesen.
Anzuerkennen, dass das Recht auf Bewegungsfreiheit unteilbar sein muss und es gerade auch die Folgen des Klimawandels sind, durch die diese Forderung erneut auf die politische Agenda gesetzt wird, ist ein Schritt, den die Umweltbewegung hierzulande tun muss. Gleichzeitig gilt es einzusehen, dass ökologische Themen alle angehen und plakative Forderungen wie "Luxus für alle" haarscharf daneben zielen, wenn dabei vergessen wird, dass ein industriell-kapitalistischer Lebensstil auf höchstem Niveau global nicht verallgemeinerungsfähig ist. Dies herauszuarbeiten und zur Grundlage unseres politischen Handelns zu machen, ist ein weiterer Gegenstand unseres Hamburger Doppelcampings.
Die Auseinandersetzung mit der sozialen Dimension des Rassismus wie auch des Klimawandels und den dabei bestehenden Verbindungslinien beinhaltet auch eine Konfrontation mit technischen Lösungen und ihren jeweiligen Verfechter/innen. Dies sind auf der einen Seite die Technokrat/innen aus internationalen Organisationen, Think-Tanks und Innenministerien, die an Migrationskontrolle und Flüchtlingsabwehr arbeiten. Auf der anderen Seite sind es diejenigen, die die knallharte Politik der Ressourcenplünderung um eine neue technische Revolution ergänzen wollen mit dem vordringlichen Ziel, dem Exportweltmeister Deutschland eine strategische Spitzenstellung zu sichern.
Nicht zuletzt wollen wir im Rahmen der beiden Hamburger Camps anknüpfen an den Mobilisierungserfolg des G8 Gipfels im Jahr 2007 und die Vielfalt der dort behandelten Themen. Im August 2008 geht es uns nun darum, die hier nur grob skizzierten Verbindungslinien zwischen Rassismus, sozialen Konfrontationen und Klimapolitik zu vertiefen und in eine aktionsfähige Perspektive zu verwandeln. Wir versprechen uns von dieser inhaltlichen und praktischen Verklammerung, dass über jeweilige spezielle Interessen hinweg linke Zusammenarbeit gestärkt wird und wir gemeinsam Handlungsfähigkeit zurück gewinnen.


Nutznießer: Konzerne
Aus: Helfrich, Silke und Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg., 2009): "Wem gehört die Welt?", Ökom in München (S. 230)
Dabei geht es um erkleckliche Summen, die voraussichtlich noch beträchtlich ansteigen werden, wenn die Regierungen erst verstärkt auf den Klimawandel reagieren und, so ist zu hoffen, die Emissionsrechte weiter verknappen. Eine britische Studie brachte zutage, dass die Stromunternehmen in Großbritannien im Jahr 2005 durch Emissionszertifikate, die sie unentgeltlich von der britischen Regierung zugeteilt bekommen hatten, 1,5 Milliarden Dollar einnehmen konnten. Ein WWF-Papier veranschlagt die Mitnahmegewinne, die die fünf größten deutschen Stromerzeuger während der achtjährigen Laufzeit des derzeitigen europäischen Emissionshandelssystems (ETS, 2005 bis 2012) durch ihre inländische Geschäftstätigkeit erzielen werden, auf einen Betrag zwischen 31 und 64 Milliarden Euro.

Aus Jens Berger, "Die letzte Wachstumsbranche", auf: NachDenkSeiten, 10.6.2015
Vor allem für Deutschland geht es beim Thema "Klimaschutz" vor allem um den schnöden Mammon. G7 gegen Schwellenländer, Deutschland gegen alle. Die Umwelttechnologie ist ein gigantischer Markt mit einem Billionenvolumen - und Weltmarktführer ist Deutschland. Da wundert es kaum, warum in Deutschland der Klimawandel hysterischer als in anderen Ländern kommentiert wird. Bei all ihrem Geschachere um CO2-Reduktion verschenkt die Weltgemeinschaft dabei die Chance, die Folgen des Klimawandels wirklich zu minimieren. ...
Heute geht es eher um eine globale Umverteilung. Um Klimaziele zu erreichen, muss viel Geld in Umwelttechnik investiert werden. Davon profitieren zu allererst die Unternehmen, die im Markt stark sind, allen voran Weltmarktführer Deutschland. Wenn die Chinesen also weniger CO2 ausstoßen sollen, müssen sie viel Geld investieren. Geld für deutsche Technik aus deutschen Firmen.


Passend dazu eine Studie: Agrarlobby nutzt Klimakrise für Vorstoß auf Afrikas Saatgutmärkte
Aus einer Brot für die Welt-Presseinfo am 5.5.2015
Gemeinsam mit Brot für die Welt veröffentlicht das African Centre for Biodiversity (ACB) eine neue Studie zu dem von der Gates-Stiftung und von Monsanto geförderten Projekt "Water Efficient Maize for Africa" (WEMA). Die Studie zeigt am Beispiel dieses Projekts der Gentech-Lobby, wie groß die Kluft zwischen der Behauptung, Klimaschutz und Hungerbekämpfung zu betreiben, und der Realität sein kann. ... Das Konzept wird vor allem von Industrieländern und der Agrarindustrie als Lösung für die Klima- und Ernährungskrise propagiert.
Deutsche Zusammenfassung der Studie ++ Studie "Profiting from the Climate Crisis undermining resilience in Africa"

Im Original: Aus Fachartikeln und -büchern
Aus Sebastian Oberthür/Hermann E. Ott, 2000: Das Kyoto-Protokoll, Leske+Budrich in Opladen (S. 136)
... könnten die Mechanismen zur wegweisenden Innovation werden, da sie Prinzipien des Marktes in bisher nicht gekanntem Ausmaß in die internationale Umweltpolitik einführen.

Effizienz und Markt
Der Handel mit Emissionen hat die Herausbildung eines Markts von Emissionsrechten zu Folge, auf dem sich die Kosten, die verschiedenen Ländern bei der Einhaltung ihrer quantifizierten Verpflichtungen entstehen, nach unten angleichen. Infolgedessen werden die Gesamtkosten für die Erfüllung eines gegebenen Emissionsreduktionsziels minimiert, oder – anders ausgedrückt – die mit begrenzten Ressourcen erreichbaren Emissionsreduktionen werden maximiert. Der Emissionshandel ist somit ein Instrument, das bei der Emissionssenkung ein Maximum an Effizienz gewährleistet. (S. 243)

Zu den drei marktwirkschaftlichen Methoden im Kyotoprotokoll (Handel, Joint Implementation, CDM)
Der Emissionshandel, die Gemeinsame Umsetzung und der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (...) verfügen zweifellos über alle Voraussetzungen, um sich zu den wichtigsten Elementen des Klimaregimes zu entwickeln. Ihre politische Bedeutung kann wohl kaum zu hoch bewertet werden. Mit der Nutzung dieser Instrumente wird sich das Klimaregime von einer in erster Linie auf den Umweltschutz gerichteten Vereinbarung in einen „harten“ Wirtschaftsvertrag verwandeln. Es wäre denkbar, dass der CDM eines Tages in Konkurrenz zur multilateralen Entwicklungshilfe tritt. Mit der Schaffung eines Systems für den Handel mit Emissionen (und abgeleiteten Produkten wie Termingeschäften) könnte ein riesiger neuer Markt entstehen, auf dem umfangreiche Finanztransaktionen stattfinden. (S. 350)

Zu Joint Implementation
Die Bedingungen für spezifische JI-Projekte müssten zwischen einem oder mehreren Industrieländern und einem Entwicklungsland (...) ausgehandelt und von diesen umgesetzt werden. Häufig jedoch wird durch die Machtverhältnisse zwischen diesen potenziellen Partnern das Geberland begünstigt. ... Deshalb werden immer wieder Stimmen laut, die JI als eine Art „Neokolonialismus“ bezeichnen. (S. 204)

Zur direkten Beteiligung von Konzernen
... wäre es denkbar, daß die Regierungen bestimmten Unternehmen die Genehmigung erteilen, als Makler tätig zu werden und Emissionserlaubnisse wie beliebige andere Wirtschaftsgüter zu kaufen und verkaufen. Dies würde die Zahl der Marktteilnehmer beträchtlich erhöhen und einen „echten“ Markt entstehen lassen ... Aus wirtschaftlicher Sicht ließen sich durch die Beteiligung des privaten Sektors die Kostenwirksamkeit und die Effizienz eines Handelssystems verstärkten. (S. 254)

Zur Verlagerung von Maßnahmen in sog. Entwicklungsländer
Aus umweltpolitischer Sicht könnte für einige Industrieländer allein die Aussicht auf billige Emissionsreduktionseinheiten Grund genug sein, tief greifende Maßnahmen im eigenen Land zu unterlassen. (S. 256)

Zum Emissionshandel mit Osteuropa
Aus: Reimund Schwarze, 2000: Internationale Klimapolitik, Metropolis Marburg (S. 104, 141)
Die Transformationsländer Osteuropas sind für Zielgemeinschaften sehr interessant, da sich ihre Emissionsziele auf das Jahr 1990 beziehen. Zu Beginn der 90er Jahre ist ein großer Teil der Industrie in diesen Staaten zusammengebrochen, so dass sie überschüssige Emissionsrechte besitzen. ...
Die Emissionsprognose für die EU (...) lässt eine massive Überschritung der Emissionsziele erwarten. Für die prognostizierten Emissionen existieren also nicht genügend Emissiosrechte. Als Alternative zu einer u.U. kontraktiv wirkenden Verschärfung klimapolitischer Maßnahmen innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten ist deshalb innerhalb des Kyoto-Protokolls die Möglichkeit des internationalen Emissionsrechtehandels vorgesehen.


Zur Steigerung der Emissionsmengen durch Clean Development Mechanism (CDM)
... die ZERs (Anm.: Zertifikate, die die Emission ermöglichen) aus den CDM-Tansaktionen werden dem Emissionsbudget der Partei hinzugerechnet, welche das Projekt durchführt. Das Land, in welchem das Projekt durchgeführt wird (Gastland), verfügt dagegen nicht über ein Emissionsbudget, von welchem die entsprechende Menge abgezogen werden könnte. Beide Parteien haben also einen Anreiz, den Projektnutzen überzubewerten. (S. 106)

Entwicklungsländer gegen direkte CDMs
Entwicklungsländer lehnen das bilaterale Modell des CDM ab, weil sie befürchten, dadurch könnte eine ohnehin bestehende Schieflage in der privaten Entwicklungshilfe verstärkt werden. Die derzeit durchgeführten privaten Direktinvestitionen konzentrieren sich zur Zeit auf 25 bis 30 Länder, davon haben seit 1990 12 dieser Länder 80% der finanziellen Mittel erhalten (...). Hierbei handelt es sich vor allem um Schwellenländer, die bereits über eine gewisse Infrastruktur und für Entwicklungsländer relativ hohe Treibhausemissionen verfügen. Der CDM als bilateraler Mechanismus könnte diese Konzentration noch verstärken, weil gerade in diesen Ländern die höchsten Einsparpotentiale bestehen. Dies würde den Großteil der Entwicklungsländer aus einer sinnvollen Beteiligung an Klimarahmenkonvention und Kyoto-Protokoll ausschließen. (S. 155f)

Beispielbericht: Nichtabholzen von Wald ist Klimaschutz
Das Projekt ging davon aus, dass das schrittweise angekaufte Areal ohne Schutzmaßnahmen innerhalb eines Zeitraumes von 15 Jahren zu 100% gerodet worden wäre. (S. 217)

Kommerzialisierung aller ökologischen Fragen: Wie gute Ideen immer zu Startups werden ...
Ökolog*innen und Biolog*innen verdienen ihr Geld mit der Reparatur der Natur. Deren Zerstörung sichert die Jobs und Aufträge. Windräder und Co. sind eine feine Idee, werden aber schon lange nur noch gebaut, um Profit zu machen. Dass die Verkehrswende nur eine Antriebswende ist, liegt auch daran, dass es nur darum geht, neue Geschäfte zu machen. Der Klimawandel wird deshalb über kurz oder lang auch nicht mit CO2-Einsparung, sondern mit Geoengineering bekämpft. Das bringt zwar außer neuen Gefahren kaum was, aber eben neue Profite. Der Kapitalismus hat die Öko-Frage voll im Griff - und die größten Teile der Umweltbewegung folgt blauäugig den Verheißungen von nachhaltigem Wirtschaften und Green Deals. Zu retten ist die Welt so nicht, sondern nur dann, wenn es gelingt, auch die Machtverhältnisse zu ändern. Wer bestimmt über Natur und Ressourcen? ++ umwelt-und-macht.siehe.website

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