Projektwerkstatt

ARTIKELSERIE ZU GLAUBENSFRAGEN IM PROJEKTOR

Syrisch-orthodoxe Kirche: Umstrittener Bau


1. Freiräume ...
1. Syrisch-orthodoxe Kirche: Umstrittener Bau
3. Katholisch in Fulda
4. Hintergründe zum Islam
5. Judenverfolgung vor dem 3. Reich - und währenddessen

Der Regierungswechsel machte den Beschluß von einst zunichte, welcher der syrisch-orthodoxen Gemeinde in Bebra ein eigenes Gotteshaus zugestand.
Obwohl die Stadt seitdem für das gekaufte Grundstück anstatt für Akkerland für Bauland Steuern kassiert, ist die Stadt nicht bereit, den Bauantrag zu genehmigen, erläutert Besim Erden, Subdiakon: "Es geht hier nur um die politische Macht!" Die meisten der syrisch-orthdoxen Gemeindemitglieder leben schon seit ca. 20 Jahren in Bebra, betrachten die Stadt als ihre Heimat, und ungefähr die Hälfte besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft.
Obwohl die Aramäer sehr dankbar sind, die Kirche der Katholiken mitnutzen zu dürfen, begründen sie doch ihren Wunsch nach etwas Eigenem mit den Tatsachen, daß die Kirche zu klein sei und sie ihre eigene Tradition dort nicht erhalten können. "Unsere Kirche ist auf eine andere Art und Weise aufgebaut. Eigentlich beginnt der Gottesdienst mit dem Sonnenaufgang und dauert in voller Länge dreieinhalb bis vier Stunden. Dies hier durchzuführen ist unmöglich", begründet Erden. Der Altarraum ist heilig und darf nicht mit Schuhen betreten werden. "Doch wohin mit Schuhen von 30 bis 40 Me&sz;dienern?", fragt sich der Subdiakon.
Die CDU und der Bürgermeister Horst Groß (CDU) glauben, daß die Kirche und das Gemeindezentrum nicht in angemessener Größe und dem richtigen Standort geplant sind. Wahrscheinlich sei dies, unter anderem auf die von der syrisch-orthodoxen Gemeinde anfangs falsch angegebene Zahl der Sitzplätze in der Kirche zurückzuführen, erläutert Franz-Jürgen Reich, ein Befürworter des Gemeindezentrums aus den Reihen der CDU. Dies habe vor allem in der Bevölkerung falsche Vorstellungen hervorgerufen, meint Reich weiter. Anstatt der angenommenen 600 Sitzplätze würden laut Planung höchtens 380 Personen einen Sitzplatz bekommen.
Als in der CDU die Kritik aus den eigenen Reihen bekannt wurde, ereiferten sich einige besonders und taten sich mit anonymen Anrufen und Briefen hervor.
Franz-Jürgen Reich, der sich selbst als schwarzes (oder besser rotes) Schaf in der CDU berzeichnet, wurde auch Opfer dieser Anrufe: "Das ganze Türkenpack in den Sonderzug und Sie dazu - aber ohne Rückfahrkarte!" Dieses und ähnliches bekam er zu hören, weil er sich für den Bau der Gemeindezentrums und die Rechte der Aramäer einsetzt. "Es richtet sich hier alles eindeutig gegen Ausländer", meint der Sozialarbeiter. Er gibt aber zu bedenken, daß sowohl Aramäer als auch die Stadt Fehler gemacht hätten: "Es ist Sand im Getriebe - von allen Seiten!" Gleichzeitig fordert er aber eine Rückerstattung derKaufkosten für das Grundstück als moralische und christliche Verpflichtung der Stadt. Subdiakon Erden kritisiert vor allem die Befürchtung des Bürgermeisters, das Gemeindezentrum könne eine Sogwirkung auf andere Aramäer haben, die dann nach Bebra kommen würden. Dies sei aber völlig unbegründet, denn "junge Familien ziehen schließlich in die Orte, in denen sie Arbeit finden und nicht in die, die eine Kirche haben." Außerdem meint Erden, daß eine sogenannte demokratische Partei undemokratisch handele. "Dabei denken wir vor allem an die Jugend", sagt Eden.
Politisch gesehen ist der Bau des Geindezentrums erst einmal ein Jahr aus den Beratungen gezogen, da ein abgelehnter Antrag frühstens nach zwölf Monaten wieder gestellt werden darf. (mh).

Hintergründe zur syrisch orthodoxen Kirche
Ursprung: Wenige Jahre nach Christus sollen die Syrer in Antiochien (heutige Antakya in der Türkei) die erste christliche Gemeinde außerhalb von Pal?stina gegründet haben. Simon Petrus soll in Antiochien die erste Kirche gebaut haben. Dort sollen die Jünge r Jesu erstmals den Namen Christen getragen haben. Für die Syrer stellt Antiochien die Geburtstadt der Christenheit dar, und es wird eine Parallele zu Bethlehem, der Geburtsstadt Jesu, gezogen. Die syrisch-orthodoxe Kirche soll die erste christlich gegrü ndete Kirche sein, von der sich sp?ter alle christlichen Religionen abgespaltet haben sollen.

Religiöse Lehre: Viele Dinge sind in der katholischen und syrisch-orthodoxen Kirche ?hnlich wie z. B. der Glaube an die Dreifaltigkeit, die sieben Sakramente etc. Doch gibt es bei den Arten der Zeremonien Unterschiede, und die Auslegung der Bibel ist stre nger. Auch die Rolle der Frau ist in der etwas anders als in der katholischen Kirche. Zwar sind Frauen in der syrisch-orthodoxen Kirche offiziell gleichberechtigt und nehmen in der Gottesdienstordnung im Chor eine gleichberechtigte Stellung ein, aber nicht im Altarbereich. Außerdem sollen Frauen nicht ihre Reize zeigen, z.B. auch nicht ins Schwimmbad gehen, wie eine junge Syrerin dem Projektor berichtete. Zwar kann niemand eine Frau zwingen, einen bestimmten Mann zu heiraten, sie muß einverstanden sein, abe r für eine Scheidung reicht der Grund "Ich komme mit ihm nicht zurecht" nicht aus. (ah/lys).

Zur Person:

Besim Erden ist der Subdiakon der syrisch-orthodoxen Kirche in Bebra. Der Versandarbeiter ist 35 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kinder. Er lebt seit 1979 in Deutschland.

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