Projektwerkstatt

VERSUCHSFELD MIT TRANSGENER GERSTE: KÖNNEN DIE LANDWIRTSCHAFT?

Die Uni, die Stadt und das Beet


1. Die Uni, die Stadt und das Beet
2. Die Ziele des Gerstenversuchs: Täuschung und Wahrheit
3. Sicherheitsforschung war es nicht - was aber dann? Die tatsächlichen Versuchsziele
4. Umgang mit Fördergeldern und anderen Geldbeträgen
5. Vertuschte Risiken: Lügen und Täuschungen zu Auskreuzung und Gentransfer
6. Transparenz und Öffentlichkeitsarbeit
7. Stellungnahmen zum Versuch und zum Bedarf an transgener Gerste
8. Kritik an den MacherInnen des Gersten-Versuchsfeldes
9. Zusatzinfos zum Gengerstefeld
10. Wer wird da tätig? Kogel, das IFZ und sein Kollege Sonnewald
11. Der lange Weg zur Aussaat: Viele Jahre Labor, wenige Monate PR-Kampagne!
12. Einblicke in den Versuchsablauf
13. 2008: Eine Besetzung beendete den Versuch - aber nicht die Lügen!
14. Nachschlag 2009: Versuch in Groß Lüsewitz
15. Links


Mit Geld umgehen, Anträge fälschen und Strippen ziehen können sie, die AkteurInnen der Agro-Gentechnik. Das dürfte nachden Darstellungen zum Gentechnikfilz zwischen Behörden, Parteien, Firmen, Forschung und Lobbyverbänden deutlich. Doch können sie auch das, was sie eigentlich vorgeben, in der Hauptsache zu erforschen und dafür anzuwenden? Können sie ... Landwirtschaft?
Alles im Griff - das signalisieren sie seit Jahren. Machen wir den Test. Dabei sind wir nicht fies, sonst würden wir die Aufgabe stellen, ein paar Hektar gentechnisch veränderten Raps anzubauen, um danach zu schauen, ob der Raps sich via Bienen oder Samenkörnern weiter vermehrt. Das wäre eine ziemlich aussichtslose Lage für die, die das versuchten. Forscher, die mit gv-Raps arbeiten, haben zwar oft die dicke Lippe riskiert und solche Behauptungen aufgestellt, dass sie sogar Raps bändigen könnten, aber das diente wohl eher der politischen Durchsetzung mit den üblichen Lügen und Beruhigungspillen als dass sie das selbst glaubten.
Nein, wir sind gar nicht so und stellen eine leichte Aufgabe: Uns reicht ein kleines Beet. Schön übersichtlich, sagen wir: 9,6 Quadratmeter. Und dann nehmen wir eine Pflanze, die kaum eine Tendenz hat, sich selbst zu verbreiten - nur wenig Pollenflug, kein starker Durchwuchs über herausfallende Körner. Sommergerste. Ab 2006 wollten die Unis Gießen und Erlangen im Forschungsverbund mit international weiteren Universitäten ein solches kleines Beet mitten in Gießen, gleich neben der Universitätsbibliothek anlegen. Schauen wir mal, ob es ihnen gelungen ist - oder ob auch diese leichte Aufgabe zu viel war und die Gerste unkontrolliert in der Landschaft herumstand.

Die Uni, die Stadt und das Beet
Sehen wir uns als ersten einmal den Versuchsstandort an. "Mitten in der Stadt" ist nicht übertrieben. Direkt neben dem Feld steht die Universitätsbibliothek. An zwei weiteren Seiten finden sich vielbefahrene Straßen, die Rathenaustraße und der Alte Steinbacher Weg. Die vierte Seite, im Südwesten, wird durch die Parkplätze des Phil I, einem der Uni-Campusgelände, begrenzt. Voller urbaner Raum also - und Lieblingsstandort einer der wenigen wilden Gerstearten, die als Kreuzungspartner der gv-Gerste in Frage kämen, nämlich der Mäusegerste. Aber dazu später ...
Die Adresse: Alter Steinbacher Weg 44. Dort stehen auch die Gebäude des Instituts für Phytopathologie und Angewandte Zoologie (IPAZ).Chef ist unter anderem Prof. Karl-Heinz Kogel - und er ist der nach Gentechnikgesetz zu bestimmtende Versuchsleiter. Das Feld befand sich zwischen zwei Straßen (Alter Steinbacher Weg und Rathenaustraße), Uni-Parkplätzen und dem Uni-Gebäudetrakt Phil 1 - verborgen unter einem mit grünem Vogelnetz bespannten Holzgerüst. Rundherum legten die WissenschaftlerInnen eine Schwarzbrache ab, also unbewirtschaftete, offene Erde. Das Gesamtgelände war durch einen Maschendrahtzaun umgeben und konnte zu Fuß vollständig umrundet werden. Noch im umzäunten Grundstück befanden sich östlich ein Apfelbaumhain und gegenüber die benannte Ansammlung von Schuppen und Gebäuden des Institut mitsamt Einfahrt vom Alten Steinbacher Weg her (Nordwestecke des Grundstücks).

Im Original: Lagepläne und Links zum Ort des Feldes

Umgebungskarte Gießen-Landkreis (größer per Klick)

  • Das war der Eintrag ins Standortregister im Jahr 2006
  • Download der Genehmigung (gescannt als PDF)
  • Infoseite der Uni zur Versuchsstation am Alten Steinbacher Weg
  • Aktenauszüge als Ablichtungen der Originale mit Abschriften wichtiger weiterer Teile der Akten bei Universität Gießen und Regierungspräsidium Gießen (die Akteneinsicht erfolgt aufgrund des Hessischen Umweltinformationsgesetzes und musste gewährt werden)

Rundgang um den Versuchsstandort im Frühjahr 2006
Alle Richtungs-Beschreibungen zu den weiteren Bildern orientieren sich am ersten Bild aus der Uni-Bibliothek. Die Bilder stammen auf dem Jahr 2006.

Einfach Anklicken, um größere, hoch auflösendere Versionen anzusehen!
Bild links: Aufnahme aus der Uni-Bibliothek im Phil 1 mit Blick auf das Gerstenfeld genau in der Bildmittel. Das Feld liegt also unmittelbar neben dem Uni-Campus mit Philosophikum 1 (Phil 1), Mensa und AStA. Um anhand dieser Aufnahme einen ungefähren Eindruck der Lage zu vermitteln: Das eigentliche Versuchsfeld ist sehr klein; es soll von von einem "Randstreifen mit konventioneller Gerste umfasst, der wiederum von Schwarzbrache und einem 25 Meter breitem Streifen Weißklee umschlossen" werden (Gießener Anzeiger, 25.04.2006). Vor dem eigentlichen Genfeld und den dazu gehörenden Flächen liegen, wie zu erkennen ist, einige teilweise sehr marode Schuppen, weiter links ein nachts beleuchtetes Gewächshaus, es folgt ebenfalls links (auf dem Bild nicht sichtbar!) ein vom Feld abgetrennter Hof mit weiteren Schuppen und Gebäuden und einer durch ein Tor begrenzten Einfahrt vom Alten Steinbacher Weg. Der Alte Steibacher Weg (Straße und Fußweg) führt - siehe das weiße Auto - direkt am Gelände vorbei und trifft an dessen hinterem Ende auf die Rathenauer Strasse.
In der Bildecke unten links ist ein Uni-Parkplatz erkennbar, von dem aus ein Wege am Phil 1 vorbei führt Richtung Mensa und AStA.
Hinter dem Feld gibt es einen Apfelbaumhain, der mindestens an einer Stelle einen Zugang zur Versuchsfeld-Fläche besitzt.
Rechts neben dem Gelände befinden sich Uni-Parkplätze und die Rathenauer Strasse, die Phil 1 und Phil 2 von einander trennt und wie der Alte Steinbacher Weg direkt am Testfeld vorbei führt. Der hier auf dem Bild erkennbare Weg führt zu diesem Parkplatz.
Bild rechts: Aufnahme aus gleicher Sichtrichtung wie das erste Bild, allerdings vom Fußweg aus.


Bild links: Blick vom Parkplatz hinter der Uni-Bibliothek auf das Gewächshaus und den kleinen Fußweg, der nach links zum Alten Steinbacher Weg und zur Hofeinfahrt sowie nach rechts zu weiteren Uni-Parkplätzen und zur Rathenauer Strasse führt.
Bild rechts: Aufnahme vom Fußweg nach vor der Uni-Bibliothek zum Feld (Bibliothek im Rücken); sichtbar ist, dass sich zwischen Maschendrahtzaun und Feld keine weiteren Barrieren befinden.


Bild links: Weitere Aufnahme vom Fußweg mit Blickrichtung Alter Steinbacher Weg.
Bild rechts: Aufnahme vom Uni-Parkplatz mit Blick auf den Alten Steinbacher Weg. Zur Orientierung: Links (nicht sichtbar) befinden sich Gewächshaus, weitere Gebäude sowie die Uni-Bibliothek vom Phil 1. Auch hier nur ein einfacher Maschendrahtzaun.


Bild links: Aufnahme vom Fußweg an der Rathenauer Strasse mit Blickrichtung auf das Phil 1; das Gebäude links ist die Uni-Bibliothek, rechts sind Gewächshaus und weitere Gebäude auf dem Versuchsgelände erkennbar. Im Vordergrund: Durchgang zwischen Apfelbaumhain und Versuchsfeld.
Bild rechts: Weitere Aufnahme vom Parkplatz aus mit sehr genauem Einblick in die Struktur des Gersten-Feldes


Bild links: Aufnahme vom Fußweg am Alten Steinbacher Weg,in direkter Nähe zum Hof mit Schuppen und Gebäuden. Der Zaun im Vordergrund trennt Feld und Hofbereich.
Bild rechts: Aufnahme vom Fußweg am Alten Steinbacher Weg; links das Feld, rechts das Gewächshaus. Im Hintergrund ist der Uni-Campus mit den Gebäudetrakten des Phil 1.


Bild links: Blick über das Tor des Hofes. Rechts neben der Garage mit Holzflügeltüren ist das Gengerstenfeld zu sehen.
Bild oben rechts: Blick auf die Hofeinfahrt mit Tor vom Alten Steinbacher Weg; oben rechts ist die Uni-Bibliothek erkennbar.

Bild rechts: Am Ende des Rundgangs; ein Blick vom Parkplatz vor der Uni-Bibliothek auf den Hof und das große Gebäude rechts der Hofeinfahrt.


Genversuch behindert andere Forschung

Archivfoto, größer durch Klick

Was war denn vorher auf der Fläche? Eine spannende Frage, denn die Agro-GentechnikerInnen rufen ja immer laut nach Forschungsfreiheit, die sie durch die KritikerInnen ihrer Forschungsgeld-gefütterten Beete in Gefahr sehen. In der Betriebsanweisung zum Versuchsfeld findet sich der Hinweis, dass "während der Freisetzung der gentechnisch veränderten Gerste keine weiteren Feldversuche" stattfinden. Die gab es aber vorher - und zwar zuhauf, wie das Foto rechts deutlich zeigt. All diese Felder durften nicht mehr angelegt werden. Wer behindert hier wen? Hat nicht die Gier nach Forschungsmitteln und die Anlage des Gengerstenversuchs die Forschungsfreiheit behindert - in dem er nämlich eine Vielzahl anderer Versuche unmöglich machte? Mal abgesehen von den Geldern, die für die Agro-Gentechnik hinausgepulvert werden und in anderen Forschungsfeldern fehlen ...


Aus der Betriebsanweisung zum Feld (S. 2, Quelle: Akte beim RP)

Auf diesen Flächen wollten Prof. Kogel und sein Team dann 2006 genau 5000 transgene und Vergleichspflanzen ausbringen. Anders als in den Förder- und Genehmigungsanträgen angegeben, war es aber keine neu entworfene Prüfung von Umweltauswirkungen transgener Pflanzen, sondern die Fortsetzung eines jahrelangen Experimentes zur Entwicklung gentechnischer Verfahren und darauf folgenden neuer Produkte. Das geschah vor allem im Labor und trug seinen Teil dazu bei,das Gießener „IFZ für Umweltsicherung“ (welch ein Etikettenschwindel!) zu großen Teilen in lange Flure voller Gentechniklabore zu verwandeln.

Foto: So sah das Genversuchsfeld dann aus ... einsam auf der vorher vielfältig genutzten Fläche.

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