Projektwerkstatt

ANGEGRIFFEN, ANGEKLAGT, VERURTEILT - DIE MIESEN TRICKS DER STAATSMACHT

Inhaftierung und Gerichtsverfahren gegen Ella


1. Ella - die Lügen einer Staatsmacht, die einschüchtern will
2. Solidarität mit Ella ... und allen Gefangenen!
3. Inhaftierung und Gerichtsverfahren gegen Ella
4. Die Tricks, die Strafe und die Gegenbeweise - juristisch bewertet
5. Ella - der Dokufilm gegen die Lügen von Polizei und Justiz
6. Orte und Zeiten für die Filmvorführungen von "Ella"
7. Berichte, Ankündigungen und Besprechungen zum Film
8. Andere Strafverfahren zu Widerstand u.ä. im Danni

Ella oder: Wenn Justiz und Verteidigung nur noch gegeneinander, aber nicht mehr für die Menschen kämpfen

Am 23. Juni 2021 wurde UP1 („Ella“), die seit dem 26. November 2020 in Haft sitzt, weil sie wertvolle Bäume gegen einen menschen- und klimafeindlichen Autobahnbau verteidigt hat, zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Vermutlich war sie ein Zufallsopfer einer perfiden Strategie. Denn offenbar wollten Staatsmacht und vor allem die Polizei eine Story, die vom Thema Autobahnbau und Waldvernichtung, von der rabiaten Räumung und Missachtung des Versammlungsrechts ablenkt. Drei SEK-Beamte aus Nordrhein-Westfalen mussten dafür Baumstämme erklettern. Drei Hubwagen standen in der Nähe herum, wurden aber nicht eingesetzt. In 15m Höhe suchten die vollvermummten Kletterspezialisten die Konfrontation. Ein Gerangel folgte. Der Rest ist erfunden. „Ella“, deren tatsächlicher Name immer noch unbekannt ist, wurde wegen versuchter Tötung angeklagt und eingesperrt. Alle drei SEKler behaupteten nämlich, bei der Auseinandersetzung in luftiger Höhe nicht gesichert gewesen zu sein. Was angesichts der Topausbildung solcher Kletter-Cops kaum zu glauben war, entpuppte sich auch schnell als Lüge. Selbst die Videos der Polizei zeigten, dass sich alle drei zunächst mit einem Extraseil befestigten – und dann angriffen. Doch diese Lüge war nicht alles: Verletzungen, Dienstunfähigkeiten und Atteste wurden erfunden. „Ella“ sollte mehrfach gegen Köpfe getreten haben. Auch die Hubwagen wurden verschwiegen. Mit der Story gelang es, das Medieninteresse zu wecken. Der Staat hatte sein Opfer, die Haftbefehle reine Formsache. Bild, Osthessen News und andere geiferten.

Erste Instanz am Amtsgericht Alsfeld
Sechs Monate nach der Festnahme begann in Alsfeld der Prozess gegen die Aktivistin, die durch die Polizeiaktion mehrfach in Gefahr gebracht wurde, aber jetzt trotzdem zwecks Einschüchterung der gesamten Bewegung büßen sollte. Um die Anklage im zentralen Punkt, der Todesgefahr für die SEKler in 15m Höhe, aufrecht erhalten zu können, bauten Staatsanwaltschaft (vertreten meist durch Mareen Fischer) und Richter Süß vor allem auf Zeug*innenaussagen. Dass diese abgesprochen und erfunden waren, war schon zu diesem Zeitpunkt klar. Ein Team aus Personen, die selbst im Danni aktiv waren und sowohl Örtlichkeit als auch Abläufe kannten, wertete die vorhandenen Videos aus und fand ausreichend Beweise, dass die SEK sehr wohl gesichert waren und nicht hätten abstürzen können. Selbst eingreifen konnten sie in den Prozess jedoch nicht, weil das Gericht die zwei beantragten Laienverteidiger*innen ablehnte. So arbeiteten sie dem Pflichtverteidiger zu, der auch einen entsprechenden Antrag stellte und einen Sachverständigen als Gutachter hinzuziehen wollte. Das Gericht lehnte jedoch alles ab und ….
  • nahm somit nicht einmal die eigenen Videos zur Kenntnis,
  • missachtete fast alle Beweisanträge der Verteidigung,
  • ließ die SEKler vermummt und anonym auftreten, dann lügen und schützte sie vor einer Vereidigung, die angesichts der offensichtlichen Lügen durch die Verteidigung beantragt wurde,
  • verurteile UP1 dann zu zwei Jahren und drei Monaten,
  • verlängerte den Haftbefehl und schickte Ella so weiter in den Knast.


Berichte in Medien gab es viele, darunter:

Bericht im Gießener Echo im August 2021
Gemeint sind alle: Ella als politische Geisel
Am 23. Juni 2021 wurde UP1 („Ella“), die seit November 2020 in Haft sitzt, weil sie wertvolle Bäume gegen einen menschen- und klimafeindlichen Autobahnbau verteidigt hat, zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Vermutlich war sie ein Zufallsopfer einer perfiden Strategie. Denn offenbar wollten Staatsmacht und vor allem die Polizei eine Story, die vom Thema Autobahnbau und Waldvernichtung, von der rabiaten Räumung und Missachtung des Versammlungsrechts ablenkt. Drei SEK-Beamte aus Nordrhein-Westfalen mussten dafür Baumstämme erklettern. Drei Hubwagen standen in der Nähe herum, wurden aber nicht eingesetzt. In 15m Höhe suchten die vollvermummten Kletterspezialisten die Konfrontation. Ein Gerangel folgte. Der Rest ist erfunden. „Ella“, deren tatsächlicher Name immer noch unbekannt ist, wurde wegen versuchter Tötung angeklagt und eingesperrt. Alle drei SEKler behaupteten nämlich, bei der Auseinandersetzung in luftiger Höhe nicht gesichert gewesen zu sein. Was angesichts der Topausbildung solcher Kletter-Cops kaum zu glauben war, entpuppte sich auch schnell als Lüge. Selbst die Videos der Polizei zeigten, dass sich alle drei zunächst mit einem Extraseil befestigtenen – und dann angriffen. Doch diese Lüge war nicht alles: Verletzungen, Dienstunfähigkeiten und Atteste wurden erfunden. „Ella“ sollte mehrfach gegen Köpfe getreten haben. Auch die Hubwagen wurden verschwiegen. Mit der Story gelang es, das Medieninteresse zu wecken. Der Staat hatte sein Opfer. Bild, Osthessen News und andere geiferten. Sechs Monate nach der Festnahme begann in Alsfeld der Prozess gegen die Aktivistin, die durch die Polizeiaktion mehrfach in Gefahr gebracht wurde, aber jetzt trotzdem zwecks Einschüchterung der gesamten Bewegung büßen sollte. Das Gericht nahm die eigenen Videos nicht zur Kenntnis, missachtete Beweisanträge der Verteidigung und schickte UP1 weiter in den Knast. Der ganze Ablauf wurde inzwischen komplett nachgestellt. Ein Videomitschnitt findet sich unter youtu.be/63d0Umw3sPU. Die Berufung wird am Landgericht Gießen stattfinden.


Zwischenphase I: Die Reaktion aus den Soligruppen
Das Entsetzen bei Ella und Umfeld war groß. Das Justiz stets politisch agiert, d.h. im Sinne der herrschenden Klasse, ist bekannt. Derart dreist ein Verfahren zu manipulieren, klare Beweise zu ignorieren und willkürlich ein hartes Urteil zu sprechen, übertraf aber das Durchschnittliche, was mensch von Gerichten gewöhnt ist. Es kam daher zu verstärkten Bemühungen, Ella zu unterstützen. Dazu gehörten Gespräche um eine Verstärkung der Verteidigung. Ein zweiter Anwalt sollte von der Roten Hilfe finanziert werden, um die Zwischenphase und die zweite Instanz zu unterstützen. Dieser stimmte sich auch mit den in der ersten Instanz noch abgelehnten Laienverteidiger*innen ab, die einen erneuten Antrag auf Zulassung zum Verfahren stellen wollten. Damit war ein neues, stärkeres Team gebildet, welches aber durch interne Intrigen dann nicht mehr handeln konnte (siehe Zwischenphase II).
Das bisherige Unterstützungsteam wollte ohne nicht bis zur zweiten Instanz warten, sondern die Justiz zwingen, Ella schneller aus dem Knast zu entlassen. Dazu wurde das ganze Wissen des Videoauswertungsteam in zwei Formen gegossen: Eine Nachstellung als Theaterperformance – und einen Dokumentarfilm mit den Originalfilmen, die das Alsfelder Gericht nicht ansehen wollte. Das Theater wurde bei einer Demonstration in Wiesbaden ur- und später noch zweimal nachaufgeführt. Ein Videomitschnitt der ersten Aufführung findet sich unter youtu.be/63d0Umw3sPU.
Ebenso aufwändig war die Erstellung des Dokumentarfilms über all die Abläufe und das bisherige Verfahren, die Lügen und die Fehler im erstinstanzlichen Urteil. Zudem wollten die Filmemacher*innen Ella so weit wie möglich in den Ablauf einbeziehen, was nicht ganz einfach war, da sie keinen unkontrollierten Zugang zu ihre hatten und auch nicht wollten, dass die Repressionsorgane des Staates vor der Veröffentlichung gegen den Film vorgehen konnten. Der Staat hat nämlich jederzeit die Möglichkeit, etwas zu verbieten und sogar vermeintliche Beweismittel zu beschlagnahmen. Dagegen kann mensch sich nur vor Gerichten wehren – und das dauert oft Jahre. Die Zeit aber war nicht da, schließlich war das Ziel, durch die Beweisführung via Film die Gerichte zu zwingen, ihre Entscheidungen zu revidieren. Schließlich gelang es, Ella den kompletten Filmtext in englischer Übersetzung vorab zuzuleiten und ihre Rückmeldungen in die Endfassung einzubauen. Am 1. Oktober 2021 wurde der Film in 103 Orten gleichzeitig uraufgeführt, darunter neben der Mauer der JVA Preungesheim, wo Ella inhaftiert wurde, und vor dem Landgericht Gießen, an dem die zweite Instanz folgen sollte. Der dortige Richter Nink war zu diesem Zeitpunkt zudem schon zuständig für die weitere Haftfrage.
Am Tag nach der Uraufführung wurde der Film online gestellt und der bisherige Verteidiger warf einen Brief beim Landgericht ein mit dem Antrag auf Haftentlassung. Aufgeklebt hatte er einen USB-Stick mit dem Film …

Zwischenphase II: Machtkämpfe hinter den Kulissen und Auswechselung der Verteidigung
Leider kam es nicht zu einer Entscheidung des Gerichts über die Haftentlassung. Schuld daran waren diesmal nicht Staatsanwaltschaft oder Gericht, sondern die neue Verteidigung von Ella.
Schon während der Arbeiten am Dokumentarfilm „Ella“ wurde bekannt, dass hinter den Kulissen am Austauschs des Hauptverteidigers und einer Verhinderung der Laienverteidigung auch in der zweiten Instanz gewerkelt wurde. Die Strippenzieher*innen stammten aus der Lebenslaute Hessen und aus der Roten Hilfe, die seit Jahren mit teilweise völlig absurden Methoden (Gewaltandrohung, Verbreitung von Gerüchten über Pädophilie, Verfassungsschutzmitarbeit usw. oder Behauptungen über Misserfolge von Laienverteidigung) gegen Selbstermächtigung und den Verlust ihrer Monopolstellung in der Repressionsarbeit kämpft. So empfahl sie im Jahr 2008 ihren Mitgliedsgruppen, die Veranstaltung „Fiese Tricks von Polizei und Justiz“ zu boykottieren und fällte einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit kreativer Antirepression. Weitere Beispiele …
Der „Rauswurf“ der alten Verteidigung wurde mit dem Wunsch von Ella nach anderen Verteidiger*innen begründet, die mehr direkten Kontakt zu ihr halten würden. Das klang oberflächlich nachvollziehbar, war aber tatsächlich nur vorgeschoben. Denn dafür war es nicht nötig, die bisheriger Verteidiger*innen aus dem Verfahren zu nehmen. Es hätten auch einfach mehr Verteidiger*innen sein können. Doch es ging nicht nur darum, die gewünschten neuen Verteidigerinnen zu installieren, sondern vor allem auch, die alten loszuwerden – und eine Laienverteidigung zu verhindern.
Im September kam der Wechsel in der Verteidigung dann ins Rollen. Eine erste Tätigkeit war der Versuch, den Film zu verhindern, was aber nicht gelang. Als der Film dann uraufgeführt wurde und der alte, noch als Wahlverteidiger amtierende Anwalt den Antrag auf Haftentlassung stellte, schuf die neue Verteidigung dann Fakten und drängte die bisherige Verteidigungscrew aus dem Verfahren. Eine ihre ersten Handlungen: Die Rücknahme des Antrags auf Haftentlassung. Es war offensichtlich, dass sie eine Freilassung von Ella zu diesem Zeitpunkt nicht wollte, weil dann der Film als Auslöser angesehen werden würde. Der aber kam von denen, die ja gerade nicht mehr dabei sein sollten. So nahm die neue Verteidigung das bisher stärkste Gegenmittel zu den Lügen der Justiz selbst aus dem Rennen und sorgte dafür, dass Ella weiter im Gefängnis blieb. Angesichts dessen, was der Film hinter den Kulissen sofort auslöste, hätte der Haftentlassungsantrag gute Chancen gehabt. Leider wurde das aber erst im Verlauf der zweiten Instanz bekannt …
Auch mit ihrem Wunsch nach späterem Termin für den Beginn der zweiten Instanz verlängerte die Verteidigung die Haftzeit von Ella. Angeblich sollte noch ein neues Gutachten fertig werden. Internen Informationen (die neue Verteidigung verhängte eine komplette Nachrichtensperre gegenüber den weiteren Unterstützungsgruppen) zufolge wurde das aus Spendengeldern finanziert, war aber nur eine Wiederholung eines schon in der ersten Instanz erstellten Gutachtens. Das stammte von der alten Verteidigung – und von der sollte offenbar nichts mehr verwendet werden.
In allen Fällen bedienten sich Verteidigung und Strippenzieher*innen im Umfeld den Formulierungen „ist Ellas Wunsch“ oder „ist mit Ella abgesprochen“ als ständige Legitimation – auch und vor allem dann, wenn gute Gründe fehlen oder verschleiert werden sollen. Besonders fragwürdig war das bei Entscheidungen, die Chancen auf eine Haftentlassung bewusst ausließen oder die Haftzeit von Ella sogar verlängerten – mit einem erschütternden Höhepunkt am 7. Prozesstag der zweiten Instanz (Berufung).
Zwischen der neuen Verteidigung und den meisten Solidaritätsgruppen gab es keine Informationsflüsse mehr. Viele Unterstützer*innen wurden von Anträgen und Strategie der Verteidigung immer wieder überrascht, viele verstanden die Manöver gar nicht. Mail- und sonstige Anfragen wurden nicht beantwortet.

Die zweite Instanz (Berufung) ab 17. Januar am Landgericht Gießen
Wieder nach über einem halben Jahr Verzögerung begann am Landgericht Gießen die nächste Runde ++ Terminübersicht und aktuelle Infos ++ Gerichtsort: Gießen, Stolzenmorgen (50.59810684731203, 8.734114245209177)
Am 17. Januar – wieder nach über einem halben Jahr Verzögerung – begann am Landgericht Gießen die nächste Runde. Der Hirnstupser begleitete die Prozesstage und berichtete jeweils im Anschluss an das Geschehen. So vom ersten Prozesstag, an dem sich der Richter politisch klar auf die Seite der A49-Gegner*innen stellte und Ella überraschend nicht nur eine politische Erklärung abgab, sondern auch – völlig überflüssig und für einen Rote-Hilfe-gesteuerten Prozess sehr ungewöhnlich – ein Geständnis ablegte …

Ella - der Prozess, Tag 1


Dann vom zweiten und einem ausgefallenen Verhandlungstag …

Ella - der Prozess: 2. Tag und ausgefallene Verhandlung am 24.1.


Schließlich vom dritten und vierten Tag, die jeweils sehr ereignisarm und von langatmigen Paragraphenreitereien geprägt waren.

Ella - der Prozess, Tag 3 und 4: Filme, Zeugis und unerträgliche Verteidigung


Die Langatmigkeit der Verhandlung und die rein formal geführte, dadurch stark entpolitisierte Verhandlungsstrategie der Verteidigung ließ das Interesse der Presse und die Menge der Unterstützer*innen sinken. Am fünften Prozesstag erreichte deren Anzahl ihren Tiefpunkt. Das war dumm, denn dieser Tag wurde der Höhepunkt des Ganzen. Unter dem Druck des Films „Ella“ entschlossen sich die SEKler nämlich, ihre Lügen aus der ersten Instanz zu widerrufen. Zum Glück wussten sie nicht, wie verhasst dieser Film auch bei der neuen Verteidigung war …

Ella - der Prozess, Tag 5: SEKler gestehen ihre Lügen ein


Ab diesem Moment war alles anders. Der sechste Prozesstag zeigte deutlich, dass die Staatsanwaltschaft und ihre Anklage stark unter Druck gerieten. Das Gericht kündigte an, dass das Urteil von Alsfeld im wichtigsten Punkt nicht nochmal fallen würde und drängte auf ein zügiges Ende des Prozesses. Das schien auch möglich …

Ella - der Prozess, Tag 6: Dem Ende entgegen ... wird Ella noch vorher entlassen?


Am 7. Prozesstag erwarteten folglich viele das Ende des Prozesses und die Freilassung von Ella. Die Presse war entsprechend stark vertreten. Und draußen vor dem Zaun warteten Menschen mit Essen, Blumen und mehrere Musikgruppen. Sie alle waren aber umsonst gekommen, denn die Verteidigung zeigte an diesem Tag noch deutlicher als bisher, dass es ihr um einen Paragraphenkrieg ging – auch wenn sich die Haft von Ella dadurch verlängerte. Der Bericht im Hirnstupser vom Folgetag:

Ella - der Prozess, Tag 7: Leider nicht der letzte Tag, Verteidigung sorgt für längere Haft für Ella


In den Tagen danach steigerte sich die Absurdität, denn Ella ging in den Hungerstreik, um ihre Freilassung einzufordern. Warum hatte sie aber dann dem Treiben ihrer Verteidigung zugestimmt? Hatte sie nicht verstanden, was die vorhatten? Oder war sie – mal wieder – falsch informiert worden über die Folgen? Laut Verteidigung und den Strippenzieherinnen im Hintergrund hatte Ella schon dem Rauswurf des vorherigen Verteidigers, der Ablehnung von Laienverteidigung, der Rücknahme des Haftentlassungsantrags Anfang Oktober 2021 und dem späteren Prozessbeginn zugestimmt – alles zu ihrem Schaden. Jetzt reagierte sie auch die Verzögerungstaktik der Verteidigung mit einem Hungerstreik. Das wirft die Frage auf, ob sie doch nicht so genau befragt oder schlicht falsch informiert wurde.
Absurd auch das erneute Interview der Haupt-Strippenzieherin im Hintergrund, organisiert in der Gruppe Lebenslaute Hessen, bei ColoRadio. Dort verharmlost sie die zusätzlichen Hafttage mit den Worten: „Ich glaube, dass es Ella nicht so wichtig ist, jetzt nach über einem Jahr Haft, diese zehn Tage früher oder später rauszukommen. Das macht den Bock nicht fett.“ Sagen die draußen, während Ella in den Hungerstreik ging für ihre Freiheit …

Ella - der Prozess: Verhandlung am 10.3. findet nicht statt - Gefangene im Hungerstreik


Diejenigen, die das Desaster verursachten, hatten offenbar nicht damit gerechnet, dass ihre Strategie selbst in ihnen wohlgesonnenen Kreisen auf Irritation stoßen würde. Daher übten sie sich schnell in Verschleierung bis Verdrehung und schickten, für sie ungewöhnlich, verschiedene Erklärungen und sogar eine Presseinfo raus, die aber nicht wirklich Substantielles enthielten. Eine Bundesvorständlerin der Roten Hilfe gab der Junge Welt ein Interview, in dem sie die Nicht-Haftentlassung und die Verzögerung im Prozess zu erklären versuchte, aber dabei den Befangenheitsantrag komplett verschwieg. Die Strippenzieherin im Hintergrund von der Gruppen Lebenslaute Hessen gab mal wieder ein Interview bei ColoRadio und erklärt die Strategie der Verteidigung mit dem Versuch, in einer nachfolgenden Revision bessere Chancen zu haben. Das mag stimmen, aber erstens wäre eine Revision auf jeden Fall so spät, dass Ella längst entlassen wäre – selbst wenn sie die volle Strafe absitzen müsste. Zweitens ist die Revision nur noch eine Rechtsfehlerüberprüfung. Hier richtet dann ein OLG-Senat darüber, wer mehr Recht hat. Revisionen machen Sinn, um Rechtswillkür zu bekämpfen. Auf dem Rücker einer dadurch weiter inhaftierten Aktivistin sind sie genau das, was mehrfach kritisiert wurde: Paragraphenreiten auf dem Rücken der Betroffenen.

Das Ende: Die Justiz dreht durch - wieder hartes Urteil
Dann der letzte Prozesstag - und der lief nach dem Motto: Erstens kommt es schlimmer - und zweitens als du denkst. Denn es fällt nicht leicht, das hohe Urteil sinnvoll zu kommentieren. War die erste Instanz noch von den üblen Lügen und dem von ihnen zusammenhängend erzählten Märchen geprägt, welchem der Richter blind glaubte und Beweisanträge dagegen nicht zur Kenntnis nehmen wollte, so war das in der zweiten Instanz ganz anders. Durch den Dokufilm "Ella" waren die Lügen entlarvt - und die Lügner gaben das sogar vor Gericht zu. Trotzdem haben Staatsanwaltschaft und dann auch das Gericht ungefähr genau dasselbe gemacht wie in der ersten Instanz. Diesmal also wussten es alle, dass alles auf einer Lüge basiert (die Staatsanwältin wusste das aber wahrscheinlich auch schon in Alsfeld).
Wieso urteilt das Gericht also bewusst falsch und hart? Dass die Verteidigung etliche Fehler gemacht und das Gericht damit verärgert hat, bietet bewegungsintern Material zur Aufarbeitung. Als Ausrede für die Brutalität der Justiz eignet sich das aber nicht. Deshalb ist es wichtig, diesem Urteil mit einer klaren Kritik an Herrschafts- und Profitlogik in den gesellschaftlichen Eliten und der Rolle der Justiz in diesem System zu begegnen. Ein Staat, der Menschen einschüchtert, die Mensch und Umwelt wichtiger finden als Profite, ist unerträglich - und auch seine willigen Vollstrecker*innen sollen wissen, dass sie zwar Getriebene, aber Täter*innen sind.

Gießener Anzeiger: Bericht und Kommentar (siehe unten) ++ Gießener Allgemeine ++ ND ++ Hessenschau ++ FR
Kommentar im Gießener Anzeiger

Satirische Protestaktion zu Polizei und Justiz und deren Rolle im Ella-Protest

Fortsetzung folgt. Ella sitzt bis zum August 2022 in Haft, aufgrund von Lügen, einer seltsamen Verteidigung und einer politischen Justiz, die einschüchtern will - von der völlig verfolgungswahnsinnigen Staatsanwaltschaft bis zum Gutmenschen-Richter ohne jeglichen Mut, der am Ende trotz bevorstehender Pensionierung des Lied sang, des Brot er isst.

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Kommentare

Irina am 02.02.2022 - 09:58 Uhr
Hallo,
und woher weißt du so genau, was gut oder schlecht für Ella ist? Oder dass Ella zu irgendwas gedrängt wurde? Hast du sie gefragt? Oder gehst du einfach davon aus, dass eine weiblich gelesene Aktivisti keine eigenständige Entscheidung treffen kann?

jb am 25.01.2022 - 09:32 Uhr
Wann geht was weiter? Der Link zur Terminübersicht steht unter der Überschrift zur zweiten Instanz. Was braucht es noch? Oder ist das mit dem Lesen ein Problem?

Nöll am 25.01.2022 - 03:31 Uhr
Und wann geht es weiter?


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