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ANARCHIE VS. MARXISMUS: LIBERTÄRER KOMMUNISMUS ODER GEGENSEITIGE HETZE?

Zusammengedacht: Marxismus und Anarchismus


1. Einleitung
2. Vergleiche
3. Unterschiede im Detail
4. Anarchokritik und -hetze gegen (autoritären) Kommunismus/Sozialismus
5. Sozialistische und kommunistische Kritik und Hetze an der Anarchie
6. Zusammengedacht: Marxismus und Anarchismus

Dass die Gräben zwischen Marxismus und Anarchismus nicht unüberwindbar sind, glauben zumindest die, sich sich beider Theorien bedienen und eine Art freiheitlichen Kommunismus kreiieren. Die Namensschöpfungen dieser Kombination sind vielfältig und verbinden jeweils die Namensbestandteile aus beiden Spektren.

Aus Charles Reeve (2019), "Der wilde Sozialismus" (S. 279)
Wie die Geschichte deutlich zeigt, verläuft die wirkliche Spaltungslinie innerhalb des Sozialismus nicht entlang eines Gegensatzes von Marxismus und Anarchismus, deren Differenzen oft in einer kleinlichen Manier in den Vordergrund gerückt worden sind, sondern zwischen dem Autoritätsprinzip und dem Prinzip der Freiheit.

Aus den Praxiserfahrungen heraus bleibt offen, ob die Zusammenschau deshalb gelingt, weil sich "libertäre KommunistInnen" einfach nur die kompatiblen Teile aus allen Theorien entnehmen und daraus ihre spezifische Mischung bauen - oder ob es möglich ist, die Gesamtmodelle so zu interpretieren, dass eine gemeinsame Gesamttheorie entsteht.
So oder so wirkt der Versuch reizvoll, denn die Kombination der konsequent freiheitlichen Idee des Anarchismus mit dem Willen zur analytischen Durchdringung und nachfolgend gedanklichen Überwindung gesellschaftlicher Verhältnisse im Marxismus könnte Defizite und Blindflecke der beiden Richtungen beheben. Wenn MarxistInnen ihre Skepsis gegenüber jeder Form formaler und informeller Beherrschung erhöhen und AnarchistInnen von der oft nur gefühlten Pauschalablehnung des verhassten Systems zu einer intensiven Gesellschaftsanalyse kämen, wäre viel gewonnen. Ob sich dann beide Strömungen näher kommen würden, wäre dann zu sehen. Ähnliches gilt auch für weitere Kreise, die zumindest teilweise freiheitliche Idee verfolgen, z.B. humanistische Gruppen.

Im Original: Pro Sozialismus in anarchistischen Schriften
Aus Mühsam, Erich (1933): "Die Befreiung der Gesellschaft vom Staat", Nachdruck bei Syndikat A und im Internet (S. 8, mehr Auszüge)
Sozialismus ist, wirtschaftlich gesehen, die klassenlose Gesellschaft, in welcher der Grund und Boden sowie alle Produktionsmittel der privaten Verfügung entzogen sind, somit weder Grundrente noch Unternehmerprofit noch auch die Abgeltung vermieteter Arbeitskraft durch Lohn oder Gehalt die schaffenden Hände und Hirne um den Ertrag ihrer Mühen berauben können. An der Stelle der privaten oder staatlichen Ausbeutung steht die planmäßige gemeinsame Bewirtschaftung des Gemeineigentums, an der Stelle der bevorrechtigten Minderheit der Besitzenden jedes Landes die zum Volk geeinte Gesamtheit in allen Ländern.

Aussage auf Internetseiten der Föderation deutschsprachiger AnarchistInnen, eines auch eher identitären Anarch@-Zusammenhanges unabhängiger Einzelgruppen und -personen
Doch die Alternative besteht in einem freiheitlichen Sozialismus, zum Beispiel auf anarchokollektivistischer Grundlage


Wer in den Werken von Karl Marx direkt liest, wird keine ganz so einheitliche Position finden. Vieles spricht dafür, dass Marx und sein Umfeld selbst nicht so klar hatten, wie der gesellschaftliche Wandel sinnvollerweise ablaufen solle und was am Ende das Ziel sei. So gibt es von Marx Formulierungen, die auch in einem Anarchiebuch stehen können ...

Marx, Karl/Engels, Friedrich (1890), „Manifest der Kommunistischen Partei“, zitiert nach: „Gegen die Strömung“, Dez. 2005
An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klässengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.

Im sich auf Marx berufenden Marxismus stehen solche libertären Gedanken heute eher am Rande oder werden ganz außer Acht gelassen. Hier dominieren daher auch Interpretationen, die Anarchismus ablehnen und oftmals sogar als konterrevolutionär diffamieren. Marx selbst entwickelte im Zuge seiner Bemühungen, eine klare Hierarchie zu seinen Gunsten in den entstehenden Arbeiterassoziationen aufzubauen, deutliche Abwehrstrategien, wenn nicht gar Hassgefühle gegen AnarchistInnen. Seine autoritären Spaltungsversuche erzeugen wie die ganze weitere Geschichte auch eine wichtige Erkenntnis: In einer Welt, in der viele Welten Platz haben, muss der Rahmen offen und herrschaftsfrei sein. In ihm können Subräume nach Belieben, d.h. in freier Vereinbarung der dort tätigen Menschen, gestaltet werden. Umgekehrt geht es nicht, da sonst immer die Gefahr besteht, dass die autoritäre Gewalt des äußeren Rahmens die innere Vielfalt beendet. Es ist wichtig, dass sie das gar nicht kann.

Zum nächsten Text "Politische Positionen und ihr emanzipatorischer Gehalt", dem ersten im Kapitel über Strategien.

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