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GEFAHR, MACHT UND ANGEMESSENE HANDLUNG
IST DER WIDERSTAND GERECHTFERTIGT?

Das Feld in Gießen: Warum ist der konkrete Gengerstenversuch rechtswidrig?


1. Einleitung
2. Interviews mit Feldbefreier*innen
3. Wann ist eine Feldbefreiung ein angemessenes Mittel?
4. Das Feld in Gießen: Warum ist der konkrete Gengerstenversuch rechtswidrig?
5. Fragen zum Gentechnikrecht
6. Notstandsregelungen und Urteile in anderen Ländern

Rechtswidrigkeiten beim konkreten Genversuch in Gießen

Rechtliche Bedenken gegen den Gen-Gerste-Versuch in Gießen im Speziellen
  1. Auskreuzung
    Gerste sei zu 99% Selbstbestäuber, sagte Versuchsleiter Kogel am 30.5.2006. Ein Prozent der Blüten entlässt also den Pollen in die Umwelt. Pro Korn eine Blüte, die viele viele Pollen entlässt. Pro Ähre viele Körner. Pro Quadratmeter viele Ähren. 9,6 Quadratmeter transgene Gerste standen auf dem Versuchsfeld. Wieviel Millionen Pollen wären da wohl in die Umwelt gelangt, wenn ein Prozent in die Außenluft entstäubt hätte? Nur die Zerstörung des Feldes konnte dieses verhindern.
  2. Verschleierung von Interessen
    Der Versuch diene allein der Sicherheitsforschung - sagte der Versuchsleiter. Aber neben der genannten Genmanipulation, deren Wirkung auf Bodenpilze untersucht wird, waren drei weitere Genveränderungen in den Pflanzen dieses Feldes: Eines zur Ertragsveränderung. Eines zur Anpassung auf das BAYER-Spritzmittel Basta. Und ein Marker-Gen. Die genauen Nebenabsprachen und Nutzen des Versuchs sind damit nicht offengelegt worden.
  3. Annahme einer formalen Pro-Gentechnik-Grundsatzentscheidung
    Aus der Genehmigung des Versuchsfeldes: "Grundsätzliche Einwendungen gegen die Gentechnik können nicht durchgreifen, weil eine Entscheidung über die Zulassung der Gentechnik mit dem Erlass des Gentechnikgesetzes durch den Gesetzgeber gefallen ist." (Bescheid des BVL vom 3.4.2006, Az. 6786-01-0168, Seite 23). Damit wird behauptet, dass es nicht mehr nötig ist, grundsätzliche Bedenken überhaupt zu beachten. Doch genau das kann dem geltenden Recht – bei aller Kritik am Gentechnikgesetz – nicht entnommen werden. So ist z.B. bei der Frage der Ko-Existenz sehr wohl zu bewerten, ob eine solche überhaupt möglich ist. Wenn nicht, so ist die Agro-Gentechnik zu verbieten – genau das steht im Gesetz. Insofern enthält der Genehmigungsbescheid für den Genversuch in Gießen einen klaren Rechtsverstoß, der Versuch war daher rechtswidrig.
  4. Sofortvollzug als formalrechtliches Faustrecht
    Aus der Genehmigung des Versuchsfeldes: "Sofortige Vollziehung ... Bei der Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen ist zu berücksichtigen, dass etwaige Rechtsbehelfe mit erheblicher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben werden." (Bescheid des BVL vom 3.4.2006, Az. 6786-01-0168, Seite 23) Das Ergebnis rechtlicher Würdigung stand also in den Augen der Bewilligungsbehörde vorher fest. Den BürgerInnen ist damit die Möglichkeit einer unabhängigen Überprüfung genommen. Das Rechtsstaatsprinzip ist für den Gießener Versuch außer Kraft gesetzt worden. Eine Begründung dafür wird nicht angegeben. Ein solcher Schritt kann aber (wenn überhaupt) nur in besonderen Ausnahmefällen erlaubt sein.
    Das Machtmittel "Sofortige Vollziehung" ist wegen der Ausschaltung des Rechtsweges eine Art Faustrecht. Es wurde angewendet mit der Behauptung, Widersprüche würden sowieso nichts ändern. Die Menschen und ihre Meinungen haben von Vornherein genau gar keine Bedeutung!
  5. Keine Notwendigkeit des Versuchs
    Nach Aussagen der Ökologischen Brauwirtschaft besteht überhaupt kein Bedarf für eine pilzresistente Gerste (Quelle).
  6. Andere Methoden sind umweltverträglicher und daher gesetzlich gefordert vorzuziehen
    Ein Mitarbeiter des FB Ökol. Landbau in Witzenhausen/Uni Kassel (Dr. Christian Schüler) wies darauf hin, dass der Pilzbefall sehr stark von der Fruchtfolge abhängig ist (worauf ja im Ökol. Landbau besonderer Wert gelegt wird) bzw. bei Braugerste sehr wenig gedüngt werden darf, um den Nitratgehalt niedrig zu halten. so dass auch der Pilzbefall bzw. der Fungizideinsatz gegen Pilze sowieso eher gering ist. Es gibt also kein drängendes Problem, das mit einer pilzresistenten Gerste gelöst werden müsste. (Quelle: Dipl. oec. troph. Susanne Sachs, Verbraucherzentrale Hessen, Fachabteilung Ernährung)
  7. Der Versuch ist Produkt- und keine Sicherheitsforschung
    Der Gießener Versuch mit transgener Gerste ist der erste seiner Art und mit dieser Pflanze im Freiland in Deutschland. Unter dem Deckmantel der Sicherheitsforschung wird hier tatsächlich der Durchbruch für die nächste Pflanze geschaffen. Wenn später Gen-Gerste großflächig angebaut wird wie jetzt schon Raps und Mais, so hat dieser Versuch daran großen Anteil. Selbst Versuchsleiter Kogel gibt bei Gelegenheiten ohne GentechnikkritikerInnen offener zu, um was es geht: "Ich bin sicher, dass sich künftige pilzresistente Pflanzen am Markt behaupten könnten. Insbesondere bin ich davon überzeugt, dass in den nächsten Jahren ein Fokus der Biotechnologie auf Getreide liegen wird. Gerade unter den Aspekten der biologischen Sicherheit eignet sich Getreide besonders dazu, die Qualität der Ernteprodukte durch Einsatz der Biotechnologie zu verbessern." (Zitat vom Versuchsleiter Prof. Dr. Kogel im Interview, Quelle: www.biosicherheit.de/de/getreide/494.doku.html). Eine solche Aussage zeigt klar die Orientierung auf Produktentwicklung und die voreingenommene Akzeptanz der Gentechnik, deren Risiken nur zu Optiminierung, aber nicht zur Prüfung, ob ein Einsatz überhaupt sinnvoll ist, dienen.

Urteile und Beschlüsse in Gießen
Beschluss des Landgerichtes Gießen zum Unterbindungsgewahrsam nach der Feldbefreiung (24.8.2006, Az. 7 T 241/06)



Zur Frage des Notstandes hatte eine Rechtsanwalt einiges vorgetragen (wie oben im Beschluss zusammengefasst).
Das Gericht beschloss dazu Ablehnendes:

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