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RELIGION? NEIN DANKE ...

Weltliche Gottheiten & transzendentale Quellen des Richtigen


1. Definitionen zu "Religion"
2. Merkmale und Gemeinsamkeiten von Religionen
3. Weltliche Gottheiten & transzendentale Quellen des Richtigen
4. Besondere Formen irrationalen Glaubens
5. Kritik und Überwindung der Religion
6. Links und Materialien

Gemeinsames Kennzeichen von Religionen und vielen Ideologien ist die Berufung auf höhere Quellen von Werten und Wahrheit. Während die Quelle austauschbar erscheint, gilt immer die gleiche Logik: Es gibt etwas Höheres als den Menschen und seine freien Zusammenschlüsse. Dieses Höhere spricht nicht direkt, sondern über Personen mit Privilegien. Diese müssen ihre Ansagen nicht weiter begründen, da diese aus den höheren Quellen stammen - angeblich. Es ist eine bequeme Art des Herrschens.

Aus Boris Grundl (2011), „Diktatur der Gutmenschen“ (S. 96)
Die Instanzen, auf die sich die Moralisten jeweils berufen, könnten unterschiedlicher kaum sein. Ob ihnen die Bibel Autorität verleihen soll oder der Koran, das Grundgesetz oder die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die unsichtbare Hand des Marktes oder das Ideal des Sozialismus, die Heimat, die Nation oder die Völkerfreundschaft - das spielt für ihre eigentliche, innere Absicht keine Rolle. Der Mechanismus ist immer derselbe: Stets ist es das Ego, das mit dem Gefühl genährt werden möchte, immer auf der richtigen Seite zu stehen und Verteidiger einer unumstößlichen Wahrheit zu sein. Moralisten wollen ihre Überlegenheitsgefühle auskosten und sonst nichts. Moralisten kreisen nur um sich selbst.


Volk
"Ohne Demokratie keine Ökologie", in: "ÖkologiePolitik", Journal der ÖDP, Nov. 2004 (S. 11)
Wilhelm von Humboldt sah "in der Welt zwei wohltätige Potenzen: Gott und das Volk". Diese Sichtweise rechtfertigt Vertrauen in das Volk.

"Hegels Geistwelten" in: Grabner-Haider, Anton/Weinke, Kurt, 2006, "Denklinien der Weltkulturen" Lit-Verlag in Wien (S. 118 f.)
In jeder Staatsverfassung äußere sich der Geist eines Volkes als Teil des einen Weltgeistes.

Schwur in England am Beginn des Parlamentarismus, zitiert in Canfora, Luciano (2006): "Eine kurze Geschichte der Demokratie", PapyRossa in Köln
Nach dem Willen Gottes ist das Volk der Ursprung jeder rechtmäßigen Gewalt.

Besson, W./Jasper, G. (1966), "Das Leitbild der modernen Demokratie", Paul List Verlag München (herausgegeben von der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung, S. 21)
Die Lehre von der Volkssouveränität löste die traditionelle Vorstellung ab, nach der dem König oder Fürsten kraft seiner Abstammung aus einer von Gott begnadeten Dynastie die Herrschaft zustand.

Rede von Hugo Chavez, Staatschef von Venezuela, vor der UN-Vollversammlung, dokumentiert in: Junge Welt, 23.9.2006 (S. 3)
was passiert, ist, daß die Welt erwacht und überall wir, die Völker, uns erheben. ... ich kenne den größten Teil der Seele dieser Völker, der Völker des Südens, der angegriffenen Völker.

Vorwort "Der Demokratie eine Seele?" und dem Text "Hat die Demokratie eine Seele?" des Chefredakteurs Erhard O. Müller, in: Mehr Demokratie 1/2006 (S. 3, 6 ff.)
Über die Grundlagen der Demokratie ist viel geredet und geschrieben worden. Ist sie nur ein Verfahren, das eine Gesellschaft sich zur Regelung ihrer Angelegenheiten gegeben hat? Oder verfügt sie womöglich über eine Art Seelenleben, welches sich - unabhängig von allen Mechanismen an der Oberfläche - auf einer tieferen Ebene unseres Bewusstseins abspielt und unsere Ursehnsucht nach "Rückbindung an das Ganze" widerspiegelt? ...
Warum die demokratische Kultur im postmodernen Europa sich (auch) ihrer metaphysischen Grundlagen bewusst sein sollte ...
Bereits dem alten Rousseau war bewusst, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt, auf dem eine Demokratie nur gedeihen kann, eines spirituellen Fundaments bedurfte. Rousseau bezeichnete dieses kulturelle Ferment als "Zivilreligion", ohne die eine demokratische und gerechte Gesellschaft auf Dauer nicht überlebensfähig sein werde. ...
Die politische Kultur einer modernen Demokratie kommt in dieser Situation gar nicht umhin, auch Sinn-Gebung zu umfassen - d.h. sie muss das leisten, was die zur Zeit vorherrschende politische Kultur kaum noch (und die tradierte Religion immer weniger) zu bieten vermag: Sicherung und Orientierung des Ichs, das in der modernen Situation des Verlusts tradierter Werte und Moral sehr zerbrechlich und vielfach gefährdet ist. Der Orientierungsbedarf des Individuums schafft einen Zwang zur ethisch-sinnstiftenden Begründung der modernen Demokratie, ihrer Verhaltensweisen und Verfahrensmuster.
Das Individuum - der einzelne Bürger - verspürt eine Sehnsucht nach "Aufgehobenheit" in einem größeren Ganzen, welches weit mehr umfasst als seine physi sche und menschliche Umwelt. Ein solches Gefühl des Eingebundenseins in ein größeres Ganzes hat unmittelbare Folgen für die moralischen und Handlungsmaximen des menschlichen Zusammenlebens - mithin für eine "nachhaltige" Politik und ihr Eingreifen in reale gesellschaftliche Konflikte. ...
Harmonie gegen Trennung, Synthese gegen rational-beschränkte Analyse (=Zerlegung), Miteinander statt Gegeneinander, Liebe statt Hass ...


Endplädoyer von Hermann Göring im Nürnberger Prozess 1946, zitiert nach Junge Welt, 14.3.2006 (S. 11)
Das einzigste Motiv, da mich leitete, war heiße Liebe zu meinem Volk, sein Glück, seine Freiheit und sein Leben.

  • Mehr zu Religion, Volk und Demokratie

Recht und Staat

"Hegels Geistwelten" in: Grabner-Haider, Anton/Weinke, Kurt, 2006, "Denklinien der Weltkulturen" Lit-Verlag in Wien (S. 118 f.)
Auch das Recht und die Moral seien ein Ausdruck der absoluten Idee und im Staat zeige sich der ewige Geist. Damit werden der Staat und das Recht metaphysisch abgesichert. ... Der Wille des einzelnen Staatsbürgers muss sich dem Allgemeinwillen des Staates unterwerfen, dem Recht kommt etwas Heiliges zu.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Grundlinien der Philosphie des Rechts (PhB 483, 1995)
Der Staat ist göttlicher Wille als gegenwärtiger, sich zur wirklichen Gestalt und Organisation einer Welt entfaltender Geist.

Proudhon, Pierre-Joseph, zitiert in: Grosche, Monika (2003): "Anarchismus und Revolution", Syndikat A in Moers (S. 23)
Die ökonomische Idee des Kapitals, die politische Idee der Regierung und die theologische Idee der Kirche sind drei identische und wechselseitig vertauschbare Ideen, eine anzugreifen, bedeutet alle anzugreifen. Was das Kapital der Arbeit tut und der Staat der Freiheit, das tut die Kirche dem Geist.


Objektivität

Schmidt, Wolfgang: "Die Sehnsucht nach Identität", in: PROKLA 96, Sept. 1994 (S. 360)
erst die Moderne konnte den Mythos als das Andere begreifen und gleichzeitig das analytisch?instrumentelle Vorgehen als fortschrittliche Vision, als neuen Glauben an die Wissenschaft, hervorbringen, Auch wenn die alte Welt des Glaubens untergegangen ist, stirbt der Drang nach Mythenbildung nicht: die Aufklärung ersetzt die archaischen Götter durch den weltlichen Mythos der Freiheit des Verstandes und hofft auf Ewigkeit im Gewande des Fortschritts.

Klaus, Georg/Buhr, Manfred (1975): Philosophisches Wörterbuch, VEB Bibliographsiches Institut in Leipzig
Die Ursachen der Religion werden erst mit der Aufhebung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, mit der Errichtung der klassenlosen kommunistischen Gesellschaft und der Überwindung der Reste der Klassengesellschaft endgültig beseitigt. Mit der Entwicklung der kommunistischen Gesellschaftsordnung und der umfassenden Verbreitung der wissenschaftlichen Weltanschauung der Arbeiterklasse, des dialektischen und historischen Materialismus, wird die Religion aus dem Leben der Gesellschaft verschwinden.

Leitkultur und Bekenntnis

Aus Schmidt-Salamon, Michael, "Die zehn Angebote des evolutionären Humanismus", in: Manifest des Evolutionären Humanismus, Alibri Verlag, Aschaffenburg 2005
Diene weder fremden noch heimischen "Göttern" (die bei genauerer Betrachtung nichts weiter als naive Primatenhirn-Konstruktionen sind), sondern dem großen Ideal der Ethik, das Leid in der Welt zu mindern! ...
Stelle dein Leben in den Dienst einer "größeren Sache", werde Teil der Tradition derer, die die Welt zu einem besseren, lebenswerteren Ort machen woll(t)en! Eine solche Haltung ist nicht nur ethisch vernünftig, sondern auch das beste Rezept für eine sinnerfüllte Existenz. Es scheint so, dass Altruisten die cleveren Egoisten sind, da die größte Erfüllung unseres Eigennutzes in seiner Ausdehnung auf Andere liegt. Wenn du dich selber als Kraft im "Wärmestrom der menschlichen Geschichte" verorten kannst, wird dich das glücklicher machen, als es jeder erdenkliche Besitz könnte. Du wirst intuitiv spüren, dass du nicht umsonst lebst und auch nicht umsonst gelebt haben wirst!


Aus Schmidt-Salamon, Michael: "Erwachsen werden", in: Jungle World, 9.11.2005 (S. 28)
Diese Kombination von höchstem technischen Know-how und naivstem Kinderglauben könnte auf Dauer fatale Konsequenzen haben. Wir verhalten uns wie Fünfjährige, denen die Verantwortung für einen Jumbojet übertragen wurde. ...
Wir können es uns nicht mehr leisten, mit der weltanschaulichen Mentalität von Fünfjährigen die Geschicke der Welt zu lenken. Wer das Atom spalten kann und über Satelliten kommuniziert, muss hierfür auch die erforderliche intellektuelle und emotionale Reife besitzen. ...


Aus Schmidt-Salamon, Michael: "Für eine Leitkultur ...", in: Jungle World, 9.11.2005 (S. 29)
Eigentlich sollte es einleuchtend sein, dass wir heute kaum eine andere Chance haben, als auf jene "verdrängte Leitkultur" zu setzen, mit der der gesellschaftliche Fortschritt in der Geschichte verknüpft war: die Leitkultur von Humanismus und Aufklärung. ...
Sämtliche Studien, die sich mit dem Thema eingehender beschäftigten, haben gezeigt, dass die optimistische Erwartung, dass sich die Menschen schon automatisch zu Demokraten entwickeln würden, wenn man ihnen rechtsstaatlich garantierte Grundrechte einräumt, hoffnungslos naiv war. (2) Es ist an der Zeit, aus dieser Erkenntnis die richtigen politischen Schlüsse zu ziehen. Das Erlassen von Gesetzen, die die Ausübung der Religionsfreiheit bzw. das Ausleben kultureller Traditionen dort rigoros begrenzen, wo sie mit rechtsstaatlichen Prinzipien kollidieren (Beispiel: Zwangsheirat), ist in diesem Kontext zwar ein notwendiger, aber noch kein hinreichender Schritt. Gerade in der Bildung müssten neue Wege gegangen werden. So wäre beispielsweise statt der "flächendeckenden Einführung des Islamunterrichts" die Einführung eines für alle verbindlichen Werteunterrichts (ohne Abmeldemöglichkeit) angebracht, denn ohne solche integrativen Maßnahmen, die für alle – selbstverständlich nicht nur für Menschen mit muslimischen Hintergrund – zu gelten haben, wird das Phänomen der zunehmenden "kulturellen Ghettoisierung" kaum zu überwinden sein. ...
Das Gemeinwesen der Bürger beruht auf klar benennbaren Verfassungswerten, die als Minimalkonsens das Zusammenleben der Menschen regeln sollen ...
Lehrpläne, Schulbücher etc. müssen also wissenschaftlichen Wahrheitswerten genügen. Aussagen, die logischer/empirischer Überprüfung nicht standhalten können, haben im Curriculum der öffentlichen Schulen nichts verloren. ...
Beispiel: Wenn eine religiöse Gruppe gegen den Sexualkundeunterricht agitiert oder homosexuelle Handlungen als "unnatürlich" dargestellt wissen will, so können sich Staat und Länder als Träger oder Aufsichtsagenturen der Bildung hierzu nicht neutral verhalten, denn zum einen wird ohne gründliche Erörterung des Themas Sexualität weder das menschliche Verhalten noch die Evolution des Lebendigen als Ganzes verständlich, zum anderen finden sich homosexuelle Verhaltensweisen erwiesenermaßen im gesamten Tierreich ...
In der öffentlichen politischen Diskussion müssen notwendigerweise weltliche Standards gelten – und zwar (in ethischer Hinsicht) die humanistische Orientierung an den Selbstbestimmungsrechten des Menschen sowie (in methodischer Hinsicht) die aufklärerische Orientierung an den Idealen der intellektuellen Redlichkeit, wonach Behauptungen logisch/empirisch belegt sein müssen, damit sie von Relevanz sein können. ...
Wer für die Leitkultur Humanismus und Aufklärung eintritt, beschreitet einen Weg jenseits von Fundamentalismus und Beliebigkeit. Diese Leitkultur vermittelt (im Unterschied zum Paradigma der postmodernen Beliebigkeit) einerseits genügend Orientierung, um den Menschen in ihrer Suche nach Sinn Halt zu geben und ihr Zusammenleben nach vernünftigen Regeln zu gestalten, ...


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