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Ö-PUNKTE 1/1998

Umweltprotest einkaufen? Geld als Agenda-Schmiermittel


1. Umweltprotest einkaufen? Geld als Agenda-Schmiermittel
2. Agenda als Rationalisierungsinstrument

Autor
Tilman Heller, Berlin

Literatur
Umweltbundesamt
Nachhaltiges Deutschland
(1997, E. Schmidt Verlag in Berlin, 355 S.)
Das Buch steht im Schatten der Studie "Zukunftsfähiges Deutschland". Dabei ist es wenigstens ehrlicher, denn es werden drei Szenarien beschrieben und diese auch erklärt. So wird erkennbar, welche Grenzen sie haben. Allerdings geht selbst das weitestgehende Szenario nicht auf gesellschaftliche Strukturen ein. Das vorliegende Buch ist damit das informativste innerhalb der "mainstream"-Debatte zur Nachhaltigkeit.

Schwertfisch
Zeitgeist mit Gräten
(1997, YetiPress in Bremen, 229 S.)
Sammlung von Aufsätzen zur Nachhaltigkeitsdiskussion. Das umfassendste, kritische Buch zum Thema Nachhaltigkeit. Die Kapitel sind unabhängig voneinander, zum Teil werden Dokumente zusammengefügt. Jedes für sich ist wertvoll zu schade, daß die (auch sonst wenig öffentlichkeitsorientierten) AutorInnen einen Titel gewählt haben, der ihr Buch (fast) unverkäuflich macht.
Für viele Umweltinitiativen ist die Agenda 21 eine neue Geldquelle. Kommunen und Länder fördern lokale Agendaprozesse auf ganz verschiedene Art. Arbeitslose UmweltaktivistInnen bekommen Stellen, Initiativgruppen erhalten Geld für ihre Arbeit. Dieser Beitrag ist nicht als Serviceleistung für arme Umweltgruppen geschrieben worden, vielmehr sollen einige Fördermöglichkeiten und ihre Zielsetzung exemplarisch dargestellt werden. "Ich säge doch nicht an dem Ast auf dem ich sitze" entgegnete eine Agenda-Koordinatorin auf die Frage, ob sie etwas kritisches zur Agenda 21 und der Verwirklichung in ihrer Kommune sagen könnte. Treffender ist es kaum auszudrücken, wohin die staatliche Förderung der Agendaarbeit führen kann.

"Kooperation statt Konfrontation" zwischen UmweltschützerInnen und Industrie ist das Motto einer Strategie, die spätestens seit dem Deutschen Umwelttag 1991 in Frankfurt als gescheitert angesehen werden kann. Die Agenda 21 hat dieses Prinzip wieder auf die Tagesordnung gesetzt, das gefällt natürlich auch den Regierungen. Egal ob schwarz-gelb oder rot-grün, die Agendaarbeit wird trotz leerer Haushaltskassen fast überall gefördert.

"Diese Anschubfinanzierung soll die Agenda-Prozesse ins Rollen bringen" hofft die hessische Umweltministerin Nimsch bei der Vorstellung ihres Sechs-Millionen-Programmes für 1998 und 1999.

Das Ministerium für Umwelt- und Verkehr Baden-Württemberg stellt jährlich ca. 600.000 DM zur Verfügung. Die Mittel werden für Modellprojekte mit Kommunen, für das Erarbeiten von Leitfäden, für Workshops, Schulungen und Erstberatung eingesetzt. Gefördert wird in Bayern eine Umweltbestandsaufnahme, die anhand eines bestimmten Handbuches vorgenommen werden muß. Förderfähige Ausgaben in fast allen Ländern sind Fortbildungsveranstaltungen der am Prozeß beteiligten sowie Management und Moderation des Prozesses der Aufstellung einer Kommunalen Agenda 21.

Auffällig ist, daß der Einsatz für die Umsetzung von vorgeschlagenen Maßnahmen kaum zu den förderungsfähigen Maßnahmen gehört. Die Regierungen geraten in den Verdacht, mit den Förderungen UmweltschützerInnen hauptsächlich in den Diskutierrunden beschäftigen zu wollen. Damit diese sich keine Aktionen gegen konkrete Fehlplanungen von Staat und Wirtschaft ausdenken, werden die kritischen BürgerInnen mit Hilfe der Fördermittel in die Diskussionsrunden hineingezogen. In Berlin wurden zu diesem Zweck 25 ABM-ähnliche Stellen für arbeitslose AkademikerInnen geschaffen. Aufgaben sind neben der Initiierung fehlender Aktivitäten und Bündelung von Initiativen auch die "Integration von Aktivitäten, die bisher keinen Bezug zur lokalen Agenda hatten".

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