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LIMNOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN (AM BEISPIEL DER SIEBER)

Der Einfluß von abiotischen Faktoren auf die Lebewesen im Mittelgebirgsbach und deren Anpassungen an diese Faktoren


1. Einleitung
2. Einführung in den Lebensraum Mittelgebirgsbach
3. Der Einfluß von abiotischen Faktoren auf die Lebewesen im Mittelgebirgsbach und deren Anpassungen an diese Faktoren
4. Kriterien der Probestellenauswahl
5. Chemische Untersuchung des Sieberwassers
6. Die makroskopisch-biologische Wassergütebeurteilung nach MEYER (1983)
7. Die Gewässergüte der Sieber

  • Sauerstoffgehalt des Wassers Durch die stark turbulente Strömung im Mittelgebirgsbach und die damit verbundene ständige Durchmischung des Wassers mit der Luft, die weitgehend niedrigen Wassertemperaturen und der nahezu völlige Mangel sauerstoffzehrender Fäulnisprozesse bedingen den hohen Sauerstoff gehalt des Wassers. Rund 1O0% 02-Sättigung im Oberlauf, mancherorts auch im Mittellauf sind die Regel. Die Organismen im Mittelgebirgsbach sind an diesen hohen Sauerstoffgehalt angepaßt. Zum Teil sind Atmungsorgane rückgebildet, der Gasaustausch erfolgt über die gesamte Körperoberfläche. Dies ist z.B. bei Steinfliegenlarven der Fall, die zwar ein vollkommen geschlossenes Tracheensystem besitzen, jedoch meist nur wenige, schlauchförmige Tracheenkiemen, an denen die Sauerstoffaufnahme bevorzugt erfolgt. Selbst diese können je nach Art noch reduziert sein. Ändert sich der Sauerstoffgehalt durch Abwassereinleitungen oder Eingriffe in das natürliche Bachbett, so können die an den hohen Sauerstoffgehalt angepaßten Organismen dort nicht mehr existieren.
  • Wassertemperatur Die Wassertemperatur beeinflußt das Vorkommen von Lebewesen in den Regionen eines Mittelgebirgsbaches. Das Grundwasser tritt mit einer konstanten Temperatur (+7°C bis +l0°C) aus dem Boden hervor. Danach ist das Wasser des Baches mit zunehmender Entfernung von der Quelle immer stärker Umwelteinflüssen wie Bodentemperatur, Lufttemperatur, Sonnenstrahlung, etc. ausgesetzt. Dies bewirkt, daß im jahreszeitlichen Verlauf die Schwankung der Wassertemperatur im Unterlauf sehr groß sein kann (Unterschiede bis zu 15°C) . Im Sommer ist das Bachwasser im Unterlauf sehr viel wärmer als das Quellwasser, im Winter kälter.

    Neben eurythermen Organismen, das sind solche Tiere, die große Temperaturschwankungen ertragen und im gesamten Bachverlauf vorkommen können, findet man kaltstenotherme Arten im Oberlauf, die an die konstant niedrigen Temperaturen angepaßt sind. Aber auch die Entwicklungsdauer der Lebewesen (stoffwechselphysiologische Vorgänge) hängt von der Wassertemperatur ab. Sinkt die Temperatur auf einen bestimmten Wert, den sogenannten Entwicklungsnullpunkt oder die kritische Temperatur, stellen z.B. Eintagsfliegenlarven (Ephemeroptera spec.) mancher Arten jegliches Wachstum ein und überwintern in der bis dahin erreichten Größe, bis im Frühjahr das Wachstum mit höheren Wassertemperaturen wieder einsetzt. Entwicklungsunterschiede bestehen auch bei einer Art, die im Ober- sowie im Mittellauf vorkommt. Das Tier im Oberlauf macht eine zweijährige Entwicklung durch, während das im Mittellauf nur ein Jahr benötigt, bis z.B. aus der Eintagsfliegenlarve die Eintagsfliege schlüpft. So sind bei Eintagsfliegen die Entwicklungsdauer und die Flugzeiten nicht artspezifisch festgelegt, sondern werden erheblich von der Wassertemperatur beeinflußt.
  • Strömung des Wassers Die Strömungsgeschwindigkeit in einem Mittelgebirgsbach kann bis zu 1m/sec. betragen, die Strömung ist weitgehend turbulent. Um nicht vom Wasser abgedriftet zu werden, haben sich bei den Organismen eine Reihe von Anpassungen an die Strömungsverhaltnisse entwickelt:
    1. Aufenthalt der Tiere an strömungsgeschützten Stellen
    - in der Stillwasserzone oder auch Totwasserbereich am Boden
    - im Strömungsschatten von Steinen oder Pflanzen
    2. Entwicklung besonderer Haft- und Klammerorgane, wie
    - Klauen bei Steinfliegen-(Piecoptera spec. ) und Ein tagsfliegenlarven, sowie bei Käfern (Coleoptera spec.)
    - Saugnäpfe bei Egeln (Hirudinea spec. ), Lidmücken (Liponeura spec.)
    3. Schleimabsonderung zur Anheftung auf dem Substrat bei
    - Schnecken (Gastropoda spec. ), Strudelwürmern (Turbellaria spec.)
    4. Spinnen von Verankerungsfäden zur Absicherung des Körpers, wie z.B. bei Kribelmücken (Simuliidae spec.)
    5. Entwicklung einer strömungsschnittigen Gestalt, z.B. bei
    - Flußnapfschnecke (Ancylus fluviatilis) , Eintagsflie genlarven und Steinfliegenlarven
    - Eintags- und Steinfliegenlarven können ihre ohnehin schon stark abgeplattete Gestalt je nach Strömung fest an Steine andrücken, um so der Strömung keinen Widerstand zu bieten.
    6. Erhöhung des eigenen Körpergewichtes, zum Erschweren des Abdriftens:
    - Köcherfliegen (Trichoptera spec.) bauen z.T. Köcher mit größen Belastungssteinen
    7. Als weitere Anpassung gegen das Abdriften hat man den sogenannten Kompensationsflug der Eintagsfliegen beobachtet. Die erwachsenen Tiere fliegen zur Eiablage ein ganzes Stück stromaufwärts, und gleichen so die Abdriftihrer Larven im Gewässer wieder aus.
    Mit diesen Anpassungen gehen oft Spezialisierungen hinsichtlich der Ernährungsweise einher. So baut die Köcherfliegenlarve Hydropsyche ein hinten geschlossenes, röhrenartiges Netz, in dem vom Wasser transportierte Nahrungs teilchen hängenbleiben, die das Tier dann abweidet.


Abb.2: Karte von Sieber und Umgebung mit Probestellen

3. Gebietsbeschreibung
Das Siebertal läßt sich grob in vier Bereiche einteilen:
I.Bereich (ca. 1,5km): Quellregion im flachen Hochmoores des Bruchberges auf 900m über NN.
II.Bereich (ca. 10km): Er erstreckt sich, an die Quellregion anschließend, bis zum Forsthaus Königshof. Gekennzeichnet ist dieser Bereich durch sehr starkes Gefälle (bis ca. 12%). Die Sieber fließt in einem von großen Blöcken durchsetzten Felsbett durch Fichtenwald. Die Hänge des V-förmigen Tales sind zu beiden Seiten 200m hoch und werden nur auf der Ostseite von einmündenden Seitentälern geöffnet.
III.Bereich (ca. 3,5km): Dieser befindet sich zwischen dem Forsthaus Königshof und dem Ort Sieber. Das Tal ist weiter und besitzt am Grund schon eine schmale Talsohle, die als Wiese genutzt wird. Die Sieber hat ein mittleres Gefälle von 3% und fließt in einem von Grauerlen gesäumten, flachen Grobschotterbett. Die Hänge zu beiden Seiten sind flacher als im oberen Bereich, aber bis 300m hoch, und von zahlreichen kleinen Bächen zergliedert. In diesem Abschnitt mündet auch das Tal des Großen Kulmke ein.
IV.Bereich (ca. 6km): Er erstreckt sich vom Ort Sieber bis zum Austritt der Sieber aus dem Harz in Herzberg. Das Tal ist breiter als im vorigen Teil und besitzt eine breite Talaue, die von Schwarzerlenauenwald bestanden ist. Das Gefälle beträgt noch maximal 1%. Deshalb ist das Bachbett breit, flach und besteht aus grobem Kies. Die Talhänge auf der NW-Seite sind 300m hoch und steil, auf der SO-Seite nur 200m hoch und durch Einmündungen größerer Bäche zerschnitten, die eigene kleine Einzugs gebiete besitzen.In diesem Bereich wird an mehreren Stellen das Wasser der Sieber durch Wehre in Triebwassergräben abgeleitet und dient der Energieerzeugung. Dadurch liegen im Sommer einige Strecken trocken, bzw. führen nur sehr wenig Wasser.
Außerhalb des Harzes fließt die Sieber z.T. mäandrierend bis Hattorf am Harz, wo sie in die Oder mündet.

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