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Berichte vom Umgang der Knastleitungen mit politischen Engagement und Solidarität


1. Informationen zum "Leben" im Knast
2. Berichte vom Umgang der Knastleitungen mit politischen Engagement und Solidarität
3. Berichte von eingesperrten Polit-Aktivistis
4. Leben, Gesundheit und Sterben im Knast
5. Pit Scherzls Notizen über die Missstände, die er im Knast erlebte
6. 12 Jahre Knast für Anschlag auf Arbeitsamts-Chef
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Aus einem Schreiben des psychologischen Dienstes der JVA Rheinbach zur Frage der Unterbringung im offenen Vollzug (26.3.2010)
Herr ... ist nicht bereit, sich durch unterwürfiges Verhalten dem Vollzug anzupassen.

§ 73 StVollZG
Der Gefangene wird in dem Bemühen unterstützt, seine Rechte und Pflichten wahrzunehmen.

Politisches Engagement ist nicht gerne gesehen. Fassungslos macht aber, dass Solidarität unter Gefangenen nicht gewünscht ist. Ständig werden Gefangene mit Lockangeboten dazu gebracht, andere Inhaftierte zu denunzieren. Knastleitungen fördern Hierarchien und Unterdrückung, um Knäste führbarer zu machen. Denn klar ist: Wären die Gefangenen solidarisch, hätten es ihre Bewacher*innen schwer. Schließlich sind die Inhaftierten deutlich in der Überzahl. Aber die kämpfen meist gegeneinander - zur Freude der staatlichen Unterdrückungsmaschinerie.

Verbot der Unterstützung anderer Inhaftierter (Schreiben und Rechtsberatung)
Die JVA Wolfenbüttel änderte extra ihre Hausordnung, um den Inhaftierten zu untersagen, sich untereinander zu helfen
Aus einem Schreiben an einen Inhaftierten:
Änderung der Hausordnung
Sehr geehrter …,
es besteht der begründete Verdacht, dass Sie rechtsberatende Tätigkeiten für andere Gefangene erbringen und ihre diesbezüglich schriftlichen Aktivitäten weit über das Leisten von einfacher Schreibhilfe hinausgehen, Es ist obergerichtlich entschieden, dass Rechtsberatungen zwischen Inhaftierten die Ordnung der Anstalt stören und sich hieran auch nach Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetzes nichts geändert hat. (z. B. OLG Celle Beschl. V. 26.9.2008 - 1 Ws 477/0, juris, Rn. 3). Mithin stören die durch Ihr Verhalten das geordnete Zusammenleben in der JVA Wolfenbüttel. Ich weise darauf hin, dass die Hausordnung entsprechend geändert wurde. Nunmehr haben Sie zu beachten:
1. Verbot der Annahme und Abgabe von Gegenständen anderer Gefangener ohne Genehmigung der Vollzugsbehörde. Das Verbot umfasst auch Sachen von geringem Wert (§ 76 NJVollzG i. V. m. der gemäß § 183 NJVollzG erlassenen Hausordnung der JVA Wolfenbüttel).
2. Verbot der Erbringung rechtsberatender Tätigkeiten sowie Untersagung des Leistens von Schreibhilfe fur andere Gefangene (5 3, 75 Abs. 2 Satz 3 NJVollzG i. V. m. der gemäß § 183 NJVollzG erlassenen Hausordnung der JVA Wolfenbüttel - BVerfG Beschl. v. 11.8.1997 - 2 BvR 2334/96, juris, Rn. 14).
Ihrem Anliegen, Schreibpapier erhalten zu wollen, wird abgeholfen. Ihnen wird das Schreib und Druckerpapier zur Verfügung gestellt, auf welchem eine unauffällige und neutrale, beidseitige Markierung angebracht ist. Die Papiermenge ist auf maximal 100 Blatt/Monat begrenzt und wird seitens des zuständigen Stationsdienstes in den Drucker des Ihnen zur Nutzung überlassenen Lese- und Schreibgerätes eingelegt.
Verstöße gegen die Hausordnung können eine disziplinarische Sanktion nach sich ziehen (§ 94 Abs. 1 NJVolllzG).


Aus "Strafaktion gegen aufmüpfigen Gefangenen?", in: Nordkurier am 13.7.2019
In Bützow ist ein Gefangener mit drastischen Disziplinarmaßnahmen bestraft worden, der zuvor gemeinsam mit anderen Insassen mit einem offenen Brief gegen die Verhältnisse in der Justizvollzugsanstalt (JVA) protestiert hatte. Der offene Brief hatte im September vergangenen Jahres für landesweite Schlagzeilen gesorgt. Das Justizministerium gibt aber einen anderen Grund für die Strafaktion an. ...
Laut der Gefangenengewerkschaft GG/BO wurde Andreas B. zu zwei Wochen unter Einzeleinschluss verdonnert. Er dürfe drei Monate lang nicht arbeiten und außerdem sei ihm seine Schreibmaschine entzogen worden. ...
Als Grund für die Disziplinarmaßnahmen gegen Andreas B. nennt das Justizministerium nicht dessen offene Worte oder mögliche Renitenz. Stattdessen wird eine sehr exotische Erklärung geliefert: „Dem Strafgefangenen wird vorgeworfen, ohne Erlaubnis regelmäßig und in bedeutendem Umfang andere Gefangene rechtlich beraten und deren schriftliche Geschäftsbesorgung übernommen zu haben“, heißt es in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Landtag. Damit habe Andreas B. gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz und die Pflicht zum geordneten Zusammenleben in der Anstalt verstoßen und die Ordnung in der Vollzugsanstalt gestört. Begründet wird dies so: „Rechtsberatende Tätigkeiten eines Strafgefangenen können Abhängigkeitsverhältnisse und Autoritätsstrukturen entstehen lassen, die geeignet sind, den Vollzugszweck und die Ordnung in der Justizvollzugsanstalt zu stören.“ Außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen dürften nur Juristen unentgeltliche Rechtsdienstleistungen erbringen. Beim Knast handele es sich aber um eine „unfreiwillige Zwangsgemeinschaft“. Das Ministerium räumt ein: Eine Straftat habe Andreas B. nicht begangen. Auch sei der Verstoß nicht mal mit einer Geldbuße belegt. Allerdings könne dem Betroffenen untersagt werden, weiter zu beraten. Das sei geschehen und B. habe trotzdem weitergemacht. Deshalb nun die Disziplinarmaßnahme.


Aus einer Mitteilung der Gefangenenvertretung (?) an die Inhaftierten
Viele von uns hatten sich gefreut, dass sie sich von Mitgefangenen in vielen Dingen helfen lassen konnten. So wurden untereinander Briefe ans Gericht, die Strafvollstreckungskammer oder ähnliches geschrieben. Aus gegeben Anlass ist die Hausordnung in diesem Punkt geändert worden (lest den folgenden Artikel). So ist es nun nicht mehr gestattet, persönliche Dokumente an Mitgefangene weiterzugeben, außer es ist von der Anstalt genehmigt worden. Somit ist auch die Rechtsberatung untereinander verboten worden. Die unter uns, die des Schreibens nicht mächtig sind oder das Paragraphen-Deutsch nicht verstehen, können bei Gericht Hilfe bekommen. Allerdings stehen auch weiterhin in rechtlichen und vollzuglichen Fragen die Bediensteten oder Sozialarbeiter zur Verfügung. Durch diese Änderung soll der missbräuchliche Umgang mit den persönlichen Daten anderer unterbunden werden. Einige der Änderungen mögen uns im ersten Moment als nicht besonders sinnvoll erscheinen, allerdings ist mit den meisten Änderungen auf Vorfälle, Missbrauch oder Beschwerden reagiert worden.

In der Konsequenz wurde einem Inhaftierten, der anderen Gefangen vielfach durch Schreiben von Behördenbriefen und rechtlicher Beratung geholfen hatte, auch die Wählbarkeit zur Gefangenenvertretung verboten. Aus dem Brief der JVA-Leitung:
… mit Sehreiben vom 18,12.2013 haben Sie Ihre Bereitschaft für eine Kandidatur als Mitglied der Gefangeneninteressenvertretung (GIV) angezeigt, Ich setze Sie hiermit davon in Kenntnis, dass Sie gemäß § 5 Abs. 2 der Wahlordnung für die bevorstehende Wahi von der Wählbarkeit ausgeschlossen werden.
Konkret stehen Ihrer Zulassung zur Wahlbarkeit Gründe der Sicherheit und Ordnung entgegen. Darüber hinaus erscheinen Sie unter Berücksichtigung von Behandlungsgründen für die Tätigkeit als GIV-Mitglied ungeeignet. Aufgrund Ihres Verhaltens geht die Vollzugsbeh6rde davon aus, dass Sie einen negativen Einfluss auf andere Inhaftierte ausüben und dadurch deren Vollzugsziel gefährden. Und schließlich ist zu befürchten, dass Sie durch eine Tätigkeit als GIV-Mitglied die Erreichung auch Ihres eigenen Vollzugszieles gefährden würden.
Unter dem Aspekt der Gefährdung der Sicherheit und Ordnung ist zu beachten, dass in der JVA Celle für Sie selbst aufgrund eigener Mitverantwortlichkeit eine zunehmende Gefährdung entstanden ist, die zunächst Ihre vorübergehende Unterbringung im Zugangsbereich und schließlich Ihre Verlegung in die hiesige Justizvollzugsanstalt zur Folge hatten, Ihr für die Gefährdung Ihrer eigenen Person ursächliches Verhalten, wobei insbesondere das Leisten von Schreibhilfe und Rechtsberatung sowie der erfolgreiche Versuch gezielter Einflussnahme auf andere Inhaftierte zu nennen sind, setzen Sie seit Ihrer Zuführung zur JVA Wolfenbüttel unverändert fort. Die bisher durch die Vollzugsbehörde ergriffenen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung würden im Falle der Ausübung eines Amtes in der GIV ad absurdum geführt und Ihrem sicherheits- und ordnungsgefährdenden Verhalten Tür und Tor öffnen.
Im Zusammenhang mit dem Leisten von Schreibhilfe sowie dem Erbringen von Rechtsdienstleistungen für andere Inhaftierte und der daraus resultierenden Störung der Ordnung der Anstalt musste in der hiesigen Anstalt aufgrund einer Reihe von Auffälligkeiten eine Änderung der Hausordnung vorgenommen werden, die nunmehr explizit ein Verbot der Annahme und Abgabe von Gegenständen (einschließlich Sachen von geringem Wert) anderer Inhaftierter ohne ausdrückliche Genehmigung der Vollzugsbehörde vorsieht und darüber hinaus ein Verbot des Erbringens rechtsberatender Tätigkeiten sowie die Untersagung des Leistens von Schreibhilfe für andere Inhaftierte beinhaltet. Gleichwohl sind in der jüngsten Vergangenheit wiederholt vorsätzlich durch Sie begangene Verstöße gegen die ihnen auferlegten Pflichten zu verzeichnen. Sie haben durch Ihr Verhalten mithin eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass Sie keinesfalls gewillt sind, Ihr ordnungsstörendes Verhalten abzustellen. ...


Und noch einen drauf: Mensch würde sich durch solidarisches Verhalten auch selbst gefährden, schreibt die JVA:
Ihre bisher deutlich wahrnehmbare kategorische Weigerung, sich in die Strukturen des Vollzuges einzufügen, wirkt der Annahme der Möglichkeit zur vertrauensvollen Zusammenarbeit im Rahmen von therapeutischen Mannahmen entgegen. Insbesondere im Hinblick auf den in den beiden Gutachten anschaulich dargestellten Aspekt der subjektiv empfunden Selbstwertsteigerung, die Sitz u.a. durch das Leisten von Schreibhilfe und Rechtsberatung erfahren haben und weiterhin gesteigert suchen, wäre mit der Übertragung von Aufgaben einer GIV zwangsläufig eine deutliche Steigerung des beschriebenen negativen Effekts verbunden, was im Hinblick auf die im Mittelpunkt des Behandlungsinteresses stehende Aufarbeitung ihrer vielschichtigen Persönlichkeitsproblematik eine schwerwiegende Störung des Behandlungsprozesses bedeuten würde. Mithin waren Ihre eigenen Vollzugsziele durch die Aufgabenwahrnehmung in der GIV konkret gefährdet.

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