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IST KOEXISTENZ MÖGLICH? DIE FALLBEISPIELE

Mais überall ...


1. Einleitung
2. Das Drama der Koexistenz: Gewollt, unmöglich, deshalb trickreich umschifft
3. Bienen und horizontaler Gentransfer: Einfach vergessen?
4. Schnell und unkaputtbar: Raps
5. Mais überall ...
6. Soja & Tierfutter
7. Baumwolle
8. Weitere Pflanzen und Organismen
9. 2006: Ein Selbstbestäuber verteilt sich weltweit - der Reis LL601
10. Honig, Bienen, Imkerei
11. Die unvermeidbare Folge: Gentechnik im Essen
12. "Ich frage mich, was eigentlich noch alles passieren muss"
13. Schlimmer: Auskreuzung ist einkalkuliert oder sogar gewollt!
14. Infoseiten zum Thema

Aus der BVL-Broschüre "Die Grüne Gentechnik" (S. 13)
Für die einzige bis heute in Europa zum Anbau zugelassene gentechnisch veränderte Nutzpflanzenart, den Mais, ist ein Gentransfer mangels verwandter Wildpflanzen ausgeschlossen. Die Maispflanze stammt aus den Tropen und Subtropen und ist in Europa selbst nicht überlebensfähig.

Maiskrimi 2010: Die unglaubliche Vertuschungsaktion von Behörden
Zuerst war da nur ein Schulterzucken: Schon wieder verseuchtes Mais-Saatgut gefunden. (DDP-Meldung vom 26.04.2010). Aber kurz danach sickerte durch, dass die Aussaat des verunreinigen Mais hätte verhindert werden können - wenn, ja wenn Behörde und Ministerium nciht geschlafen oder absichtlich die Aussaatphase abgewartet hätten. Der Anfang lag im zeitigen Frühjahr. Am 9.2.2010 entnahm die Landwirtschaftskammer Niedersachsenals zuständige BehördeStichproben u.a. bei der Firma Pioneer Hi-Bred, die ihren Sitz im Lande hat (Buxtehude). Zehn Tage später erreichten 35 Maisproben das Labor LAVES. Am
12.3. fanden sich dort erste Hinweise auf gentechnische Verunreinigungen in einer Probe Maissaatgut, drei Tage später dann bei einer weiteren Probe Maissaatgut. Es geschah ... nichts. Am
31.3. verstrich der vereinbarte Stichtag der Länderarbeitsgemeinschaft Gentechnik für die Fertigstellung der Ergebnisse der Saatgutuntersuchungen. Dann am 6.4. gelang die Absicherung im Labor, erst jetzt erfolgte dieErgebnismitteilung durch LAVES an das Ministerium. Innerhalb der nächsten Tage wurde aber erstmal nur die B-Probe untersucht, dann stand die Verunreinigung völlig zweifelsfrei fest. Für einen Stopp der Aussaat wäre es noch nicht zu spät gewesen. Am 8.4. ging das Ergebnis beim Ministerium ein, einen Tag später auch der Laborbericht. Doch wieder passierte nichts. So nahm das Drama seinen Lauf, denn
Mitte April bis Anfang Mai war Maisaussaat. Die Landwirte, das betroffene Saatgutunternehmen und die Öffentlichkeit wussten von nichts, obwohl seit 6. und 9.4. die durch wiederholten Beprobung abgesicherten Befunde von Beimischungen verbotene Gen-Konstrukte dem Ministerium vorlagen. Es kam noch dicker. Greenpeace fragte nach den Ergebnissen der Gensaatgutproben. Doch Die Landesregierung Niedersachsen verweigerte die Auskunft – trotz Pflicht zur Antwort nach dem Umweltinformationsgesetz. Die anderen Bundesländer veröffentlichten 323 Stichproben mit 21 positiven Befunden, zum Teil schon vorher. Die dort festgestellten Verunreinigungen wurden rechtzeitig vor der Aussaat aus dem Verkehr gezogen.Niedersachsen jedoch schlief - oder mauerte! Erst am
27.4., wahrscheinlich aufgeschreckt von der Greenpeace-Meldung, bat das Miniterium denSaatguthersteller Pioneer um Rückholung des kontaminierten Saatguts. Der aber toppte das Versagen der Politikdurch eigene Schnoddrigkeit und verweigerte eine Rückholaktion. Wertvolle Zeit verging, die Aussaat schritt immer mehr voran. Auch die Politik spielte weiter mit gezinkten Karten. Das Landwirtschaftsministerum informierte erst jetztdas für die Rückholung eigentlich zuständige Umweltministerium über den Fund von GVO in zwei Maissaatgutproben -
mindestens 18 Tagen seit Vorliegen der Untersuchungsergebnisse waren verstrichen. Doch selbst diese verspätete Mitteilung verpatzte das Landwirtschaftsministerium am 29.4. erneut: Esübersandte dem Umweltministerium plötzlich eine korrigierte Saatguttabelle, in der die Vermischungen nichtmehr enthalten waren. Fehler oder Fälschung? Auf jeden Fall kostetedie Sache wieder Zeit. Am
30.4. korrigierte Ministerium die Daten wieder, woraufhin erst einmal Feiertage folgten - wieder nur eine Panne? Danach war es wieder amSaatgutkonzern, zu verzögern. Pioneer teilte mit, das die betroffenen Partien bereits in sieben Bundesländer ausgeliefert worden waren. Die insgesamt 1961 Saatguteinheiten reichten für die Kontamination von ca. 2000 bis 3000 ha. Genauere Daten wurden verweigert.
Das staatliche Gewerbeaufsichtsamt musste das Unternehmen auf Herausgabe der Daten von mit dem Genmaissaatgut belieferten Handelspartner verklagen. Derweil sickerte die Sache durch. Am 7.5. teilte das Umweltministerium auf Nachfrage von Medienmit, dass zwei genverunreinigte Saatgutlinien gefunden worden seien. Obwohl es wußte, dass es sichum Chargen der Firma Pioneer handelte, verschwieg es den Verursacher und warntedie betroffenen LandwirtInnen nicht.
Die erfuhren davon aus der Zeitung,z.B. im Hamburger Abendblatt, 9.5.2010. Der Bauernverband tat entsetzt - aber nur wenige Tage. Danach nutzte dessen Präsident Sonnleitner die Gunst der Stunde und forderte - im Gleichklang mit den Gentechnik-LobbyistInnen des Landes - die Legalisierung solcher Verunreinigungen.
Bis dahin setzten die Behörden und Ministerien ihre Serie von Versagen und Unwillen zur Klärung fort: Erst am 26.5. ging ein behördlicher Bescheid an die Firma, endlich die Empfänger des Saatguteszu benennen. Pioneer blieb hart: Es klagte gegen den Bescheid vor dem Verwaltungsgericht Stade. Das Umweltministerium zog sofort den Kopf ein und unterließ eine sofortige Durchsetzung des Auskunftsbegehrens. Am 3.6. - der Mais war längst ausgesät - bestätigte das VG Stadedie Pflicht zur Herausgabe der betreffenden Daten. Einen Tag späterinformierte das Umweltministerium die betreffenden Händler unddie anderen Bundesländer,stellte die belieferten Landwirte fest und lokalisierte die bestellten Flächen. Am
10.6. debattierte der Landtag über den Skandal. Die Verantwortliche des Skandals, Agrarministerin Grotelüschen (CDU), sah sich fehlerfrei und ging in die Offensive: Sie wollte die Nulltoleranz beim Saatgut aufgeben. Skandale führen zur Legalisierung des skandalösen Verhaltens ... auch eine Art, die Gentechnikkonzerne zu rechtmäßigem Verhalten zu bringen: Was die Mächtigen wollen, wird einfach zum Gesetz gemacht.


Niedersachsens Chef-Landwirtin ist mit ihrer Arroganz nicht allein. Auch Gentechnikkonzerne, LobbyistInnen und die Garde gekaufter ForscherInnen fanden keine Worte des Bedauerns, sondern starteten sofort einen Feldzug, um ihr Versagen noch in einen politischen Sieg umzuwandeln. Peter Bleser, Bundestagsabgeordneter der CDU ortete am 9.6.2010 "das eigentliche Problem ... auf einer anderen Ebene: Die Nulltoleranzregelung der EU für dort nicht zugelassene gv-Sorten ist nicht praktikabel und muss endlich praxisgerecht ausgestaltet werden." Zwei Tage später befanden Konzerne und Lobbyverbände, der aktuelle Fall zeige, "dass Schwellenwerte für Saatgut dringend erforderlich sind." Die Rolle des Bösen schoben sie ausgerechnet den Umweltverbänden zu, obwohl ohne die Anfragen von Greenpeace wahrscheinlich alles verschwiegen worden wäre: "Wer dem Verbraucher 100%ige Reinheiten verspricht, täuscht ihn vorsätzlich." Nun schlug auch Bauernverbandschef Sonnleiterim Interview zu:„Es muss in Deutschland ein anderer Realismus einkehren.“ Wenn es unvermeidbare technische Rest-Vermengungen mit genveränderten Pflanzen an der Nachweisgrenze gebe, müssten diese toleriert werden." So wurden die Täter, nachdem sie erst vertuschten und sich als Opfer aufspielten, zu den Siegern des Skandals: Endlich konnte die Unmöglichkeit der Koexistenz offen festgestellt und ihr auch formales Begräbnis einfordert werden. "Die Industrie sieht sich zu Unrecht beschuldigt, und statt die Vorfälle zu bedauern, fordert sie sogar ausdrücklich ein Verschmutzungsrecht", kommentierte die FR am 14.6.2010 die Abläufe, während die üblichen Dampfplauderer der Agro-Gentechnik neue Armutszeugnisse mangelnder kritischer Analyse offenbarten. Der Ex-Öko und Jetzt- Neoliberaler Michael Miersch kommentierte in "Die Welt" (9.6.2010) die Abläufe als "Aufblasen von Nichtigkeiten", während die Propagandaplattform TransGenganz schlicht nur die zur Beruhigung dienende Presseinfo der Verursacherfirma Pioneer vom 11.6. veröffentlichte.

Im Original: Pressetexte
Aus der taz, 28.5.2010 ++ mehr zum Maisskandal siehe unten (Fallbeispiel Mais):
Auf deutschen Feldern wird dieses Jahr Gen-Mais wachsen, weil sich das niedersächsische Landwirtschaftsministerium Zeit gelassen hat. Erst Ende April, nach Ablauf der vereinbarten Fristen, hatte es dem niedersächsischen Umweltministerium mitgeteilt, dass zwei der überprüften Maissorten gentechnisch verunreinigt waren. Für eine Rückrufaktion war es da bereits zu spät: Das Saatgut war verkauft und auf die Felder gebracht.

Aus dem Kommentar "Vergiftete Saat" von Stephan Boernecke zur Genmaisverunreinigung, in: FR, 14.6.2010 (S. 10)
Wie im bekanntesten Fall kontaminierten Getreides, bei dem der Reis LL 601 US-amerikanischen Laboren entkam und sich im normalen Reis wiederfand, stammt offenbar ein Teil der Verschmutzung aus wissenschaftlichen Freisetzungen aus Ungarn. Das wirft ein Schlaglicht darauf, wie die Firmen mit den Experimenten umgingen und wie wenig sie sich um die Sicherheit von Mensch und Umwelt kümmerten. Die Industrie sieht sich zu Unrecht beschuldigt, und statt die Vorfälle
zu bedauern, fordert sie sogar ausdrücklich ein Verschmutzungsrecht.
Danach sollen Spuren der Gen-Saat in konventionellem Saatgut künftig erlaubt werden. Das ist der Beweis: Es gelingt den Saatgutherstellern nicht, den Deckel auf ihren Erfindungen zu halten. Oder legt sie es geradezu darauf an? ...
Dass das Problem künftig eher größer als kleiner wird, ergibt sich aus Plänen der EU. Sie will den Ländern weit mehr als bisher freistellen, wie sie mit der Gentechnik umgehen. Das klingt erst mal gut im Sinne der kritischen Verbraucher; denn auch das Verbannen der Gentechnik wird möglich. Doch in Wahrheit verbirgt sich dahinter eine vergiftete Nettigkeit: Die Freigabe wird automatisch dazu führen, dass die EU weit mehr und erheblich schneller als bisher neue Gen-Saaten zulässt; denn die Gen-kritischen Länder können sie ja von eigenen Feldern fernhalten. In der Folge aber wird es einen europäischen Flickenteppich geben, einige Länder werden die Gen-Saat geißeln, andere aber beherzt zugreifen. Angesichts der Handelsströme in der EU wird das den Gen-Schleier aber eher fördern, wenn nicht gar provozieren.

Ein parlamentarisches Nach- und Trauerspiel erlebte dann noch der niedersächsische Landtag. Dort wurden die heimlich oder gewollt entwischten Genmaiskörner zum Thema einerFragestunde. Diese begann mit dem Vortrag des Fragestellers. Die Antwort darauf war zunächst die typische "Wir-sollten-endlich-sachlich-sein"-Leier, die bei GentechnikbefürworterInnen sehr beliebt ist: Sachlichkeit fordern und dann polemisch austeilen. Etwas später kommt dann die Nachfrage, was mit den Imkern ist: "Frau Ministerin, die Aussaat ist erfolgt. Sie haben gesagt, es sei kein Schaden für Umwelt und Natur entstanden. Dazu gibt es auch andere Standpunkte; z.B. sagen die Imker, dass sie ihren Honig verlieren bzw. ihn in der Region nicht mehr verkaufen können."
Astrid Grotelüschen, die Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung, antwortet so: "Frau König, im Moment blüht der Mais noch nicht. Außerdem fliegen die Bienen den Mais auch gar nicht an. Von daher, denke ich, ist Ihre Sorge völlig unberechtigt." Unglaublich - bar jeglichen Fachwissens wird hier eine Gefahr einfach wegdiskutiert. Die Aussage ist schlicht falsch. Bienen sammeln sehr wohl den eiweißhaltigen Pollen am Mais und das ist auch allgemein bekannt. So plätscherte die Debatte weiter - die Ministerin suchte Ausrede um Ausrede oder redete schlicht an der Frage vorbei. So fragte Helmut Dammann-Tamke aus der Regierungsfraktion (CDU), "die Landesregierung: Sind ihr Zahlen dazu bekannt, in welchem Umfang gentechnisch veränderter Mais der Sorte NK 603 weltweit angebaut wird?" Antwort der Ministerin: "Sehr geehrter Herr Dammann-Tamke, NK 603 - ich habe es eben bereits erwähnt - verleiht den Pflanzen eine Herbizidtoleranz. Diese Toleranz ist die am umfangreichsten genutzte gentechnische Veränderung beim Anbau von Nutzpflanzen. Weltweit werden deshalb - die Zahl stammt aus 2009 - auf über 83 Millionen Hektar Pflanzen, die eine Herbizidtoleranz besitzen, angebaut. Das sind über 60 % des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen. Außerhalb Europas ist dieser Anbau von herbizidtolerantem Mais, Soja oder auch Baumwolle gängige Praxis. Negative Umweltauswirkungen - ich kann es noch einmal betonen - wurden hierbei nicht festgestellt." Das istdie vollständige Aussage. Wer darin die Antwort auf die Frage im allgemeine Werbeschwall für Gentechnik entdeckt, hat gewonnen ...
Derweil offenbare die Ministerin wenig Wissen über die Agro-Gentechnik im Lande. Nur zweiordnungsgemäß gemeldete Versuchsfelder liegen in Niedersachsen - eines davon als staatlicher Versuch: "in Braunschweig in der Gemarkung Ölper ein 11,2 ha großes Feld mit genmanipuliertem Mais". Auf die Frage "ob es sich dabei um den nicht zugelassenen Mais NK 603 handelt", antwortete die Ministern: "Das ist uns nicht bekannt."
(alle Zitate aus der Mitschrift Niedersächsischer Landtag - 16. Wahlperiode - 74. Plenarsitzung am 10. Juni 2010, S. 9297ff. ++ Gesamtprotokoll)

Nicht hören, nichts sehen, nichts sagen
Der Umgang mit Auskreuzungsrisiken ist exemplarisch amMON810 zu erkennen. 1999 beschloss die EU, dass dass gv-Pflanzen nur noch für eine Übergangszeit ohne begleitendes Monitoring angebaut werden durften. "Der EU-Ministerrat beschloss im Juni 1999, dass der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in der EU durch Beobachtungsprogramme zu begleiten ist. In der Folge wurden Monitoringprogramme für neue Genehmigungen im Oktober 2003 obligatorisch. Gleichzeitig sahen die Änderungen vor, dass bestehende Genehmigungen ohne Monitoring bis zum 17. Oktober 2006 begrenzt werden. " Damals war der 17. Oktober 2006 als Deadline für alle Sorten, die das nicht hatten, festgelegt worden - genug Zeit also, solche Überwachungspläne für Umweltauswirkungen zu entwickeln. Doch das tat niemand. Daher hätte MON810 im Jahr 2007 aber nicht ausgesät werden dürfen. Geschah aber trotzdem - mit Hilfe übler Tricks durch den damaligen Minister Seehofer und das ihm unterstellte BVL. Vorher hatte es schon einen umfassenden "Erprobungsanbau", koordiniert durch den Lobbyverband InnoPlanta, gegeben - auch ohne Monitoring und ohne Aktivitäten, diese Lücke zu füllen. Erst am 9.5.2007, also 8 Jahre nach dem EU-Beschluss und mehrere Monate nach Ablauf der dort festgelegten Frist, forderte das BVL vom Hersteller: "Saatgut der gentechnisch veränderten Maissorte MON810 darf in
Deutschland zukünftig nur dann zu kommerziellen Zwecken abgegeben werden, wenn dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vom Inhaber der Inverkehrbringensgenehmigung, der Firma Monsanto, ein Plan zur Beobachtung der Umweltauswirkungen vorgelegt wird.
" Als wäre es das völlig ungewöhnlich, verfügt das BVL, Monsanto solle sich an das Recht halten. "Mit dem nun vom BVL an Monsanto ergangenen Bescheid wird das Unternehmen verpflichtet, ein der aktuellen EU-Rechtslage entsprechendes Monitoring durchzuführen." Etwa zeitgleich kündigteeine andere Behörde innerhalb des Landwirtschaftsministeriums an, sie werde auch selbst mit der Erforschung der Koexistenzfähigkeit beginnen: "Mit den bis 2009 ausgelegten Versuchen soll erprobt werden, wie das Nebeneinander des Anbaus von gentechnisch verändertem und konventionellem Mais (Koexistenz) realisiert werden kann, ohne dass ein wirtschaftlicher Schaden entsteht. Konkret geht es um Mindestabstände für den Praxisanbau, den Einfluss von Zwischenkulturen aber auch des Klimas oder der Drillrichtung auf die Auskreuzung. Des Weiteren sollen Auskreuzungsraten bei unterschiedlicher Nutzung als Körner- oder Silomais ermittelt werden. " Über zehn Jahre nach Beginn des MON810-Anbaus sollten dann also Ergebnisse vorliegen, wie das geschehen sollte - eine interessante Reihenfolge angesichts dessen, dass der MON810-Mais schon über in der Landschaft stand und Forschungsergebnisse auch von anderen Orten vorlagen: "Während die "Koexistenzfähigkeit" von gentechnisch verändertem und konventionellem Mais bei Versuchen in Groß Lüsewitz, Wendhausen, Mariensee, Braunschweig und Forchheim bis 2009 getestet werden soll, haben Wissenschaftler der englischen Universität Exeter bereits herausgefunden, dass das Mischpotential, das sogenannte 'Auskreuzungsrisiko', in Versuchsfeldern meist deutlich unterschätzt wird" (Telepolis am 2.6.2007, Quellen dort im Text). Doch zu all dem sollte es gar nicht kommen, zumindest in Deutschland nicht. Mit ganz anderen Begründungen wurde der MON810 im Frühjahr 2009 verboten und steht seitdem nur noch mit Sondergenehmigungen des BVL z.B. im Prograpandagarten "BioTechFarm" in Üplingen.

Im Original:BVL zum Koexistenz-Recht
1. Das Forschungsprogramm?
war 2004 war von der damaligen Ministerin Renate Künast initiiert worden. Die Umsetzung erfolgt in drei Ressortforschungseinrichtungen des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ), Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) und Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) und seit 2006 auch am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ). Die Koordination liegt bei der FAL. Im Jahr 2007 wird an 5 Standorten (Groß Lüsewitz, Wendhausen, Mariensee, Braunschweig und Forchheim) auf einer Fläche von 22,8 ha gentechnisch veränderter Bt-Mais angebaut. Unterschiedliche Versuchsanordnungen unter Einbindung von Feldern mit Klee/Gras, Getreide oder Sonnenblumen zwischen den Maisschlägen helfen, den Einfluss geschlossener Feldfruchtbestände zu bewerten.

2. Was ist Bt-Mais?
Das Bt-Toxin ist ein Eiweiß, das von Bakterien gebildet wird, die überall im Boden vorkommen. Es hat eine giftige Wirkung auf bestimmte Insekten, ist aber für Säugetiere und Menschen harmlos. Bt-Präparate sind seit 1964 in Deutschland als Pflanzenschutzmittel zugelassen und werden besonders im integrierten und ökologischen Landbau verwendet. Beim Bt-Mais ist das Bt-Toxin-Gen der Bakterien in das Erbgut der Maispflanzen eingebaut. Dieser somit gentechnisch veränderte Mais produziert sein eigenes Insektengift, das gezielt einen seiner ärgsten Feinde, den Maiszünsler vernichtet.

3. Was heißt Auskreuzung?
Wenn Maispflanzen blühen, bilden die männlichen Blüten Pollen. Der Maispollen gelangt mit dem Wind zu den weiblichen Blüten. Aus diesen bestäubten, weiblichen Maisblüten entwickeln sich die Samen, also die Maiskörner. Werden gentechnisch veränderter Mais und gentechnikfreier Mais benachbart angebaut, kann es bei gleichzeitiger Blüte beider Pflanzenbestände dazu kommen, dass der Pollen der männlichen Blüten des gentechnisch veränderten Mais auf die weiblichen Blüten des gentechnikfreien Mais gelangt. Die sich entwickelnden Maiskolben besitzen dann auch die neue Eigenschaft des gentechnisch veränderten Mais, in diesem Fall das Bt-Toxin-Gen. Je weiter zwei Maisbestände auseinander liegen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit für eine solche Auskreuzung. Wind, Wege oder andere Pflanzenkulturen haben einen Einfluss auf die Auskreuzung.

4. Was bedeutet Koexistenz?
Wenn es zu einer Auskreuzung kommt, so kann im Erntegut des nicht gentechnisch veränderten Mais das Bt-Toxin-Gen nachgewiesen werden. Wenn mehr als 0,9% des Ernteguts das Bt-Toxin-Gen enthalten, muss der Landwirt seine Maisernte als "gentechnisch verändert" deklarieren. So hat es der Gesetzgeber geregelt. Der Landwirt kann dann unter Umständen seine Maisernte schlechter vermarkten und hat möglicherweise ökonomische Einbußen. Es handelt sich also um ein ökonomisches Problem, nicht um ein Sicherheitsproblem, da die neue Eigenschaft des Bt-Mais sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene geprüft und als unbedenklich bewertet wurde. Der Begriff "Koexistenz" beschreibt das Nebeneinander von gentechnisch veränderten und nicht gentechnisch veränderten Kulturpflanzensorten, ohne dass es zu einer Überschreitung des Schwellenwertes von 0,9% im Erntegut des letzteren kommt.
++ Quelle: Anhang zur Presseinfo vom 9.5.2007

Mehr Fälle von Entdeckung kontaminierten Maispflanzen, wo sie nicht hingehören
  • USA: Illegaler Gen-Mais in Chips
    Der wegen Allergiegefahr nur als Futtermittel zugelassene Bt-Mais „StarLink“ kontaminierte im Jahr 2000 durch Pollenflug und Nacherntevermischung weite Teile der USLebensmittelkette sowie konventionelles Saatgut. Obwohl „StarLink“ lediglich auf vier Prozent der Maisanbaufläche der USA angebaut worden war, wurde ein Großteil der Saatgut-Bestände in den USA kontaminiert. Die Kosten für Lebensmittel-Rückrufaktionen belaufen sich mittlerweile auf über eine Milliarde US-Dollar.
  • Deutschland: Landwirten Gen-Mais untergeschoben
    2005 gelangte gentechnisch kontaminiertes Maissaatgut der Firma Pioneer in eine Reihe deutscher Bundesländer, unter anderem Bayern und Baden-Württemberg. Bei dem Genkonstrukt handelte es sich um den wegen seiner negativen Auswirkungen auf Insekten umstrittenen MON810 des US-Konzerns Monsanto. Die Bauern waren erst nach der Aussaat von der Verunreinigung informiert worden. In Bayern waren 150 Hektar Maisäcker betroffen. Alle Felder mussten vernichtet werden. Nach derzeitiger EU-Rechtslage darf konventionelles Saatgut keinerlei GVO-Spuren enthalten.
  • Ende April 2007 entdeckte Greenpeace illegale Gentechnik-Maissorten von Monsanto – der Kapitän eines Frachters hatte den entscheidenden Tipp gegeben (Quelle).
  • USA: Bt11/ Bt10
    Im Frühjahr 2005 informierte der Gentechnik-Konzern Syngenta die Weltöffentlichkeit darüber, dass dem Unternehmen in den USA seit 2001 ein gravierender Fehler unterlaufen war. Statt der in einigen Ländern zugelassenen Genmais-Sorte Bt 11 wurde das in keinem Land der Welt zugelassene Konstrukt Bt 10 als Saatgut an Bauern verkauft und auf insgesamt 150 km2 angebaut. Rund 190.000 Tonnen nicht zugelassener Gen-Mais gelangten dadurch in die Nahrungskette. Auch nach Europa, Japan, Südkorea und andere Länder wurde der Gen-Mais exportiert. Bt10 enthält ein Resistenzgen gegen das Antibiotikum Ampicillin. (Quelle: Faltblatt "Gen-Pflanzen außer Kontrolle" des Umweltinstituts München)
  • Spanien: Koexistenz laut Studie nicht möglich
    Eine Koexistenz von Gentech- und Biomais scheint laut einer neuen spanischen Studie kaum möglich. Der Grund liegt darin, dass es zumindest in Spanien keine Infrastruktur zur Trennung der Saaten gibt. ...
    Das Problem liegt darin, dass in beiden Regionen der Mais vom Einkauf des Saatgutes bis zur Vermarktung zumeist über Genossenschaften läuft. Und die haben für dieses Produkt eben nur eine Infrastruktur. Somit wäre auch eine Vermischung von Gentech- und Bio-Sorten nicht verhinderbar - was für letztere aufgrund der strengen Standards naturgemäß inakzeptabel ist.
    Die Konsequenz: Überhandnehmender Gen-Mais, wie es sich die dahinter stehenden Saatgut-Konzerne nur wünschen können. In Aragon fiel die Anbaufläche für Bio-Mais um 75 Prozent, in Katalonien um fünf Prozent. Binimelis, die ihre Studie im "Journal of Agricultural and Environmental Ethics" (doi: 10.1007/s10806-008-9099-4) publiziert hat, spricht insgesamt von einer "unmöglichen Koexistenz" der beiden Landwirtschaftstypen.
    (Quelle: ORF, 1.7.2008)
  • Deutschland: Mais mit Gen-Saatgut verunreinigt
    Von 438 in Deutschland untersuchten Mais-Proben waren neun mit genmanipulierten Organismen verunreinigt, vier davon mit illegalem Gen-Mais. Diese Analyseergebnisse hat Greenpeace nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) von den zuständigen Länderbehörden erhalten. Die neun verunreingten Proben stammen aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg. ... Bei den illegalen Maissorten handelt es sich um die insekten- und herbizidresistenten Gen-Mais-Produkte Bt11 und Herculex (DAS-59122-7) der Agrarkonzerne Syngenta und Pioneer. Landwirte in Bayern, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern hatten illegalen Gen-Mais Bt11 ausgesät und mussten die Pflanzen wieder vernichten. Fünf der neun Maisproben waren mit dem in der EU zum Anbau zugelassenen Gen-Mais MON810 von Monsanto verunreinigt. (Quelle: Greenpeace auf Basis der Angaben von Länderbehörden, 15.8.2008)
  • Kanada
    In Kanada hat der Round-up ready Mais von Monsanto alle anderen nicht transgenen Sorten wegen der Pollenkontaminierung vertrieben. (Quelle: Chat mit Marie-Monique Robin, Autorin des Films "Monsanto. Mit Gift und Genen")
  • Deutschland: Versehentlich Genmais ausgesät
    Im Frühjahr 2009 wurde mehrfach Genmais ausgesät, der gar nicht zugelassen war. Das Ganze wurde als Versehen dargestellt. Es beweist, dass die Technik nicht beherrscht wird - oder das die Konzerne fahrlässig bis absichtlich alles verseuchen wollen. Mehr über die illegalen Felder in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Gerade noch verhindert werden konnten weitere Aussaaten im Rheintal. BUND-Regionalverband Südlicher Oberrhein vermutet Absicht! "Versehentliches" Genfeld auch in Hessen!
    Unglaublich: Verunreinigerter Mais soll stehenbleiben!
  • Deutschland: GV-Körner versehentlich im Futtermais
    Bei einer Kontrolle von Futtermittel aus einem Werk in Hamburg ist nicht zugelassener gentechnisch veränderter Mais gefunden worden. Ein Landwirt in Brandenburg muss deshalb nun auf ca. sechs Tonnen Sojaschrot für seine 210 Kühe bis auf Weiteres verzichten. Die gesamte Ladung wurde durch Anordnung des Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt- und Verbraucherschutz (MLUV) gesperrt. Mehr ...
  • Niederlande
    Eine GM Maissorte, die in Europa illegal ist, wurde in einer Lieferung von Mais-Kraftfutter im Hafen von Rotterdam (Niederlande) entdeckt. Mehr ...
  • Verseuchtes Maissaatgut im eigentlich gentechnikfreien Ungarn (2011)
  • Saudi Arabien: Illegaler StarLink Gentech-Mais taucht in Nahrungsangebot auf (2013)
    Eine neue von Experten geprüfte Studie zeigt die weit verbreitete Kontaminierung des Nahrungsangebots in Saudi Arabien durch Gentech-Inhaltsstoffe, inklusive des umstrittenen StarLink-Mais, einer Sorte von Bt Mais patentiert von Aventis (2002 aufgekauft von Bayer). StarLink wurde zur lokalen Verwendung als Tierfutter und in der Industrie in den USA im Jahr 1008 zugelassen. Es wurde allerdings von der Nahrung für Menschen getrennt, da Sicherheitsbedenken bezüglich einer möglichen Allergenität bestehen. StarLink wurde 2000 vom Markt genommen, findet sich aber immer noch.
  • Wenn Auskreuzung nicht verhinderbar ist: Legalisierung durch Zulassung

Der besondere Fall:"Wilde" Auskreuzung von Mais in Mexico
Von besonderer Bedeutung ist die Verunreinigung der Maisvorkommen in Mexico, denn hier hat die Pflanze ihr Ursprungsgebiet. Das Land hat also weltweit die Bedeutungeinerin der Landschaft verteilten Saatgutbank. Die Aussaat von gv-Mai war hier nie erlaubt, aber die Verunreinigung fand doch statt. Gefunden wurde sie eher durch Zufall. US-Wissenschaftler hatten massive Einkreuzungen transgener Maislinien in mexikanische Landsorten gefunden. Mexiko, das Herkunftsland der Maispflanze, besitzt noch mehrere tausend, für die zukünftige Züchtung unerlässliche Maissorten. Die Ursache der Kontamination war (und ist) transgener Mais aus den USA, der von der nicht informierten Landbevölkerung als Saatgut statt als Lebensmittel verwendet wird. Die Gentechnikindustrie sorgte dafür, dass der Autor Ignazio Chapela 2002 seinen Lehrstuhl verlor. Die Überbringer schlechter Nachricht bekamen den Ärger ...

Im Original: gv-Auskreuzung in Mexico und Vertuschungsversuche
Aus "Mexiko: Spuren von gentechnisch verändertem Mais bestätigt" auf: top agrar am 13.3.2009
In Mexiko, der Wiege des Maisanbaus, haben Wissenschaftler GVO-Bestandteile in Maisproben aus den Jahren 2001 bis 2004 nachgewiesen. Unklar ist nun, wie gentechnisch veränderter Mais auf die Felder dort gelangt ist und ob die Transgene sich im Genpool der alten mexikanischen Landrassen etabliert haben, teilt bioSicherheit.de, das Portal des Bundesforschungsministeriums, mit.
So hätten Studenten bereits 2001 den Nachweis von GVO-Spuren in mexikanischen Maissorten veröffentlicht. Mehrere Wissenschaftler hätten dies allerdings wegen methodischer Unzulänglichkeiten heftig kritisiert. Diese Überheblichkeit scheint sich nun, acht Jahre später zu rächen. Anscheinend haben sich die einheimischen Maispflanzen mit gentechnisch verändertem Mais gekreuzt. Nicht geklärt ist allerdings, ob und in welchem Umfang die daraus entstandenen Pflanzen – die F1-Generation - sich wiederum mit den einheimischen Pflanzen kreuzen, die ggf. daraus entstandene F2-Generation sich ebenfalls mit den einheimischen Pflanzen kreuzt usw.


Aus dem Positionspapier des BfN (2009), "Welternährung, Biodiversität und Gentechnik" (S. 7 f.)
In Mexiko konnten Einkreuzungen von transgenem Mais in lokalen Landrassen nachgewiesen werden, obwohl zu dem Zeitpunkt ein Anbauverbot in Mexiko galt (QUIST & CHAPELA 2001; PEARCE, 2002). Es besteht die Gefahr, dass dadurch Landrassen und damit genetische Informationen für die Züchtung verloren gehen.


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