Antirepression

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Fusionsfieber 2005


Frauen in der Linkspartei. · Fusionsfieber 2005 · Mehr Merkwürdigkeiten · Spass und Absurdes

Bundestagswahl 2005: Votum gegen Neoliberalismus??? Linke Mehrheit???
In den Wochen nach der Bundestagswahl setzte sich eine Mehrheitsmeinung in bildungs- und linksbürgerlichen Medien durch, dass bei der Wahl am 18.9.2005 dem Neoliberalismus eine Absage erteilt wurde. Die dafür angegebenen Argumente sind absurd:
  • Die Stimmenzunahme bei der SPD (vor allem gegenüber den Umfragen) wird als Indiz gewertet, obwohl das gerade auf den autoritär-landesväterlichen Wahlkampfstil von Gerhard Schröder zurückging - und damit auf den Macher von Sozialabbau.
  • Die Stimmenverluste bei der CDU (vor allem gegenüber den Umfragen) werden als Kritik an deren Ankündigungen zum Sozialabbau gewertet. Dabei war die größte Wanderungsbewegung von der CDU zur FDP. Das als anti-neoliberales Votum zu bewerten, ist kaum noch zu übertreffen an Absurdität.
  • Überhaupt: Der eindeutige Wahlgewinner sowohl gegenüber vorhergehenden Wahlen wie auch gegenüber den Umfragen ist die FDP. Das ist eher ein Votum für neoliberale Umgestaltung.
  • Der Stimmenzuwachs der Linkspartei ist nur gegenüber dem dramatischen Einbruch bei der letzten Bundestagswahl sehr hoch. Gegenüber den Umragewerten ist eher ein erheblicher Rückgang zu verzeichnen gewesen, je länger der Bundestagswahlkampf dauerte. Stimmenzugpferde bei der Linkspartei waren mit Lafontaine und Gysi zwei Politiker, die in ihrer aktiven Zeit an den Hebeln der Macht neoliberale Politik umgesetzt haben. Lafontaine als Ministerpräsident des Saarlandes und als Chef der SPD, Gysi in Berlin als Wirtschaftssenator.

Im Original: Linksgestrickte Wahlanalysen
Aus dem Kommentar "Unlust und Unruhe" von Arnold Schölzel in: Junge Welt vom 20.09.2005 (S. 8)
Das Wahlergebnis besagt, daß die Patienten Operationen am lebendigen Leibe nicht gut finden. Die Deutschen hatten nicht wie Franzosen oder Niederländer bei der Abstimmung über die EU-Verfassung nur ein Ja oder Nein zur Auswahl. Aber auch das deutsche Wahlergebnis war ein Nein gegen neoliberalen Wahn.

Aus Oskar Negt "Nicht normal" in FR vom 15.10.05 (S. 11)
Das deutsche Volk hat mehrheitlich links gewählt.
Anmerkung: Danach sind nicht nur Schröder, Schily, Clement, Abschiebung, Bundespolizei, Hartz IV usw. links, sondern sogar die CDU, denn ohne diese mitzurechnen, gibt es keine Mehrheit aller Menschen, die "links" gewählt hätten. Denn die größte Gruppe hat erstmal gar nicht gewählt - also auch nicht links. Negt hat mit diesem Spruch sicherlich die bisher dümmste Formulierung in diese Richtung rausgehauen.

"Kein Grund zu verzagen" in: Jungle World 19.10.2005 (S. 19)
Links vom bürgerlichen Lager (wenn man die Grünen noch nicht zu diesem zählen will) gäbe es für Rot-Rot-Grün eine Regierungsmehrheit ...

Aus Peter Wahl (Attac-Koordinierungskreis), "Eine neue Dynamik für attac" in: a&k, 21.10.2005 (S. 31)
Im Kern kommt es darauf an, das Verhältnis zu den Parteien unter die strategische Maxime zu stellen, aus der rechnerischen Mehrheit links der CDU eine politische und gesellschaftliche Mehrheit zu machen.

"Neoliberale Politik abgewatscht" in: Sozialistische Zeitung, Oktober 2005 (S. 3)
Die Bundestagswahl 2005 hat einen eindeutigen Verlierer — die Verfechter neoliberaler Politik. ... So groß war deren Niederlage noch nie in der Bundesrepublik.

Ausschnitt rechts: Aus einem Spendenaufruf der DKP-Stiftung (LL-Stiftung) nach der Bundestagswahl

Die plötzlich entdeckte "linke Mehrheit" nach FR, SoZ, Junge Welt, taz, Negt und anderen Sprachrohren des Absurden besteht u.a. aus:
  • Wolfgang Clement (SPD), Hetzer gegen Arbeitslose
  • Gerhard Schröder (SPD), Macher von Hartz IV und Agenda 2010
  • Otto Schily (SPD), Namensgeber des Otto-Katalogs zum Ausbau des autoritären Sicherheitsstaates und Befürworter von Lagern für Flüchtlinge in Nordafrika
  • Oskar Lafontaine (Ex-SPD, jetzt Linkspartei), Architekt der Asylrechtszerschlagung in der SPD und
  • Überhaupt: Die SPD, die Grünen, die Linkspartei ...

Ja, aber ...
Über die merkwürdige Argumentation, dass weil oder obwohl die Linkspartei scheiße ist, mensch trotzdem oder deswegen da mitmachen sollte ...

Aus einem Interview mit Theodor Bergmann in: Junge Welt, Beilage 4.3.2006 (S. 2)
Ende 1989 bin ich aus Solidarität mit meinen Freunden eingetreten, die zwar in der DDR verfolgt wurden, aber auch PDS-Mitglieder waren. Schon damals war ich der Meinung, daß die PDS nicht das Gelbe vom Ei ist. Und ich glaube nicht, daß die neue Linkspartei das letzte Wort der Geschichte ist. Aber die marxistische Linke ist heute zu schwach und fraktioniert, um eine eigene revolutionäre Partei zu schaffen. Eines Tages wird es vielleicht eine neue kommunistische Partei, eine Luxemburg-Partei geben. Heute müssen wir versuchen, zusammenzuarbeiten. Ich sehe, daß die neue Linkspartei die Stimmung unter den arbeitenden Menschen verbessert hat, weil wir wieder im Parlament sind. Innerhalb der WASG und Linkspartei werde ich diese Parlamentsgläubigkeit kritisieren, aber ich werde mich nicht isolieren. Ich glaube zwar, daß das Parlament keine große Bedeutung hat. Entscheidungen werden nicht dort gefällt, sondern in der Lobby. Aber dennoch ist das Parlament für uns eine Tribüne, wenn wir außerhalb genügend Druck machen gegen die Einheitsfront der Kapitalisten und ihrer vier Parteien. Es ist die Aufgabe der Linken, innerhalb der Linkspartei und der WASG den Druck zu vergrößern und zu versuchen, hier wieder sozialistisches Gedankengut einzubringen, das heute schlecht im Kurs ist, weil viele Sozialisten mißtrauisch, mißmutig geworden sind. Wenn es jetzt zu einer öffentlichen Spaltung in WASG und Linkspartei käme, dann würde die Stimmung wieder sinken.

Aus dem Interview mit WASG-Bundesvorstand Thomas Händel in: Junge Welt, 28.2.2006 (S. 3)
Die Berliner Linkspartei hat wirklich keine große Energie für ein gemeinsames Antreten an den Tag gelegt. Einiges hat mich da schon sehr an meine ehemalige Partei, die SPD erinnert. ... Wir vom Bundesvorstand werben energisch dafür, daß die Mitglieder wissen, daß wir uns angesichts der antisozialen Politik von Schwarz-Rosa keine Zersplitterung leisten können. Vielmehr müssen wir weiter um ein gemeinsames Antreten mit der Linkspartei ringen.

Fusion als höherer Auftrag eines gedachten Kollektiv der WählerInnen?
Geht es nach Lafontaine, konnte mensch bei der Bundestagswahl 2005 über die Linkspartei-Fusion abstimmen (wo war das denn auf dem Wahlzettel? Mensch lerne: Es geht nicht nur um die Regeln, Ziele und Erkenntnisse, sondern immer um die Macht, diese und ihre Einhaltung zu definieren)

Oskar Lafontaine im Interview der Freitag, 28.4.2006 (S. 3)
Trotzdem, es ware eindeutig besser gewesen, schneller zu fusionieren und damit schneller die neue Partei zu bilden, weil der Wählerauftrag bei der Bundestagswahl eindeutig war. Auch die jüngsten Querelen ändern nichts daran, dass die Gremien der WASG den Wählerauftrag und den Auftrag ihrer Mitglieder zu erfüllen haben.

Dasselbe in einer WASG-Bundesvorstandsmitteilung, dokumentiert in Junge Welt, 28.4.2006 (S. 3)
Im "Kooperationsabkommen III" ist auch vereinbart, daß wir nirgendwo und zu keinem Zeitpunkt mehr gegeneinander kandidieren. Das steht in Übereinstimmung mit dem Willen von über vier Millionen Wählerinnen und Wählern zur Bundestagswahl und der klaren Mehrheit der Mitglieder, die sich an der bundesweiten Urabstimmung der WASG beteiligten. Sie haben sich für die Bildung der gemeinsamen Partei und gegen die Konkurrenz, nicht aber für den Ausschluß gegenseitiger Kritik entschieden. (...)

Wir können nix anderes ...

Zurückgetretene nach der Machtergreifung durch die Ex-SPD-Troika in der WASG wollen wieder neue Partei gründen
Aus "Lafontaine macht den Weg frei" in Junge Welt, 2.5.2006 (S. 1)
Die drei WASG-Vorstandsmitglieder Sabine Lösing, Joachim Bischoff und Björn Radke kündigten aus Protest gegen die Beschlüsse ihren Rückzug aus der Parteispitze an. Mit Blick auf die geplante Parteienfusion erklärten einige WASG-Mitglieder, eine eigene Partei gründen zu wollen. Sie soll "Die Alternative EU" heißen.

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