Antirepression

8 TAGE U-HAFT IN STAMMHEIM

Zelle 49 ...


1. Kurzfassung
2. Ansichten und Innenansichten aus dem Knast
3. Verhaftet ...
4. Ab zur Bullizei ...
5. Allein ...
6. U-Haft ...
7. Stammheim ...
8. Zelle 49 ...
9. Knastleben ...
10. Knast als Heimat ...
11. Frauen ...
12. Ganz unten ...
13. Was geschieht draußen? ...
14. Den Prozeß machen ...
15. Und weiter ...
16. Vielen Dank ...
17. Spätere Nachträge
18. Reaktionen auf der Hoppetosse-Mailingliste
19. Weitere Reaktionen

Als ich in den Raum komme, ist niemand anders drin. Ich sehe, daß zwei der vier Betten belegt sind und richte mir eines her. Aus meinem letzten Knastaufenhalt bringe ich etliche Ängste mit. Damals lag ich auf einer Zelle mit zwei Aussiedlerdeutschen, die aber kein Deutsch sprachen, sondern untereinander und einer dann auch gegen mich ausschießlich per Faustschlägen die Dinge in der Zelle regelten. Alle Wände hingen voller Pornographie – und auch die Bücher, die ich herumliegen sah, paßten dazu. Darauf achtete ich nun gleich und war bereits erleichtert, als ich nichts dergleichen finden konnte. Irgendwelche seichten Romane lagen herum, wie sie für Gefangenenbibliotheken typisch waren. Und eine Bibel – naja. 
Kurze Zeit später kamen meine Zellenkollegen nacheinander von verschiedenen Terminen, u.a. Arztbesuch, im Knast zurück. Die Begrüßung fiel eher zurückhaltend aus. Was ich nicht wußte, war der Grund: Die beiden lagen schon länger auf der Zelle. Einer wartete auf einen freien Platz in einem anderen Knast, der andere sollte in Stuttgart Zeugenaussagen machen. Neben ihnen war ein ständiges Kommen und Gehen in der Zelle. Das Erdgeschoß war, wie ich von ihnen erfuhr, der Zugangsbereich – d.h. hier wurden neu Verhaftete für die erste Nacht eingesperrt. Darunter waren immer wieder Drogenabhängige, die dann voll auf Entzug standen, die Zelle vollkotzten – Knast ist nicht nur langweilig, sondern zuweilen auch sehr anstrengend. Spontane Sozialarbeit hinter Stahltüren ...
Mir schien, die beiden waren nach kurzer Zeit auch zufrieden, daß zu erwarten war, daß ich dort bleiben würde und wir zu dritt die nächste Woche organisierten. Einer stellte schnell die Frage, die für die nächsten Tage prägend war: „Kannst Du Skat?“. Ich bejahte – das letzte Mal hatte ich vor fünf Jahren gespielt, im Knast von Gießen. Aber Skat war besser als alles andere. Langeweile und Leere, die der Knast schafft, ist das Bedrückende.

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