Antirepression

8 TAGE U-HAFT IN STAMMHEIM

Und weiter ...


1. Kurzfassung
2. Ansichten und Innenansichten aus dem Knast
3. Verhaftet ...
4. Ab zur Bullizei ...
5. Allein ...
6. U-Haft ...
7. Stammheim ...
8. Zelle 49 ...
9. Knastleben ...
10. Knast als Heimat ...
11. Frauen ...
12. Ganz unten ...
13. Was geschieht draußen? ...
14. Den Prozeß machen ...
15. Und weiter ...
16. Vielen Dank ...
17. Spätere Nachträge
18. Reaktionen auf der Hoppetosse-Mailingliste
19. Weitere Reaktionen

Nun fahre ich nach der Knastzeit wieder im Land herum und versuche Wege zu finden, Herrschaft angreifen zu können, wo es geht. Die Realität ist dumpf, ebenso frustet das, was die politische Bewegung bildet. Überall informelle Eliten, Langeweile, herrschaftsbejahende Forderungen. Widerlich. Die Platzhirsche dominieren, überall informelle Eliten. Sie basteln an ihrer Dominanz, viele auch an ihren Karrieren. Organisierung von unten findet nur in Nischen statt. Und immer wieder geben Menschen, denen ich mich nahe fand, auf und normalisieren ihr Leben und ihre Politik hin auf herrschaftsförmige Verhaltensweisen und Strategien.
Vielleicht kann ich mit dem Knastaufenthalt ein bißchen Sand ins Getriebe der herrschaftsdurchzogenen, verkrusteten politischen Gruppen bringen und versuche, in verschiedenen Städten Menschen zu finden, Veranstaltungen unter dem Thema „8 Tage Stammheim – nieder mit allen Knästen und aller Herrschaft“ zu organisieren. So oft habe ich schon erlebt, daß bei der Vorstellung, daß Nazis oder Vergewaltigis nicht in Knäste kommen, aus selbsternannten Linken kleine Diktatoris wurden, die mit funkelnden Augen die Todesstrafe herbeiwünschen. Eine herrschaftsfreie Welt sieht ganz anders aus als der Knast – und auch der Umgang mit Gewalt zwischen Menschen wird ganz anders aussehen als Regeln und Strafe. Das ist eine spannende Debatte – und sie zu führen habe ich große Lust. Einige erste Veranstaltungen bahnten sich schon wenige Tage nach dem Prozeß an.
Außerdem stehen mir jetzt 30 Tage Knast bevor. Ich überlege, wie ich damit umgehe und suche nach Menschen, die Lust haben, gemeinsam Aktionen vorzubereiten. Vielleicht eine Anti-Knast-Woche mit Soliparties, um einen Teil der Tagessätze zu bezahlen. Und einen anderen Teil der Tage in den Knast gehen, aber viele Aktionen drumherum? Das wäre vorstellbar, vielleicht gibt es noch andere Ideen. Aber eine, die ich schon länger im Kopf habe, will ich auch prüfen: Nur Frauenknäste haben Kinderbetreuung. Das zeigt den patriarchalen Normalzustand. Ich habe zwei Kinder. Ließe sich mit dem Antrag, sie in der halben Zeit mitzunehmen, eine Aktion für Gleichberechtigung und gegen patriarchale Rollenzuweisungen erreichen? Aktionen und öffentliche Vermittlung, bei denen nicht der konkrete Fall im Mittelpunkt steht, sondern diese überdeutliche Situation, die beweist, daß in dieser Gesellschaft die Frauen für die Kinder zuständig sind, alles in zwei Geschlechter eingeteilt ist usw. Mal sehen, ob das bis zum Verfassungsgericht zu bringen ist – nicht im Vertrauen auf das Recht, sondern als Ansatz für Aktionen. Die Lust schwindet, wenn ich an den Zustand der „Linken“ in Deutschland denke. Sind kreative Aktionen in diesen Zusammenhängen überhaupt möglich? Also erneut: Mal sehen ...

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