Antirepression

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Gerichtlich geklärte Bedingungen


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Aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts: BVerfG, 2 BvR 939/07 vom 13.11.2007
Nachdem der Beschwerdeführer die Unterbringungsbedingungen erfolglos bei der Justizvollzugsanstalt beanstandet hatte, beantragte er beim Oberlandesgericht K., die Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung in einem Haftraum mit Sichtblende und offener Toilette ohne gesonderte Entlüftung festzustellen. Durch die Sichtblende sei die erforderliche Be- und Entlüftung nicht mehr gewährleistet; zudem liege sein Haftraum auch tagsüber durchweg im Halbdunkel, so dass er auf künstliche Beleuchtung angewiesen sei. Wegen der unzureichenden baulichen Abtrennung der Toilette komme es zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen. Außerdem könne beim Öffnen der Haftraumtür durch die Bediensteten während der Notdurft des Gefangenen dessen Schamgefühl verletzt werden. Hierdurch werde er in seinen Rechten aus Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 EMRK verletzt. ...
Das Oberlandesgericht verwarf den Antrag mit Beschluss vom 6. März 2007, der dem Beschwerdeführer nach eigenen Angaben am 20. März 2007 zugestellt wurde. Der zulässige Antrag sei unbegründet. Bei der von der Justizvollzugsanstalt geschilderten Sachlage komme eine Verletzung der Menschenwürde des Beschwerdeführers nicht in Betracht. Die Sichtblenden sollten unerlaubte Kontaktaufnahmen zwischen untereinander getrennt zu haltenden Untersuchungsgefangenen und außenstehenden Personen verhindern. ...
Die Verfassungsbeschwerde datiert vom 18. April 2007; sie ist am 4. Mai 2007 und damit nach Ablauf der Verfassungsbeschwerdefrist (§ 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) beim Bundesverfassungsgericht eingegangen. Mit einem weiteren undatierten, am 3. Mai 2007 beim Bundesverfassungsgericht eingegangenen Schreiben macht der Beschwerdeführer geltend, die Verfassungsbeschwerde sei von der Justizvollzugsanstalt nicht weitergeleitet worden. Das Schreiben sei ihm mit dem Vermerk, es unterliege der Briefkontrolle beim Landgericht, wieder ausgehändigt worden. Als er darauf hingewiesen habe, dass es sich um eine Verfassungsbeschwerde handele, bei der auf die Einhaltung der Frist zu achten sei, sei ihm gesagt worden, dies sei sein Problem. Auch eine Versendung vorab per Fax oder ein Kopieren der Unterlagen sei ihm trotz Bereitschaft zur Kostentragung nicht gestattet worden.


Im Original: Bericht
Aus der Studie von Rainer Danzinger u.a. (1977), "Der Weg ins Gefängnis", Beltz Verlag in Weinheim (S. 62ff)
Jeder Außenstehende, der einmal die Gelegenheit hat bei einem E3esuch im Gefängnis sich mit Häftlingen zu unterhalten, wird über kurz oder lang immer beim gleichen Thema landen: den trostlosen Zuständen im Strafvollzug. Während unserer psychiatrischen Tätigkeit in der Männerstrafvollzugsanstalt Graz Karlau mußten wir die Erfahrung machen, daß dieses Thema sogar nach monatelangen Einzel- oder Gruppengesprächen immer wieder in den Vordergrund gerückt wird. Wir fragen uns, ob die ständig wiederkehrenden Klagen über das Essen, die Arbeit, die Mithäftlinge oder die Beamten für den Gefangenen nicht einfach zu hautnah und zu real sind, um sie als Widerstand gegen das Eingehen auf persönliche Probleme und Zielsetzungen deuten und damit abzutun. Um der Bedeutung des Problemkreises Strafvollzug gerecht zu werden, haben wir, obwohl nicht zur zentralen Fragestellung gehörig, auch Daten zur subjektiven Wahrnehmung der Haftsituation erhoben. Schon mit dem ersten Tag im Gefängnis stellt sich bei den meisten Häftlingen große Unzufriedenheit wegen der Unterbringung in der Zelle ein. Immer wieder werden Ansuchen um Verlegung in eine größere oder kleinere Zelle geschrieben. Die Ursache dafür liegt in vielen Fällen an den schwierigen und sich immer wieder verändernden Beziehungen zwischen den Häftlingen. Wenn auch meist eine neutrale Beziehung zu den Mitgefangenen angegeben wurde, so zeigen andere Ergebnisse doch sehr deutlich, wie es besonders in großen Gemeinschaftszellen zu starken Spannungen kommen kann. Als zentrale Konfliktmomente waren Sexualität und Tauschhandel zu eruieren. Die freizügigere Einstellung zur Homosexualität wurde bereits erwähnt, 23% der Strafgefangenen gaben gegenüber nur 2% der Kontrollgruppe eine prinzipielle Bereitschaft zu homosexuellen Kontakten an, Als häufigstes Gesprächsthema im Gefängnis nannten 55% „Frauen" und 33% "Homosexualität". Entsprechend den von Yablonsky (1962) genannten drei Typen von Insassen, die in der Gefängnishierarchie oben stehen, nämlich dem Gefängnispolitiker, dem harten Burschen und dem alten Hasen, genießen auch in unserer Stichprobe jene Gefangenen das größte Ansehen, die schlagfertig bis verschlagen sind und unauffällig ihre Geschäfte machen (57%), die sich von Beamten nichts gefallen lassen (19%) sowie jene mit der längsten kriminellen Vergangenheit (10%).
Vor allem die in kleineren Zellen Untergebrachten reagieren auf die Monotonie des Gefängnisalltages mit selbstquälerischen Grübeleien, ängstlich depressiven Verstimmungen und Selbstmordgedanken. Als Mittel zur Ablenkung bietet sich ihnen die Arbeit an. Trotz des geringen Stundenlohns bemühen sich die meisten um einen Job in den AnstaItsbetrieben. Freilich ist die meist eintönige und wenig individuelles Geschick fordernde Beschäftigung nicht nur frustrierend, sondern auch als Einschulung für eine Arbeit draußen ungeeignet. Nach den Wünschen bezüglich einer Veränderung des Strafvollzugs befragt, stimmten 33% der Strafgefangenen für eine allgemein bessere Vorbereitung auf das Leben draußen, 25% für besseres Essen, 16% für eine sinnvollere Arbeit mit entsprechender Entlohnung.
Als besonders belastend werden von vielen Strafgefangenen Reibereien mit Beamten erlebt. Immer wieder werden Klagen über beleidigende und demütigende Äußerungen, über Sticheleien und Provokationen, ja sogar über Tätlichkeiten von Beamten gegen Häftlinge an uns herangetrage-n. Nur 5% der Strafgefangenen wenden sich mit persönlichen Problemen an Beamte, wer mit diesen "unter einer Decke steckt“, gilt bei 42% sogar als besonders unbeliebt. So ist es nicht ver-wunderlich, wenn gegenseitiges Mißtrauen, ständige Intrigen, Vorurteile und Gerüchte die Atmosphäre im Gefängnis vergiften. Der Gefangene zieht sich zurück, wird kontaktscheu und resigniert in dem Gefühl völliger Ohnmacht. Oder es kommt zu raptusartigen Aggres-sionsausbrüchen gegen das Inventar, die Mithäftlinge oder die Beamten. Aber auch Selbstbeschädigungen, wie sie im Reformvollzug kaum mehr zu beobachten sind, stehen in den herkömmlichen Strafanstalten auf der Tagesordnung: Bei den von uns Befragten kam es im Verlauf ihrer letzten Haftstrafe 24mal zu Selbstbeschädigungen durch Schneiden, 15mal zu Hungerstreik und 12mal zum Verschlucken von Gegenständen. Die Strafgefangenen selbst sind sich der negativen Haftauswirkung durchaus bewußt. Die durchschnittliche Beurteilung liegt zwischen "eher schlecht" und "nur schlecht". Dabei sehen 76% der Strafgefangenen einen Zusammenhang zwischen bestimmten Erlebnissen ihrer_ Kindheit und ihrer kriminellen Entwicklung, Zu einem Gespräch über persönliche Probleme finden nur 43% einen Gesprächspartner in der Strafanstalt, prinzipiell wären die meisten bereit, an Gruppengespräche teilzunehmen. Das zeigt, daß auch seitens der Betroffenen genug Motivation und Interesse für die Ausweitung des Behandlungsvollzuges vorliegt, Auch die positive Einstellung zu unserer Untersuchung es wurde schon erwähnt, daß die von uns vorgelegten Fragebögen trotz des großen Umfanges so gut wie von allen Probenden gewissenhaft beantwortet wurden läßt die prinzipielle Kooperationsbereitschaft erkennen.


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