Prozesstipps

SCHULE UND KAPITALISMUS

Historische Perspektive auf Schule - eng verbunden mit der Entwicklung des Kapitalismus


1. Einleitung
2. Historische Perspektive auf Schule - eng verbunden mit der Entwicklung des Kapitalismus
3. Schulkritik
4. Gibt es Alternativen?

Der Ursprung von Schule
Der europäische Bildungsbegriff geht auf die griechisch-römische Antike zurück - der Wortursprung von "Schule" ist zurückzuführen auf das griechische "scholé" = Muße; ein Ort, der von "Verzweckung" freigehalten ist. Dies meint, dass Bildung zum Selbstzweck betrieben wurde, ohne dass dieser Prozess einen von außen vorgegebenen Zielpunkt hatte. Es ging um die Schule als gesellschaftlichen Bereich, der einzig den Zweck hat, das humane Potential der Menschen, also selbstbestimmte, mündige Menschen, zu entwickeln. Schule wird ursprünglich verstanden als ein Ort der schöpferischen Lehr- und Lerntätigkeit. Der griechische Philosoph Platon gründete 387 v. Chr. in Athen die erste entsprechende Schule (die akademie).
Diese ursprüngliche Begriffsbedeutung von Schule hat sich im Laufe der Zeit in ihr völliges Gegenteil verkehrt.

Schule im Kontext gesellschaftlicher Umbrüche - die Etablierung des Kapitalismus
Ab dem 17. Jahrhundert wurde das Schulwesen institutionalisiert. Einer der wichtigsten Akteure in diesem Prozess war der Schweizer Pestalozzi. Seine Intention war die Grundausbildung aller Bevölkerungsschichten, die Etablierung einer kostenfreien, allgemeinbildenden Schule für alle. Pestalozzis Konzept des "Grundrechtes auf Bildung" wurde in der Französischen Revolution (Ende des 18. Jahrhunderts) als Menschenrecht deklariert. Er selbst wurde dafür von der französischen Nationalversammlung zum Bürger ernannt, zum Citoyen der Französischen Revolution.
So wie sich mit der Französischen Revolution die Gesellschaft veränderte, veränderte sich auch das Schulwesen. Die Französische Revolution war Wegbereiterin einer sich verbürgerlichenden Gesellschaft, ökonomisch setzte die Revolutionierung der alten Feudalstrukturen ein, die wegbereitend für eine kapitalistische Wirtschaftsdynamik war. Die revolutionäre Parole "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" der französischen Revolution muss auch in diesem Kontext interpretiert werden:
  • Freiheit - bedeutet die Freiheit des Eigentumsrechtes, die private Verfügungsgewalt über die Früchte der eigenen Arbeit.
  • Gleichheit - bedeutet die formale Gleichheit aller Individuen vor dem Gesetz, das primär der Erhaltung des bürgerlichen Eigentumsinteresses dient.
  • Brüderlichkeit - ist das kollektive Pathos nationaler Verbundenheit. Brüderlich verbindend wirkte das gemeinsame Interesse der Überwindung des Feudalismus.

Diese Lesart der Schlagwörter der idealisierten Französischen Revolution soll aufzeigen, welche Grundlagen und ideologisch überhöhten Größen aus der sich in einer revolutionären Situation entwickelnden Gesellschaft heraus entstanden und auch das schulische System beeinflussten: das Privateigentum und dessen gesetzesmäßige Sicherung, das Eigentum als Maßstab des menschlichen Seins sowie die Existenz freier Lohnarbeit. Auch der aufgenommene, löbliche Ansatz Pestalozzis - gleiches Bildungsniveau für alle Bevölkerungsschichten zu etablieren, wurde dieser kapitalistischen Logik unterworfen. In einer Zeit der aufkommenden Industrialisierung, des technischen Fortschritts (im 19. Jahrhundert) wurde die Qualifizierung aller, auch der unteren Schichten, der ArbeiterInnen, zur ökonomischen Notwendigkeit. Ökonomischer Fortschritt braucht, gerade in dieser Zeit, qualifiziertes Humankapital!!!
Im Zuge der Neuzeit, im Zuge der Befreiung aus den religiösen Feudalstrukturen, als der Warentausch und damit auch die Arbeit zur neuen Definitionsgröße des Menschen wurden und somit die Logik des Kapitalismus Einzug ins gesellschaftliche Leben hielt, wandelte sich also die Funktion der Schule - Bildung wurde zusehends nur noch an der sinnentleerten Tätigkeit "ARBEITEN" ausgerichtet.

Fakten zur Entwicklung der staatlichen Schule in Deutschland
In Deutschland wurde der Grundsatz der allgemeinen Schulpflicht bereits im 18. Jahrhundert in allen Territorien ausformuliert. Mit der Einführung des Schulzwangs ( in Preußen 1870) manifestierte sich Schule als Zurichtungsstätte für Kinder und Jugendliche, die ihnen Arbeitsethos einimpfte und somit zur Unmündigkeit und zum blinden Gehorsam gegenüber der kapitalistischen Logik erzog. Mag betont werden, dass mit der allgemeinen Schulpflicht der Zugang zu Bildung für alle sozialen Schichten geöffnet wurde und nicht nur geburtsständische Faktoren (also die Schicht, in die mensch hineingeboren wurde) einen Schulbesuch erlaubten, begannen nun Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit die Kriterien für ein gelungenes und abgesichertes Leben zu sein. Die allgemeine Schulpflicht bestand zu dieser Zeit für Kinder von 6 - 14 Jahren, arme Schüler bekamen, um den Unterricht überhaupt körperlich durchstehen zu können, kostenlose Lebensmittel. Volks- und Elementarschulen waren kostenfrei, für Wohlhabende existierten "Höhere Schulen", Gymnasien etc.

In der Weimarer Verfassung wurde die allgemeine Schulpflicht 1919 fixiert. Diese bestimmte eine 9-jährige allgemeine Schulpflicht sowie das Ende der Schulpflicht mit dem 18. Lebensjahr. Inhaltlich verlangte die Schulpflicht den regelmäßigen & pünktlichen Schulbesuch, die Mitarbeit im Unterricht und die Erledigung der Hausaufgaben.
Im 3. Reich wurde die Schulpflicht der Weimarer Verfassung übernommen und per Führerdekrete durch militaristische und totalitaristische Erziehungsziele ergänzt, z.B. die Pflicht der Mitgliedschaft in der Hitlerjugend ab dem 10.Lebensjahr.

Nach 1945 griff die BRD auf das Schulsystem der Weimarer Republik zurück, es gab u.a. strukturelle Reformen (z.B. die Einführung der Grund/Real/Gymnasialschule). In der DDR wurde ab 1949 ein einheitliches "sozialistisches" Bildungssystem aufgebaut. Leitbild dafür war die Schule im Sinne der Umgestaltung der Gesellschaft, der Verwirklichung des sozialistischen Menschenbildes. Und damit sind wir gegenwärtig konfrontiert: mit dem Bildungssystem des kapitalistischen Nationalstaates Deutschland. Schule, wie das gesamte Bildungssystem erfüllen, drastisch formuliert, die Funktion Menschen zu unmündigen, in das kapitalistische System integrierbaren, funktionsfähigen Wesen zu machen, die Arbeit als Lebenszweck anerkennen und die politische Ordnung durch Wahlen stabilisieren.

Eine Definition von Schule aus einem BRD-Lexikon fasst dies kurz:
"...Einrichtung u. Gebäude zur Erteilung eines planmäßigen Unterrichtes an Kinder und Jugendliche, zur Vermittlung von Wissen, das zur Ausführung wissenschaftlicher, wirtschaftlicher, politischer und kultureller Tätigkeiten befähigen soll..."

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