Anarchie

FÜR EINE WELT OHNE KNAST & STRAFE!

Knastelend in Zahlen und Vergleichen


1. Knastelend in Zahlen und Vergleichen
2. Aus dem Knast
3. Aktionen und Soli-Arbeit
4. Tipps für Betroffene
5. Neoliberale Zelle: Privatisierung des Einsperrens
6. Kleines Lexikon der Knastwörter
7. Weitere Seiten im Internet
8. Bücher und Hefte zu Knästen

" ... nur jeder vierte der in einem Baden-Württembergischen Gefängnis einsitzenden Jugendlichen ein Tötungsdelikt, eine schwere Körperverletzung oder eine Straftat begangen hatte, bei der ein Schaden von über 2500 Euro angerichtet wurde." (FR, 21.11.2006, S. 10)

10x höhere Selbstmordrate als außerhalb des Knastes

Aus einem Interview mit Christiane Ensslin, Klaus Jünschke und Jörg Hauenstein, in: Junge Welt, 9.6.2007 (Beilage)
Die Gefängnisse sind dazu da, um zu kaschieren, daß das Soziale insgesamt eingekerkert ist. Mit anderen Worten: Strafbaren Handlungen liegen soziale Konflikte zugrunde. Und damit es nicht zu einer sozialen Lösung dieser Konflikte kommt, gibt es Polizei, Gerichte und Gefängnisse. Sie machen aus den sozialen Konflikten Probleme der Überwachung, Kontrolle und Strafe. ...
Die Gefängnisse sind kein Spiegelbild der Gesellschaft, sondern ein Zerrspiegel. Die Ärmsten der Armen sind darin überrepräsentiert, genauso wie die Jugendlichen ohne Schulabschluß und mit extremer Gewalterfahrung in der Kindheit. Soziologisch orientierte Kritiker der Gefängnisse sagten vor 200 Jahren, daß jede Gesellschaft die Kriminalität hat, die sie verdient. Da in unserer Gesellschaft nicht alle gleich reich und mächtig sind, muß man das schärfer fassen: Jede Gesellschaft hat die Kriminalität, die für die jeweilige Regierungsform und Machtstruktur nützlich ist. In der Kriminologie spricht man heute von "Governing through Crime", Regieren durch Kriminalität. Die allgemeine Unsicherheit durch die zunehmende soziale Polarisierung, durch Deregulierung und Privatisierung wird durch Politik und Medien in Kriminalitätsfurcht verwandelt. Der Wohlfahrtsstaat hat sich in einen strafenden Staat verwandelt. Der Staat läßt Teile der Jugendlichen verwahrlosen und bietet dann seinen Schutz vor ihnen an.


Selbst aus krassen Rückfallzahlen machen Berufsverbände noch Erfolgsmeldungen
Aus "Kein Geld für neues Projekt", in: Der Vollzugsdienst 4_5/2009 (S. 58)
... weist die Studie zwar ein Rückfallrisiko von 77,8 Prozent aus, wenn man jede Form staatlicher Folgereaktionen berücksichtigt. Fragt man hingegen, zu welchem Prozentsatz diese Personen nochmals dem Strafvollzug zugeführt werden müssen, dann sehen die Verhältnisse im Hinblick auf die Wirksamkeit des Jugendstrafvollzuges wesentlich günstiger aus. Lediglich 45,1(!) Prozent der jungen Straftäter müssen nochmals stationär im Strafvollzug untergebracht werden. Für den stv. BSBD-Vorsitzenden Friedhelm Sanker hat der Jugendstrafvollzug damit eine große Wirkung, junge Menschen vor dem erneuten Abgleiten in die Kriminalität zu bewahren. Zumindest erweist sich der Vollzug in den problematischsten Fällen allen anderen Methoden der Verhaltensbeeinflussung als überlegen.

Im Original: Zitate über den Knast
Staatsanwalt F. Isak vor Gericht (Quelle: Kunkel/Schuhbauer, 2004: "Justizirrtum!", Campus Verlag Frankfurt, S. 129)
Ich war damals noch befrachtet in der Theorie, die man auf der Universität und auch später im Referendariat mitbekommen hat, dass jemand, der so ungefähr 15 Jahre Zuchthaus hinter sich hat, mehr oder weniger für die bürgerliche Gesellschaft verloren sei.

Aus einem Interview mit dem Strafrecht-Prof. Johannes Feest, Bremen, in: FR, 4.3.2006 (S. 35)
... die Gefangenen trauen sich oft nicht zu klagen, weil sie Repressionen der Anstaltsleitung fürchten. Sie sind ja in der ungewöhnlichen Situation, bei ihrem Prozessgegner eingesperrt zu sein. In Hessen und Hamburg ist der offene Vollzug in den letzten Jahren um die Hälfte zurückgegangen. Auch andere Lockerungen sind dort wesentlich schwerer zu erreichen.



10x mehr Selbstmorde!
Aus Komitee für Grundrechte und Demokratie (1990), "Wider die lebenslange Freiheitsstrafe" (S. 89)
Die Todesstrafe ist zwar abgeschafft, aber im Namen des Volkes lassen wir im Knast trotzdem 10x soviel Menschen Selbstmord begehen als draußen.

Knast soll (angeblich) schützen - aber nur Deutsche!
Bender, Solebad (2007): "Die nachträgliche Sicherheitsverwahrung", P. Lang Frankfurt (S. 108)
Als einzig ersichtlicher Grund, trotz Vorliegen aller Voraussetzungen, von einer nachträglichen Anordnugn von Sicherungsverwahrung abzusehen, bleibt, dass der Verurteilte ohnehin aus Deutschland ausgewiesen wird, weil er Ausländer ist.
Woanders sind die Menschen also egal ...

Aus: "Jenseits der Strafe" (S. 25 ff.)
Daß das System der Gefängnisstrafe und der Zwangsarbeit keinen einzigen Verbrecher bessert, ist wohl selbstverständlich: sie bestrafen ihn nur und sichern die Gesellschaft vor weiteren Anschlägen des Bösewichts auf ihre Freiheit und ruhige Sicherheit. Im Verbrecher jedoch erweckt die Haft und selbst die angestrengte Arbeit nur Haß, Leidenschaft für verbotene Genüsse und unglaublichen Leichtsinn. ... Es saugt aus dem Menschen alle Lebenskraft, schwächt und ängstigt ihn und präsentiert dann endlich eine sittlich vertrocknete Mumie, einen Halbwahnsinnigen, als Musterbild der Besserung und der Reue. ... Hinzu kommt, daß ihm von dieser Gesellschaft für sein Vergehen Strafe auferlegt worden ist, diese Strafe aber befreit sein Gewissen von jedem Schuldbewußtsein, selbst wenn ein solches vorhanden gewesen wäre, und so fühlt er sich dann wie einer, der alle seine Schulden bezahlt und sich folglich nichts mehr vorzuwerfen hat. ... Viele Verbrechen wären sicherlich überhaupt nie begangen worden, wäre die Gesellschaftsordnung sozialer und wäre die Überschätzung von Besitz und Sicherheit aus der Welt geschafft. . . . Eine längere Haft aber wirkt unter allen Umständen demoralisierend. Man wird hier im Gefängnis gerade zum Gegenteil von dem, was man werden soll. Man wird asozial. Ist man erst ausgeschlossen aus der Gesellschaft, beginnt man, sich selbst auszuschließen. Man verlernt Verantwortung, man hat hier ja keine. Man will auch keine mehr. Man lernt den bösen, lauernden Haß gegen die Unterdrücker, man wird zum Heuchler, man lernt das Stehlen, falls man es noch nicht konnte. Man lernt die heimtückische Rache, ... man verliert allmählich das Bewußtsein der Menschenwürde. ... Es bedarf großer geistiger Reserven, um hier Mensch zu bleiben. ... Man bessert Menschen niemals durch Demütigung und Unterdrückung, sondern nur durch Erziehung, durch Hebung des Selbstbewußtseins und richtige Lenkung der Kräfte. Wenn man das doch einmal begreifen wollte. " ... denn allein der Widerstand gegen diese organisierte Dressur zur Subalternität, unter der jeder persönliche Wille einfach niedergewalzt wird, würde eine ethische Kraft der Selbstbehauptung voraussetzen, die es nicht eben häufig gibt. Und ihn erbittert förmlich die Erkenntnis, daß es auf dem Boden dieses Strafvollzuges keine wahrhafte Besserung geben kann . . . ; der Wille wird zerbrochen, genormt, eingeordnet, die Biegsamen, Fügsamen, Glatten behalten das Feld"
Stimme eines wegen gewöhnlicher Kriminalität Inhaftierten ...: "Was draußen schlecht ist, findet im Gefängnis oft seinen aggressiven Höhepunkt. Alle die schlechten Erfahrungen, die Demütigungen, die Angst, der Zynismus gegenüber dem Leben finden hier ihre brutale Vollendung. Der Gefangene hat hinter Mauern keine Erwartung, keine Vorfreude mehr. Das Leben ist so eintönig, daß die Stunden wie eine Wüste ohne Ende erscheinen, heute ist wie morgen, morgen wie in einigen Monaten. Dazu kommt die Pensumarbeit - unmenschlich und absolut verbrecherisch. Dazu kommt die Ausbeutung, die Entlohnung, welche bei harter, stumpfsinniger Arbeit gleich Null ist. ... Dazu kommt die Einsamkeit, die inhumane Trennung von Familien und Freunden. Die Sippenhaft. Die Entmündigung. Die Denunziation von Mitgefangenen, wenn es gilt, Vorteile zu erhaschen. ... Dazu kommt alles, was niemals von normalen Menschen erdacht werden kann.“


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