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POLIZEIGEWALT

Cop Culture


1. Einleitung
2. Für eine Welt ohne Polizei
3. Polizeigewalt überall
4. Polizeigewalt ist Alltag ...
5. Cop Culture
6. Polizei gegen politische Opposition
7. Folter und Polizeimethoden
8. Sanktionen? Fehlanzeige ...
9. CPT-Standards: Straflosigkeit von Gewalt durch Polizei und Justiz
10. Sicherheitswahn bei Bahn & Co.
11. Polizeiwaffen
12. Weitere Links zur Polizei

Aus Thomas Fischer, "Der Polizist als Opfer", in: Zeit am 31.1.2017
Hierarchisches Denken, einseitige Trennung von Innen und Außen, von Gut und Böse, ständige zirkuläre Bestätigung eines auf Sicherheit, Übersichtlichkeit und Ruhe ausgerichteten Selbstbilds sind strukturelle Gefahren, die in jeder Polizei vorhanden sind und der ständigen internen und externen Kontrolle und Reflexion bedürfen. Das gilt besonders für solche Polizeieinheiten, die in besonderem Maße vom "normalen" Leben getrennt sind: sogenannte "Eliteeinheiten", "Sondereinheiten", aber auch die Bereitschaftspolizei, deren meist sehr junge Angehörige nach militärischen Regeln leben und die Zivilgesellschaft oft nur durch einen Filter von "Dienst vs. Freizeit", "Störer vs. Ordnung" wahrnehmen.


Unglaublich: Gewaltverherrlichende Fotos am Gang zu den Haftzellen im Keller des Braunschweiger Polizeipräsidiums - hier müssen alle Gefangenen vorbeigehen!
Das Relief im Rahmen links wird dabei so erklärt: Abdruck eines Gefangenenkopfes nach entsprechendem "unmittelbaren Zwang" durch die Polizei (Kopf gegen die Wand schlagen ist bei der Polizei ein beliebtes Mittel des Verprügelns)

Im Original: Zu Gründen von Polizeigewalt ...
Aus Norbert Pütter, "Polizeigewalt als Ausnahme und Regel", in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 67 (3/2000)
Polizisten, die prügeln, BürgerInnen verletzen, beleidigen: das sind die Bilder, die mit polizeilichen Übergriffen verbunden werden. Die Reaktionen auf derartige Berichte sind bekannt: Teile der Öffentlichkeit entrüsten sich, die beschuldigten Polizist(inn)en leugnen, die Verantwortlichen wiegeln ab - bis zum nächsten "Fall". Wer jedoch die Berichte über Polizeigewalt ernst nimmt, gelangt recht bald vom Fehlverhalten einzelner zu den institutionellen und politischen Bedingungen polizeilichen Handelns. ...
örperliche Übergriffe gehören zu einem Repertoire diskriminierender Polizeipraktiken, das von verbalen Beleidigungen über ungerechtfertigte Kontrollen bis zu Gewaltdrohungen und deren Anwendung reicht. Dementsprechend könnten Übergriffe allgemein als "dienstliche Verfehlungen zum Nachteil der Rechte von BürgerInnen" definiert werden - wenn es nicht auch Praktiken gäbe, die legal sind (und deshalb keine dienstliche Verfehlung darstellen), aber gleichwohl diskriminierend und als Übergriff wirken. ...
Die öffentlich bekannt gewordenen Fälle zeigen eine große Bandbreite polizeilicher Übergriffe. Opfer, Orte und Art der Übergriffe variieren erheblich. Übergriffe sind jedoch offenkundig nicht überall gleich wahrscheinlich oder unwahrscheinlich; sie weisen vielmehr ganz bestimmte, systematisch fassbare Merkmale auf:

  • Bei den Opfern handelt es sich häufig um Angehörige gesellschaftlicher Minderheiten oder Randgruppen, oder es handelt sich um solche Personen, die sich gegenüber der Polizei besonders exponieren. Zur ersten Gruppe zählen Drogenabhängige, Obdachlose, Prostituierte und Angehörige ethnischer Minderheiten, d.h. Personen mit einer geringen Beschwerdemacht; zur zweiten Gruppe zählen vor allem DemonstrantInnen und JournalistInnen.
  • Der Ort des Übergriffs ist häufig ein von der Öffentlichkeit abgeschotteter Raum, etwa der Polizeiwagen oder die Polizeiwache. Die Misshandlung geschieht während oder kurz nach der Festnahme. Bei Demonstrationen ereignen sich die Übergriffe in direkter Konfrontation mit den vermeintlichen Störern.
  • Die Täter handeln im Kollektiv; selbst wenn nur einer misshandelt, gibt es KollegInnen, die die Übergriffe dulden und (später) decken.
Die Ursachen ungerechtfertigter, vermeidbarer Polizeigewalt sind deshalb von zentraler Bedeutung, weil sich aus ihnen unmittelbar Hinweise darauf ergeben, ob und wie Übergriffe zukünftig verhindert werden könnten. In der Diskussion lassen sich sieben Bezugsgrößen ausmachen, in denen die Faktoren verortet werden, die zu Übergriffen führen. Unzulässige bzw. übermäßige Polizeigewalt resultiert demnach
  1. auf der individuellen Ebene aus den persönlichen Defiziten der PolizistInnen,
  2. aus der mangelnden Professionalität der PolizistInnen in bestimmten Situationen,
  3. aus den polizeilichen Arbeitsbedingungen, die durch Überlastung, Stress und Frust gekennzeichnet seien,
  4. aus der gewalthaft-männlichen Subkultur, die in polizeilichen Basisdienststellen vorherrsche,
  5. aus den Eigenheiten der Institution Polizei,
  6. aus den entgrenzenden Bestimmungen des Eingriffsrechts sowie
  7. aus dem Umgang der Politik mit der Polizei.
Cop culture
Als entscheidend für polizeiliche Gewalthandlungen wurden schon früh die Elemente der polizeilichen Subkultur entdeckt: In der polizeilichen Alltagskultur finde die Anwendung körperlicher Gewalt eine andere und umfassendere Legitimierung als in der offiziellen polizeilichen Lehre. Während sich die "Polizeikultur" an den rechtlichen Vorgaben orientiere, sei die "Polizistenkultur" von den Erfahrungen des polizeilichen Alltags bestimmt. Die Praxis des Gewaltmonopols werde von einem "Second code in Form von subkulturellen Handlungsmustern" bestimmt. Als Elemente dieses Codes werden genannt:

  • die polizeiliche Selbstbeschreibung, die PolizistInnen in der vordersten Front im Kampf gegen das gesellschaftliche Chaos sehe,
  • das Gefühl der Zusammengehörigkeit ("Kameradschaft"), das daraus resultiere, dass der Polizeiberuf gefährlich sei und man sich in jeder Situation auf seinen Kollegen/seine Kollegin verlassen können müsse,
  • die Anwendung von Gewalt als Handlungsoption.

Die Uniformierten wissen um ihre Wirkung, haben durch die Rückendeckung der Herrschenden weitgehend freie Hand und zudem die überlegenden Mittel zur Gewaltausübung, Unterdrückung und Vertuschung. Das Ergebnis ist erwartbar - nicht nur Gewalt und Rechtsbrüche, sondern eine ganze Kultur der Macht.

Aus der Polizeikultur-Seite bei Wikipedia
Generell ist die Entstehung von informellen Wertesystemen nicht typisch für die Organisationen der Polizei. Vielmehr bilden sich vergleichbare Wertesysteme auch in anderen Organisationen heraus. Polizeikultur hebt sich jedoch dadurch ab, dass ihre Wertesysteme davon geprägt sind, dass Polizisten immer wieder in Situationen agieren müssen, in denen Gewalt eingesetzt wird. Die ersten näheren Untersuchungen zur Polizistenkultur sind in den 90er Jahren in den USA durchgeführt worden. Ihr Gegenstand waren insbesondere polizeiliche Einsätze mit diskriminierendem, belästigendem oder unangemessen gewalttätigem Hintergrund.
Untersuchungen dieser Art zielen darauf ab, die Faktoren aufzuzeigen, die bestimmen, wie Polizisten / Polizistinnen meinen, ihre Aufgabe in der Praxis gut zu erfüllen. Es ließ sich zeigen, dass im Spannungsfeld zwischen der Auseinandersetzung mit den Schattenseiten der Gesellschaft („Gesetz der Straße“), den Vorstellungen der Polizeimanager und den Erwartungen der eigenen Kollegen Verhaltensmuster entstehen, die von Männlichkeitsritualen (Überlegenheit, Respekt) und Gruppenprozessen (Verschwiegenheit, Anpassung) bestimmt sind. Das oft über Generationen entstandene System von gemeinsamen Werten und Handlungsmustern wird unabhängig von den Inhalten der Berufsausbildung in der Berufspraxis weitergegeben. Wer als Polizist / Polizistin dauerhaft integriert sein will, passt sich den internen Regeln der Organisationskultur an (Konformität). Neuere Forschungen zeigen allerdings, dass der Prozess der Anpassung nicht stereotyp erfolgt und die Annahme einer festgefügten Polizeikultur zugunsten einer inhomogenen Vielfalt von Polizeimilieus differenziert werden muss.



Im Original: Beschreibungen zur Cop Culture
Echte Polizeimänner brauchen auch einen echten Penis!
Aus "Wenigstens ein Hoden", in: FR, 22.6.2010 (S. 16 f.)
... als der Polizeiarzt realisiert, dass er es mit einem transsexuellen Bewerber zu tun hat, beginnt er hektisch in seinem Vorschriftenbuch zu blättern. Dahner erinnert sich noch genau an die befremdliche Szene: Der Arzt erklärt ihm, ein männlicher Polizist in Deutschland müsse funktionstüchtige Hoden haben.

Aus Roth, Siegward (1991): „Die Kriminalität der Braven“. C.H. Beck München
Damals war ich über meine Wahrnehmungen bei den geschilderten Ereignissen irritiert, weil sie darauf verwiesen, daß der Polizeialltag etwas verschwieg beziehungsweise verleugnete. Weil ich jedoch daran sehr interessiert war und annahm, daß dies für andere in gleicher Weise interessant sein müßte, brannte ich darauf, mit Kollegen darüber zu reden. Aber immer wenn ich dies versuchte, wurde ich mehr oder weniger deutlich zurückgewiesen. Dabei waren Hinweise wie: man werde nicht dafür bezahlt, sich solche Gedanken zu machen, oder: man könne sich in diesem Beruf solche abgehobenen theoretischen Phantastereien nicht leisten (was vielleicht beides richtig war), noch wohlgerneint und hatten eine integrierende Tendenz. eenn ich dann aber weiter auf meinem Anspruch bestand, nahm die gedämpfte Zurückweisung eine deutlich aggressive Färbung an. Ich wurde darauf hingewiesen, daß es störend und unangenehm sei, den Alltag ständig in dieser Weise problematisiert zu bekommen, zumal keine Notwendigkeit dazu bestünde, und daß nicht nur der Dienstbetrieb im allgemeinen, sondern auch die Qualität und Quantität meiner Arbeit im besonderen darunter leide. Die Kollegen signalisierten mir damit, daß es besser sei, mich mit meinem lästigen Interesse etwas zurückzunehmen, wenn ich mich nicht zum Außenseiter machen wollte. ...
Es kam also vielmehr darauf an, so zu arbeiten, wie es der jeweilige Beurteiler für gut oder qualifiziert hielt, und damit erwies sich Angepaßtheit als das entscheidende Kriterium. Nicht das im Beurteilungsverfahren vorgeschriebene Leitkriterium der Leistung, sondern die Anpassung an die jeweils vorgefundenen Orientierungen und Werthaltungen war die direkte Linie zum Erfolg, was bedeutete, daß unter der Aufstiegs- und Beförderungspraxis, wie sie sein sollte, eine zwar verdeckte, aber doch sehr bedeutsame andere Realität lag.
(S. 56 f.)
Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Blindheit für die eigene Kriminalität und dem Interesse an der Verfolgung, Aufklärung und Bestrafung der Kriminalität anderer? Warum war ich eigentlich zur Polizei gegangen? (S. 67)
Es gab aber noch weitere Fälle von Auffälligkeiten: Manche Kollegen schienen sich in einem eigenartigen Konkurrenzverhältnis um den inoffiziellen Titel des schnellsten Blaulichtfahrers zu bemühen und gaben ihre waghalsige Fahrweise auch nach schweren Unfällen nicht auf. Gleichzeitig wachten sie allerdings streng darüber, daß (wegen der Gefährlichkeit überhöhter Geschwindigkeiten) kein Normalbürger durch die Stadt raste. Andere wiederum glaubten für Ordnung sorgen zu müssen, indem sie drohend ihre Bereitschaft zu körperlichen Auseinandersetzungen signalisierten, und vermehrten so Chaos und Unsicherheit. ...
Ich denke heute, daß Polizisten im Umgang mit Kriminellen oft nicht deshalb so überzogen reagieren, weil sie so gänzlich anders sind als diese, weil sie sich als eindeutig gut und diese als eindeutig schlecht begreifen können, sondern weil sie in dieser eindeutigen Weise anders sein wollen und sollen, es aber nicht sind. Sie haben wie alle Menschen eigene Anteile (und wohl auch ein unbestimmtes Gefühl davon), die sie den Kriminellen ähnlich machen, brauchen aber das Anderssein und produzieren es deshalb. Vielleicht ist dieses Anderssein, das Denken in Schwarzweiß nötig, um mit den eigenen negativen Anteilen umgehen, mit ihnen fertigwerden, mit ihnen leben zu können. Demnach hätte der Alkoholsünder-Jäger ein Alkoholproblem und der Gewaltverbrecher-Jäger ein Gewaltproblem. ...
(S. 70)
Polizeibeamte, die nach dem Prinzip der Unlustvermeidung auf Feindbilder zurückgreifen, uni die unangenehme eigene Negativität nicht reflektieren zu müssen, folgen ihren eigenen Gesetzen. Sie haben ihr Selbstbild dann soweit geschönt, daß sie ihr jeweiliges Gegenüber immer als den Rechtsbrecher begreifen. Wenn Gut und Böse aber erst einmal so eindeutig auf verschiedene Seiten verteilt sind, dann kann der Befehl, gegen das Gegenüber vorzugehen, in Verbindung mit der Abhängigkeit vom Befehlsgeber als Ersatz für Selbstkritik und Eigenverantwortlichkeit dienen. Insofern stellen Herrschaftsstrategien, die es über die Bereitstellung von Feindbildern ermöglichen, Unlust zu vermeiden, immer eine konkrete Verführung für die Polizei dar, die angebotenen Feindbilder unkritisch anzunehmen und sich im Umgang mit ihnen auf die Formalien von Befehl und Gehorsam zurückzuziehen. Wo die Polizei dieser Verführung erliegt, kann sie nicht nur dazu benutzt werden, entgegen den Werthaltungen der Verfassung Minderheiten zu verfolgen, sondern auch dazu, die Minderheit der "Kriminellen" perspektivisch so zu verfolgen, als seien diese für die Kriminalität der Gesamtgesellschaft allein verantwortlich, als seien sie mit dem Bösen in der Welt identisch und nicht lediglich ein Teil von ihm. ... (S. 153)
Dieser Zusammenhang zwischen der Existenz von Feindbildern und dem Interesse an Strafverfolgungsmaßnahmen hat, wie ich glaube, eine Entsprechung auf einer höheren sozialen Ebene: Auch die Institution Polizei ist an Feindbildern orientiert und braucht deren Verfolgung. Für diese Annahme spricht beispielsweise die Tatsache, daß die Polizei in ihrer Praxis fast ausschließlich repressiv handelt, obwohl sie in gleichzeitigen theoretischen Bekenntnissen die Prävention als ihre "vornehmste Aufgabe" bezeichnet. Sie klammert sich an die Strafverfolgung, leitet ihre Existenzberechtigung aus ihr ab und argumentiert zur Verbesserung ihrer Personalsituation mit Kriminalstatistiken und fallenden Aufklärungsraten. Dabei hält sie auch dann noch an ihrer repressiven Grundorientierung fest, wenn sie gleichzeitig feststellen Muß, daß die Grenzen der Strafverfolgung längst erreicht sind, oder wenn die Kriminalität wie in den Jahren 1987 und 1988 in weiten Teilen rückläufig ist. (S. 154 f.)

Aus Schwandner, Alex (2013): „Stärke zeigen“. Bastei Lübbe in Köln
(der Autor ist Polizist und meinst nicht die Polizei, aber es passt aus Uniformierte genau)
Viele Menschen lassen sich von Macht verführen. Oder sie verwechseln Macht mit Stärke, was aber nichts miteinander zu tun hat. Stärke lässt einem anderen Menschen Freiheit. Stark sein heißt selbstbewusst sein. Wer stark ist, fördert die Selbstentfaltung anderer und freut sich daran. Wer Macht ausübt, hat Angst davor, wenn andere sich entfalten, denn dann verliert derjenige ja an Einfluss und Kontrolle. So funktionieren autoritäre Staaten und Familien. Wer Macht ausübt, offenbart seine Minderwertigkeitsgefühle und verfügt über zu wenig Selbstbewusstsein, um andere allein durch sein Sosein, seine Persönlichkeit und sein Auftreten zu überzeugen und an sich zu binden. (S. 61f)


Aussagen von der Polizei selbst, in: Stefan Schubert (2012), „Inside Polizei“, riva in München
Vertuschen, solange es geht! (S. 6)
Polizeiführer und Behördenleitungen verheimlichen Vorgänge und leiten, seitdem sie bestehen, Medien und die Öffentlichkeit bewusst in die Irre, Geschehnisse und Tatsachen, die nach Meinung der Verantwortlichen in den Führungsetagen dem Image der Behörde schaden, politisch nicht opportun sind oder die bestmögliche Selbstdarstellung gefährden, werden als "vertraulich", "geheim" oder unmissverständlich als "nicht pressefrei" deklariert. Diese Akten und Berichte verschwinden dann in den endlosen Archiven der Ämter. Sollten diese selbst errichteten Bollwerke in den Maschinerien von Behörden und Ministerien aber nicht ausreichen, um unangenehme Wahrheiten zu verschleiern, findet häufig die über Jahrzehnte bewährte Salamitaktik Anwendung: nur zugeben, was nicht länger zu leugnen ist. Die Nahkampfausbilder frischten alte Kenntnisse auf und vermittelten neue gezielte Kniffe, falls ein Blockierer nicht so funktionieren wollte, wie die Polizisten es wollten. Die Mittel und Wege, dieses "Funktionieren" zu erreichen, waren einfach, aber sehr effektiv. Speziell anzuwenden bei extrem klammernden Blockierern, die partout nicht ihren Nebenmann oder das Gleis loslassen wollten.

Vertuschen von Selbstmorden unter Polizeibeamt_innen (S. 142 und 145)
Da war es wieder, ein Thema, mit dem man sich nicht beschäftigen wollte, das man vermied, wenn es nur irgendwie ging. Die hohe Selbstmordrate von Polizeibeamten. Offiziell werden Selbsttötungen nicht nach Berufen erfasst, statistisch dokumentiert und ausgewertet. Es sind darüber keine Daten zu erfahren, weder bei Polizeibehörden direkt noch bei Gewerkschaftsvertretern. Und dies im Statistikland Deutschland!? Wahrheit oder eine gewollte Vertuschung? …
Die schmutzige Wäsche und die unangenehmen Geschichten im Innersten der Polizeiwelt behandelten die Führungsbeamten einzig und allein nach ihrem Gusto. Nichts, aber wirklich auch nichts sollte den Ruf der Polizeibehörde in der Öffentlichkeit beflecken und einen Makel auf den Staatsdienst werfen.


Zu Schmerzgriffen und versteckten Körperverletzungen (S. 131f)
Oft und leicht anzuwenden ist das schmerzhafte Hochreißen der Nase. Mit einer Hand drückt der Beamte die empfindliche Nasenspitze des Betroffenen gegen seinen Schädelknochen nach oben der Nasenhebel. Der entstehende starke und sehr unangenehme Schmerz lässt den Demonstranten sogleich die Anordnungen des Polizisten befolgen. Der Beamte sollte allerdings darauf achten, die unteren Finger seiner Hand für diesen Griff zu benutzen, um es dem Störer nicht zu ermöglichen, kraftvoll in die Finger über seinem Mund zu beißen.
Nummer zwei der effektivsten Griffe nutzt die Nervenstränge, die im Schädelknochen hinter den Ohren verlaufen. In diese Nervenbahnen bohrt der einschreitende Polizist seine beiden Zeigefinger so lange, bis seine Anweisungen befolgt werden. Die Nervendrucktechnik.
Abseits von Fernsehkameras und Pressefotografen können der Schmerz und die Wirksamkeit beider Griffe mithilfe eines Kugelschreibers, anstatt der Finger der Polizisten, um ein Vielfaches erhöht werden. Offiziell ist dies natürlich nicht erlaubt.
Durch den neuen, extrem harten Einsatz Mehrzweckstock, den Tonfa, wurde eine Vielzahl von neuen Hebel und Grifftechniken möglich. Zum Beispiel wenn der Polizist den Tonfa im Kreuzgriff führt und damit den hockenden Blockierer umklammert. Durch das Heranziehen des Tonfa mit Muskelkraft entsteht Druck auf den Knochen des polizeilichen Gegenübers, der Knochen und die darüber befindlichen Nerven werden damit zu einem schmerzhaften Hebel umfunktioniert.
Für diese Art des Einschreitens eignet sich so ziemlich jeder Knochen eines Störers. Arm , Handgelenk , Schienbein oder Oberschenkelknochen erlauben eine Vielzahl von Varianten, je nachdem, welche Extremitäten gerade am besten zu greifen sind. Dieses Vorgehen führt zu enormen Schmerzen, die jeglichen Widerstandswillen sofort brechen. Diese Eingriffstechnik verfügt über eine Menge von Vorteilen: Außenstehende nehmen diesen Griff und seine Auswirkungen kaum wahr, selbst vor einer kritischen Fernsehka mera sieht dieses Vorgehen unspektakulär und angemessen aus, nichtsdestotrotz fügen diese Griffe große Schmerzen zu, jedoch ohne grobe sichtbare Verletzungen zu hinterlassen.


US-Präsident Donald Trump ruft zu mehr Gewalt auf - Cops jubeln
Aus: Huffingtonpost, 28.7.2017
US-Präsident Donald Trump hat Polizisten zur Anwendung von mehr Gewalt etwa bei Festnahmen ermuntert. Bei einer Veranstaltung von Gesetzeshütern auf Long Island in New York sagte er, für ihn sei ein viel härterer Umgang mit Festgenommenen völlig in Ordnung, etwa indem man ihren Kopf gegen den Polizeiwagen schlagen lasse.
Der Präsident sagte auch, Polizisten sollten nicht zu nett sein, wenn sie Kriminelle in den Laderaum eines Polizeitransporters werfen würden.
Mehrere Hundert Polizisten in Uniform im Publikum jubelten daraufhin laut und stimmten "USA, USA"-Sprechchöre an. Trump bezeichnete Mitglieder bestimmter Banden als Tiere. Er werde der Polizei immer 100 Prozent Rückendeckung geben, anders, als das in früheren Zeiten der Fall gewesen sei.


  • Soziologe wirft Polizei vor, taktisch zu jammern ... Polizei reagiert wütend, in: FAZ, 24.2.2013

Im Original: Lust an Vernehmungen zu Sexualdelikten ...
Aus Roth, Siegward (1991): „Die Kriminalität der Braven“. C.H. Beck München (S. 104 f.)
Es beeinflußt das Handeln der dort tätigen Menschen unmittelbar; denn in die Vernehmung eines Vergewaltigungsopfers durch einen Kriminalbeamten beispielsweise mischt sich zwangsläufig auch das sexuelle Interesse des Vernehmenden. ... Nach meiner Wahrnehmung aber, ich war teilweise bei der richterlichen Vernehmung anwesend, war der Richter an Einzelheiten interessiert, welche die ungewöhnlichen (und somit spannenden) Sexualpraktiken betrafen, die der Täter dem Opfer zugemutet hatte. Ich habe den Richter, einen älteren, gutbürgerlichen, sonst fast väterlichen Herrn, in dieser Vernehmung damals als impertinent und abstoßend erlebt, und ich schämte mich für ihn und die Polizei, als ich später das Gerichtsgebäude gemeinsam mit dem Mädchen verließ.


Nicht nur die Polizei
Patriarchale, mackerige und autoritäre Verhaltensweisen werden nicht nur bei der Polizei gefördert, sondern überall, wo Uniformisierung, Männerehre und kollektiv-identitäres Denken im Vordergrund stehen - allen voran das Militär, aber auch bei Feuerwehr & Co.

Aus "Schmutzige Feuerwehr-Rituale", in: FR, 9.7.2008 (S. 38)
Der Feuerwehrmann ist nackt. Sein auf einer Partybank gefesselter Körper ist von Schlamm bedeckt, seinen Bauch traktiert ein Wasserstrahl. Ein zweiter ist stehend an eine Leiter gebunden, während auf seine Genitalien Senf und Schuhcreme gedrückt werden. Diese Fotos beunruhigen die Freiwillige Feuerwehr in ganz Deutschland. Die Aufnahmen stammen von einem bierseligen Fest in Oer-Erkenschwick, einer Kleinstadt am nördlichen Rand des Ruhrgebiets. ...
Dass die schmierigen Aktionen das bedauerliche Werk eines einzelnen verirrten Löschzugs sind, ist aber unwahrscheinlich. Bis die Fotos publik wurden, stritt auch die Feuerwehr Oer-Erkenschwick alles ab und brandmarkte die einzige Kritikerin Nathalie Wiedner. Die 20-Jährige wurde bei einem sogenannten Leistungsnachweis im Herbst 2007 von ihren Kameraden an einen Baum gefesselt. Zwei ältere Feuerwehrmänner wollten auf ihren nackten Schenkeln unterschreiben und pöbelten sie an. Als die zierliche Rettungssanitäterin eine Entschuldigung forderte und sich bei Vorgesetzten beschwerte, wurde sie entlassen.


Dabei weiß die Polizei besser als alle Außenstehenden, wie es drinnen läuft. Und sie weiß, dass Gewalt und Unterdrückung nicht helfen: "Leider verändert sich durch Polizeikontakt bei den meisten dieser Täter nichts." (S. 69, alle Zitate dieses Absatzes aus dem Buch eines Polizisten: Schwandner, Alex (2013), „Stärke zeigen“, Bastei Lübbe in Köln). Es ist sogar schlimmer: Die Polizei weiß, dass sie eher verhindert, dass Menschen sich gegenseitig helfen. Seite 225f: "Manche Menschen greifen nicht ein, weil sie gleich einen Termin und keine Zeit haben, bei der Polizei eine Aussage zum Tathergang zu machen. Andere möchten nicht, dass ihr Name in einem Polizeiprotokoll auftaucht. Oder sie befürchten, vor Gericht erscheinen zu müssen. Oder werden alle, die dabei waren, verhaftet, nach dem Motto: mitgehangen, mitgefangen?" Der Polizist beruhig dann: "Nein, keine Sorge, als "Zuschauer" werden Sie nicht verhaftet. Für uns sind vor allem Täter und Opfer wichtig, daher werden Passanten meist nur kurz befragt, was sie gesehen oder gehört haben." Das aber ist eine Lüge. Denn in der Tat gibt es vor Gerichts nichts Schlimmeres als Zeuge_in zu sein. Justiz und Polizei erzeugen immer nur Opfer - Gewinner ist der Staat und sein Apparat.
Und noch eines weiß die Polizei selbst: "Die Polizei kann erst tätig werden, wenn etwas passiert ist oder jemand sich hilfesuchend an sie wendet. Wenn eine Person behauptet, alles sei in Ordnung, haben wir keinen Handlungsspielraum. In Pärchenstreits einzugreifen, ist schwierig, weil selbst eine bedrohte Frau vor der Polizei immer zu ihrem Freund halten wird: Nein, da war nichts." (S. 40)

Im Original: Die Alternative: Selbst eingreifen ...
Aus Schwandner, Alex (2013): „Stärke zeigen“. Bastei Lübbe in Köln (der Autor ist Polizist)
Wenig zu wissen, ist bequem. Dann muss man nichts tun, kann immer wunderbar in seiner Komfortzone bleiben. Aufmerksam durch die Welt zu gehen, sieht anders aus und fühlt sich anders an. Wäre es nicht schön, wenn wir alle achtsam unterwegs wären? Jeder von uns kann in eine Situation geraten, in der unser Leben von der Aufmerksamkeit anderer Menschen abhängt. (S. 216)
Ein Kennzeichen der anonymen Masse ist es, dass sie nicht miteinander kommuniziert, was zur Verhaltensdiffusion führt. Deshalb ist die alles beherrschende Passivität in einer Zuschauergruppe so lähmend. Jeder wartet auf den anderen. Je mehr Zeit verstreicht, desto schwieriger wird es für jemanden, der prinzipiell gern helfen würde, einzugreifen. Er fühlt sich zunehmend selbst blockiert, und dann geht gar nichts mehr. Es beginnen die Verzerrungen: Wahrscheinlich ist das gar nicht so dramatisch, wahrscheinlich kennen die sich, womöglich habe ich nur diesen schlimmen Eindruck, bestimmt ist das alles nur ein Spiel. "Was dachten Sie, als die Männer auf den am Boden Liegenden eintraten?" "Ich dachte, die machen bloß Spaß." Auch dies ist eine wahre Aussage, erfolgt aufgrund der Veränderung eines für den Verstand unbegreifbaren Vorgangs, mit dem der Zeuge nichts zu tun haben wollte, weil er völlig überfordert von der Situation war. Also suchte sein Gehirn einen Ausweg für ihn, sich aus der Affäre zu ziehen, sich in Sicherheit zu bringen, indem das Geschehen fehlinterpretiert wurde. Damit kam der Zeuge moralisch mit heiler Haut davon. Hätte er gewusst, wie er sich richtig verhalten können, wäre womöglich nicht nur er, sondern auch der Geschädigte mit heiler Haut herausgekommen. (S. 223)
Sobald wir in die Nähe einer Situation gelangen, in der Gewalt mitschwingt, bekommen wir Angst. Die Gewalt könnte sich ausbreiten, uns mitreißen, wir könnten hineingezogen werden. Wir wollen nichts damit zu tun haben, und schon gar nicht wollen wir uns einmischen. Sonst eskaliert das Ganze womöglich zu einer körperlichen Auseinandersetzung, und dann ... um Himmels willen! Was dann alles passieren kann!


Die Propaganda der guten Polizei
Eine vielfältige Propaganda soll die tolle Polizei loben und ebenfalls klarstellen, dass ohne Polizei die Gewalt enorm zunimmt. Dafür wird das Bild gewaltbereiter Menschen gefördert. Die Wahrnehmung von Kriminalität wird gezielt fehlgesteuert (mehr ...) und die Polizei als Retter des Guten und der Menschen dargestellt. Dass sie tatsächlich Herrschafts- und Besitzinteressen wahrt, wird verschwiegen ...


Propaganda in der FR, 12.1.2005 (S. 27)

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Kommentare

Danny am 26.11.2020 - 01:57 Uhr
:-o:-o:-o:-o


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