Prozesstipps

PRAXIS: EXPERIMENT, AKTION UND ALLTAG

Einleitung


1. Einleitung
2. Demaskierung des Herrschaftsförmigen in Verhältnissen und Beziehungen
3. Herrschaft abwickeln
4. Aneignung und Austeilen
5. Beteiligungsmöglichkeiten ausdehnen, Hemmnisse abbauen
6. Alternativen und Gegenkultur
7. Utopien entwickeln, benennen und vorantreiben
8. Experimente und Anwendungsfelder
9. Aktion: Öffentlichkeit und Widerstand
10. Links

Dieser Text ist Teil der Gesamtabhandlung "Freie Menschen in Freien Vereinbarungen" ... zum Anfang und zur Gliederung

Praxis, also der Versuch der Verwirklichung von Strategien auf der grundlage entsprechender Theorie, begründet sich schon allein daraus, dass so nicht nur auf indirekte Weise, z.B. die Veränderung von Diskursen oder Erweiterung von Wissen, die eigene Lage und ein Stück von Gesellschaft verändert werden kann. Als Praxis wird in diesem Sinne die konkrete Intervention in das Bestehende verstanden. Sie ist das Hauptmotiv.
Darüber hinaus aber dient Praxis auch der Theorieentwicklung. Denn wo Theorie und Praxis nicht verbunden sind, fehlt nicht nur der Praxis eine analytische Ebene, z.B. der Maßstab des Vorgehens und der späteren Reflexion, die Vermittlung der Inhalte und einiges mehr. Es fehlt auch der Theorie eine wichtige Quelle der Information. Denn die Anwendung in der Praxis ist nicht nur ein wertvoller Test, sondern auch ein ständiger Input an Eindrücken, die in die Theorie genau hineinfließen können und sollten wie philosophische Debatten, kreatives Denken und die schon vorhandene Literatur mit ihren Überlegungen und Debatten. Den Elfenbeintürmen abgehobener Wissenschaft, bildungsbürgerlicher Lehrveranstaltungen, Organisationen und Parteien fehlt dieser Bezug. Da lässt sich nett dozieren und diskutieren. Der Bezug zu dem, was gesellschaftliches Geschehen prägt, geht aber schnell verloren oder wird nie hergestellt.

Emanzipatorische Praxis bedeutet, das Herrschaftsförmige aus allen Verhältnissen und Beziehungen in der Gesellschaft zurückzudrängen und Freiheiten zur Selbstentfaltung der Einzelnen und freie Kooperation zu schaffen. Die Art solcher Praxis kann sehr unterschiedlich sein - als direkte Aktion, Symbolik, Erstreiten von Freiräumen oder Aufbau von Alternativen. In den folgenden Abschnitten sollen die verschiedenen Handlungsfelder emanzipatorischer Umgestaltung genauer aufgezeigt werden. Wo bereits Texte an anderer Stelle bestehen, wird - nach kurzer Zusammenfassung - auf diese verwiesen.

Aus: Michael Wilk, 1999: Macht, Herrschaft, Emanzipation, trotzdem-Verlag (S. 130)
Es ist das alte Dilemma der anarchistischen Idee, daß Macht im Zusammenhang mit Herrschaft negativ besetzt und zu recht abgelehnt wird, daß aber sehr wohl Macht nötig erscheint, um gerade emanzipative Prozesse einzuleiten, abzusichern und voranzutreiben. Jedes Kräfteverhältnis, nicht nur das der Herrschaft, sondern auch das Bestreben, sich von ihr zu befreien, impliziert zwangsläufig eine Machtbeziehung.

Ulrike Meinhof
Politisierung heißt Aufklärung über Machtverhältnisse, über Besitzverhältnisse, über Gewaltverhältnisse.

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