Prozesstipps

FREIE FAHRT ... WARUM?

Die ökologische Frage


1. Argumente für fahrscheinlose Busse und Bahnen
2. Wer soll das bezahlen? Die Geldfrage ...
3. Die soziale Frage
4. Die ökologische Frage
5. Die Machtfrage
6. Vorschläge für die praktische Umsetzung
7. Beispiele: Orte und Testphasen ohne Fahrscheine
8. Befürworter*innen des Nulltarifs in Politik und NGOs
9. Wissenschaftler*innen pro Nulltarif
10. Debatte und Statements in den Medien
11. Gegner*innen des Nulltarifs aus Autolobby, NGOs, Grüne ...
12. Links und Kontaktadressen

Ein attraktiver Personennahverkehr soll den Autoverkehr reduzieren. Das brächte dann Flächeneinsparungen, weniger Lärm und Abgase. Doch steigen die Menschen auch um? Es gibt Zweifel ...

Marvin Gehrke, Verkehrswissenschaftler an der TU Berlin, in: Deutschlandfunk am 4.12.2015
Es gab bei dem fahrscheinfreien ÖPNV, wo es umgesetzt wurde, keine wirklich stichfesten Analysen, wo man genau sagen kann, das ist passiert…zum einen wurden die nur begrenzt wissenschaftlich begleitet, deswegen muss man bei den Zahlen vorsichtig sein …Fest steht, dass die Nachfragesteigerung extrem war – eigentlich in allen Städten, aber dass der Anteil des Umstiegs vom MIV nicht so hoch war, wie man sich das erhofft hatte…

Andere Stimmen sehen das positiver.

Heiner Monheim, emer. Professor für Angewandte Geographie und Raumentwicklung der Uni Trier, in: Deutschlandfunk am 4.12.2015
Es gab einen massiven Run auf den öffentlichen Verkehr, wobei es nicht so ist, dass die Studenten alle vom Fahrrad herunter gestiegen wären – also der Umweltverbund als Ganzes hat massiv gewonnen und es hat eine ganz massive Entmotorisierung gegeben. Also Studenten, die ein Auto hatten, haben sich gefragt: Was brauche ich noch ein Auto, wenn ich noch ein Semesterticket habe, es gibt eine minimale Autobesitzquote bei den Studenten jetzt, die vorher ziemlich hoch war.

Außerdem gibt es Zweifel, ob wirklich vor allem Autofahrende umsteigen oder vielleicht eher Radler*innen oder Fußgänger*innen, was zwar sozial gerecht, aber ökologisch nicht sinnvoll wäre. Die erste Antwort darauf lautet: Es bedarf einer Mehrfachstrategie - nicht nur Nulltarif einführen und ÖPNV stärken, sondern auch Autos einschränken und weitere Alternativen fördern.

  1. Einführung des Nulltarifs (ticketloser Nahverkehr) mit Einbindung von Zubringdiensten zu Geschäften, Veranstaltungszentren usw.)
  2. Rückbau von Straßen, Autoinfrastruktur und Einführung einer City-Maut, d.h. einer Gebühr für alle, die mit dem Auto trotzdem in die Städte und Ortskerne fahren (auch zur Finanzierung des Nulltarifs)
  3. Verbesserungsmaßnahmen für den Rad- und Fußverkehr (z.B. Fahrradabstell- und mitnahmemöglichkeiten)
  4. Regionalplanerische Orientierung auf kurze Wege zwischen Lebensbereichen (Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Kultur, Erholung usw.)

Die zweite Antwort lautet, dass die Zweifel eher Spekulationen sind. Tatsächlich gibt es gegenläufige Beobachtungen. So ist seit Oktober 2018 der Tübinger Stadtbus (Straßenbahn gibt es dort - noch - nicht) an Samstagen ticketfrei. 2019 hat die Stadtverwaltung erstmals belastbare Zahlen veröffentlicht: Erwartungsgemäß ist die Zahl der Busfahrgäste deutlich gestiegen. Spannender noch: Dies erfolgte nicht zu Lasten des Fahrradverkehrs!
Viele Miesepeter und Miesepetras, vor allem aus dem Öko-Spektrum, sind ja gegen den Nulltarif, weil sie befürchten, dass dann nicht die Autofahrer*innen in den Bus umsteigen, sondern viele Radler*innen -- und damit die Klimabilanz versauen. Die Tübinger Erfahrung zeigt: Diese Befürchtung ist unberechtigt.
Die Zahlen sind nicht wissenschaftlich erhoben. Aber die genannten Zählstellen sind durchaus aussagekräftig. Ob sie auf andere Städte übertragbar sind, ist damit natürlich noch nicht geklärt. Denn Tübingen hat relativ gute Bedingungen für Radler*innen. In einer Stadt wie Gießen, die für Fahrradfahren der Horror ist, könnte das anders ausfallen. (Pressemitteilung der Stadtverwaltung)

Im Original: Politische Absichtserklärungen und Vorgaben
Aus "WEISSBUCH - Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum – Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem (EU 2011)
... Ein höherer Anteil des öffentlichen Nahverkehrs wird es in Verbindung mit Mindestverpflichtungen ermöglichen, die Dichte und Häufigkeit der Verkehrsdienste zu erhöhen, was wiederum positive Rückwirkungen für den öffentlichen Nahverkehr zur Folge hat. Mit einer entsprechenden Nachfragesteuerung und Flächennutzungsplanung kann das Verkehrsaufkommen verringert werden. Die Förderung des Fußgänger- und Fahrradverkehrs sollte als integraler Bestandteil in die Konzeption der städtischen Mobilität und Infrastruktur einfließen. ...
Halbierung der Nutzung „mit konventionellem Kraftstoff betriebener PKW“ im Stadtverkehr bis 2030; vollständiger Verzicht auf solche Fahrzeuge in Städten bis 2050; Erreichung einer im wesentlichen CO2-freien Stadtlogistik in größeren städtischen Zentren bis 2030. ...
Im städtischen Kontext bedarf es einer kombinierten Strategie, die Flächennutzungsplanung, Entgeltregelungen, effiziente öffentliche Verkehrsdienste sowie Infrastruktur für den nichtmotorisierten Verkehr und das Betanken/Laden umweltfreundlicher Fahrzeuge einbezieht, um Staus und Emissionen zu verringern. Städte über einer bestimmten Größe sollten angehalten werden,
Stadtmobilitätspläne auszuarbeiten, in die alle diese Elemente einfließen. Stadtmobilitätspläne sollten mit integrierten Stadtentwicklungsplänen in völligem Einklang stehen. Es ist ein EU-weiter Rahmen erforderlich, um die Interoperabilität von Entgeltregelungen für die Benutzung städtischer Straßen und Fernstraßen zu gewährleisten. ...
Die Kosten lokaler externer Effekte, wie Lärmbelastung, Luftverschmutzung und Staus, könnten durch Entgelte für die Infrastrukturnutzung internalisiert werden. Der vor kurzem von der Kommission vorgelegte Vorschlag zur Änderung der so genannten „Eurovignetten-Richtlinie“ stellt einen ersten Schritt hin zu einer stärkeren Internalisierung der durch LKW verursachten Kosten dar, doch werden sich die jeweiligen nationalen Regelungen für Straßenbenutzungsentgelte weiterhin unterscheiden. Mit weiteren Maßnahmen wird die schrittweise Einführung eines verbindlichen harmonisierten Internalisierungssystem für Nutzfahrzeuge im gesamten Fernstraßennetz geprüft, mit dem die jetzige Situation beendet werden soll, dass internationale Spediteure die Eurovignette, fünf nationale Vignetten und acht verschiedene Mautsender und Mautverträge haben müssen, um die europäischen Mautstraßen ungehindert befahren zu können. ...
Anhang I: Liste der Initiativen ...
22. Nahtlose Tür-zu-Tür-Beförderungen
• Festlegung von Maßnahmen zur weiteren Integration verschiedener Personenverkehrsträger, um nahtlose Tür-zu-Tür-Beförderungen zu ermöglichen.
• Schaffung der Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Entwicklung und Nutzung intelligenter Systeme für interoperable und multimodale Fahrpläne, Informationsdienste Online-Buchungen und intelligente Ticketausstellung. Dazu könnte auch ein Legislativvorschlag gehören, der privaten Anbietern den Zugang zu Reise- und Echtzeit-Verkehrsinformationsdiensten ermöglicht. ...
25. Innovations- und Umsetzungsstrategie ...
• Partnerschaften für intelligente Mobilität und Demonstrationsvorhaben für umweltverträgliche Nahverkehrslösungen (u. a. Demonstrationen von Mautsystemen usw.). ...
32. EU-Rahmen für die Innenstadt-Maut
• Entwicklung und Validierung von Rahmenbedingungen in Bezug auf Straßenbenutzungsgebühren und Zufahrtsbeschränkungen für Innenstädte und deren Anwendung, einschließlich eines rechtlichen und validierten operationellen und technischen Rahmens für Fahrzeug- und Infrastrukturanwendungen. ...
39. Intelligente Preisgestaltung und Besteuerung
Verkehrsbezogene Steuern und Abgaben sollten umstrukturiert werden. Sie sollten der Rolle des Verkehrs bei der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit Europas Rechnung tragen, während gleichzeitig die Gesamtbelastung des Sektors die gesamten Verkehrskosten, d. h. Infrastrukturkosten und externe Kosten, widerspiegeln sollte.
• Überprüfung der Kraftstoffbesteuerung mit eindeutiger Kennzeichnung der Energie- und der CO2-Komponente.
• Einführung einer obligatorischen Infrastrukturabgabe für Lastkraftwagen. Die Regelung würde eine einheitliche Tarifstruktur und Kostenbestandteile enthalten, beispielsweise zur Deckung von Kosten für Abnutzung, Lärm und lokale Umweltverschmutzung, und die bestehenden Benutzungsentgelte ersetzen. ...
Weitere Internalisierung externer Kosten bei allen Verkehrsträgern, wobei gemeinsame Grundsätze angewandt und die Besonderheiten der einzelnen Verkehrsträger berücksichtigt werden.
• Schaffung eines Rahmens im Hinblick auf die zweckgebundene Verwendung von Verkehrseinnahmen für die Entwicklung eines integrierten effizienten Verkehrssystems.
• Gegebenenfalls Erstellung von Leitlinien mit Erläuterungen zur Verwendung öffentlicher Mittel für die verschiedenen Verkehrsträger und die Verkehrsinfrastruktur. ...


Text "Kostenloser Nahverkehr hilft der Umwelt und der Natur" von Ute Lehmann
Wenn Nahverkehr allen Bürgern kostenlos angeboten wird senkt das das Verkehrsaufkommen an PKWs drastisch. Das sorgt für leerere Straßen, es senkt die Lärmbelastung, senkt die Unfallraten, senkt die Feinstaubbelastung, senkt die Abgasbelastung inklusive CO2.

Kostenloser Nahverkehr steigert die Lebensqualität
Nicht nur Behinderte, die oftmals nicht gehbehindert sind und deswegen keine Freifahrten bekommen sondern auch Rentner
verzichten oft auf Ausflüge in die nahe Umgebung umso ihr knappes Geld zu sparen und bleiben zu Hause. Wenn Menschen aber zu selten an die frische Luft gehen steigt das Thrombose und Osteoporose Risiko sowie für Herz und weitere Krankheiten stark an, was nicht nur den Einzelnen belastet sondern auch die Krankenkassen.
Aber auch für alle ist kostenloser Nahverkehr besser.
So würden die Innenstädte wieder belebt sein, und die Geschäfte würden wieder Kunden bekommen, weil die Leute wieder zum Einkauf in die Einkaufszonen kommen anstatt sich Waren übers Internet zu bestellen. Menschen würden auch vermehrt zu kulturellen Veranstaltungen vor Ort kommen und nicht nur auf Multimedia zurückgreifen.
Von den 25 Milliarden Euro an Kosten für den Öffentlichen Verkehr werden 9 Milliarden von den Fahrgästen gezahlt, und 16 Milliarden vom Steuergeldern und Öffentlichen Mitteln, und es fahren 60 % der Pendler mit dem Auto und nur 40% mit Öffentlichem Nahverkehr. Würde der Staat auf die 9 Milliarden Fahrgast-Gelder verzichten würde der Anteil der Nutzer von Öffentlichem Nahverkehr stark steigen, vermutlich auf 90 % und mehr. Neubauten von Straßen wären nicht mehr nötig und es würde mehr gespart als ausgegeben werden.

www.zukunft-mobilitaet.net/28179/analyse/finanzierung-des-oepnv-in-deutschland/
de.wikipedia.org/wiki/%C3%96ffentlicher_Personennahverkehr

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