Campact

LANGWEILIG? AUSDRUCKSLOS? HAPPENING OHNE INHALTE?

Kritik an unkreativen Aktionen


1. Kritik an unkreativen Aktionen
2. Direct Action und Esoterik ... brrrr!

Greta Thunberg am 1.9.2019 auf Instagram (Übersetzung war hier)
Unter den richtigen Umständen ist Anderssein eine Superkraft.

Philosophisches Wörterbuch, Kröner: "Kreativität"
Bezeichnung für ein, meist psychologisch aufgefaßtes Phänomen, das als vitaler, schöpferischer Kern fruchtbarer persönlicher Fähigkeiten verstanden wird wie Phantasie, Intuition, denkerische Improvisation, Originalität, Begabung, Flexibilität der Persönlichkeit, wissenschaftlich-technisches Konstruktionsdenken, Inspiration, künstlerisches Können u.a.

Dies ist eine Sammlung zugeschickter Texte und Links zu langweiligen Protestformen - aber ohne genaue Überprüfung. Zu Auswertungen größer Aktionen siehe Pull-Down-Menü links oben.

Bitte keine Aktion!
Rechts: Aus dem Flugblatt zur Anti-Gentec-Demonstration am 21.5.2007 in Gatersleben (50% der Fläche nahmen die Logos der Verbände und Namen der Gruppen ein)

Der 29.11.2019 wurde zum weltweiten Klimastreiktag ausgerufen. In Deutschland hatten die Apparate von NGOs und Bewegungsagenturen inzwischen weitgehend die Kontrolle über die Aktionen übernommen - z.T. mit extra dafür eingerichteten Stellen, die FridaysForFuture steuern bis übernehmen sollten. Richtig peinlich: Das Mobi-Video "Mitmachen – Aber wie?" zeigt fünf Varianten, trotz Arbeitsplatz an den Aktionen mitzumachen. Die Aktion hieß "Klima-Streik". Ein Vorschlag ist bei den fünf nicht dabei: Streik. Alle fünf Varianten sind legal, gehorsam, unterwürfig.

Aktion vom Wohnzimmer aus
AktivistInnen verkündeten auf Indymedia einen Aktionswettbewerb im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm. Ihren eigenen Beitrag hatten sie auch gleich mitveröffentlicht: Am eigenen Haus wurde ein Transparent aufgehängt. Das ist in Deutschland in den Augen der LangweilerInnen schon wettbewerbsverdächtig. Gähnt da wer? Der Bericht ...

Aktion im Wohnzimmer
Der neueste Schrei: Gar nicht mehr nach draußen, sondern ein Foto im eigenen Heim und das auf Facebook. Neben andere Sofaprotestler*innen gestellt soll das auch irgendwie eine Demo sein ...



Begleitfolklore zu den Herrschenden
Ein Krieg ohne Mahnwache ist wie ein Krieg ohne B52-Bomber. Will heißen: Politischer Protest gehört zur Konstruktion des Normalen, wenn er sich in den erwartbaren Bahnen bewegt, die kritisierte Sache nicht angreift, sondern nur begleitet. Oftmals kommt es den AkteurInnen auch gar nicht auf eine Veränderung an, sondern die Missstände werden genutzt, um das eigene Label, Mitglieds- oder Spendendaten zu verbreiten. So aber dient die Begleitfolklore eher der Gewöhnung an das Menschenfeindliche.
  • Modern: taz berichtet über Aktionskonzepte per Internetklicks ... und ausgerechnet einer der Begründer der Mausklick-Organisation campact darf als Gegenpart auftreten - so werden tatsächliche KritikerInnen ausgegrenzt und eine Pluralität des Mausklickens suggeriert - Interview mit Felix Kolb am 8.8.2009 (S. 3)

Stéphane Hessel benennt im Interview, veröffentlicht unter dem Buchtitel "Engagiert euch!", die Form sinnvollen politischen Engagements so:
Nachdenken, publizieren, Politiker wählen, die hoffentlich das Richtige tun werden.
(die Liste ist vollständig wiedergegeben)

"Wenn ich auf meiner Revolution noch etwas anderes als tanzen muss, ist es nicht meine Revolution."
Gießen, im Juni 2010. Ein Festival steht an. Es soll politisch sein. Sagen die OrganisatorInnen. Die Studierendenvertretung steckt ordentlich viel Geld in das Ereignis, welches mit dem Bildungsstreik in Kontext stehen soll. Ist auch überall zu sehen: Abends partygeile, tagsüber eher gelangweilte Menschen besuchen Konzerte - von Egotronic bis Captain Overdrive haben die abgedrückten Studierendenbeiträge Prominenz in die Provinzstadt geholt. Die wenigen Bildungsangebote, locker über die Tage des Festivals verteilte Workshops und Ähnliches, werden weitgehend bestreikt. So macht der Konsum-Act seinen Wurzeln alle Ehre.
Samstag abend soll dann alles anders werden. Der Organisator der sogenannten Nachttanzdemo, inzwischen vom Basisaktivisten zum Finanzreferenten im AStA aufgestiegen, mobilisiert am Mikrofon die Massen: "Heute abend gehören die Straßen uns" ist er zu hören und dass die Nachttanzdemo die politische Stimme des Festivals sei. Auch das soll sich bewahrheiten: Die sogenannte Demo wird als reine rollende Diskothek und gut geordnet von der regionalen Polizei durch die Straßen geleitet. Kein Transparent weht im schwachen Wind - aber der Act wird zum großen Konkurrenten für Gießens Tanzstätten. Gut geschminkte, sexy aufgemachte Körper flanieren von überall aus der Stadt zu den Straßen, an denen die sogenannte Demo verbeikommen wird. Im Ankündigungstext und auch per Redebeitrag behauptet der Organisator, der Aufmarsch entpolitisierter Party-Studies und -Kids sei die dritte Nachttanzdemo, denn diese Idee sei in der Stadt aus dem Bildungsstreik entstanden. Da reibt mensch sich verwundert die Augen: Was war denn ab 2003? Viel kleiner zwar und ohne bezahlte Leih-LKWs, TechnikerInnen und Musikanbieter - aber dafür offensiver, die Knastmauern erklettern, rassistische Kneipen belagernd und mehr? Die Frage geht an den Organisator, ob er von dieser Vorgeschichte etwas wisse. Ja, das wisse er, antwortet dieser. Und haut dann einen Satz raus, der kaum zu toppen ist an Arroganz des in die Funktionseliten aufgestiegenen Politmanagers: "Aber die waren zu klein für uns, die zählen wir nicht mit". Wir haben verstanden: Protestbewegung 2010 ist groß, inhaltsleer und sexy. Das große Inlineskaten am Dienstag unter Polizeischutz, Spiele der Gießen 46er oder noch besser die Kirmesveranstaltungen überall im Land sind dann wohl Politik. Prost!


Mitgefilmt: Nachttanzdemo - inhaltsleer am Rathaus und über Gießens zentrale Kreuzung. Achtung: Einschlafgefahr!

Aus Agora Nr. 9 (2016, "Zeitung für Meinungsvielfalt, kreative Kritik und Satire", hrsg. u.a. von Mitwirkenden bei Weltladen, Attac und offenen Gartenprojekten)
Seine Energie FÜR etwas einzusetzen, statt gegen etwas anzukämpfen. Sich auszumalen, wie es tatsächlich sein soll, statt nur rumzumeckern. Das gibt Energie zurück. Und macht kreativ. Also sind wir dafür!

Kontrollierter Protest
Aus Wolfgang Gaiser/Martine Gille, "Jugendliche und Partizipation", in: Kerstin Pohl/Peter Massing (2014): "Mehr Partizipation - mehr Demokratie?", Wochenschau Verlag in Schwalbach (S. 71)
Das Ziel, mehr Partizipation zu ermöglichen, ist für staatliche Akteure aber nicht ohne Ambivalenzen: Einerseits geht es darum, alle oder zumindest möglichst viele innerhalb der gewünschten Formen von Beteiligung einzubeziehen, andererseits wird manche Interessenartikulation junger Menschen kanalisiert, reguliert und in die Grenzen von "Machbarkeit" und ein enges Verständnis von Legalität (z.B. bei Demonstrationen) verwiesen.

Verbandsmeierei
Regelmäßig stehen bei Organisationen der eigene Verbandsname oder das Logo im Mittelpunkt. Die Aktion erregt zwar Aufmerksamkeit, aber die wird zur Eigenwerbung und/oder zum Spendensammeln genutzt. Das Beispiel im Foto rechts ist eines von vielen - wie schade, dass dort nicht etwas Politisches zu lesen ist. Und wie verblödet müssen eigentlich die Kletterer_innen sein, die Kraft, Zeit und ihre Freiheit einsetzen, um ein sau-langweiliges Werbeschild hochzuhalten ... (Quelle: antiatomaktuell Nr. 185).


Masse statt Klasse
"Wir müssen mehr werden" - wie oft fällt dieser Satz. Dabei geht politische Wirkung vor allem von der Art der Aktion und dem Niveau des Inhalts aus. Die Menge der Beteiligten wird vor allem von den Organisator*innen selbst wichtig gemacht, in dem die Zahl in den Vordergrund der Mobilisierung bzw. danach der Berichterstattung gestellt. Die Behauptung, dass es vor allem um Masse steht, wird ständig unhinterfragt postuliert.
Aus Tim Wihl (2024), "Wilde Demokratie"
Die Versammlungsfreiheit ist zwar ein Recht, das Individuen ermächtigt, aber nur zu kollektiver Aktion. Das ist schon für sich genommen bemerkenswert, denn liberal im engen individualistischen Sinne ist das offensichtlich nicht. (S. 58)
Bei öffentlichen Protestversammlungen zählen jedoch meist nur hohe Zahlen und dementsprechend große Menschenmengen – die individuelle Beteiligung muss nicht berücksichtigt werden. Anders als die Einstufung als liberales Individualrecht vermuten lässt, zählen öffentliche Versammlungen nur, solange sie kollektiv durchgeführt werden (von seltenen Ausnahmen wie Greta Thunbergs ursprünglich einsamem Protest in Schweden abgesehen). Und sie werden nur politisch berücksichtigt, wenn sie große Menschenmengen anziehen oder wenn es zu Gewaltausbrüchen kommt – in beiden Fällen scheint eine Demonstration von (Gegen-)Macht notwendig zu sein. Dementsprechend unterschätzen Polizei und andere staatliche Einrichtungen in ihren offiziellen Verlautbarungen in der Regel die Anzahl der Teilnehmenden an Menschenmengen, während die Demonstrant:innen im Umkehrschluss dazu neigen, sie zu übertreiben. (S. 79f)

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