Dieter S. Lutz, Ist die Demokratie am Ende?, in: Willy-Brandt-Kreis (Hrsg.), 2001, "Zur Lage der Nation", Rowohlt-Verlag, zitiert nach FR, 14.1.2001 (S. 6)
Demokratie bedeutet Herrschaft auf Zeit. Gerade der Versuch, über die Verknappung der Zeit die Gefahr des Machtmißbrauchs zu beschneiden, führt in der Realität aber zu einem Typus von Politiker und Politikerin, der geneigt ist, eher gegenwartsorientiert und machterhaltungsfixiert zu entscheiden und zu handeln als zukunftsorientiert und/oder gar unpopulär. ...
Demokratie erhält ihre formale Logik aus der "Herrschaft des Volkes" durch gewählte Vertreter. Die Wahl erfolgt in der Gegenwart. Wähler und Gewählte leben und handeln in der Gegenwart. Demokratie bezieht ihre formale Legitimation also aus der Gegenwart für die Gegenwart. "Die Notwendigkeit zu entscheiden" - so Immanuel Kant - "reicht aber weiter, als die Möglichkeit zu erkennen". Eine formale Legitimation "aus der Zukunft" ist naturgemäß allerdings ausgeschlossen. An ihre Stelle muss eine materielle Legitimation aus der Gegenwart "für die Zukunft" treten. Deren formale Repräsentation Repräsentanten sind aber zugleich jene Gewählten, welche ihre auf Zeit verliehene Macht nutzen müssen, die aktuellen Bedürfnisse und Forderungen einer Wählermehrheit zu befriedigen, die sie wiederum brauchen, um sich kurz- und mittelfristig an der Macht zu halten - ungeachtet der langfristigen Folgen für Umwelt, Nachwelt und Frieden. ...
Demokratie ist (national-)staatlich ausgerichtet ... Mit Blick auf Demokratie heißt dies, dass die Legitimation ihrer politischen Entscheidungsträger und Akteure formal an den Staatsgrenzen endet, unabhängig von Sachfragen und deren Folgen und Wirkungen.
Geoffrey Roberts in: Uwe Backes/ Eckhrad Jesse (Hrsg.), 2002, "Extremismus & Demokratie", Nomos Verlag (S. 344)
Demokratie gedeiht nicht von allein. Sie muß mindestens so sorgfältig aufgebaut werden wie eine Diktatur und sich vor allem fortwährend gegen jene schützen, die sie durch Revolution, Terrorismus oder Unterwanderung von innen gefährden wollen.
Rechts: Aus der FR, Kommentar am 23.12.2004 (S. 3)
Plädoyer für Losen statt Wählen im Text "Wahlen sind nicht demokratisch" des belgischen Historikers David Van Reybrouck, in: Spiegel, Nr. 31/2016 (S. 116ff)