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STAATSANWALTSCHAFT GIESSEN:
VAUPEL & CO. IM DIENST DER OBRIGKEIT

Einstellungssache: Gegen Obrigkeit wird nicht ermittelt


1. Einleitung
2. Staatsanwalt Vaupel
3. Einstellungssache: Gegen Obrigkeit wird nicht ermittelt
4. Keine Chance für Strafanzeige gegen Staatsanwalt
5. Staatsanwälte missachten Verfassungen
6. Links

Im März 2004 präsentierten Gießener Gruppen die erste Dokumentation über Skandale der Gießener Justiz und Polizei, u.a. Erfindungen von Straftaten, Fälschungen von Beweismittel und Hetze mit Vorverurteilungen in der Öffentlichkeit (mehr hier ...). Auf der Grundlage dieser Recherchen wurden gegen führende VertreterInnen in Poliizei und Polizei sowie einige JournalistInnen, die ebenfalls öffentlich Straftaten oder Täterschaft unerwünschter Personen erfanden, Anzeige erstattet. Alle Anzeigen waren an die Oberstaatsanwaltschaft in Frankfurt gerichtet worden mit der Begründung, dass die Staatsanwaltschaft Gießen befangen und eng mit den angezeigten Personen verfilztsei. Ein neutrales Ermittlungsverfahren sei in Gießen nicht denkbar.

Presseinformation dazu aus der Projektwerkstatt (14.6.2004):

Anzeigen gegen Fälscher, Schläger & Co. aus Giessener Polizei, Justiz, Presse und Politik
Die Auseinandersetzungen zwischen Repressionsbehörden und politischen Gruppen in und um Gießen setzen sich fort. Mit Schreiben an die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Frankfurt und die Staatsanwaltschaft in Gießen reichten Aktive aus der Projektwerkstatt in Saasen Anzeigen gegen etliche Polizeibeamte, Politiker und Journalisten ein. Häufigste vorgeworfene Straftat ist die "Politische Verdächtigung". Damit werden die Erfindungen von Straftaten und Tatbeteiligungen der letzten zwei Jahre aufgearbeitet. Der älteste Fall ist die erste Ingewahrsamnahme nach dem neuen hessischen Sicherheits- und Ordnungsgesetz, bei der tags drauf erfundenerweise behauptet wurde, die Verhafteten seien beim Graffitisprühen erwischt worden. Der jüngste Fall ist die Erfindung eines versuchten Brandanschlags gegen die Giessener Justizgebäude als Legitimation für die Inhaftierung von 12 Personen am 9.12.2003. "Tatsächlich war das eine öffentlich angekündigte Gedichtelesung vor der Staatsanwaltschaft - den behaupteten Brandsatz, den die Polizei gefunden haben will, hat es nie gegeben", beschwert sich Patrick Neuhaus aus der Projektwerkstatt, ein Betroffener der damaligen Verhaftungen, über die nach § 241a des Strafgesetzbuches verbotene falsche Verdächtigung. Etliche der Anzeigen gehen allerdings noch weiter: Drei Personen wird Körperverletzung, einigen führenden Polizeibeamten Freiheitsberaubung vorgeworfen. Mitarbeiter des Staatsschutzes Gießen sehen sich jetzt Anzeigen wegen Meineids, uneidlicher Falschaussage und Beweismittelfälschung gegenüber. Einige der Vorwürfe beziehen sich auf Aussagen der Polizeibeamten oder Politiker als Zeugen im Prozeß gegen zwei Projektwerkstättler am 15.12.2003, der in den nächsten Tagen (23.-35.6.) in zweiter Instanz in Gießen verhandelt wird. Damit stehen die wichtigsten Belastungszeugen selbst unter Anzeige. "Eigentlich wollte ich das nicht so. Menschen sollten sich frei vereinbaren ohne den Rechtsstaat als Art "großer Bruder" und Drohung. Aber es haben so viele aus den Eliten von Politik, Medien, Polizei und Justiz hier mit ihren Lügen und ihrer Hetze politische Opposition zum Schweigen bringen wollen, dass es Zeit wird, das Verhalten auch rechtlich zu prüfen", formuliert Jörg Bergstedt aus der Projektwerkstatt seine Gründe für die Anzeigen. "Die Einseitigkeit der Repression soll ein Ende haben".
Die Anzeigen gegen Politiker, Polizisten und Journalisten sind ein Teil einer umfassenderen Aktivität politischer Gruppen, sich gegen Hetze und Erfindungen zu wehren. Anfang März hatten sie bereits eine umfangreiche Dokumentation über die ganzen Fälle vorgelegt. Auch darauf reagierte die Justiz nicht, Staatsanwaltschaft und Polizei verzichteten auf Ermittlungsverfahren selbst bei offensichtlichen Straftaten. Weder der Giessener Bürgermeister Haumann musste sich verantworten, als er mit der Erfindung einer Bombendrohung im Dezember 2002 politischer Gegner diskreditierte, noch die Grüne Oberbürgermeisterkandidatin, als sie kurz vor der Wahl im Sommer 2003 einen Kritiker in der Fußgängerzone vor den Augen der Polizei schlug und seine Brille zerstörte. Solche Fälle, die auch durch die Giessener Presse gingen, sollen nun nachträglich juristisch aufgearbeitet werden.
Zweifel haben die Anzeigesteller allerdings an den Giessener Justizbehörden. Die meisten Anzeigen sind daher bei der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Frankfurt gestellt worden. Im Begleitbrief heißt es, dass eine "sinnvolle Strafverfolgung in Gießen nicht möglich erscheint". Denn "die Staatsanwaltschaft Gießen und die Polizei sind, wie zumindest Teile von Amts- und Landgericht auch, in erheblichem Umfang bei der gezielten Kriminalisierung, Erfindung von Straftaten und Vorverurteilungen beteiligt. Dass selbst für umfangreich öffentlich gewordene Fälle keine Verfahren eingeleitet wurden, dagegen AkteurInnen der Opposition mit Verfahren überzogen wurden und werden, zeigt sehr eindeutig die politische Ausrichtung und auch Verfilzung von Justiz, Polizei, Parteien und Presse in Gießen."

Die Staatsanwaltschaft Gießen und der in diesem Fall zuständige Staatsanwalt Martin Vaupel zeigten, dass die Bedenken gegen sie berechtigt waren. Wenige Tage später (am 7.7.2004) stellt sie bereits einen großen Teil der Verfahren ein. Interessant: Sie stellte sofort ohne jegliche Ermittlungen alle Verfahren vorläufig ein, die mit dem Prozeß gegen zwei Projektwerkstättler zu tun haben. Offenbar sollten die BelastungszeugInnen dort nicht unter Anklage stehen. Dass genau diese Personen für die Einstellung ausgewählt wurden, ist offensichtlich, dass keine Sachentscheidung, sondern eine taktische Entscheidung zur weiteren Kriminalisierung von politischem Protest getroffen wurde. Außerdem stellte er die weiteren Fälle mit kruden Begründungen endgültig ein.

Auswahl der spektakulärsten Einstellungen
  • Übersicht aller Anzeigen und Einstellungen hier ...
  • Bemerkenswerte Parteinahme des Staatsanwaltes Vaupel, der gleichzeitig Ankläger und Scharfmacher gegen die Projektwerkstatt ist. Er behauptet, der Faustschlag von Gülle hätte nur den Lebenskreis der Beteiligten berührt - tatsächlich ist er öffentlich breit diskutiert worden und hat selbst ja inmitten der Fußgängerzone stattgefunden. Mehrere Personen waren damals von der Polizei verhaftet worden, um die Empörung in den Griff zu bekommen. Grüne Parteisoldaten hatten öffentlich den Schlag mit Beifall quittiert, der Gießener (CDU)-Bürgermeister hatte die Schläger-Grüne öffentlich umarmt als Beifallsgeste. Aber Vaupel hat halt nur ein Ziel im Kopf: Die Obrigkeit schützen und den Protest kriminalisieren. Wie absurd Vaupels Einstellung ist, zeigt auch die Tatsache, dass er eine behauptete Beleidigung, die in der Auseinandersetzung gegen Gülle gefallen sein soll, anklagte - öffentliches Interesse war seiner Meinung nach gegeben, wenn es im Interesse der Herrschenden ist.

  • Im Prozess gegen zwei Projektwerkstättler machte der CDU-Stadtverordnetenvorsteher am 15.12.2003 eine Falschaussage. Wie aus der Einstellungsmitteilung (siehe Abb. unten) zu sehen ist, hatte Vaupel auch das Verfahren gegen Stadtverordnetenvorsteher Gail sofort eingestellt - ohne Ermittlungen. Im Januar 2005 dann griffen AktivistInnen aus dem Umfeld der Projektwerkstatt mit neuem Material Gail wegen Falschaussagen an. Diesmal entstand öffentliches Echo und die Staatsanwaltschaft musste das Ermittlungsverfahren wieder beginnen - angesichts der klaren Lage konnte CDU-Mann Gail diesmal nur deshalb ungeschoren davonkommen, weil Vaupel ihn für doof erklärte. Zu den Falschaussagen und sonstigen Lügen von Gail sowie seinem Schutzengel Vaupel mehr hier ...
  • Ebenso eingestellt wurde, wie der Ausschnitt zeigt, das Verfahren gegen KOK Holger Schmidt. Auch der hatte absurde Falschaussagen am 15.12.2003 im Prozessverlauf gemacht, die sich allesamt widerlegen ließen. Staatsanwalt Vaupel nutzte das bei der Berufungsverhandlung trickreick. Obwohl das Verfahren schon vorläufig eingestellt war, nahm er dieses zum Anlass, den Zeugen vor den Fragen des Angeklagten zu schützen mit dem Verweis, dieser könnte weitere Falschaussagen machen und sich damit strafbar machen. Damit fehlte zwar auch der Hauptzeuge, verurteilt wurde der Angeklagte trotzdem ...

Am 9.9.2004 ging der nächste Brief des Gießener Polit-Staatsanwaltes Vaupel ein - auch der Rest der Anzeigen wird eingestellt. Die Begründungen sind auch diesmal absurd ...





Kommentierungen:
  • StA Vaupel behauptet, es sei bei keinem der Fälle "auch nur ansatzweise" erkennbar, dass die Angezeigten "wider besseren Wissens" gehandelt hätten. Einer der angezeigten Fälle ist die erfundene Bombendrohung vom Gießener Bürgermeister Haumann. Der mußte nach zweimonatigem Lügen seine Erfindung eingestehen und auch zugeben, die Bombendrohung wider besseren Wissens benannt zu haben. Das ist öffentlich, stand in der Presse und ist sicherlich auch dem in der gleichen Stadt agierenden Vaupel bekannt. Zudem wurde auch die Kriminalitätsstatistik der Polizei nach der Kritik an der Falschmeldung textlich leicht geändert. Auch hier scheinen die Verantwortlichen völlig klar zu haben, was sie tun. Staatsanwalt Vaupel aber schützt die Eliten und betreibt dafür Rechtsbeugung und Strafvereitelung im Amt.
  • Zumindest in den beiden benannten Fällen ist die Lage bereits geklärt und eindeutig. In den anderen hätte Vaupel per Ermittlung schnell herausfinden können, was Sachlage ist. Aber gerade diese Ermittlungen lehnt er ab - es wird nicht auf eine Klageerhebung verzichtet, sondern bereits die Ermittlung abgelehnt. Das heißt: Das Ergebnis steht fest und soll nicht durch Hingucken gefährdet werden - eindeutige Strafvereitelung im Atm!
  • Hinsichtlich der Beleidigung ist interessant, wie Vaupel "öffentliches Interesse" bewertet. Wenn Beleidigungen in der Zeitung stehen, berührt der Vorgang nur "den Lebenskreis der Beteiligten". Wenn aber ein Politaktivist ein Wahlplakat mit einer Gießkanne naß macht, erhebt er eifrig Anklage wegen Beleidigung (siehe Infos zum Prozeß gegen Projektwerkstättler ...). Damals hat Vaupel nicht auf die Privatklagemöglichkeit verwiesen - aber damals handelte er ja auch für die Eliten gegen Oppositionelle.

Eigentlich müßte Vaupel ermitteln ... Auszug aus der Strafprozeßordnung:


Hiergegen gab es eine Beschwerde beim Generalstaatsanwalt Hessen. Der wies Anfang November alle Beschwerden zurück. In den Gründen aber steckt es faustdick: Demokratie und Rechtsstaat in Hochform ... mehr hier!

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen ...

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