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SS-TREFFEN IN BAD HERSFELD

Das Ansehen Hersfelds droht Schaden zu erleiden


1. Scherbenhaufen für die Stadt
2. Wie alles begann
3. Das Ansehen Hersfelds droht Schaden zu erleiden
4. Eine fassungslose Unbegreiflichkeit
5. Klausmann will die Festspiele torpedieren
6. Geben Sie Gedankenfreiheit
7. Ende gut, alles gut?
8. Widerstand gegen den 'braunen Sud' - Interview mit dem Ex-DGB Kreisvorsitzenden Julius Klausmann

Da weder die drei Rathausparteien noch der Bürgermeister etwas gegen das Treffen unternahmen, bildete sich 14 Tage vor Pfingsten aus dem Umfeld des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ein ?Antifaschistischer Arbeitskreis". Ungefähr 30 Personen ?unterschiedlicher politischer Couleur", wie es in einer 1982 erschienenen Dokumentation des DGB heißt10, setzten sich zum Ziel, die Öffentlichkeit über das Treffen sowie über Hintergründe zu den Personen und deren politischen Einstellung zu informieren und, falls möglich, das Treffen zu verhindern. Der Arbeitskreis bereitete eine Kundgebung für den 6. Juni vor, verschickte landes- und bundesweite Presseerklärungen und entwarf, druckte und verteilte Flugblätter, um die Menschen in Bad Hersfeld zu informieren.

Die örtliche Presse leistete ihren eigenen, etwas anderen Beitrag zu den Geschehnissen. So erschien in der Hersfelder Zeitung (HZ), dem Monopolblatt der Stadt, ein Artikel mit der Überschrift ?Das Ansehen Bad Hersfeld droht Schaden zu erleiden".11 Hierin wurde deutlich gemacht, daß die Stadt ?keine rechtliche Handhabe" besitze, dieses ?interne", wie zu lesen war, Treffen zu verhindern und gleichzeitig der Eindruck erweckt, daß nicht etwa das SS-Treffen der Stadt schade, sondern vielmehr die Proteste dagegen. In einem weiteren Artikel, der am Tag der Protestdemonstration erschien, war unter dem Titel ?Ich habe von allem nichts gewußt" ein Portrait des ehemaligen SS-Sturmbannführers und damaligen Ersten Vorsitzenden und Sprecher der HIAG, Albert Stenwedel, zu finden.12 Dieser konnte in dem vom damaligen HZ- Chefredakteur Arnold zum Winkel verfaßten Artikel Sätze zum Besten geben wie: ?Nach 1933 gab es für den ehemaligen Parteigenossen nur eins: Freiwillig hinein in die ?Leibstandarte Adolf Hitler". Zudem sei die Waffen-SS Teil des Heeres gewesen und habe mit den Greueltaten, die unter Himmler stattfanden, nichts zu tun gehabt, formulierte geschichtsrevisionistisch Stenwedel weiter. Von den Nazi-Greueln habe er überhaupt nichts gewußt und er sei, so wird er zitiert, ?dem damaligen Staat dankbar, daß die Geheimhaltung funktioniert hat". (Anmerkung: Nach Auffassung der HIAG umfaßte die Waffen-SS nur die SS-Divisionen und deren Ersatzeinheiten. In dem Buch ?Anatomie des SS-Staates"13 heißt es dagegen: ?Dies ist jedoch nicht richtig." Vielmehr käme diese falsche Behauptung daher, daß der Begriff ?Waffen-SS" schon während des Krieges, aber auch danach, vorzugsweise auf die militärischen Formationen der SS angewandt wurde. In Wahrheit umfasse der Begriff ?Waffen-SS" alle diejenigen Formationen der SS, die von Reichsfinanzministerium (RFM) finanziert wurden. Dazu ist weiter zu lesen: ?Zu den vom RFM etatisierten Teilen der SS und somit der bewaffneten oder Waffen-SS gehörte auch die gesamte Konzentrationslagerorganisation.") Stenwedels Wunsch: ?Man soll uns in Ruhe lassen, wenn wir zusammenkommen." Unter dem Artikel ist ein Foto Stenwedels vor dem Hersfelder Rathaus zu finden, das der Chefredakteur persönlich geschossen hat.

An der Demonstration, die unter den Losungen ?Keine Nazi-Ehemaligen Treffen" und ?Verbot aller neonazistischen Organisationen" stand, nahmen schließlich 500 Personen teil. Unter den Demonstranten befanden sich auch ehemalige KZ-Häftlinge. Der Schriftsteller Peter O. Chotjewitz, der bei der Abschlußkundgebung eine Rede hielt, betonte: ?Ich mache das niemandem zum Vorwurf, daß er als kleiner Schütze Arsch in dieser verbrecherischen Organisation gedient hat, weil er mußte". Seiner Ansicht nach könnten auch die militärischen Traditionen der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 gepflegt werden, aber ?Traditionsverbände, die im Dritten Reich Kameraderie pflegten, gehören verboten. An deren Stecken klebt zuviel Braunes".14 Trotz des großen Aufsehens, welches das Treffen und die Proteste dagegen in der Bevölkerung und in der Presse ausgelöst hatten, konnte das Treffen nicht verhindert werden, sondern sollte auch im darauffolgenden Jahr wieder stattfinden.

1982 wurde die Zusammenkunft von einer Rede des hessischen Landtagsmitgliedes und Vizepräsidenten der deutschen Kriegsgräberfürsorge, Hans-Otto Weber (SPD) begleitet. Ebenso nahmen an der Feierstunde der damalige Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Hersfeld, Wilfried Böhm (CDU), und Bürgermeister Boehmer teil.15

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