Demokratie

REVOLUTION ODER REFORM? VOM SELTSAMEN GEGENSATZ ZWEIER OFT DUMMER KONZEPTE

Fragend voran ...


1. Von Quantitäten und Qualitäten
2. Radikalität?
3. Fragend voran ...
4. Ein Update für die Anarchie bitte ...
5. Links

So bleibt Emanzipation ein Prozess. Gelingen große Schritte - zur Revolte oder Revolution (v)erklärt: umso besser. Aber jeder kleinere Schritt ist auch schon mal gut, zumal viele kleine wie ein großer wirken können und auch unklar ist, ob der große jemals gelingen wird. Entscheidend ist die Qualität jedes Schrittes, also der befreiende Inhalt. Das muss immer vorher durchdacht werden. Und es bedarf einer Reflexion, denn die Komplexität von Herrschaftsbeziehungen ist nicht genau vorausberechenbar. Vorwärtsdringen und kritische Rückschau mit Bereitschaft, erneut zu ändern, bilden das Paket des Handelns. Die Zapatistas in Chiapas (Mexiko) formten das zu einem schönen Satz, der auch auf eine einprägsame Weise Reform und Revolution verbindet: "Fragend schreiten wir voran". Der Aufstand der Zapatistas (ab 1.1.1994) gilt als Revolte, wenn nicht als Revolution. Doch der Satz zeigt eher das Selbstverständnis einer ständigen Entwicklung aus unzähligen kleinen Schritten. Aber immer "voran", also - aus emanzipatorischer Sicht - in jedem Schritt zu mehr Freiheit und Selbstentfaltung.

Es ist nicht ganz klar, ob solche Überlegungen in anarchistichen Zusammenhängen inzwischen Allgemeingut geworden sind oder ob die Abneigung gegenüber Theorien zu einem schlichten Desinteresse an Revolutionskonzepten geführt hat. Jedenfalls scheint die Luft raus zu sein aus den der Debatte um die großen Entwürfe. Einige anarchistische Basisgruppen streiten, wo sie existieren, um lokale Probleme und beteiligen sich an konkreten Kämpfen. Die große Masse zeigt politisches Engagements ohnehin nur als BesucherInnen großer Events oder beschränkt sich auf die kulturellen Ausdrucksformen anarchistischer Gesinnung.

Aus Gordon, Uri (2010): "Hier und jetzt", Nautilus in Hamburg (S. 67)
Heute dagegen kommt der anarchistische Diskurs ohne die Erwartung eines revolutionären Abschlusses der Kämpfe aus und interessiert sich auch nicht für utopische Entwürfe einer "postrevolutionären" anarchistischen Gesellschaft. Nachdem Vielfalt zu einem anarchistischen Kernprinzip geworden ist, wird auch die Befreiung auf ganz unterschiedliche Weisen gedacht und angestrebt. Selbstentdeckung in der vorwegnehmenden Politik und Respektlosigkeit gegenüber allen Ikonen sind die Grundlagen einer Praxis, die unvollkommen ist und in der Gegenwart stattfindet. Sie wird als vorrangiger Bereich der Verwirklichung von Anarchie betrachtet.

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