Demokratie

RECHTLICHES GEHÖR

Dürfen Angeklagte rausgeworfen werden?


1. Aus dem Gesetz
2. Grundsatzbeschluss des Verfassungsgerichts"plenums"
3. Urteile und Kommentare
4. Gegenvorstellung
5. Dürfen Angeklagte rausgeworfen werden?
6. Rechtsschutzprobleme bei "Sicherheitseingriffen"
7. Links

Das kommt schon eher selten vor - aber wenn autoritäre Richter politische Justiz betreiben, scheint das schon mal verlockend zu sein. So hat der Gießener Richter Dr. Frank Oehm einen Angeklagten aus dem Prozess geworfen und dann ohne den verhandelt. Das war wohl auch geplant. Als er merkte, dass er damit den § 231 b der Strafprozessordnung übersehen hatte, log er im Urteil die Abläufe um. Beweisbar ist sein Lügen bereits nach seinen eigenen anderen Aussagen vom Prozess. Doch der Richter wurde durch die Mafia der RobenträgerInnen geschützt: Keine Anklage, keine Revision - alle haben zu dem Verbrecher in Richterrobe gehalten. Der konnte sein Urteil ohne Angeklagte verlesen und machte auch danach weiter seinen Job als Vizepräsident des Amtsgerichts Gießen.

Der rechtliche Hintergrund

StPO § 231 b
(1) Wird der Angeklagte wegen ordnungswidrigen Benehmens aus dem Sitzungszimmer entfernt oder zur Haft abgeführt (§ 177 des Gerichtsverfassungsgesetzes), so kann in seiner Abwesenheit verhandelt werden, wenn das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für unerläßlich hält und solange zu befürchten ist, daß die Anwesenheit des Angeklagten den Ablauf der Hauptverhandlung in schwerwiegender Weise beeinträchtigen würde. Dem Angeklagten ist in jedem Fall Gelegenheit zu geben, sich zur Anklage zu äußern.


Kommentar Meyer-Goßner, Rdnr. 6
Die Befürchtung einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Ablaufsder Hauptverhandlung muss bestehen. Das gesamte Verhalten des Angeklagten muss die Besorgnis rechtfertigen, dass er auch künftig nicht nur die ordnungsgemäße Durchführung der hauptverhandlung stören werde, sondern dassauch Beeinträchtigungen von erheblichem Gewicht zu erwarten sind (LR-Gollwitzer 7). Dass der Angeklagte den Willen oder auch nur das Bewusstsein hat, den Ablauf der Hauptverhandlung zu beeinträchtiegn, wird dabei nicht vorausgesetzt (KMR-Paulus 8; Rieß JZ 75, 271 Fn 103). Sobald schwerwiegende Störungen nicht mehr zu besorgen sind, muss der Angeklagte zur Verhandlung wieder zugelassen werden (RG 54, 110,115). Bei länger andauernden Verhandlungen muss idR versucht werden, den Angeklagten nach einiger Zeit wieder an der Verhandlung teilnehmen zu lassen (RG 35, 433, 435; KG StV 87, 519; KK-Tolksdorf 6). Davon kann aber abgesehen werden, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass er das störende Verhalten fortsetzen werde (BGH 9, 77, 81; Rieß JR 75, 271; Röhmel JA 76, 664). Zur Frage, ob der Angeklagte jedenfalls zum letzten Wort wieder zugelassen werden muss, vgl 20 zu § 238.

Die am Schluss zitierte Rdnr. 20 zu § 238 lautet:
Bei einem wegen ordnungswidrigen Benehmens nach § 231 b ausgeschlossenen Angeklagten muss idR der Versuch gemacht werden, ihn für die Gewährung des letzten Worts wieder hinzuzuziehen (vgl 7 zu § 231 b). Davon kann nur abgesehen werden, wenn dieser Versuch im Hinblick auf die vorangegangenen Ausschreitungen des Angeklagten von vorherein aussichtslos wäre (BGH 9, 77; RG 35, 433, 435; KG StV 87, 519; Koblenz MDR 75, 424).

Zur Revision findet sich bei Meyer-Goßer in der Rdnr. 12 zu § 231 b:
Mit der Revision kann nach § 338 Nr. 5 gerügt werden, dass die Voraussetzungen des § 231 b nicht vorgelegen haben oder entfallen waren.

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