Demokratie

WELTSTAAT, MEHR HERRSCHAFT

Internationale Gerichtshöfe


1. Mehr Macht, mehr Institution
2. Mehr UNO
3. Internationale Gerichtshöfe
4. Weltzukunftsrat
5. Gefährliche Machtphantasien von links: Böse Staaten disziplinieren
6. Links

Kommentar zum Internationalen Staatsgerichtshof in der Freitag vom 5.7.2002 (S. 2)
Aber es ist prinzipiell unsinnig, die Amerikaner ausgerechnet in der Frage eines internationalen Gerichtshofes überstimmen zu wollen. Die Haager Richter verfügen über keine eigene Exekutive. Die internationalen Organisationen, ob UNO, OSZE oder Nato, haben ohne die USA nichts zu melden. ... Ein Weltenrichter aber, von dem die Weltpolizei nichts wissen will, wird über kurz oder lang zur lächerlichen Figur.

Internationale Gerichtshöfe als Kommandozentralen zukünftiger Kriege
Aus Hardt, M./Negri, A, 2002: Empire. Campus Verlag Frankfurt (S. 52)
Gerichte werden dabei schrittweise verändert: von Organen, die nur Urteile gegen Delinquenten sprechen, zu Körperschaften der Gerichtsbarkeit, die das Verhältnis zwischen moralischer Ordnung, Ausübung von Polizeimaßnahmen und Legitimation imperialer Souveränität diktieren und sanktionieren.
In der Fussnote dazu: Es gibt also eine Verschiebung von der Forderung, dass der Gerichtshof tätig werden soll, um unter Autorität der Strukturen der UN richterliche Sanktionen zu verhängen, zur Forderung, dass das Gericht eine direkte und aktive Rolle in den Entscheidungen der UN und ihrer Organe spielen soll, wenn es Normen der Gleichheit und materialen Gerechtigkeit zwischen Staaten betrifft, zu dem Punkt, im Namen der Menschrechte direkte Interventionen zu realisieren.

Aus Hazan, Pierre: "Das neue Mantra der Gerechtigkeit", in: der überblick, 1+2/07 (S. 22)
Zeit ist für die Unrechtsaufarbeitung von entscheidender Bedeutung. Das macht die Bewertung von Strafgerichtshöfen, Wahrheitskommissionen und anderen Mechanismen komplexer, aber umso notwendiger. Transparenz und Überwachung müssen gewährleistet werden, auch wenn sie auf viele Hindernisse stoßen. Ohne sie können sich die Mechanismen als wirkungslos erweisen, als bequemes Alibi für Tragheit dienen oder ihren eigentlichen Zweck, den des sozialen Wideraufbaus, völlig verfehlen.

Aus "Wir brauchen ein Weltstrafrecht", Interview mit Bundesverfassungsrichter Winfried Hassemer, in: FR, 28.7.2008 (S. 4)
Die Festnahme von Karadzic ist ein ganz großer Schritt nach vorn, ein Schritt zur Lösung eines Jahrhundertproblems, das uns noch lange beschäftigen wird. Denn einerseits geht es um die Souveränität der Nationalstaaten, die diese nicht gerne aufgeben. Auf der anderen Seite geht es um die Entwicklung von Mindeststandards für ein Weltstrafrecht. ...
Für die Opfer ist es eine Genugtuung, dass die Weltgemeinschaft sich in Gestalt dieser Gerichtshöfe klar dazu äußert, dass hier etwas Rechtswidriges passiert ist, dass gegen Völkerrecht verstoßen wurde. Es gibt aber auch das noch weiträumigere Ziel: Dass alle diese Schritte, wie jetzt auch das Verfahren gegen Karadzic, hinführen zu einem funktionierenden Völkerstrafrecht. Auch wenn es jetzt Demonstrationen gibt in Serbien, darf man langfristig doch eine Befriedung erwarten, wenn man erkennt: Es gibt ein Völkerstrafrecht, das nicht nur in den Köpfen einiger Gutmenschen existiert, sondern das auch wirkt. ...



Im Original: Weltpolizei
Aus Thomas Darnstädt (2009): "Der globale Polizeistaat" (S. 326 ff.)
Es geht um die Befriedung jenes Stückchens Niemandsland zwischen innerer Rechtsordnung und Kriegsrecht: In jenem Bereich treibt sich Osama Bin Laden herum, dieser Bereich ist der Rückzugsraum des transnationalen Terrorismus. Man erkennt ihn erst, nachdem man innere und äußere Sicherheit sorgfältig voneinander geschieden hat. Diesen Bereich zu befrieden, braucht es ein Recht der Gefahrenabwehr, das erlaubt, was nationales Polizeirecht und Strafrecht auch des mächtigsten Staates nicht können: unrechtmäßige Gewalt außerhalb des Ein zugsbereichs begrenzter staatlicher Rechtsordnungen zu verhindern und zu verfolgen. Ein Antigewaltrecht, das die ganze Erde als Regelungsbereich einer inneren Weltsicherheit ansieht, müsste sich gar nicht so sehr vom klassischen Recht der Staaten unterscheiden. Auch ein solches Recht müsste wohl über Instrumente verfügen, die wir aus dem Kriegsrecht kennen die vorbeugende Inhaftierung von Gewalttätern etwa, unter Umständen sogar ein Tötungsrecht, das über die Fälle reiner Nothilfe hinausgeht. Aber wenn es möglich wäre, die Ursachen jeder Bedrohung ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen genau dort anzugreifen, wo sie auftreten und am wirksamsten angreifbar sind, wären viele neue Wunderwaffen der Terrorismusabwehr überflüssig. Und auch die schärfsten Instrumente einer Ordnungsmacht sind rechtsstaatlich zu beherrschen, wenn ihre Anwendung vor Ort an manifeste Umstände der besorgniserregenden Art geknüpft ist. Die Notwendigkeit, im Nebel vager Verdächtigungen zu operieren, würde weniger drängend - und damit die Besorgnis der Bürger, es könnte ihnen ergehen wie Kafkas Josef K.
Eine Polizeimacht, die ein solches Weltrecht zur Verfügung hätte, wäre nicht darauf angewiesen, die Rechtsgrundlagen ihres Handelns so weit zu verbiegen, dass sie ins Intimste ihrer Bürger hineinspionieren kann, um herauszubekommen, ob diese wohl irgendwann einmal etwas Terroristisches tun oder etwa mit bösen "Absichten" Auslandsreisen antreten. Sie müsste, um außerhalb staatlicher Grenzen tätig zu werden, ihr Auftreten nicht als militärischen Einsatz tarnen und ihn der Nato überlassen, die mit ihren dicken Fingern nicht zur Rechtsdurchsetzung taugt, sondern nur zum Kriegführen. Sie würde sich nicht ständig den Vorwurf einhandeln, bei der Terrorjagd in die Souveränität anderer Staaten einzugreifen, denn sie könnte sich auf rechtliche Handlungsgrundlagen stützen, die ein grenzüberschreitendes Agieren erlauben würden - Aktionen des Rechts, nicht der Krieges.
Eine supranationale Polizeimacht wäre eine Instanz nach dem Modell des Reichskammergerichts: Juristen an der Spitze, nicht Politiker und nicht Generäle. Es müsste sich um ein "Weltinnenrecht" handeln, das sich deutlich von dem gegenwärtigen Recht der Antiterrorsanktionen des Sicherheitsrats unterscheidet. Dessen rechtsstaatliche Zügellosigkeit weckt bei Völkerrechtlern wie Kreß die "Assoziation des Wirtschaftskrieges". Es soll um Recht gehen, nicht um Krieg. Die Vollstrecker des Weltrechts sollen keine Politik machen, sondern den Frieden bewahren, den Rechtsfrieden. ...
Nur eine überstaatliche Macht kann in den verwickelten Verhältnissen schwacher, halb starker und gefährlich starker Staa ten, in den umstrittenen Niemandsländern der zerstrittenen Völkerfamilie regelnd eingreifen, ohne in den Ruch zu kommen, einen Krieg zu führen oder auch nur Politik zu machen. Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation hat es immerhin rund dreihundert Jahre lang funktioniert - wenn auch, zugegeben, nicht immer gut. ...
Die historische Heldentat von Juristen, den besiegten Gegnern einen Prozess statt ein Blutbad zu liefern, war die moderne Variante des alten Rezeptes "Frieden durch Recht". Der Kalte Krieg, die Betonierung aller Staaten und ihrer "inneren Angelegenheiten", verhinderten zunächst, dass das Nürnberg-Prinzip sich im Völkerrecht durchsetzte. ...
Das Erstaunlichste am Völkerrechtstrafgericht aber ist seine Unabhängigkeit: Kein Staat der Welt kann Einfluss auf das Recht nehmen, das hier gesprochen wird. ...
Die "Neuordnung der Welt nach den Grundsätzen des Rechts" ist ein halbes Jahrhundert nach den Nürnberger Prozessen immerhin an einem Anfang. Wenn es ein Weltstrafrecht gibt, warum kann es dann kein Weltpolizeirecht geben? Wenn es möglich ist, in der Grauzone zwischen innerer Sicherheit und Krieg mit den Mitteln der Strafe Frieden stiftend zu wirken und Menschenrechte zu schützen, warum soll dies dann nicht präventiv ebenso möglich sein?


Weltgemeinschaft existiert schon ...

Aus Axel Brüggemann (2009): "Wir holen uns die Politik zurück!" (S. 169)
Wähler ... die leben die Weltgemeinschaft längst ganz selbstverständlich.

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