Projektwerkstatt Saasen

WELTGIPFEL IN JOHANNESBURG (“RIO+10“)

Die Inhalte von Nachhaltigkeit und Agenda 21: Mehr Atomtechnik, mehr Gentechnik, universelle Lebensentwürfe


1. Nachhaltigkeit: Argument für die Modernisierung der Demokratie
2. Was ist Nachhaltigkeit?
3. Die Inhalte von Nachhaltigkeit und Agenda 21: Mehr Atomtechnik, mehr Gentechnik, universelle Lebensentwürfe
4. Nachhaltig marktfetischistisch
5. Nachhaltige Umweltbildung
6. Governance, Runde Tische, Zivilgesellschaft: Hilfe, noch mehr Demokratie droht!
7. NGOs: Schwach, anbiedernd, inhaltsleer:  Umwelt-NGOs als Akzeptanzbeschafferinnen von Staat und Wirtschaft
8. Aufruf zu Aktionen gegen Rio+10

Die Weltkonferenz von Rio ist 10 Jahre her. Seit ca. 1995 hat die Agenda 21 einen eindrucksvollen, mit Millionen geschmierten Siegeszug durch Kommunen zunächst vor allem in Deutschland und wenigen anderen Ländern Europas, dann aber zunehmend weltweit angetreten. Die Ergebnisse sind angesichts des gigantischen Einsatzes von Geld und Personal extrem mickrig, gleichzeitig sind selbstorganisierte soziale und ökologische Gruppen, Zentren, Projekte, Bildungsangebote und Vernetzungen fast überall zusammengebrochen. Schon strategisch war damit die Agenda 21 ein bedeutsamer Beitrag zur Entpolitisierung gesellschaftlicher Debatte, kommunaler Entscheidungen und des Wirkens sozialer Bewegungen. Noch schockierender ist der Blick in die Inhalte der grundlegenden Werke. Während die Agenda 21 offensiv für weltweite Märkte, mehr Atom- und Gentechnik sowie die Förderung der Mitbestimmungsrechte von Unternehmen eintritt (Zitatesammlungen im Internet), bietet die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland“ (1996, Birkhäuser Verlag) einen tiefen Blick in die Entpolitisierung. Christoph Spehr schrieb schon 1996 in seinem Buch „Die Öko-Falle“ (ProMedia, Wien): „Zukunftsfähiges Deutschland versucht sich vor allem am Nachweis, daß eine ökologisch nachhaltige Umorientierung der BRD ohne größere Konflikte und grundsätzliche Einschnitte möglich ist. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie aufgrund einer Reihe methodischer Kniffe, eines sehr reduzierten Nachhaltigkeits-Begriffs und eines eher blauäugigen Vertrauens auf angeblich bereits wirksame Tendenzen in die richtige Richtung. ... Am Rande wird erwähnt, daß gut zehn Prozent des Primärenergieverbrauchs (also direkte Nutzung für Maschinen, Heizung und Fortbewegung) auf das Konto "Kleinverbraucher und Militär" gehen. (Kleinverbraucher sind nicht die privaten Haushalte, die gehen extra.) Mehr ist nicht zu erfahren. ...
Die Studie ist daher als Beitrag zu einem Kapitalismus zu sehen, der mit einem verbesserten, nachhaltigeren Akkumulationsmodell vor allem sich selbst nachhaltiger macht: seine Herrschaft und seine Privilegien. Sie ist eine Blaupause für einen reformierten Öko-Kapitalismus, der zukunftsfähig ist: fit, schlank und mit gutem Gewissen. ... Die herrschende Nachhaltigkeits-Debatte suggeriert, daß die Verhältnisse keiner grundlegenden Veränderung bedürfen, um den Tanker wieder flott zu kriegen. Sie redet zwar von gewaltigen Anstrengungen, die nötig seien, um die ökologische Krise zu überwinden. Aber diese sollen komplett auf der Linie der bisherigen Entwicklungsstränge bleiben: technische Entwicklung; Strukturpolitik; internationale Abkommen; Steuerung des individuellen Verhaltens gemäß objektiven Notwendigkeiten; Formierung der Gesellschaft im Sinne einer nationalen Handlungsfähigkeit. Durch intelligente Technik und intelligente Politik soll dem bestehenden Kapitalismus ein überraschender Ausweg aus der ökologischen Kreise gefunden werden. Die Anziehungskraft der Nachhaltigkeitsdebatte besteht in der Vermarktung dieser Idee eines raffinierten Coups: Alles nicht so schlimm gewesen. Donald Duck schafft es wieder einmal in der letzten Minute.“
Die Agenda 21 selbst wird immer wieder als Hoffnungskonzept vorgestellt – eine Lüge, die enorme Wirkung hatte bei vielen Menschen, die frustriert aus jahrelanger wirkungsloser politischer Arbeit einen neuen Halt suchten. Sie ließen sich fangen mit bunten Broschüren und Versprechungen. „Mutige Vision für ein ehrgeiziges Projekt“ bezeichnete der DNR die Agenda 21, die Grüne Liga sprach von „politischer Sprengkraft“ und „detaillierten Handlungsaufträgen“, während der BUND seine Mitglieder und Aktiven mit „ein Konzept, daß einer revolutionären Umwälzung gleichkommt“ manipulierte. Tatsächlich finden sich in der Agenda aber an vielen Orten Forderungen nach freiem Zugang zu allen Märkten und Rohstoffen, z.B. in Kapitel 2.12: „Daher sollen alle Länder früher eingegangene Verpflichtungen im Hinblick auf die Beendigung und Umkehrung des Protektionismus und die weitere Öffnung der Märkte, insbesondere in Bereichen, die für Entwicklungsländer von Interesse sind, in die Praxis umsetzen. ... Besonders vordringlich sind demnächst die Verbesserung der Marktzugänge für Rohstoffe ..." und 2.37: „... wichtigstes Ziel wäre die Vereinfachung oder Beseitigung der Beschränkungen, Vorschriften und Formalitäten, welche in vielen Entwicklungsländern die Gründung und Führung von Unternehmen erschweren, verteuern und verzögern ...“
Die Unternehmen sollen gleichberechtigt mit der Politik sein, wird in Kapitel 30.1 gefordert: „... Die Privatwirtschaft einschließlich transnationaler Unternehmen und die sie vertretenden Verbände sollen gleichberechtigte Partner bei der Umsetzung und Bewertung von Maßnahmen im Zusammenhang mit der Agenda 21 sein". Frauen, Jugendliche, ArbeitnehmerInnen usw. sollen dagegen nur „aktiv einbezogen“ oder „beteiligt“ werden. Indigene Bevölkerungsgruppen sind sogar zu blöd für die neue, wieder europäisch geprägte Leitkultur Nachhaltigkeit. Kapitel 26.1: „Indigene Bevölkerungsgruppen ... Ihre Fähigkeit zur uneingeschränkten Mitwirkung an einem auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichteten Umgang mit ihrem Land hat sich aufgrund wirtschaftlicher, sozialer und historischer Faktoren bisher als begrenzt erwiesen.“
Wenig verwunderlich ist angesichts dieser Zielrichtung, daß die Agenda 21 den massiven Ausbau der Gentechnik vorschlägt, eine atomare Entsorgungsstruktur in allen Ländern dieser Welt sowie die Rückführung abgebrannter Atombrennstäbe an die Länder, wo das Uran gewonnen wurde.

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