Projektwerkstatt Saasen

FINAL COUNTDOWN AM 14.5.2006

Episode III: Kriminalalltag im Märchenland


1. Justiz, Innenpolitik und Polizei faken Anschlag und lassen Kritiker verschwinden
2. Episode I: Viele Jahre Aktionen und zwei farbige Vorspiele
3. Episode II: Die Federballnacht des 14.5.2006
4. Episode III: Kriminalalltag im Märchenland
5. Episode IV: Nazi-Rechtsanwendung und das Glück des Koch-Rücktritts
6. Was bleibt?

Hausdurchsuchung im rechtsfreien Raum
Ins Polizeipräsidium rückten Stunde für Stunde mehr Kriminalpolizistis ein. Dabei war auch die Crew des Staatsschutzes Gießen, also nicht nur die Zuständigen für politisch motivierte Straftaten, sondern genau die Beamtis, die bei ihren Fahndungen in Sachen Projektwerkstatt seit Jahren von Misserfolg zu Misserfolg hetzten. Sie häuften dabei Überstunden an und stürzten sich in Verzweiflungsaktionen wie dem Versuch, Supermärkte zum Verschließen ihrer Müllcontainer zu bewegen, um die Aktivistis auszuhungern. Die Bauaufsicht berichtete Jahre später, wie sie ständig aus den entsprechenden Ministerien und Polizeistellen aufgefordert wurden, baurechtlich aktiv zu werden. Geholfen hatte das alles wenig. Stattdessen waren sie nicht nur einmal selbst das Ziel öffentlicher Kritik und kreativer Aktionen der Aktivistis, die sie nun - wieder einmal - in die weißgekachelten Zellen eine Stockwerke tiefer eingesperrt hatten. Die Uhr lief. Ginge es nach Recht und Gesetz, müssten die Festnahmen sofort richterlich überprüft werden. Aber um das Formale hatte sich die Gießener Polizei noch nie richtig gekümmert. Zunächst sollte die Lage maximal ausgenutzt werden. Der erste Plan des Vormittags: Ein Überfall auf die Projektwerkstatt in Saasen. Hausdurchsuchung heißt das im Polizeijargon. Dazu ist normalerweise eine Durchsuchungsanordnung vom Gericht nötig. Aber die Polizei war sich sicher, alle Aktivistis, die dort zur Zeit gewesen sein könnten, eingesperrt zu haben. Daher war die Bahn frei. Wenn niemand da ist, dem der Staatsschutz eine richterliche Durchsuchungsanordnung hätten zeigen können - warum sich dann den Stress machen und eine einholen? Das war zwar rechtswidrig, aber eben auch Tradition. Die Bereitschaftsstaatsanwältin wurde geweckt und gab 7.48 Uhr ihre Zustimmung für den zweiten seltsamen Überfall innerhalb weniger Stunden. Als alleiniges Ziel gab sie der Polizei vor, „die Ausschnitte der bei den Tatorten im Altenfelsweg verwandten Sprühschablone aufzufinden“, legte weder Umfang noch Art der Durchsuchung fest, notierte aber, dass die sonst übliche Beantragung einer richterlichen Anordnung den Durchsuchungszweck gefährden würde. Eine Begründung dafür lieferte sie nicht. Wahrscheinlich wurde sie von der Polizei schlicht belogen über die Abläufe der Nacht. Um 10.15 Uhr, eine richterliche Anordnung oder Vorführung der Gefangenen wäre längst möglich und daher auch erforderlich gewesen, trafen die Polizeiwagen vor der Projektwerkstatt ein – ohne die Betroffenen, obwohl die laut Gesetz das Recht hatten, als Zeugis beim Durchwühlen ihrer Sachen dabei zu sein. Die Polizei blieb auch hier im Off-Law-Einsatz. Dann eine unangenehme Überraschung für die Polizei: Das Haus war nicht leer. Die ohne Durchsuchungsanordnung in den Räumen herumwühlende Polizei traf auf drei Personen – aber interessierte sich nicht für die. Wenn die Polizei an die behaupteten Straftaten selbst geglaubt hätte, aber von den Festgenommenen dank eigener Observation wusste, dass sie es nicht gewesen sein konnten, hätten die im Saasener Haus Angetroffenen für die Polizei interessant sein müssen. Aber: Die Personen wurden weder durchsucht noch ihre Kleidung sichergestellt. Der Polizei war eben völlig klar, dass alles, was sie tat, nur auf ihren eigenen Erfindungen beruhte und daher niemand tatverdächtig sein konnte, weil es die Taten gar nicht gab.
An die Durchsuchungsanordnung der Staatsanwältin hielten sich die Fahnder natürlich nicht. Schließlich wussten sie ja, dass Schnipsel der Sprühschablone nicht in der Projektwerkstatt sein konnten. Stattdessen erbeuteten sie ganz andere Sachen: „Im Wohnhaus in der dortigen Küche auf dem Tisch werden durch KHK Mann diverse Schriftlichkeiten aufgefunden und sichergestellt. Hierbei handelt es sich um Aufrufe gegen das Genversuchsfeld der Gießener Uni mit einem entsprechenden Aufruf und einer Ortsbeschreibung zu einer ,Feldbefreiung'. Weiterhin wurde ein sogenannter ,Direct Action Kalender 2006' gefunden. Bei einer Sichtung wurden div. schriftliche Eintragungen festgestellt. Daneben wurden handgeschriebene Zettel aufgefunden, die sich mit der bevorstehenden Inhaftierung des Jörg Bergstedt in die JVA beschäftigen.“ Neben dem Kalender, der den Staatsschutz offensichtlich wegen der persönlichen Eintragungen interessierte, wurden auch Adressenlisten von der Polizei mitgenommen - und nie wieder herausgegeben. Durchsuchungsprotokolle, Mitteilung an die Wohnungsinhaber und Hauseigentümer - nichts all dieser gesetzlich verankerten Formvorschriften hielt die Polizei ein. Fast schon üblich war, dass auch diesmal die Polizei wieder in den als Redaktionsräume gekennzeichneten, also presserechtlich geschützten Bereichen im Erdgeschoss des Vorderhauses herumwühlte - ein glatter Verstoß gegen das Grundgesetz. Legal, illegal, scheiß egal, aber uniformiert.

Tagesgeschäfte
Ein neues Problem tauchte auf. Auf den Personalbögen, die am 14.5. zu allen Verhafteten angelegt wurden, stand als Grund der Verhaftung § 127 StPO: Fluchtgefahr. Dafür reichten aber selbst die erfundenen Straftaten nicht. Also musste das Konstrukt noch etwas aufgemotzt werden. Das führte zum nächsten Eintrag ins Gießener Märchenbuch. Die Polizei erfand Fluchtversuche – und zwar gleich zwei. Als ersten deutete sie das Ausweichmanöver vor dem heranfahrenden, fahrerlosen Polizeiwagen bei der absurden Festnahme nahe Reiskirchen. Also Obacht: Wer sich in oder um Gießen von einem fahrerlosen Auto nicht überrollen lässt, gilt als Flüchtender und riskiert eine Verhaftung. Die zweite Erfindung war gründlicher. „Weiterhin wurde dann über Funk durchgesagt, dass zwei Personen aus dieser Gruppe auf der Grünberger Straße in Reiskirchen gesichtet wurden. Eine dieser Personen sei im Bereich Grünberger Str. 8 festgenommen worden. Die andere Person sei noch weiterhin mit dem Fahrrad flüchtig.“ Das notierte auch ein weiterer beteiligter Beamter: „Der zweite konnte flüchten“. Doch das weitere Verhalten der Polizei passte nicht zu diesen Behauptungen. Dass die Radelnden in Richtung der Projektwerkstatt in Saasen unterwegs sein würden, dürfte auch der begriffsstutzigen Gießener Polizeitruppe klar gewesen sein. Also hätte sie dort warten können. Das tat sie aber nicht, kein Polizist observierte in der Nacht das Haus. Noch auffälliger war das Verhalten der Polizei bei der Hausdurchsuchung am Vormittag. Dort traf sie - wie geschildet - auf drei Personen. Wenn die Polizei ihrem eigenen Märchen von der Flucht geglaubt hätte, wäre zu erwarten gewesen, dass gegen Personen, die nur wenige Stunden danach in der Projektwerkstatt aufgefunden wurden, ein besonderer Tatverdacht angenommen würde. Aber nichts geschah. Die Polizei hatte die zusätzliche Person nur erfunden, um eine Fluchtgefahr als Grund der Inhaftierung zu konstruieren.
Dennoch musste die Polizei irgendwann einsehen, dass es mit Haftbefehlen und einer Untersuchungshaft so wohl nichts werden würde. Der Traum einer spektakulären Verhaftung mitten bei fetten Straftaten war ins Wasser gefallen. Übrig blieben die mühevoll konstruierten, aber irgendwie mickrig wirkenden Sachbeschädigungen. Selbst wenn eini Richti das glauben würde - für eine Untersuchungshaft wäre das zu dünn. Um die Mittagszeit am 14.5., also knapp acht Stunden nach der Verhaftung, änderte die Polizei ihren Plan. Drei der vier Verhafteten wurden freigelassen, nicht ohne Verhöre, Fingerabdrücke nehmen und Porträtfotos schießen. Dann, so plötzlich wie sie im Keller der Polizei verschwunden waren, standen sie wieder draußen – aber eben nur zu dritt. Für den vierten, dem ja die Haftantrittsladung zum 18.5. in die Justizvollzugsanstalt Gießen vorlag, wurde das Hessische Sicherheits- und Ordnungsgesetz als Rechtsgrundlage gewählt, um ihn die verbleibenden vier Tage bis zur regulären Aufnahme gleich im Knast zu behalten. Dieses Polizeigesetz ermöglichte damals eine Verhaftung von bis zu sechs Tagen – auch ohne konkrete Straftat. Die Polizei musste nur behaupten, dass die inhaftierte Person planen würde, Straftaten zu begehen – die erfundenen Straftaten der Nacht wären dann der Dreh, um diese Prognose glaubwürdig zu gestalten. Es könnte ja der Anfang zu mehr sein …
Also: Termin im Gericht klarmachen und Antrag auf den sogenannten Unterbindungsgewahrsam verfassen. Staatsschutzchef Mann, ebenfalls im Sonntagsdienst, packte die Abenteuer der vergangenen Nacht in einen langen Text, in dem nun alle Erfindungen dem einzig verbliebenen Gefangenen in die Schuhe geschoben wurden. Sorgsam beschrieb er die vermeintliche Attacke auf die CDU-Geschäftsstelle und die Sprühereien im Altenfeldsweg. Obwohl beide für den gleichen Moment ausgedacht wurden und Reinhold Mann die Zeitpunkte sogar in den Antrag hineinschrieb, folgerte er, der Verhaftete sei persönlich für beides verdächtig. Auch die Fluchtgefahr wurde erneut aufgetischt. Dennoch schien ihm das zu wenig. So tippte er auf der zweiten Seite ein paar weitere Verdächtigungen in seinen Computer. Die beiden Attacken gegen die Rechtsanwaltskanzlei von Bouffier und Dr. Gasser schob er dem Verhafteten unter und träumte davon, ab sofort und dann für über acht Monate Ruhe zu haben vor seinem Widersacher, denn an den Unterbindungsgewahrsam sollte sich die geplante 8-monatige Freiheitsstrafe anschließen. Dass zu den Büroattacken bis dahin (und auch danach) nie etwas aufgeklärt werden konnte, störte nicht. Manns Verdachtsmoment: Der Verhaftete hätte den Innenminister vorher kritisiert – aha, wirklich sehr verdächtig! Auf der Internetseite www.projektwerkstatt.de ständen gleiche Wörter wie auf der Wand der Anwaltskanzlei. Nämlich „Law & Order“. Soso, wirklich sehr ausgefallene Wörter … Nach den Attacken auf die Bouffier‘sche Kanzlei seien Berichte ins Internet gesetzt worden. Wer Nachrichten verbreitet, ist verdächtig. Den Höhepunkt des Beweisbasteln zog Mann aus einem seltsamen Hass auf Gießen: Dort seien am Samstag um 24 Uhr schon alle Kneipen zu. Folglich konnte die Radtour nach Gießen keinen anderen Grund haben als die Begehung von Straftaten.
Ein weiterer Schnitzer fiel dem Chefermittler in Sachen politischer Straftaten offenbar auch nicht auf. Er bezeichnete die Attacken auf Bouffiers Kanzlei am 4. und 8. Mai als Reaktion auf den Haftantritt. Zeitlich war es jedoch umgekehrt: Die Ladung zum Haftantritt war Teil des Plans, der im Innenministerium nach den Attacken ausgeheckt wurde. Das Schreiben der Staatsanwaltschaft wurde erst am 10.5. verfasst und per Boten in die Projektwerkstatt geschafft. War der Geladene ein Hellseher, der schon am 4. auf einen Brief reagierte, der erst am 10. geschrieben wurde? Mann war es egal. Aus der langen Aufzählung von Märchen folgerte er, was er von Anfang an wollte: Einsperren.
Dann zum Gericht. Bereitschaftsrichter war an diesem Tag ein ehemaliger Polizist namens Gotthardt. So kam er mit den Staatsschutzbeamten prächtig klar, auch wenn er kein Strafrichter war und deshalb wenig Ahnung hatte von Beweiserhebung und -prüfung. Statt einer Anhörung mit allen Beteiligten ließ sich Gotthard von seinen Ex-Kollegen alles erklären. Der Angeklagte würde dabei nur stören, entschied er und ließ den erst mal draußen warten. So gibt es auch keine Augenzeugis für das, was dort ausbaldowert wurde. Wie genau ließ sich Gotthardt das Ganze erklären? Wo wurde er von der Polizei belogen? Warum hat er keine Beweise für die Behauptungen verlangt? Und warum den Gewahrsamsantrag nicht kritisch beäugt? Einen Menschen in den Knast zu schicken, ist schließlich kein Kavaliersdelikt, da kann mensch doch schon mal genauer hingucken … Dann wäre Gotthardt auch aufgefallen, dass selbst in der Lügenstory der Polizei so viele Widersprüche steckten, dass sie unmöglich wahr sein konnte. Aber er bemerkte die identischen Zeiten der beiden vorgeworfenen Aktionen nicht, sondern schrieb das, was physisch nicht sein konnte, selbst in seinen Beschluss: Bohrgeräusche an der CDU-Zentrale um 2.35 Uhr und Farbschmierereien im Altenfeldsweg in den Minuten vor 2.43 Uhr ordnete er dem Eingesperrten zu und die weitere Haft so an, wie die Polizei das wünschte. Selbst den Satz, der nachdrücklich an der geistigen Verfassung Gießener Polizistis zweifeln lassen musste, schrieb er einfach für seinen Beschluss ab: „2 männliche Personen, beide dunkel gekleidet, eine davon mit weißem Kapuzenpulli“. Dunkles Weiß – schon klar …
Doch in Wirklichkeit war alles noch schlimmer. Richter Gotthardt wusste sogar, dass die gesamte Story nicht stimmte. Die Polizei wies ihn an, darüber zu schweigen – und Gotthardt tat das bereitwillig. Damit er nicht versehentlich was Falsches sagte, machte er sich darüber eine Notiz, die das später belegte. Aber dazu später … schauen wir erstmal auf das weitere Geschehen.
Der Verhaftete bekam den Antrag weder vor noch während der Vorführung beim Haftrichter zu Gesicht. Er harrte in seiner Zelle. Nach wie vor ahnte er nichts von den Hintergründen der Nacht des 14.5.2006, wusste nichts von der High-Tech-Polizeitruppe in seiner Nähe und von den Gründen, warum das Badmintonspiel am Amtsgericht so störungsfrei abgelaufen war. Vom Versuch, ihn in Unterbindungsgewahrsam zu stecken, war er dennoch nicht überrascht. Er kannte das geltende Polizeigesetz von Hessen, konnte sich ausrechnen, dass die maximal mögliche Zeit von sechs Tagen bis zum regulären Haftantritt reichen würde und daher diejenigen, die ihn hassten, nichts unversucht lassen würden, das hinzukriegen. Schließlich, am frühen Nachmittag, ging die Zellentür auf und er wurde in Begleitung zweier Staatsschützer zum Amtsgericht gefahren. Dort angekommen, ging es hinauf in den Flur vor dem Zimmer des Bereitschaftsrichters. Hineingelassen wurde er aber zunächst nicht. Über eine halbe Stunde verbrachte einer der Staatsschützer allein mit dem Richter und machte dem klar, wie alles zu laufen habe. Dann ging die Tür auf und der Angeklagte wurde hereingerufen. Mit ihm ging der zweite Staatsschützer – sicher ist sicher. Alle setzten sich auf die vorgesehenen Stühle. Richter Gotthardt wühlte in Papieren, der Angeklagte bat um Zettel und Stift. Das bekam er. Dann legte Gotthardt los: „Was haben Sie dazu zu sagen?“ Der Angeklagte war überrascht. Immer noch tappte er im Dunkeln, was überhaupt los war. Von den Graffitis am Altenfeldsweg wusste er nichts, von der Story mit dem 1,80m großen Menschen an der CDU-Zentrale, der ihm ähnlich gesehen haben soll, war ihm ebenfalls nie berichtet worden. Welch einen Antrag die Polizei gestellt hatte - keine Ahnung. Und dann polterte der Richter gleich mit der Frage los, was er zu dem zu sagen hätte, von dem er gar nichts wusste. Also fragte er zurück: „Wozu?“ Richter Gotthardt: „Ich stelle hier die Fragen“. Ein kurzer Streit über die Weigerung des Richters, dem Vorgeführten überhaupt zu erläutern, was diesem vorgeworfen wurde, endete ergebnislos. Der Richter blieb dabei, davon nichts zu sagen. Die drohende Inhaftierung vor Augen erwähnte der Angeklagte die zwei Polizeiwagen, die ihn beim Badmintonspiel gesehen hatten. Was auch immer Polizei und Gericht gerade gegen ihn im Kopf hatten, er konnte für die Phase vor der Verhaftung mit Hilfe der Polizei beweisen, wo er war und was er gemacht hatte: „Dabei wurde ich von der Polizei observiert.“ Doch Richter Gotthardt wollte nichts hören. „Nehmen Sie sich nicht so wichtig!“ Was ihm einen Befangenheitsantrag einbrachte, der aber nicht behandelt wurde. Der Richter behauptete, so etwas sei nicht möglich – eine Lüge mehr in dem ganzen Verfahren. Gotthardt erklärte die sogenannte ,Anhörung' für beendet und schickte Staatsschützer und den Verhafteten nach draußen. Nach kurzer Zeit wurde ein Staatsschützer wieder hereingerufen: Der Drucker sei kaputt, ob er helfen könne ... so blieb es fast eine Stunde, bis es auch ohne Drucker gelang, den gewollten Beschluss zu verkünden: Ab in den Knast.
Der Beschluss hatte es aber in sich. Jetzt wurde gerichtlich festgestellt, also formal zur Wahrheit erklärt, was physisch nicht ging: „Am 14.05.2006 gegen 2:37 Uhr hat der Betroffene eine Tür der CDU-Geschäftsstelle Spenerweg 8 angebohrt. Er wurde offensichtlich durch Anwohner gestört, die die Polizei informiert haben. Am Tatort wurden Latexhandschuhe und eine ähnliche Schablone mit einem Kürzel wie in der Internetseite dargestellt, gefunden. Anschliessend hat der Betroffene gegen 2:45 Uhr im Bereich Altenfelsweg Kanaldeckel mit Farbe besprüht.“ Also: Dreiundzwanzig Graffitis und 1,5 km Wegstrecke in acht Minuten - Weltrekord!
Dann tat Gotthardt noch etwas für die Aufklärungsstatistiken der Polizei und machte aus den Behauptungen der Polizei zu den Attacken auf die Kanzlei mal locker Tatsachen: „Am 03.05.2006, 19.00 Uhr/04.05.2006, 2:15 Uhr hat der Betroffene ein Loch in die Eingangstür der Anwaltskanzlei Bouffier gebohrt und eine bräunliche über riechende Flüssigkeit in den Flur gesprüht. Am 08.05.2006 gegen 0:45 Uhr hat der Betroffene Steine sowie Farbbeutel gegen die Fenster der genannten Kanzlei geworfen.“ Irgendein Beleg? Fehlanzeige … auch im Gewahrsamsantrag der Polizei stand davon nichts. Ein bisschen schöpferische Eigenleistung darf bei einem Ex-Polizisten in Robe aber erwartet werden. Die erbrachte er auch zu der Frage, was dort eigentlich gesprüht worden war. Im Antrag der Polizei tauchten dazu keine Angaben auf. Im Beschluss des Richters wurden sie benannt und kreativ auf den Verhafteten gemünzt. Tatsächlich waren es recht gewöhnliche Sprayertags, die – klar erkennbar – nur aus fünf Buchstaben bestanden: „AV GCE“ (was für „Anneröder Viertel Gießen City East“ steht). Richter Gotthardt phantasierte im Beschluss einen anderen Zusammenhang: „In der Internetseite „Projektwerkstatt Saasen“, an deren Arbeit der Betroffene massgeblich beteiligt ist, sind für das Wochenende 12./14.0506 „Kreative Antirepressionstage“ angekündigt. Es befinden sich dort Kürzel wie AV bzw. AR.“ Beides war schlicht gelogen. Es gab weder eine solche Ankündigung noch solche Kürzel. Absurd war die Annahme aber ohnehin, die Politaktivistis könnten die Abkürzung eines Seminars in Saasen in Gießen auf Kanaldeckel und Mauern sprühen. Nach der eigenen Logik hätte eher Gotthardt selbst in Tatverdacht kommen müssen, denn der seltsame Gerichtsbeschluss hatte ein Aktenzeichen, in dem AR vorkam …
So passierte, was passieren musste. „Aufgrund der Gesamtumstände“ schickte der Richter sein Opfer in den Bau – und nach dem Motto ,Doppelt hält besser' reizte er die vollen sechs Tage des hessischen Polizeirechts aus, obwohl fünf gereicht hätten bis zum Haftantritt am 18.5.
Schon das Geschehen wirft viele Fragen auf: Was ist das für eine Truppe, die da in Gießen agiert? Sind Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte überall so organisiert? Wie oft wird auf diese Weise offensichtlich Recht gebrochen und Recht gebeugt? Die Dunkelziffer ist hoch, denn nur selten werden Fälle so genau untersucht wie der Fall des 14.5.2006. Über diesen Recherchen konnte dann auch geklärt werden, dass Richter Gotthardt kein gutgläubiges Opfer der Lügen seitens des Staatsschutzes war und nur seinen Dienstpflichten, Behauptungen auch zu überprüfen, im blinden Glauben an das Gute im Polizeibeamten nicht nachkam. Nein – es war schlimmer. Er wusste von den Lügen und trug sie mit. Den Beweis dafür lieferte er selbst. Als der Staatsschützer ihm den Antrag zum Unterbindungsgewahrsam in der halben Stunde Vorklärung erläuterte, machte er sich handschriftliche Notizen auf den vier Seiten. Das Blatt heftete er - ein ordentlicher deutscher Bürokrat eben - sorgsam in die Gerichtsakte. Seine Handschrift befand sich neben der Passage, die die Observation beschrieb: „Nicht sagen!“ Gotthardt wusste also Bescheid. Als er in der Anhörung, wie beschreiben, den Eingesperrten anschnauzte, er solle sich nicht zu wichtig nehmen mit dem Verdacht einer Observation, wusste er genau, dass der Verdacht stimmte. Aber er vertuschte sein Wissen, um den Freiheitsentzug beschließen zu können. Das war ein glasklarer Fall von Rechtsbeugung – gepaart mit Freiheitsberaubung: Ein Richter belog den ihm Vorgeführten absichtlich und fällte einen Beschluss, von dem er wusste, dass er falsch war. Andere bekommen für solche Straftaten zehn Jahre oder mehr. Gotthardt bekam nie irgendwelchen Ärger …
Da auch der Polizei bekannt war, dass der Betroffene die ihm vorgeworfenen Straftaten am 14.5.2006 nicht begangen hatte, wären alle beteiligten Beamtis der Freiheitsberaubung und der Beihilfe zur Rechtsbeugung schuldig - hinzu käme die falsche Verdächtigung, ebenfalls ein Paragraph im Strafgesetzbuch. Doch auch hier: Nichts.

Drinnen und draußen
Während der eine also in Haft kam, wurden die drei anderen Verhafteten nach und nach aus dem Gewahrsamstrakt des Polizeipräsidiums Mittelhessen entlassen. Staatsschutzbeamter Lutz händigte ihnen Fahrräder und einige Tüten aus, in denen sich die ,containerten' Lebensmittel befanden. Nachfragen zur vierten Person beantwortete er damit, dass diese einem Haftrichter vorgeführt werde. Die Gruppe fand zusammen und begann mit der Organisierung von Hilfe für die noch verhaftete Person, vor allem aber von Aktionen gegen die fiesen Tricks von Polizei und Justiz. Einige von ihnen trafen sich mit einem Anwalt und hatten Glück, dass der Inhaftierte genau während dieses Treffens in der Anwaltskanzlei anrief: Er war inzwischen ins zentralen Polizeigewahrsam in Frankfurt verlegt worden und sollte die nächsten Tage dort verbringen. Einige Zeit später ging aus der Projektwerkstatt eine Presseinfo „Polizeiausraster in Gießen“ über die Verteiler. Erwartungsgemäß missachtete die lokale Presse sie und veröffentlichte brav die Erklärungen der Polizei.
Eines blieb, was Eingesperrte und Freigelassene einte – die Ahnungslosigkeit über das, was eigentlich hinter dem ganzen Manöver stand. Es sollte mehrere Tage dauern, bis es überhaupt erste Hinweise darauf gab, dass hier etwas ganz Besonderes abgelaufen sein musste. Für den Inhaftierten blieb der Zugang zu Informationen ohnehin bis zu seiner Entlassung versperrt. Immerhin war um 10.45 Uhr schon der eingeschaltete Anwalt zur Stelle und nahm eine handschriftliche Beschwerde des Gefangenen mit hinaus, um sie seinem eigenen Schreiben an die Gerichte anzufügen. Kurz danach bemerkte die Justizapparatur, dass die Unterbringung in einer JVA ein Rechtsfehler war. Per extra georderten Gefangenenbus ging es nun in den zentralen Polizeigewahrsam nach Frankfurt an der Kreuzung Miquelallee/Adickesallee. Vorher erfolgte die Rolle rückwärts: Knastklamotten ausziehen, alles andere Zeug abgeben, eigene Kleidung wieder anziehen. Dann einsteigen in den Gefangenbus, rauf auf den Gießener Ring und schließlich die A5 Richtung Süden. Am klotzigen Frankfurter Polizeibau angekommen, hieß es wieder ,Einchecken', diesmal ohne Kleidungswechsel. Für die Polizei in der Großstadt war der Besuch eher ein Grund zu Belustigung - außer Abschiebehäftlingen hatten sie noch keine mehrtätigen Zwangsunterbringungen im Gewahrsamstrakt erlebt. Der sollte außerdem gerade geleert werden – Platz für Verhaftungen während der Fußballweltmeisterschaft, die damals vor der Tür stand. Am Tresen vor den Zellentrakten fiel der Blick des Verhafteten auf den Einlieferungsschein. Dort stand mit roter Schrift quer über das Titelblatt „Gewalttätig“. Wer das darauf notiert hatte, war ihm unbekannt. Am 14.5. im Eingang der JVA Gießen fehlte die Aufschrift noch. Das Motiv aber dürfte klar sein: Solche Zeilen sind ein Gruß an die Kollegis, gegen einen Betroffenen voreingenommen zu sein und härter vorzugehen. Die fiesen Tricks ...
Unklar ist bis heute, wie das Wissen um die Erfindungen innerhalb der Polizei verteilt war. Wenn z.B., wie geschehen, die Staatsschützerin Cofsky Latexhandschuhe des nächtlichen Sprayers Richtung Landeskriminalamt schickt mit dem Auftrag, die DNA zu analysieren und mit dem gewünschten Verdächtigen zu vergleichen, so stellt sich die Frage, welchen Sinn das machen soll, wenn schon bekannt ist, dass der Inhaftierte ganz woanders Federball spielte. Warum werteten LKA-Beamte am 14.5. die Videoaufzeichnungen einer Überwachungskamera aus? Das Ergebnis war in beiden Fällen auch vorher klar: Kein Verdacht. Zu den Gerichten, die über die Haftbeschwerden zu entscheiden hatten, gelangten die entlastenden Ergebnisse aber nicht. Beihilfe zur Freiheitsberaubung?
Einer der wieder Entlassenen reichte Beschwerde gegen die Hausdurchsuchung ein. Zudem richtete er eine Klage gegen seine Inhaftierung an das Verwaltungsgericht. Auch der Anwalt arbeitete schnell. Um 15.05 Uhr legte er sofortige Beschwerde ein. Beide forderten Akteneinsicht – der Anfang einer langen Jagd nach den Hintergründen der seltsamen Nacht. Um 15.06 Uhr war die Faxübertragung der Beschwerde beendet. Im Gericht wurde - immerhin - auch gleich reagiert. Das Schreiben wanderte an die zuständige Beschwerdekammer des Landgerichts. Dort aber war man sich des Ziels der Inhaftierung offenbar bewusst. Der Gefangene sollte bis zum 18. weggesperrt bleiben und dann ohne zwischenzeitliche Freilassung in den regulären Knast zu seiner 8-monatigen Freiheitsstrafe verschoben werden. Was war zu tun? Das Landgericht entschied sich für die einfachste aller Lösungen: Abwarten, Kaffee trinken und verzögern. Am 15. passierte gar nichts mehr. Am 16.5. dann beugten sich die Richtis Geilfus, Dr. Berledt und Krampe-Bender über den Beschwerdetext sowie den Beschluss und das Protokoll von Amtsrichter Gotthardt. Mit der Kreativität ihrer Berufserfahrung fanden sie einen Trick, wie sich das Verfahren um die nötigen zwei Tage verzögern ließ. Die Beschwerde lief ins Leere und wurde trotz mehrfacher Intervention des Anwaltes, der den Braten roch, nicht bearbeitet.
Aktiv blieb auch die Polizei. Um 18.18 Uhr gab sie eine Pressemitteilung zu den Vorgängen heraus. Nun behauptete sie auch öffentlich, die Festgenommenen seien der Sachbeschädigung verdächtig. Damit dehnte sie ihre bereits lange Liste vollzogener Straftaten weiter aus. Denn da die Polizei wusste, dass die Behauptung nicht stimmte, kam nun zu den schon begangenen Straftaten der falschen Verdächtigung und der Beihilfe zur Freiheitsberaubung die üble Nachrede hinzu. Doch der Inhalt war gar nicht das Interessanteste an der Mitteilung, auch wenn die Bewertung der Abläufe als „differenziertes polizeitaktisches Konzept“ eher in eine Sammlung von Fake-News passen würde. Viel interessanter war die Uhrzeit der Veröffentlichung. Üblicherweise gibt das Polizeipräsidium nämlich werktäglich eine Sammelpressemeldung mit mehreren Abschnitten heraus - zwischen 13 und 15 Uhr. Warum geschah es diesmal so spät – und als gesonderte Aussendung? Die Gießener Allgemeine recherchierte und enthüllte den Grund: Die Pressemitteilung lief über den Schreibtisch des Innenministers Bouffier. Damit war belegt, was ohnehin klar war: Der Fisch stank vom Kopf her, die ganze Nummer kam von ganz oben.
Während die Innenpolitik weiter an der kleinen Verschwörung bastelte und in den Gerichtsstuben der Amtsschimmel wieherte, ärgerte sich der Rechtsanwalt über die ausbleibende Entscheidung zur sofortigen Beschwerde. Am 16.5. richtete er eine Nachfrage an Amts- und Landgericht, warum in der Freiheitsentziehungssache keine Entscheidung gefällt werde. Der Faxkopf trug die Uhrzeit 15.09 Uhr - fast auf die Minute genau waren 24 Stunden seit Einreichen der Beschwerde vergangen.
Am 17.5., als immer noch nichts geschehen war, recherchierte der Rechtsanwalt den Stand der Dinge und reagierte schnell. Er schaffte es, per Telefon mit dem Betroffenen im Frankfurter Polizeigewahrsam zu reden, protestierte gegen die Verfahrensweise und forderte eine zügige Bearbeitung. Sein Fax an das Landgericht zeigt die Uhrzeit: 9.56 Uhr. Doch dort und beim Amtsgericht blieben alle beim gemütlichen Stil. Am 17.5. kam die Akte beim Amtsgericht an - die sogenannte ,sofortige' Beschwerde lag schon zwei Tage zurück. Auch dann vergingen noch etliche Stunden, bis endlich etwas passierte, die den Plan der Gießener Repressionskommandos zunichte machte. Es war Einmischung von auswärts, und zwar von ganz oben – aus Karlsruhe. Im Bundesverfassungsgericht tippte jemensch um 14.15 Uhr die Faxnummer der Staatsanwaltschaft Gießen in den Apparat und dort erschienen drei Seiten Text. Was nun also zunächst die Staatsanwaltis zu lesen bekamen, dürfte sie zumindest enttäuscht, wenn nicht schockiert haben: Alles war umsonst! Das Bundesverfassungsgericht setzte die am Folgetag beginnende Strafhaft des seit vier Tagen Eingesperrten aufgrund von dessen Verfassungsbeschwerde bis zur Entscheidung in der Hauptsache aus. Damit war dem Unterbindungsgewahrsam die letzte Basis entzogen. Staatsanwalt Vaupel nahm den Telefonhörer und überbrachte dem Richter am Landgericht, Geilfus, die schlechte Nachricht. Um eine Freilassung des Verhafteten bemühte er sich nicht. Die ließ noch einen weiteren Tag und sogar den Umzug wieder in ein richtiges Gefängnis (JVA Preungesheim) auf sich warten.
Erste Enttarnungen
Während der Betroffene in den einsamen Trakten des Frankfurter Polizeipräsidiums hockte und von allen Informationen abgeschnitten blieb, erhielten die verbliebenen Aktivistis in der Projektwerkstatt am 16.5. den ersten Hinweis, was eigentlich in der Nacht auf den 14. passierte. Es war nicht viel und stammte aus der Frankfurter Rundschau, die von irgendwo her einen Tipp zu dem martialischen Überwachungsaufgebot rund um die Projektwerkstatt erhalten hatte. Am 16.5. rief ein Redakteur in der Projektwerkstatt an und erkundigte sich, ob dort die Observation bekannt sei. War sie nicht – aber jetzt! Als am Folgetag dann auf der Hessenseite der Zeitung ein genauerer Text erschien, war zumindest bei den Freigelassenen bekannt, dass eine High-Tech-Einheit namens Mobiles Einsatzkommando von Landesbehörden aus Richtung Reiskirchen-Saasen geschickt worden war. Die Nachricht dieses Tages kam aber auch für die Menschen in der Projektwerkstatt aus Karlsruhe. Um 15.44 Uhr traf der BVerfG-Beschluss mit der Aussetzung der Haft per Fax ein. Die frohe Kunde wurde sofort gestreut, die schon verschickte Presseinformation zum Haftantritt korrigiert und der schon angesetzte Pressetermin am 18. Mai angepasst an die sich überschlagenden Ereignisse. Das mobile Einsatzkommando, offene Fragen an die Polizei und der Beschluss des Verfassungsgerichts rückten in den Mittelpunkt. Auch das erste Flugblatt zum Thema entstand. Titel: „Wer Gießen verlässt ist verdächtig: Die Geschichte des 14. Mai 2006“.

Draußen
Dann, am 18.5.2006, waren die Verzögerungstaktiken der Gießener Justiz an ihrem Ende. Um 9.22 Uhr ordnete das Landgericht die Freilassung des letzten Gefangenen der Nacht des 14.5. an. Ausdrücklich stellten sie aber weiter die Richtigkeit des Unterbindungsgewahrsams bis zu diesem Zeitpunkt fest – nicht ohne einen der absurdesten, fiesen Tricks von Polizei und Justiz zu ihrem eigenen zu machen. Geilfus, Dr. Berledt und Schnabel beschlossen, dass die Anschläge am 3./4.5. und 8.5. eine Reaktion auf die Ladung zum Haftantritt gewesen seien, also zwei Ereignisse auf einem dritten beruhten, der erst danach geschah. Wahrheit schafft in modernen Rechtsstaaten eben nicht mehr Gott (das ist auch gut so), auch nicht die Physik, sondern die Justiz.
Während der aus der Haft Entlassene nach vergeblichen Trampversuchen in Anstaltskleidung per Zug Richtung Gießen und dann nach Saasen unterwegs war, fand ab 12 Uhr im Umsonstladen Gießen eine Pressekonferenz zu den Ereignissen statt - im Mittelpunkt die Verfassungsbeschwerde. Zwei Stunden später verteilten zwei der Freigelassenen in der Innenstadt von Gießen Flugblätter mit einer kleinen Performance zwecks besserer Ansprache von Menschen. Währenddessen erfuhren sie von der Entlassung und Rückreise des ehemaligen Federballmitspielers. Die Aktivistis nutzten die verbleibende Zeit für einen Spaziergang zur am 4. und 8.5. von Farbattacken getroffenen Minister-Anwaltskanzlei und bedankten sich höflich per Kreidesprüchen auf dem Fußweg für die große Aufmerksamkeit, die ihnen mit des Ministers Hilfe zu Teil wurde. „MEK-Einsatz, Verhaftungen - Super Unterstützung für die Pressearbeit“ war zu lesen und „Volker, Danke für die Aufmerksamkeit“. Der Gießener Polizei reichte die kleine Kreide-Demo schon wieder zu einem Großeinsatz. Der offenbar lernresistente Apparat schickte mehrere Streifenwagen und zwei Staatsschützis, darunter die öfter mit den absurden Verfolgungsgeschichten gegen die Projektwerkstatt besonders befasste KOKin Cofsky. Die Kreide-Terroristen „konnten von der O-Schutzstreife 52/82 (POK Pfeifer, Pkin Ebsen, beide Pst Gießen Nord) und einer Streife des KDD (62/21), im Bereich Marburger Straße/Steinstraße angetroffen und festgenommen werden“. Die Eigenphantasien von Ordnungshütis und Rechtsanwälten (alle männlich) in der Kanzlei trieben erneut seltsame Blüten. Ganz nach Art der Nacht des 14.5. vermuteten sie ein Ablenkungsmanöver für irgendwas und schickten weitere Streifen zu vermeintlich gefährdeten Objekten – leider wieder nicht zur Belustigung der Kreide-Schurken, die von all dem erst später aus den Akten erfuhren. Ein Rechtsanwalt aus der Ministerkanzlei machte auf Fernsehkommissar und notierte Kennzeichen von Autos in der Nähe. Die Polizeibeamtis notierten und fotografierten fleißig die Kreideparolen. Damit alles die üblichen Apparate beschäftigt, stellten die verfolgungseifrigen Staatsschützis Mann und Cofsky noch Anzeigen beim Ordnungsamt der Stadt Gießen - wegen „grob störenden Verhaltens auf öffentlichen Straßen“. Was auch immer das ist …
Einige Stunden später waren die Aktivistis wieder alle beisammen. Die einen erfuhren erst jetzt, was eigentlich beim Richter Gotthardt, im Knast und in den Frankfurter Polizeizellen so abgegangen war. Der Inhaftierte wusste nun, per Mobilem Einsatzkommando überwacht worden zu sein. Dem Erzählen folgte schnell eine erste Aktion. Noch am gleichen Abend wurde das MEK im kleinen Dorf Saasen entdeckt und in die Flucht geschlagen. Dass die Überwachung so lange klappte, lag daran, dass die Träger der Überwachungstechnik als Firmenauto getarnt waren und in ihnen keine Personen saßen, sondern das Signal per Funk in andere, entfernter stehende Autos geleitet wurden. Der am dichtesten zur Projektwerkstatt stehende Wagen wurde komplett mit Papp-Plakaten zugeklebt, auf der Straße davor erläuterten Kreidesprüche den Hintergrund – in einem Dorf ein ziemlich auffälliger Vorgang. Am nächsten Morgen war das MEK verschwunden. Dafür fanden sich in einigen Zeitungen Texte über das aus Karlsruhe verhängte Ende des Inhaftierungsversuchs. Für die Aktivistis begann nun die Aufarbeitung: Akteneinsicht durchsetzen, Akten studieren, Aktionen und Öffentlichkeitsarbeit auf Basis der Informationen starten. Doch so einfach ging das nicht. Die Gerichte hatte nämlich klar, dass Aufklärung für sie gefährlich sein könnte …
Ohne den Spruch des Verfassungsgerichts wäre die Recherche der Hintergründe und Abläufe sicherlich kaum möglich, zumindest viel schwieriger gewesen. Der Inhaftierte hätte gar keine Handlungsmöglichkeiten gehabt – und die draußen lange nicht von den Haftgründen und Abläufen erfahren. So aber konnten Informationen ausgetauscht und Beschwerden präzisiert werden. Schon einen Tag nach der Freilassung reichte der Anwalt des Betroffenen umfangreiche weitere Beschwerden gegen die Inhaftierung und den Unterbindungsgewahrsam ein. Instanz war hier schon das Oberlandesgericht, denn sowohl Amts- als auch Landgericht hatten ihre Beschlüsse ja bereits gefällt: Das Amtsgericht in Person von Richter Gotthardt den skandalösen Anfangsbeschluss zur Inhaftierung, das Landgericht nach langer Verschleppung die Bestätigung der Richtigkeit des Gotthardtschen Märchens, aber gleichzeitig die Aufhebung der Haft aufgrund des Verfassungsgerichtsspruches. Ein Antrag auf Akteneinsicht ist in solchen Verfahren immer wichtig und war hier der Hauptgrund, warum die Aktivistis mit oder ohne Unterstützung des Anwaltes viele Beschwerden einreichten. Denn jedes Verfahren eröffnet eine neue Möglichkeit, in den Akten Brisantes zu finden. Das war im Fall des 14.5. ein mühevolles, aber notwendiges Verfahren, denn von anderer Seite, auch von den Medien, war die Enthüllung der Hintergründe nicht zu erwarten – von dem FR-Text über das MEK einmal abgesehen. Die ersten eingeforderten Akteneinsichten aber brachte keine Aufklärung. Ob zur Beschwerde gegen den Gewahrsam, zur Klage gegen die Hausdurchsuchung, zum Widerspruch gegen die noch in den Tagen danach angeordneten DNA-Tests – jedesmal begannen die Akten erst am 14.5., konnten also weder die Gründe für das Zustandekommen der nächtlichen Absurditäten erleuchten noch schilderten sie die Abläufe der Nacht. Dreieinhalb Monate sollte es dauern, bis das elfte Akteneinsichtsgesuch einen ersten Erfolg brachte …
Bis dahin gelangen nur kleine Schritte vorwärts. Einer basierte auf den Beschwerden, Anzeigen und Klagen. Denn wegen diesen musste die Gegenseite ihre Sicht schildern. So kam erstmals etwas über die Abläufe in die Akte, wenn auch nur eine später und mit Wissen des Beschwerdeinhaltes abgefasste Version seitens der Polizei. Im Verfahren vor dem OLG tischte die Polizei ein ganz neues Märchen auf, räumte aber erstmals ein, dass die am 14.5. Inhaftierten observiert worden waren. Sie erwähnte sogar das Mobile Einsatzkommando. Der Rest war eine neue, ebenso absurde Story. Danach hätte gerade die Observation (die vorher ganz verschwiegen wurde) den Tatverdacht bestärkt, denn das MEK hätte im Gepäck der Radelgruppe „diverse Eimer“ entdeckt. Außerdem behauptete die Polizei, dass die Observation im Stadtgebiet Gießen dauerhaft unterbrochen gewesen sei und der Beschuldigte deshalb unbeobachtet blieb. Dreist tischte die Polizei sodann alle Lügen des 14.5. erneut auf: „Gegen 02.13 Uhr meldete eine Objektschutzstreife, man habe im Bereich des Spenerwegs, wo sich die Geschäftsstelle des CDU-Kreisverbandes befindet, den Antragsteller gesehen“. Auch sämtliche anderen Lügen aus dem Antrag auf Unterbindungsgewahrsam wurden wiederholt - kein Wort zum Badmintonspiel, kein Hinweis auf die den Aktivistis ja bekannten zwei Polizeiwagen, die die Spielenden dort beobachtet hatten. Dass auch das MEK dem Treiben auf dem Gerichtsgelände nach kurzer Unterbrechung wieder zusah, wurde weiterhin verschwiegen.
Interessanter war die auf den ersten Blick unscheinbare Mitteilung in der Gießener Allgemeine am Samstag nach der Freilassung – also genau eine Woche nach der dramatischen Festnahmenacht. Dort stand, dass die Pressemitteilung der Polizei zum Geschehen über den Schreibtisch des Innenministers ging, der also der zentrale Punkt des ganzen Manövers war. Mehr Erkenntnisse gab es zunächst nicht – trotz intensiver, wochenlanger Jagd nach Hintergrundinformationen.
Dann, Mitte August, war es soweit. Einer der vielen Anträge – nämlich der gegen die Hausdurchsuchung – führte zum ersten Erfolg: Eine Akte mit den Vermerken beteiligter Polizistis. Zwar fehlte immer noch die spannendste Quelle, das MEK. Aber auch die Vermerke aus den beteiligten Streifenwagen klärten nach vielen Wochen Ungewissheit endlich auf, was bis dahin im Dunkeln lag. Seit Einblick in diese Akte wussten die Aktivistis und ihr Anwalt, …
  • dass die Polizei wusste, dass der später Beschuldigte nicht in der Nähe der CDU-Zentrale gesehen worden war,
  • dass während der Tatzeiten an der CDU-Zentrale und am Bouffier-Haus im Altenfeldsweg die beschuldigten Personen durchgehend an einem über einen Kilometer entfernt liegenden Ort überwacht und beim Federballspiel beobachtet worden waren – und zwar phasenweise von Streifenwagen, immer aber vom Mobilen Einsatzkommando,
  • dass die von der Polizei im Schreiben an das OLG behaupteten Farbeimer etwas ganz anderes waren: „Weiterhin führte er einen Anhänger ohne Boden mit, in welchem ein Plastikwäschekorb und ein Plastikwäschesammler ohne Deckel montiert waren“,
  • dass die beiden vorgeworfenen Taten ebenfalls nicht von derselben Person ausgeführt sein konnten, da sie fast zeitgleich, aber weit voneinander entfernt stattfanden. Auf 2.35 Uhr datierte die Polizei die vermeintlichen Bohrgeräusche an der CDU-Zentrale, 2.43 Uhr sollten dann schon die umfangreichen Graffitis im über einen Kilometer entfernten Bereich Altenfeldsweg angebracht worden sein,
  • dass die Polizei den Richter Gotthardt zum „Nicht sagen!“ aufgefordert und dieser das in der Akte notierte,
  • die Staatsschützerin Cofsky sogar eine Telefonüberwachung anstrebte, was aber nur bei einer „Straftat von erheblicher Bedeutung“ ging, wie Cofsky selbst schrieb und sie daher die in Mode gekommene Anti-Terror-Karte spielte, denn es ginge darum, „die Gefährdung der beiden Minister zu verringern“,
  • dass unzählige Polizistis, Richtis und Staatsanwaltis in die Sache einbezogen waren, außerhalb der Gesetze agierten und die Lügen deckten, also eine große organisierte kriminelle Vereinigung in Uniform und Robe bildeten,
  • die Gießener Amtsrichterin Kaufmann sogar noch eine weitere Attacke für die Nacht auf den 14.5. hinzuphantasierte, die – wieder zeitgleich – noch an einem ganz anderen Ort stattgefunden haben sollte, und
  • dass der Innenminister tief in die Sache verstrickt war. Das hätte ihn den Kopf kosten können, aber die Uniform- und Robenträgis samt Innenminister Bouffier haben bei den gesellschaftlichen Eliten einschließlich der Medien mehr Einfluss als ihre Opfer und wurden entsprechend geschützt.

Akteneinsicht und das Verstehen der Hintergründe des 14.5. änderten die Lage. Jetzt war klar, dass der Vorgang viel Brisanz enthielt und die andere Seite viel investieren würde, um alles zu vertuschen. Was war zu tun? Wer könnte die Abläufe enthüllen? Die Ergebnisse der Aktenauswertung wurden für alle laufenden Verfahren und Beschwerden an die Gerichte nachgeliefert. Effekt bei Amts- und Landgericht in Gießen: Null. Anzeigen gegen knapp dreißig beteiligte Personen gingen an die Staatsanwaltschaft Gießen. Ebenfalls null Wirkung. Medien wurden informiert, aber selbst ,linke' Medien winkten ab und vertrauten mehr auf Rechtsstaat und Justiz – keine Chance für die Aktivistis. Ein Redakteur der Frankfurter Rundschau kam sogar für mehrere Stunden in die Projektwerkstatt und prüfte der Akten. Er veröffentlichte - nichts. So schloss sich dem ersten Skandal ein weiterer an: In den Elitesphären hackte keine Krähe der anderen ein Auge aus.

Rückzugsgestammel: Auf der Suche nach Ausreden
Die Gießener Gerichte lehnten alle Beschwerden und Klagen ab. Somit blieben nur noch die Strafanzeigen im Rennen – und die Beschwerde gegen den Gewahrsam beim Oberlandesgericht. Eine Anzeige richtete sich gegen den Fahrer des Polizeiautos, der dann führerlos in den entgegenkommenden Streifenwagen krachte. Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr lautete der Vorwurf. Der so Angezeigte suchte krampfhaft nach Ausreden, hauchte seinem Auto ein Eigenleben ein und wollte den Crash nicht bemerkt haben: „Als wir der Gruppierung näher kamen und selbige uns bemerkte, beschleunigte der erste Radfahrer sein Tempo in erheblicher Weise. Ich hielt mit dem Streifenwagen rechts seitlich vor dieser Person an. Ich schaltete den Automatikhebel auf N und zog die Handbremse an. Anschließend sprang ich aus dem stehenden Funkwagen und sprach den ersten Radfahrer an, dass er anhalten soll. Dieser Aufforderung kam er widerwillig nach. Nun bemerkte ich, dass ,unser' Funkwagen nicht mehr an selbiger Stelle stand. Pkin Jakobeit teilte mir mit, das sich ,unser' Funkwagen verselbständigt hatte und auf den gegenüberstehenden Streifenwagen der Pst. Gießen Nord gerollt sei. So ist er dann zum Stehen gekommen. Wahrscheinlich ist der Automatikhebel nicht richtig in N eingerastet oder die Handbremse war nicht fest genug angezogen. (Dienstunfallanzeige wurde gefertigt)“ Klar – ein Normalsterblicher hätte nach einem Unfall mit so einem offensichtlichen Geschwindel keine Chance. Eine Beamtin sprang dem Bedrängten zur Seite und verniedlichte die Situation. Ein Radler „hüpfte mit seinem Fahrrad ein minimales Stück zur Seite“ – also alles nicht so schlimm? Da sprang ein Autofahrer aus seinem PKW und ließ das Geschoss einer Waffe gleich auf Menschen zurollen. Die wurden nur deshalb nicht überfahren, weil sie sich zur Seite retteten. Kurz darauf krachte das Fahrzeug in ein anderes: Wie viele Punkte in Flensburg und eine wie hohe Geld- oder gar Haftstrafe hätte es für eine solche Aktion wohl im Normalfall gegeben? Ganz nebenbei widersprach die Zeugin mit ihrer Verniedlichung der Version des Fahrers, dass das Fahrzeug zunächst angehalten hätte. Aber egal – eine Staatsanwaltschaft, die nicht anklagen will, übersieht das schon mal. Schließlich sind die uniformierten Vollstreckis staatlicher Gewalt die Hilfstruppe der Anklagebehörde. Und wer attackiert schon seine rechte Hand? Also befand die Staatsanwaltschaft zu dem James-Bond-Einsatz Monate später: Alles legal, weil es keinen Paragraphen gäbe, der das Aussteigen aus einem fahrenden Auto verbieten würde. Offenbar ist beim Abfassen des Gesetzes niemensch auf die krude Idee gekommen, dass so etwas geschehen könne. Bleibt die Frage, ob nun alle straffrei so handeln dürfen …

Eine neue Bedeutung des Wortes Ersatzfreiheitsstrafe?
Denkbar wäre, dass die Geschichte hier endet: Der Skandal war – weitgehend – aufgeklärt, eine Veröffentlichung zwar gescheitert, aber Polizei und Justiz ließen die Sache ruhen, da jedes weitere Rühren in der Sache zur öffentlichen Enthüllung führen könnte. Um dennoch zum Ziel einer Inhaftierung zu kommen, suchten die Projektwerkstatts-Jägis nach Ersatz. Die erste Möglichkeit bot sich ihnen sehr schnell. Denn die Universität Gießen hatte, völlig unabhängig vom anderen Geschehen, ein Versuchsfeld mit gentechnisch veränderter Gerste angelegt – mitten in der Stadt. Das Verfahren wurde mit Sofortvollzug, d.h. ohne aufschiebende Klagemöglichkeiten der Betroffenen, allerhand Lügen im Genehmigungsantrag und betrugsgleichem Schwindel bei den Förderanträgen durchgepeitscht. Aktivistis rund um die Projektwerkstatt hatten deshalb schon Anfang Mai öffentlich angekündigt: Wir machen das Feld wieder kaputt. Sie gaben sogar einen genauen Zeitpunkt an. Da das Feld nur 9,6qm groß und doppelt eingezäunt war, schien es zwar aussichtslos, unter solchen Umständen tatsächlich das Ziel zu erreichen. Aber die erhoffte öffentliche Debatte kam in Gang, der Versuchsleiter stellte sich öffentlichen Diskussionen und sogar die Bundesforschungsministerin, damals noch mit Dr-Titel, mischte sich mit einem Appell in die Debatte ein. Pfingstfreitag, den 2. Juni 2006 und damit gut zwei Wochen nach der seltsamen Federballnacht, kam es zum Showdown – und zum überraschenden Ergebnis: Unter den Augen von Schaulustigen, Hessenschaukameras und in aller Öffentlichkeit stürmten vier Aktivistis das Feld. Die Polizei ließ sie gewähren und nahm sie erst, selbst noch etliche Pflanzen zertretend, auf der Fläche fest. Das spätere Verfahren machte klar: Das war Absicht. Die Innenpolitik opferte ein (vermeintliches) Forschungsfeld, um ihren Gelüsten nach Einsperren doch noch nachzukommen. Denn diesmal war es eine echte Straftat, zudem noch bestens bewiesen. Ein halbes Jahr Haft hagelte es für die Aktivistis aus der Projektwerkstatt, während gegen zwei Beteiligte aus anderen Städten wegen Geringfügigkeit eingestellt wurde. Alle vier hatten genau das gleiche getan …
Zudem sollten weitere Gerichtsverfahren Ersatz für die verdattelte Haft des 14.5. bringen. Mehrere Monate liefen abenteuerliche Verbalschlachten am Amts- und Landgericht um angemalte Gerichte, Stinkeflüssigkeiten und vieles mehr. Lügende Justizbeamte, Sachverständige, die Bilder umso aussagekräftiger fanden, je unschärfer diese waren, und solche, die sich am liebsten auf Lehrbücher der nationalsozialistischen Rassekunde stützten, prägten die Abläufe. Die vehemente Gegenwehr der Angeklagten hätte am Ende wahrscheinlich nicht gereicht, wenn nicht im Frühjahr 2007, ein Jahr nach der nächtlichen Begegnung der unheimlichen Art, die Wende eintrat …

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