Keine A49

FÜR EINE WELT DES FAHRRADFAHRENS!

Hilfsmittel für Radeln: Karten & Co.


1. Fahrradstraßen, ein Radnetz aus Hauptachsen und Verbindungen in jeden Orts(teil)
2. Zur Planung von Fahrradstraßen und Fahrradzonen
3. Weitere Verbesserungen fürs Radfahren
4. Rechtsfragen zum Radeln und Fahrradstraßen
5. Allgemeine Infos zum Radverkehr
6. Gütertransport per Fahrrad
7. Hilfsmittel für Radeln: Karten & Co.

Der große Test: Radkarten und Online-Angebote
Das Auto frisst die Welt. Tausende Tote, Hunderttausende Verletzte, zerschnittene Landschaften, versiegelte Böden, verlärmte und nur noch sehr eingeschränkt zugängliche öffentliche Flächen, Rohstoffabbau und –transport – die Liste der Schrecken durch den motorisierten Individualverkehr ließe sich beliebig fortsetzen. Und doch ist Autofahren so normal, dass mensch sich kaum noch den Kopf um Voraussetzungen und Folgen macht. Dabei wären Alternativen recht einfach: Vom Nulltarif für ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz, umwelt- und menschenverträgliche Konstruktionen solcher Verkehrsmittel über geringere Entfernungen zwischen den Orten üblichen Aufenthaltes (Wohnen, Freizeit, Kommunikation, Konsum, Arbeit usw.) bis zum Radfahren. Letzteres braucht nicht nur einen Willen, der teuren und umweltschädlichen Variante „Auto“ zu entfliehen, sondern auch gute Voraussetzungen. Eine davon: Gute Ausschilderung, Karten und/oder Online-Angebote, um das Ziel auch zu finden und dabei nicht zwischen Gestank, Lärm und Gefahren des Autoverkehrs zu verzweifeln.
Viele kleinere Ortschaften sind ausgelassen. Die Qualitäten der Wege sind oft nicht, nur wenig differenziert oder falsch eingezeichnet. Mitunter blieb eher ein Rätsel, warum bestimmte (schlechte) Strecken eingetragen waren und parallel verlaufende, bessere Wege fehlten. Der Verdacht entstand, dass eher am Computer denn draußen geplant wurde. Die Online-Dienste litten unter diesem Mangel sogar durchgehend.
Um eigene Routen zu planen, wäre es gut, wenn bei allen Straßen der Belags bzw. vorhandene Radwege/-spuren erkennbar wären. Das gilt ebenso für die großen Städte. Der Verlauf überregionaler Radverbindungen durch die Ortskerne ist bei vielen Karten nicht gut erkennbar. Nur bei einigen sind die Straßennamen der rausführenden Wege benannt. Hier könnten zusätzliche Details über die Nutzbarkeit weiter verbessern. Insofern bieten alle Karten einige Hilfen, sind sich eher ähnlich (außer im Preis!). Das Potential ist jedoch lange nicht ausgeschöpft.

Radreiseführer (je 12,95 €, Bielefelder Verlag)
Kleine Bücher mit Ringheftung, in denen Touren rund um größere Städte oder dicht besiedelte Gebiete beschrieben werden. Im Vordergrund stehen Sehenswürdigkeiten, die jeweilige Route (meist Rundtouren, im Einzelfall auch Strecke mit Möglichkeit der Nutzung von Zügen) ist auf einer Karte eingezeichnet und wird mit Kilometerangaben beschrieben.
Tauglichkeit draußen: Mitnahme ist möglich, aber die Bücher sind eher für die Vorbereitung geeignet, da jede Tour nur wenige Seiten einnimmt.
Geeignet für: Freizeitradler_innen.

Radspiralo (je 9,95 €, Bielefelder Verlag)
Ausgewählte Radwanderwege in übersichtlicher Spiralheftung. Jeweils ein Kartenausschnitt und Informationen über Landschaft und Sehenswürdigkeiten liegen sich gegenüber. Hinzu kommen kurze Informationen über Unterkünfte, Radläden usw. mit Eintragungen in der Karte. Kreuzende oder anschließende Nebenrouten sind ebenso gekennzeichnet wie Alternativrouten.
Tauglichkeit draußen: Laut Werbung strapazierfähig, gut handhabbar auch bei Sturm.
Geeignet für: Radwandergruppen, die genau diese Tour mal fahren wollen.

Bikeline Radkarte (Verlag Esterbauer, 1:75000, 6,90 €) und Radwanderkarte (1:60000, 4,90 €)
Jeweils für eine Region wird das gesamte Netz an Radverbindungen dargestellt. Die gute Kartengrundlage erleichtert die Orientierung, die empfohlenen Routen sind farblich gut erkennbar und präzise auf der Kartengrundlage eingetragen. Allerdings fällt hier ganz besonders auf, dass Platz für weitere Eintragungen da wäre. Kleine Ortschaften sind von den Wegeempfehlungen oft abgehängt. Etliche mögliche Verbindungen fehlen. Eher selten sind kleine Stadtpläne, die zwar zur Orientierung helfen, allerdings sind ihn ihnen keine Radwege eingezeichnet – eine verpasste Chance. Warum überhaupt zwei verschiedene Kartentypen entstanden sind, erklärt sich nicht von selbst. Die preiswertere ist größer und besser handhabbar. Ihr fehlt nur der – unterwegs eher hinderliche – Pappumschlag.

Fahrrad-Tourenkarte 1:50000 (www.kompass.de, je 8,99 €)
Zu ausgewählten Radrouten stecken Leporello-gefaltete Karten in einer Papphülle. Nutzbar sind sie nur für die jeweils angegebene Tour, in Einzelfällen sind kleine Alternativen zur Hauptroute und Abstecher zu naheliegenden, touristischen Zielen eingetragen. Für die konkrete Tour sehr brauchbar, sonst eher nicht.

Fahrradkarte 1:70000 (www.kompass.de, je 8,99 €)
Robust und übersichtlich kommen die Karten daher. In ihnen sind vor allem vorhandene Radtouren sowie ergänzende Verbindungen auf und jenseits von Autostraßen eingetragen. Eine Differenzierung bezüglich Verkehrsaufkommen gibt es nicht. Da wäre mehr drin – auch hinsichtlich Orientierung schaffender Straßennamen und weiterer Angaben über die Nutzbarkeit des übrigen Straßennetzes.

Bücher über Radtouren
Unter Titeln wie „Die 50 schönsten Radfernwanderwege in Deutschland“ und „Die 30 schönsten Flussradwege in Deutschland“ hat der Bielefelder Verlag Beschreibungen herausgegeben, die für die Vorbereitung von ein- bis mehrtägigen Radtouren auf beliebten Strecken geeignet sind. Wer in den Büchern blättert, findet nach einer kleinen Übersichtskarte Hinweise auf Sehenswürdigkeiten und lohnende Ausflugsziele. Die knappen Texte über Streckenverlauf und –qualität zu Beginn sind etwas dürftig geraten, so dass es eher Tourismusführer als Rad(t)schläge sind. Für die konkrete Vorbereitung wird daher genaueres Kartenmaterial nötig sein. Unter dem Titel „Bikeline“ sind ebenfalls etliche Tourenbücher für Radler_innen erschienen, in denen jeweils ein besonderer Radweg detailliert beschrieben wird – mit vielen Karten, Fotos und touristischen Informationen. Wie bei den Bikeline-Karten sind gute Kartengrundlagen ausgewählt, enthalten und die eingetragenen Routen farblich gut erkennbar und präzise auf der Kartengrundlage eingetragen sind. Die Kompass-Radführer in Spiralheftung (14,99 €) geben die präzisesten Informationen, sind aber auch entsprechend dick. Rund um Ballungszentren oder entlang zusammenhängender Radrouten machen sie konkrete Vorschäge für Tagestouren, liefern dann entsprechende Karten, z.T. mit Alternativrouten und Abstechern zu touristischen Zielen, und etliche Begleitinformationen in Text und Bild.

Der Test für die Region um Gießen
Autofahren, Zugreisen, Fliegen – alles hat Zuwachs. Mit Folgen für die Lebensqualität im Wohnumfeld und über Land. Lärm, Platznot, Feinstaubbelastung und CO2-Ausstoß, Flächenverbrauch und –zerschneidung sind in aller Munde oder Medien. Da braucht es keiner besonderen Gründe für das Fahrradfahren. Doch Mittelhessen ist keine Fahrradregion. Während in fahrradorientierten Städten wie z.B. Münster diskutiert wird, den Anteil am Gesamtverkehr von 40 auf 50 Prozent zu heben, radeln in Gießen nur ab und zu überhaupt ein_e Radler_in vorbei, während sich Autofluten ständig in die Stadt ergießen. Die Stadt hat sich zwar 2010 selbst ein Gutachten gekauft und dann im Rat beschlossen, in dem ein Anteil von 24 Prozent behauptet wird, aber das würde bedeuten, dass nach zwei bis drei Autos jeweils ein_e Radfahrer_in vorbeikommen müsste (der öffentliche Verkehr nimmt ja auch noch einen Teil ein). Dass diese Zahl nicht stimmen kann, beweist jeder Blick auf die Straßen der Stadt. Ohnehin viel schlimmer sieht es in den anderen Orten der Region und im überörtlichen Verkehr aus. Die Gießener Allgemeine schrieb am 17.6.2013 von drei bis vier Prozent.
Die Gründe für die Bevorzugung des Autos sind vielfältig. An erster Stelle dürfte die ständige, millionenteure Förderung dieser umweltschädlichsten Art der Fortbewegung sein: Straßen, Parkplätze, Parkhäuser und immer neue Infrastruktur. Für Radler_innen sieht es hier düsterer aus, allerdings scheint das Angebot ohnehin wenig zum Fahrverhalten beizutragen. So sind Stadtteile von Gießen oder umgebende Orte sehr unterschiedlich angebunden. Zwischen vielen Dörfern und Kerngemeinden bestehen gute Fahrradverbindungen, woanders fehlen sie. Auf die Fahrzahlen wirkt sich das kaum aus. So wird der Kreis Gießen gleich von zwei der überregionalen Hessen-Radrouten durchzogen – einmal als zentrale Ost-West-Achse der „R7“ entlang der Lahn und dann über Buseck, Reiskirchen und Grünberg in den Vogelsberg, dann der „R6“, der aus der Wetterau den Osten des Kreises in Nord-Süd-Richtung durchläuft. Hinzu kommt der Lahnradweg. Innerhalb des Landkreises finden sich zudem regionale Verbindungen und Rundwege wie den Lumda-Wieseck-Radweg. Nützen tut das alles eher wenig. Finden die Menschen die Wege nicht – oder macht die einseitige Förderung des Autofahrens alle anderen Verkehrsmittel? Auch wenn die zweite Antwort wahrscheinlicher ist – wir haben getestet, wie es um die Auffindbarkeit der Radtouren steht.

1. Ausschilderung
Die weißen Schilder mit grüner Schrift sind recht dicht verteilt und bieten so eine ausreichend sichere Zielführung. Offenbar werden sie aber nicht regelmäßig überprüft. Einige Schilder werden (vom Wind?) verdreht und führen dann in die Irre.

2. Online-Radroutenplaner
Es gibt mehrere Angebote im Internet. Erste Wahl ist der hessische Radroutenplaner mit guten Einstellmöglichkeiten und akzeptablem Ergebnis. Anhänger_innen offener Software setzen mitunter lieber auf www.naviki.org auf Basis der OpenStreetMap. Doch die Computerfreaks scheinen wenig draußen zu sein. Die Auswahl der Radrouten, die sich auf dem Bildschirm zeigen, wirken computerberechnet. Wer sie draußen dann nutzt, bemerkt schnell, dass recht häufig irgendwelche und nicht die schnellsten, angenehmsten oder geeignetsten Verbindungen ausgewählt wurden. Das Gleiche gilt für Google, deren Maps-Service inzwischen auch die Möglichkeit anbietet, eine Verbindung fürs Radeln auszuspucken. Die Qualität ist sehr wechselhaft und auch hier unklar, aus welchen Informationen das Ergebnis eigentlich hergeleitet wird. Also: Klare Empfehlung für den Routenplaner. Einzige Schwäche hier: Der Kartengrundlage fehlen Höhenlinien, zu den nicht als Radverbindungen empfohlenen Straßen gibt es auch keine weiteren Informationen z.B. über Belag oder Verkehrsdichte. Da sind noch Verbesserungen im Detail drin, denn Menschen wollen nicht immer nur da fahren, wo andere es vorschlagen.

3. Routenplaner für PC
Hier haben wir nur ein Produkt getestet, nämlich den „TourExplorer 25“ (2014, magicmaps in Pliezhausen, DVD für die Software, je eine pro Region, Grundvariante mit Software plus eine Region 49,90 €, Gesamtausgabe 199,90 €). Dessen Technik ist faszinierend. Mensch kann – einen entsprechend leistungsfähigen Computer und Grafikkarte vorausgesetzt – eine Wanderung oder Radtour nicht nur als Route planen, sondern auch von oben betrachten oder schon mal abfliegen. Die Auflösung der Kartengrundlage ist optimal, denn der Verlag hat die amtlichen, topografischen Karten 1:25.000 verarbeitet – und dabei sogar noch die Höhenlinien in einen 3D-Effekt verwandelt. Der Wermutstropfen liegt in in der Routenplanungsqualität. Denn das Programm wählt erstaunlich absurde Wegeführungen aus. Nicht einmal das Kommando, ausgewiesene Fahrradtouren zu wählen, bringt das gewünschte Ergebnis (siehe Screenshots). Ob das ein Programmierfehler ist oder die eingespeisten Daten so schlecht sind, lässt sich im Test nicht erkennen. Die Erfahrungen mit ADFC-Karten sind allerdings schon seit einigen Jahren eher nur mäßig – keine Ahnung, ob die Radfans inzwischen eher am Bildschirm „radeln“ und so den Überblick über die Verhältnisse da draußen verloren haben. Hier ist jedenfalls dringend Besserung nötig.

4. Karten
Hinsichtlich Treffsicherheit der vorgeschlagenen Wege und der Dichte des eingezeichneten Fahrradnetzes ähneln sich die Karten. Allerdings ist es schon erstaunlich, wie oft der konkrete Vorschlag für Fahrradverbindungen außerhalb der großen Radrouten von Karte zu Karte unterschiedlich ausfällt. Welche Kriterien herangezogen wurden, lässt sich nicht immer erahnen. Deutliche Qualitätsabstände gibt es bei der gewählten Kartengrundlage. Im Detail:
Kompass-Fahrradkarte 1:70000 (Kompass in Rum (A), 7,99 €): Gute Kartengrundlage, die viele weitere Wege, Höhenlinien und ungefähre Informationen zu den Ortslagen enthält. Gekennzeichnet sind vor allem Straßen, fast alle im einheitlichen Grün, also als Nebenroute. Das Auswahlkriterium ist nicht ganz klar, zumal einige Feldwegeverbindungen, die parallel zu Straßen verlaufen und deutlich geeigneter sind, ausgelassen sind. Getestet wurde u.a. die Ausgabe „Wetterau/Vogelsberg/Bad Nauheim“ (warum auch immer gerade diese Stadt erwähnt wurde).
Bikeline-Fahrradkarte 1:75000 (Esterbauer in Rodingersdorf (A), 6,90 €): Nur mäßige Kartengrundlage trotz großem Maßstabes – da wäre mehr drin gewesen. Zwar wirkt so alles übersichtlicher, aber viele wichtige Informationen fehlen. Das ist die Hauptschwäche dieser Karten. Ein Abweichen von den vorgeschlagenen Routen ist kaum möglich. Die Auswahl der Radrouten passt meistens. Einige kleinere Verbindungen über befestigte Feldwege fehlen. Getestet wurden u.a. die Ausgaben „Gießen und Umgebung“, „Wetterau/Vogelsberg“ und „Rhein-Main/Taunus“. Neu sind die Großraum-Radtourenkarten von Kompass. Jeweils zwei Karten im Set für 10 € decken sehr große Flächen ab, z.B. ganze Bundesländer. Die Darstellung auf den 1:125000 ähneln den oben genannten Fahrradkarten. 2017 soll das ganze Bundesgebiet abgedeckt sein.
ADFC-Radtourenkarte 1: 150000 (BVA in Bielefeld, 7,95 €): Zwar fehlen hier die Details der Regionalkarten, dafür passt fast ganz Hessen auf die Karte. Die Kartengrundlage dafür noch ziemlich genau. Eingetragen sind regionale und überregionale Fahrradverbindungen. Informationen zu Straßenbelag und Verkehrsdichte fehlen leider durchgehend, obwohl das noch locker auf die Karte gepasst hätte. Getestet wurde u.a. die Ausgabe Rhein/Main/Nordhessen, wobei letzterer Begriff eher irreführend ist, da die Karte bei Wabern endet.
ADFC-Regionalkarte 1:75000 (BVA in Bielefeld, 6,80 €): Viele Fahrradrouten und zusätzliche Informationen auf guter Kartengrundlage. Straßennamen bei Ortseinfahrten eingetragen. Einige kleinere Verbindungen fehlen. Getestet wurde u.a. die Ausgabe „Lahntal“ aus 2010.
Landkreis-Gießen-Karte 1:50000 (2015, BVA in Bielefeld, 7,95 €)): Einige Fahrradtouren und –verbindungen auf brauchbarer Kartegrundlage. Keine Straßennahmen bei Ortseinfahrten trotz großen Maßstabes. Da sehr viele nutzbare Fahrradverbindungen fehlen, ist die Karte insgesamt eher enttäuschend. Die vielen Lücken sind unverständlich, weil die Karte von regionalen Institutionen herausgegeben wird.

Der Test
Wir haben mehrere Wegstrecken ausgewählt und geschaut, wie diese auf den Routenplanern verzeichnet sind. An zwei Beispielen sei hier das Ergebnis präsentiert. Es zeigt: Da ist noch Luft nach oben. Denn in einem Fall (von Trohe über Alten-Buseck Richtung Staufenberg) hat nur eine Minderheit den besten Weg vorgeschlagen, alle anderen eine nahegelegene Straße. Im anderen Fall war es eine offiziell ausgewiesene Radwanderroute (Lumda-Wieseck-Rundweg). Und selbst den haben nicht alle getroffen.

Weitere Testberichte

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