Laienverteidigung

ABSCHIEBUNGEN

Internationale Allianzen

Internationale Allianzen

Seit die europäischen Regierungen bei der Abschiebung immer stärker zusammen arbeiten, vernetzt sich auch der Widerstand gegen die Fluglinien international

4. Dezember 1996, 10 Uhr, Flughafen Schiphol, Amsterdam: Über Zwischendächer und Feuerleitern gelangt eine kleine Gruppe niederländischer AktivistInnen auf das Dach des zentralen Verwaltungsbüros der Fluggesellschaft Martin Air. Während von oben ein riesiges Transparent mit Protestparolen herabgelassen wird, stürmt unten eine größere Gruppe den Haupteingang. Die BesetzerInnen wollen die Angestellten mit Flugblättern und Plakaten über das Abschiebegeschäft "ihrer Firma" informieren. Denn Martin Air war damals hauptverantwortlich für Sammelabschiebungen, u.a. nach Zaire. In sogenannten Eurochartern wurden Flüchtlinge nicht nur aus den Niederlanden, sondern auch aus Deutschland, Belgien und Frankreich zusammen ausgeflogen. Sicherheitspersonal von Martin Air blokkierte zwar die geplante Direktinformation, doch Mr. Martin höchstpersönlich war beeindruckt genug, um in der Folge einen Gesprächstermin anzubieten. Als ihm dann von der "Besetzungsdelegation" des "Autonoom Centrum" eine großangelegte Kampagne für den Fall angedroht wurde, dass seine Fluggesellschaft die Abschiebungen fortsetze, lenkte Mr. Martin überraschend schnell ein. Er werde es zwar nicht öffentlich bekanntgeben, doch Martin Air werde die Abschiebungen einstellen. Sammelabschiebungen haben seitdem in den Niederlanden nicht mehr stattgefunden.

9. Mai 1999, Zwischenlandung einer SwissAir Maschine in Kamerun: Zwecks Abschiebung hatten Schweizer Polizisten einen kongolesischen Asylsuchenden an Händen und Füßen gefesselt, mit Pflaster den Mund verklebt und in der letzten Sitzreihe des Flugzeugs hinter einem Vorhang versteckt. Als ihm dann kurzzeitig der Knebel abgenommen wurde, rief der Betroffene um Hilfe - mit Erfolg! Etwa 20 Passagiere, zum großen Teil Landsleute des von der Abschiebung Bedrohten, wurden aktiv und befreiten ihn. Der Vorhang wurde weggerissen, es kam zu einem Handgemenge, die Schweizer Beamten mussten Schläge und Tritte einstecken. Schließlich ließen die Kameruner Behörden die Maschine erst weiterfliegen, nachdem zugesagt wurde, dass der Kongolese wieder nach Zürich zurückgeflogen werde. Weil dort inzwischen die Fristen der Abschiebehaft abgelaufen waren, kam der Mann sofort auf freien Fuß. Doch dieser erfreuliche Vorfall hatte noch viel weitergehendere Folgen. Unter dem Eindruck dieser Ereignisse und vor dem Hintergrund des Todes eines palästinensischen Flüchtlings während seiner Abschiebung entschied Swissair einige Wochen später, bis auf weiteres die Mitnahme renitenter "Deportees" in ihren Maschinen nicht mehr zu akzeptieren. Diese Beispiele zeigen, dass Proteste und Aktionen gegen Abschiebefluggesellschaften erfolgreich sein können. Außer Martin Air und Swissair gerieten auch die belgische Sabena und die Air France in Bedrängnis. In den Niederlanden haben die AktivistInnen ih-re Kampagne mittlerweile gegen KLM ausgerichtet.

Im November 1999 wurde die für die Einzelabschiebungen bedeutendste, holländische Fluggesellschaft gleich mit einer ganzen Aktionsserie konfrontiert [www.xs4all.nl/~ac/klm]. Die Kampagne gegen die Lufthansa greift diese internationalen Erfahrungen auf und will damit die auch in Deutschland teilweise erfolgreichen Protestaktionen gegen einzelne Abschiebungen an den Flughäfen ergänzen.

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