Laienverteidigung

DIE RECHTLICHEN HINTERGRÜNDE ZUM § 265A
KEINE STRAFE FÜR OFFENES "SCHWARZFAHREN"

Fazit: Das formal richtige Verhalten


1. Das Gesetz und seine Auslegung
2. Der Argumentationsstrang zur Straffreiheit beim gekennzeichneten "Schwarzfahren"
3. Wann auch Hausfriedensbruch nicht gilt
4. Fazit: Das formal richtige Verhalten
5. Was bleibt? 60 Euro und eventueller Rauswurf
6. Links und Materialien

Aus beiden Überlegungen (also zum § 123 und zum §265a) ergibt sich folgende, rechtlich korrekte Vorgehensweise:
  • Die eindeutige Kennzeichnung des Fahrens ohne Fahrschein nicht außerhalb des Transportmittels tragen, da es sonst keine eindeutige Kennzeichnung mehr wäre - schließlich fährt mensch außerhalb von Bahn und Bus nicht "schwarz" (vgl. Urteil zu Schwarzfahrer-T-Shirt). Das Verteilen von Flyern, Demonstrationen usw. sind jedoch möglich, solange nicht behauptet wird, dabei schon schwarz zu fahren.
  • Ohne Kennzeichnung einsteigen (weil sonst der spätere Wille, gegen den möglicherweise vorhandenen Wunsch des Hausrechtsinhabers zu handeln, schon beim "Eindringen" sichtbar wäre).
  • Das Schild dann sofort, also bevor Bus oder Bahn losfährt, anbringen bzw. Flyer verteilen oder was auch immer Ihr zur Kenntlichmachung plant. Grund: Erst beim Anfahren entstünde eine Beförderungsleistung. Die aber wäre ohne Kennzeichnung eine Erschleichung von Leistungen. Da bereits auch wenige Meter Beförderung eine Beförderung sind, ist die Kennzeichnung unbedingt vor der Anfahrt nötig.

Das sollte doch gelingen, oder? Ist eigentlich sogar die bequemste aller Varianten ...

Leider kommt es aber trotz dieser Vorgehensweise immer wieder zu Verurteilungen. Der Grund ist ziemlich einfach: Die Gerichte sehen es nicht ein, dass da etwas straffrei ausgeht, was sie doof finden. Sie beugen dann einfach das Recht. Dummerweise gelten auch Urteile, die rechtswidrig sind. Mensch kann dann auf höhere Instanzen und am Ende das Bundesverfassungsgericht hoffen - aber auch das ist eine wackelige Angelegenheit. Denn bei der Verteidigung von Justizvorrechten und Kapitalinteressen halten die Robenträgis meist zusammen. Klein beigeben ist in eine solch offensichtlich rechtsmissbräulichen Lage aber auch keine Lösung ...

Eher oberflächlich, wenn nicht gefährlich: Buch "Garantiert straffrei"
Schöne Männer mit Anwaltsausbildung und schicken Klamotten - das kommt in einer Mediengesellschaft natürlich besser an als die Szene der Aktionsschwarzfahris. Die dürfen dann Bücher schreiben über Tricks, die Strafparagraphen zu nennen. Dass keine Quellen dabei sind - in der Sphäre egal. Sexistische Sprüche und Mackergehabe - geschenkt. Zwischendurch finden sich in dem Buch auch ein paar nützliche Informationen. Mensch muss aber tatsächlich genau hingucken. Und etliches ist auch falsch, noch mehr ungenau. Dann kann es sogar gefährlich sein, die Texte ernst zu nehmen. Ob sich die Garantie einklagen lässt, dürfte bezweifelbar sein, denn solche Leute haben viel Geld, einen langen Atem und gute Kontakte in die Szene der Verurteilenden.
Das Schwarzfahren mit Kennzeichnung ist der Aufhänger im Buch. Fast die Hälfte des Textes ist gar nicht zum Thema, sondern Urlaubs- und Frauengeschichten oder Selbstdarstellung. Dazwischen gibt esauch ein paar Hinweise zum Schwarzfahren. Der einzige Tipp: ein T-Shirt mit Aufdruck, was aber - das sagt der Autor dann selbst - eben doch nicht reicht. Dann nur noch der Tipp: Eben noch mehr anheften. Genauer wird es nicht. Quellen gibt es ohnehin nicht. Mal wieder so ein Buch von der Stange, schnell hingekritzelt. Das geht besser. Wir empfehlen deshalb eher diese Seiten als Rechtshintergrund. Und eine kämpferische Linie wird es vor Gericht sowieso brauchen. Denn garantiert ist dort nur die Unberechenbarkeit des Urteilens.

Im Original: Auszüge aus "Garantiert nicht strafbar"
Aus dem Kapitel "Mein T-Shirt sagt mehr als tausend wie Sie ganz legal schwarzfahren" von
Stephan Lucas (S. 9ff)
Neulich auf Mallorca kam mir an der Strandpromenade diese Mitvierzigerin in lustig bedrucktem T-Shirt mit der Aufschrift "Zicke" entgegen. Ihr kleines Töchterchen neben ihr outete sich als "Mini-Zicke", und der genervte Papa und Ehemann kam im selben Style als "Zickenbändiger" daher. So wurde also ein Schuh draus. Apropos: Kurz darauf verschwand die Ehefrau im Schuhgeschäft. Auch Mini-Zicke machte sich selbständig, rannte zum Eisstand und schrie "Eis, Eis, Eis!". Und der selbsterklärte Zickenbändiger war ab diesem Moment offenkundig falsch betitelt. Vielleicht hätte ihm ein ehrliches "Schlank würde ich dich nur unnötig geil machen" besser gestanden. Meinetwegen auch ein aggressives "Ich bin dick und du bist hässlich - ich kann abnehmen und was machst du?".
Eines jedenfalls ist klar: Der Drang nach mit lustigen Sprüchen bedruckten T-Shirts ist ungebrochen. Und manch eine Strandpromenade auf meiner Lieblingsinsel muss als Laufsteg herhalten. Wer sich als Opfer fühlt, trägt "Warum ignorierst du mich? Bin ich Baumarktkunde oder was?". Wer's offensiv mag, lebt seinen Humor aus mit "Gemeinsam gegen Gruppenzwang!". Das geile Luder kleidet sich mit "Suche Mann mit Pferdeschwanz - Frisur egal". Und Blondchen trägt ihr neues Shirt mit dem Lieblingsspruch "In Mathe bin ich Deko". Alles also eine Frage der Selbsteinschätzung.
Im Urlaub mag das keinen stören. Aber wehe, so manches Urlaubsfoto landet später auf Facebook. So wurde einem Richter aus Rostock sein Spaßshirt zum Verhängnis. Er posierte darin auf jener beliebten Social-Network-Seite, ein Angeklagter lehnte ihn deshalb aus Besorgnis, er könnte befangen sein, als Richter ab - und das nach Überzeugung des Bundesgerichtshofs zu Recht. Lachend hatte der Richter sich in seinem bedruckten T-Shirt auf Facebook präsentiert: "Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause - JVA". Wer hier noch keine eigenen Erfahrungen vorweisen kann: JVA steht in Justizkreisen für Justizvollzugsanstalt, also für den Knast.
Da war mein Tierschützer-Mandant geistreicher und vor allem im Ergebnis deutlich erfolgreicher. Angeklagt wegen Beleidigung, erschien er zu seiner Verhandlung in weißem T-Shirt, darauf ein Schaf und darüber das putzige Wort "Unschuldslamm". Er wurde schließlich vom Beleidigungsvorwurf freigesprochen. Ob aufgrund meiner phänomenalen Anwaltsleistung oder durch das putzige Outfit, kann ich, trotz eines Hangs zur Selbstüberschätzung, bis heute nicht mit Sicherheit sagen. Das T-Shirt war jedenfalls billiger.
Womit wir beim Kernpunkt angelangt wären. Unschuldslämmer, Mini-Zicken, Lustmolche und Spaßvögel, aufgepasst! Überlassen Sie niemals einen Spruch dem Zufall! Setzen Sie ihn lieber gezielt ein! Seien Sie hellwach und reflektiert! Und orientieren Sie sich ja nicht an den Meinen zwölfjährigen Orsay- und Pimpkie-Kunden, die meist nicht mal drei Wörter Englisch sprechen, auf ihren neuen Lieblingsshirts aber mit großen Buchstaben behaupten: "Blowjob is better than no job!" Nein, so nicht! Auf gar keinen Fall! Sagen und tragen Sie im Gegenteil alles bewusst! Jonglieren Sie sich mit dem richtigen Spruch zur passenden Gelegenheit souverän aus der Strafbarkeit! AndereUnschuldslämmer können das schließlich auch.
Genau das durfte vor einiger Zeit die Frankfurter Verkehrsgesellschaft erleben. In einer ihrer U-Bahnen befand sich ein junger Mann. Offensichtlich war dieser gerade kein Unschuldslamm, sondern eher ein schwarzes - besser gesagt schwarzfahrendes - Schaf. An seinem Körper trug er, atmosphärisch passend, ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift "Ich fahre umsonst - ohne Fahrschein!". Was an sich natürlich verboten ist und mit etwas Pech gleich doppelt bestraft wird. Denn wird man erwischt, will zunächst einmal die Verkehrsgesellschaft ein sogenanntes "erhöhtes Beförderungsentgelt". Obendrein erstattet sie aber regelmäßig auch noch Strafanzeige. Der Tatvorwurf: Leistungserschleichung. So nennt es der Jurist, wenn jemand einfach eine Leistung beansprucht, ohne dafür bezahlt zu haben, während er aber in dreister Art und Weise so tut, als hätte er genau dies getan. Stellt sich die Frage: Wie bestimmt man, ob jemand in der U-Bahn so tut, als hätte er bezahlt? Die Antwort der Gerichte: Mitfahren wie alle anderen und dabei ganz einfach in der Gegend herumschauen. Jeder wird denken, Sie hätten ein Ticket gezogen. Denn sonst wären Sie ja nicht hier und würden auch nicht einfach in der Gegend herumschauen, oder?
Doch genau dieses Auftreten konnte man dem jungen T-Shirt-Träger aus Frankfurt ja gerade nicht nachsagen. Ganz im Gegenteil. Er setzte ja in dreister Offenheit jeden, der ihn sah, von seinem ignoranten Verhalten in Kenntnis. Schwarzfahren ja, aber eben ohne jede Heimlichtuerei. Da kann schon rein begrifflich von einem "Erschleichen" der Leistung kaum die Rede sein. Und so guckte der Rhein-Main-Verkehrsverbund nicht schlecht, als der junge Mann schließlich vom Amtsgericht Frankfurt vom Vorwurf der Leistungserschleichung freigesprochen wurde. Lediglich um die von der Verkehrsgesellschaft damals angedrohten 40 € Aufpreis kam auch er am Ende nicht herum. Aber Strafe: Fehlanzeige.
Die Geschichte vom mutigen jungen Mann hat sich natürlich in der Schwarzfahrerszene schnell rumgesprochen. Seither gibt es immer wieder Nachahmer. Was aber mit Trittbrettfahrern passiert - der Begriff stammt übrigens passenderweise aus alten Nahverkehrszeiten -, wissen wir spätestens seit Frau Holles Pechmarie. Alles kann immer auch anders enden. Und das in unserem Rechtsstaat nicht zuletzt aufgrund der Unabhängigkeit eines jeden Richters. Jede Entscheidung ist eine Einzelfallentscheidung, und so setzen Richter in Fällen des offensiven Schwarzfahrens seither zunehmend strengere Maßstäbe an. Die zugrundeliegende juristische Frage ist, wie offen ein Schwarzfahrer kommunizieren muss, was er da gerade tut, um nicht als "Leistungserschleicher" bestraft werden zu können. So ein bedrucktes T-Shirt ist da schon mal ein guter Ansatz. Ein Richter aus Hannover warf einem solchen T-Shirt tragenden Schwarzfahrer jedoch vor, er habe sich damit noch längst nicht auffällig genug verhalten. Die kostenlose Fahrt habe er sich daher trotzdem erschlichen. Er hätte sich mit seinem T-Shirt zunächst vor dem Führerhaus postieren und mit auffallenden Bewegungen auf den Schwarzfahrerspruch auf seinem Shirt hinweisen müssen. Dann hätte der Zugführer diesen Sachverhalt auch tatsächlich wahrnehmen können - was freilich die Erfolgsaussichten des Plans durchaus gemindert hätte.
Daher ist wohl jeder Schwarzfahrer gut beraten, sich nicht alleine auf sein T-Shirt zu verlassen, sondern zu "pimpen", was das Zeug hält - sicher ist sicher. Ergänzen Sie deshalb Ihr Schwarzfahrer-Shirt ruhig noch um Schwarzfahrer-Buttons und –Aufkleber sowie um eine modisch kleidsame schwarze Schwarzfahrer-Schirmmütze. Singen Sie während der Fahrt ruhig eine selbstkomponierte Schwarzfahrerhyrnne. Hauen Sie auch Ihre Mitreisenden aufmunternd an: "Na, was hat das Ticket gekostet? Ich bin voller Bewunderung ob Ihrer Zahlungswilligkeit. Ohne Leute wie Sie würde das ganze System hier zusammenbrechen!" Falls Ihnen dieser direkte Ansatz zu peinlich ist, fingieren Sie einfach ein Telefonat und brüllen Sie lauthals in den Hörer: "Heute Abend geb ich einen aus, ich habe heute wieder kein Ticket gezogen und wieder ganz viel Geld gespart!"
Und wer es komplett rund machen will, pimpt einfach noch einen coolen T-Shirt-Slogan. Da bietet sich so einiges an: "Schwarzfahrer-Bitch" oder "Hartz vier - schwarz hier". Ihrer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Und wer dabei nicht ständig von der Gesellschaft geächtet werden will, dem empfehle ich einen ganz wunderbaren Trick. Einfach hinten aufs Shirt "Ich bin Alexander Stevens" drucken. Damit fahrt man immer gut. Warum es außerdem völlig legal ist, erfahren Sie im nächsten Kapitel.

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