Laienverteidigung

EINSCHRÄNKUNGEN DES DEMORECHTS: VERBOTE, AUFLAGEN, STRAFEN

Verwaltungsklagen gegen Verbote und Auflagen


1. Überblick über Beschränkungen
2. Versammlungen verbieten oder auflösen
3. Was Polizei und Versammlungsbehörden dürfen - und was nicht ...
4. Gegen das Versammlungsrecht
5. Strafandrohungen und -verfahren
6. Kritik an Einschränkungen
7. Verwaltungsklagen gegen Verbote und Auflagen
8. Links zu Infoseiten zum Demorecht

Das Versammlungsrecht nützt uns oft, aber es wird oft beschnitten. Da die Versammlungsfreiheit ein Grundrecht ist, sollte der Staat das eigentlich schützen und fördern. Versammlungsbehörden und Polizei haben versammlungsfreundlich zu sein, legte das Bundesverfassungsgericht schon mehrfach fest. Die Wirklichkeit sieht leider anders aus. Tatsächlich versuchen die Behörden, jede nur erdenkliche Möglichkeit zu nutzen, Demos einzuschränken oder ganz unmöglich zu machen. Nicht selten tricksen sie dabei auf üble Art, wenn sie zum Beispiel Gefahren willkürlich herbeiphantasieren oder die Demoanmeldis absichtlich falsch über deren Rechte informieren.
Wer eine Versammlung ordnungsgemäß anmeldet, wird in der Regel zu einem Kooperationsgespräch geladen. Dabei soll eigentlich alles abgesprochen werden, wie die ganze Sache gut durchführbar ist. Doch viele solche Treffen beginnen mit Ansagen der Behörde, was alles nicht geht. Die meisten Demoanmeldis lassen sich davon einschüchtern und glauben den Staatsbütteln, dass es leider nicht anders möglich ist. Dabei werden Verordnungen und ähnliche Regeln zitiert, deren Inhalte oft falsch zitiert werden oder die es manchmal sogar gar nicht gibt. Das Versammlungsrecht gibt euch gute Möglichkeiten. Seid daher selbstbewusst und besteht auf eurem Recht. Wenn die Behörden nicht wollen: Sich den Auflagenbescheid zuschicken lassen (siehe nächster Schritt) und schon mal die Klage vorbereiten.
Nach dem Kooperationsgespräch (welches manchmal auch gar nicht stattfindet), erhaltet ihr voraussichtlich einen Auflagenbescheid. In dem wird die Versammlung verboten, was aber eher selten ist, oder mit Auflagen so eingehegt, wie es dem Staat gefällt. Dabei können bestimmte Routen vorgegeben, angemeldete Elemente der Versammlung untersagt oder bestimmte Vorgaben zur Durchführung gemacht werden. Lest euch das aufmerksam durch. Vieles in solchen Auflagen ist selbstverständlich, anderes schlicht rechtswidrig. Die Behörden machen das aber, weil sie meist erleben, dass die Menschen sich nicht wehren. Am Ende findet ihr meist eine Rechtsbehelfsbelehrung. Darin steht, wie ihr euch gegen unsinnige Auflage oder Verbote wehren könnt. Meist ist das eine Kombination aus Widerspruch und einem Eilantrag ans Verwaltungsgericht, dass die aufschiebende Wirkung eures Widerspruchs wiederhergestellt werden soll. Ohne eine solche gerichtliche Entscheidung ändert euer Widerspruch nämlich nichts daran, dass ihr euch erstmal weiter an den Bescheid halten müsst.

Infos zum Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung

Dreckige Tricks: Auflagen oder Verbot sehr kurzfristig aussprechen
Gegen Einschränkungen und Verbote können Demoanmelder*innen vor das Verwaltungsgericht ziehen. Verlieren sie dort, wäre eine Beschwerde beim nächsthöheren Gericht (Oberverwaltungsgericht, in einigen Ländern auch Verwaltungsgerichtshof genannt) möglich - danach auch ein Antrag ans Verfassungsgericht möglich. Jedes Verfahren dauert aber selbst bei einem Eilantrag nach § 80 VwVG meist 2 oder 3 Tage. Kommt der Bescheid mit Auflagen oder Verbot erst wenige Tage vor der Versammlung trotz lange zurückliegender Anmeldung, wäre der Rechtsweg eingeschränkt oder verkürzt. Das passiert leider ziemlich oft.
Das Oberverwaltungsgericht Thüringen hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 69, 315 – Brokdorf) anlässlich einer in zeitlicher Hinsicht recht großzügigen Situation folgende Maßstäbe an die Verantwortung der Versammlungsbehörde gesetzt.

Aus dem Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 5.10.2018 (Az. 3 EO 649/18)
Zunächst wird das Rechtsschutzinteresse der Stadt in Frage stellt. Die zeitlichen Verzögerungen sind von der Stadt verschuldet worden. Sie erfolgten, um den Versammlungsanmelder*innen den Rechtsweg einzuengen. Dass nur die Stadt selbst Eilentscheidungen herbeiführen will, obwohl sie die Zeitnot selbst und gewollt herbeigeführt hat, stellt in Frage, ob die Stadt damit nicht das Recht auf gerichtliche Überprüfung verwirkt hat ...
Angesichts dieses Geschehens- und Verfahrensablaufs ist die zeitliche Enge, die eine weitere Sachaufklärung und vertiefte Rechtsprüfung nicht zulässt, eindeutig dem Antragsgegner anzulasten, mit der Folge, dass das Ergebnis dieses versammlungsrechtlichen Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorgezeichnet ist. Wie der Senat in seiner ständigen Spruchpraxis seit seinem Beschluss vom 12. April 2002 - 3 EO 261/02 - (Juris, s. dort Rdn. 14) unter Hinweis auf den Brokdorf-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81 und 341/81 - BVerfGE 69, 315, 364) wiederholt betont hat, darf eine Versammlungsbehörde die Bekanntgabe etwaiger versammlungsbeschränkender Maßnahmen nicht ohne zureichende Gründe verzögern; tut sie dies doch und verhindert dadurch die im versammlungsrechtlichen Eilverfahren gebotene intensive gerichtliche Prüfung, so kann allein dieser Umstand bedingen, dass dem Veranstalter vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren ist.

Prozesskostenhilfe
Gerichtsverfahren kosten Geld, wenn ihr verliert. Das Risiko lässt sich vermindern, wenn solche Menschen klagen, die wenig oder kein Einkommen haben. Sie können dann nämlich Prozesskostenhilfe beantragen (Formulare dazu sind im Internet zu finden). Allerdings kann nur die Person klagen, die auch die Demo angemeldet hat. Daher macht es bei umstrittenen Versammlungen Sinn, diese von Menschen anmelden zu lassen, die dann später auch prozesskostenhilfeberechtigt sind.

Infos zur Prozesskostenhilfe

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