Demokratie

FORMALE HERRSCHAFT: NORMIERUNG, KONTROLLE UND SANKTION IM WANDEL DER ZEIT

Neue Weltordnung: Modernisierte, formale Herrschaft


1. Einleitung
2. Was lange währt ...: Die klassischen Formen formaler Macht
3. Neue Weltordnung: Modernisierte, formale Herrschaft
4. Erscheinungsformen institutionalisierter Macht
5. Kein ruhiges Leben ohne Verdrängung
6. Links

Herrschaft muss sich modernisieren, will sie überleben. Luther müsste sich heute etwas Gediegeneres einfallen lassen, um sein autoritäres Denken so rüberzubringen, dass es auf Akzeptanz stößt. Allzu hoch sind die Anforderungen aber nicht, wie die hohe Zustimmung zu den reichlich veralteten Thesen von Thilo Sarrazin zur genetischen Bedingtheit von Armut, Rasse oder gar Religion im Jahr 2010 zeigte. Moderne Führungsstrategien sahen im Sarrazins Hetzjahr schon anders aus.

Aus Andreas Anter (2007), „Die Macht der Ordnung“ (S. 33)
Zielte das politische Denken zuvor auf die Erhaltung von Ordnung, so trat im Laufe des 18. Jahrhunderts deren Produktion in den Vordergrund. … Diese Ordnungsproduktion äußerte sich nicht nur in einer regelungsbesessenen Staatstätigkeit, sondern auch in einer Mechanisierung der gesamten politischen Metaphorik. Während das Denken zuvor von organischen Bildern und Analogien beherrscht war, wurde der Staat nunmehr als unermüdlich laufende, perfekt funktionierende Maschine dargestellt - und nach diesem Ideal konstruiert.

Funktions- und Deutungseliten
Allgemein steht der Begriff der Elite „für einen besonders hervorgehobenen Teil einer Bevölkerung, einer Organisation, eines sozialen Systems“. Je nach der Art und Weise, wie eine Elite das Geschehen prägt, kann z.B. nach „Meinungs-, Einkommens-, Führungs-, Partei-, Militär-, Unternehmens-Eliten“ unterschieden werden (Schubert, Klaus/Martina Klein (4. Aufl., 2006): Das Politiklexikon, Dietz-Verlag Bonn). Zusammenfassender wird heute oft in Funktions- und Machteliten unterschieden. Erstere dominieren in der Gesellschaft aufgrund ihrer Fähigkeiten in Verbindung mit entsprechenden Positionen. Ihr Einfluss geschieht über Medien, Bildungsinhalte oder über Normierungen, d.h. ihre Macht ist informeller Art. Zweitere, die Machteliten, verfügen über die formale Macht, also die Entscheidungspositionen in Politik, insbesondere in der Exekutive. Beide Elitesphären überschneiden sich praktisch und personell. Wer in einer Person beide Handlungsoptionen verbinden kann, schafft sich besondere Gestaltungsmöglichkeiten. Hinzu kommt noch die Sphäre der Deutungseliten. Damit ist gemeint, dass gesellschaftliches Geschehen, von tagesaktuellen Vorgängen bis zur Geschichtsschreibung, nicht von allen Menschen gleichermaßen interpretiert werden kann, sondern dass bestimmte Personenkreise einen besonderen Einfluss auf die Art von Wahrnehmung und Wertung haben, d.h. ihre Positionen vervielfältigen sich über die Köpfe der Nicht-Eliten tausend- oder millionenfach. Ob die Spielweise einer Fußballmannschaft gut oder schlecht war, ob ein 80%-Ergebnis einer Vorsitzendenwahl ein Erfolg oder eine Abstrafung darstellt, ob eine militärische Intervention eine humanitäre Befreiungsaktion oder schlicht ein kriegerischer Überfall ist oder ob eine Strafe hart oder weich ist – das entscheiden ganz Wenige, die die Deutungselite darstellen.

Interview mit dem Michael Hartmann, Eliteforscher an der TU Darmstadt, in: Tagesspiegel, 23.2.2008
Wie viele Personen gehören in Deutschland zur Elite? Es sind etwa 4000, zumeist Männer.
Wie definieren Sie Elite? Wenn man die gesellschaftliche Entwicklung qua Position oder qua Geld maßgeblich beeinflussen kann. Die Möglichkeit besitzen Großunternehmer, Spitzenmanager, Spitzenpolitiker und die Spitzen in Justiz und Verwaltung. Mit ihren Entscheidungen greifen sie konkret ins Leben der Bevölkerung ein.
Hat diese Machtfülle Einfluss auf die Mentalität der Eliten? Man hält sich für besonders, vor allem unter den Wirtschaftseliten. Es fängt bei den Kindern an, die feststellen, dass ihr Vater anders ist als andere Väter. Die Jugendlichen lernen, mit Macht umzugehen und merken, dass die allgemeinen Regeln für die eigene Familie nur eingeschränkt gelten. Man empfängt keine Anweisungen, man weist an. Eine Haltung prägt sich aus: Es gibt uns, und es gibt die Gesellschaft.


Aus Hoffmann-Lange, Ursula: "Dominanz der herrschenden Klasse? Oder Elitenpluralismus?", in: ÖkologiePolitik Febr. 2011 (S. 22)
Den Klassikern der sozialwissenschaftlichen Elitetheorie verdanken wir die Einsicht, dass Gemeinwesen jenseits kleiner Gruppen ohne Organisation und Arbeitsteilung nicht funktionieren können. Arbeitsteilung bedingt jedoch immer auch die Delegation von Entscheidungsbefugnissen an Einzelne oder Gremien, so dass die Herausbildung von Eliten unvermeidlich ist.

Mit dem analytischen Bild von Funktions- und Deutungseliten wird sowohl dem Bild eines geschlossenen Machtblocks als auch den in vielen Verschwörungstheorien benannten, geheimen Strippenziehern und Zirkeln eine Theorie gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse entgegengesetzt, die zwar die tatsächliche Komplexität sozialer Prozesse auch nur vereinfacht und schematisch abbilden kann, die aber keine personalisierte Täter-Opfer-Struktur schafft. Zudem ergibt sich ein flexiblerer Begriff gesellschaftlicher Steuerungstätigkeit als in den starren Kategorien klassischer Herrschaftsanalysen mit den eindimensionalen Zuordnungen von UnterdrückerInnen und Unterdrückten. „Elite“ unterscheidet sich vom Begriff „Oberschicht“, obwohl es viele Schnittmengen gibt. Eine Elite muss aber nicht notwendigerweise aus Mitgliedern privilegierter sozialer Schichten bestehen. Konzepte wie Schicht und Klasse betonen die ökonomische Dimension sozialer Strukturen, während mit dem Konzept „Elite“ deren politische Funktionen und Einflussgröße betont wird. Zudem zielt der „Schicht“-Begriff auf industrielle Gesellschaften ab, während der „Elite“-Begriff auf alle möglichen Formen gesellschaftlicher Differenzierung Anwendung gefunden hat, bis zurück in die Ur- und Frühgeschichte, insoweit dort bereits feste Arbeitsteilung bzw. legitimierte Herrschaftsformen erschlossen werden konnten. Die Grenzen zwischen Elite und Nicht-Elite sind fließend und durchlässig. Dennoch ist die Abgrenzung möglich. Zudem herrscht in privilegierten Teilen ein Verhaltenscodex, der Voraussetzung für die Zugehörigkeit ist. Innerhalb einer Elite, die sich in ihrem Selbstbewusstsein als solche begreift, etabliert sich typischerweise ein besonderer Habitus, in dem sich Funktionen wie Erkennbarkeit, Abgrenzung, Identitätsstiftung, Zusammengehörigkeit, Selbsterklärung und Ähnliches verkörpern. Diesen Habitus bezeichnet man überwiegend negativ mit dem Adjektiv elitär, wenn diese Funktionen nur unvollständig oder widersprüchlich erfüllt werden, beispielsweise gepaart mit auffälliger Arroganz hinsichtlich der Abgrenzung nach „unten“ oder bei Unzeitgemäßheit identitätsstiftender Mythen (zum Beispiel Glaube an Auserwähltheit). (Absatz verändert nach Wikipedia)
Dieser Sphäre von Funktions- und Deutungseliten steht die Mehrheit der Menschen gegenüber, ohne dass die Grenzen unüberwindbar sind. Sie sind sogar in sich verschoben, d.h. Personen, die z.B. am Arbeitsplatz nur MitläuferInnen sind, können zuhause oder in Vereinen eine prägende Rolle spielen. Wie sonst auch, wiederholen sich in den gesellschaftlichen Subräumen, also den organisatorischen Teileinheiten, die gleichen Mechanismen, die auch das Gesamte prägen – wenn auch im Vergleich mit den übergreifenden Ebenen weniger entpersonalisiert und noch als greifbare Sphäre. Doch auch wenn die Grenzlinie verschwommen ist und in jedem Subraum neu gezogen wird, lassen sich doch Charakteristika für das Verhalten zwischen den jeweiligen Eliten und dem Rest ausmachen. Typisch ist die BittstellerInnen-GönnerInnen-Rollenverteilung im Dialog, wenn er denn überhaupt zwischen Eliten bzw. Priviligierten und anderen zustande kommt. So drückt sich in Sprache und Gestik der Höherstehenden regelmäßig deren gefühlte Überlegenheit aus. Ob das in Form abweisender oder bevormundender Arroganz oder als gnädige Hilfeleistung erfolgt, macht für die EmpfängerInnen solcher Botschaften zwar einen Unterschied, basiert aber immer auf dem Gefälle zwischen den Kommunizierenden.

Zum prägnanten Beispiel, in einem gesellschaftlichen Subraum Entstehung und Wirken von Funktionseliten zu beobachten, wurde das Internetlexikon Wikipedia, an deren Definition von Eliten obige Ausführungen angelehnt sind. Hier hat sich im Laufe der Jahre eine Schicht von Personen mit privilegierten Zugriffsrechten herausgebildet, die zunächst schleichend, später ganz offen die komplette Kontrolle übernommen haben. Die heute immer noch auftauchenden Behauptungen über Mitwirkungsrechte und innere Gleichberechtigung sind reine Fassade.

Die Welt der Eliten ist selbstbestätigend. Denn ihre Analysen und Denkmuster tauchen rund um sie herum immer wieder auf. Das ist aber auch nicht überraschend, denn Medien, Verlage, führende KünstlerInnen und PolitikerInnen sind die Eliten und produzieren die Meinung, die dann als Bestätigung zurückkommt. Wer ein Buch schreibt, zitiert die anderen Angehörigen der Eliten - und lässt Unbekannte weg. Parteien, WissenschaftlerInnen und Sozialverbände, die sich mit Armen und sozial Ausgegrenzten beschäftigen, gehören zu den Eliten. Für sie sind die Armen Objekt. Ihnen fehlt die Binnensicht. Gleiches gilt für Knast und Strafjustiz. Strafen werden von Angehörigen der Eliten verhängt und von anderen via Medien interpretiert. Die das tun, kennen Knast selten von innen und haben größtenteils auch keine Bekannten und Verwandten, aus deren Berichten sie erfahren könnten, was Strafe und Knast bewirken. Selbst in politischer Bewegung funktioniert das Kartell der Eliten. BewegungsforscherInnen und JournalistInnen suchen den Kontakt zu ihresgleichen - gehören zu den Eliten der Bewegungen. Den Geruch von Asphalt, kühler Nacht, Klinkenputzen oder Polizeiautos kennt da kaum jemand oder hat sie nur noch verschwommen in Erinnerung.

Der sich ständig auffrischende Teilungsprozess in Eliten und MitläuferInnen basiert nicht nur auf dem Willen zur Gestaltungs- oder Kontrollmacht der Wenigen, sondern auch auf den Unwillen dazu der Vielen. In erschreckender Weise verzichten Menschen auf ihre Fähigkeit und Möglichkeiten, ihr eigenes Leben und die Umweltbedingungen zu reflektieren. Eigentlich zeichnet genau das den Menschen aus und unterscheidet ihn nach dem Stand der Wissenschaft grundlegend von allen anderen Lebewesen: Er kann sich außerhalb seiner selbst stellen und quasi aus der Vogelperspektive sich selbst und sein Umfeld betrachten. Dadurch sind Reflexionen des eigenen Handelns, das Planen von Strategien, das Abschätzen zukünftiger Entwicklungen und das Abwägen verschiedener Optionen möglich. Tatsächlich verzichten die meisten Menschen in fast allen Situationen auf diese Fähigkeit des menschlichen Gehirns und Bewusstseins. Das ist eine Folge von Zurichtung und mangelndem Willen, sein eigenes Leben zu gestalten.
  • Erziehung und die fremdbestimmte Ausrichtung des eigenen Lebens auf vorgegebene Lebenswege sind wichtige Gründe dafür, das Menschen sich nur innerhalb des Gewohnten bewegen. Selbst Ausbruchsversuche bleiben dem Bewährten verhaftet, d.h. auch Protestkulturen z.B. unter Jugendlichen sind nur Wiederholungen im kollektiv-identitären Dasein. Das „Funktionieren“ im Gewohnten vermittelt Erfolgsgefühl und Geborgenheit.
  • In einer Gesellschaft, die vorgegebene Lebensorientierungen belohnt, ist das Verharren in diesen einfacher als der Weg selbstorganisierten, kreativen Verhaltens. Der dauernde Druck der Verhältnisse und des sozialen Umfelds zur Normalität macht Selbstbestimmung zu einem kraftzehrenden Dauerkrieg zwischen der handelnden Person und dem Drumherum. Softe Verweigerung oder Protestfolklore sind hingegen attraktiv, weil die plurale Gesellschaft längst Nischen für den zeitweisen Ausstieg aus der dauernden Verwertungslogik geschaffen hat.

In der Folge verzichten die meisten Menschen auf die Benutzung ihrer Fähigkeit zum Denken in Metaebenen, d.h. zur selbstbestimmten Gestaltung ihres Lebens. Dieses setzt voraus, dass der Mensch sich einen Überblick über seine Handlungsmöglichkeiten verschafft, um zwischen diesen wählen oder sich neue schaffen zu können. Das Denken in der Metaebene analysiert den Zugang zu Ressourcen oder die sozialen Verhältnisse innerhalb einer Gruppe ebenso wie Reaktionen eines Umfelds, Gefährdungen oder vieles andere. Innerhalb sozialer Gruppen fehlt solches Denken oft ganz. Die Personen, die zumindest teilweise in der Metaebene denken, erreichen schnell eine dominante Stellung. Oftmals reduziert sich ihr Denken aber auf bestimmte Bereiche, z.B. die Handlungsfähigkeit der politischen Gruppe, WG, Familie oder den Betrieb: Ist genug Geld da? Stimmt das Miteinander? Wo sind Konflikte? Solche und ähnliche Fragen analysieren die Lage in der Gruppe aus einer Metaebene. Wer so denkt, hat einen Vorsprung an Handlungsmöglichkeiten gegenüber denen, die auf solche Betrachtungen verzichten. Das schafft ständig Unterschiede. Wer mehr Überblick über die Potentiale und Konflikte in einer Gruppe hat, verfügt über mehr Handlungs- und Steuerungsmöglichkeiten. Allerdings führt die Dominanz nicht zum Glück – ganz im Gegenteil: Verzweifelung und Frust sind bei denen, die aus der Metaebene schauen, eher das Alltag. Denn der Zustand der meisten Gruppen ist aus Effizienz- und herrschaftskritischer Sicht katastrophal. Nur merkt mensch das gar nicht, wenn niemals ein Blick aus der Vogelperspektive auf das eigene Dasein versucht wird. Scheuklappen machen froh.

Ingenieursdenken im Sozialen: Leben als Kosten-Nutzen-Faktor
Soziale Gestaltung wird immer mehr zu einer Disziplin der Ingenieurskunst. Mensch und Gesellschaft liegen, bildlich gesprochen, unter dem Seziertisch und werden hinsichtlich ihrer Funktionsfähigkeit für vorgegebene Zwecke manipuliert. Leben und Menschsein sind durch diese technische Brille kein Selbstzweck mehr, sondern werden verbessert wie Computerchips oder Motoren.

Erläutert sei das am Beispiel der Gentechnik. Sie ist vom Ansatz her ein Reparieren und Optimieren von Natur und Mensch. Das geschieht mit rein technischen Mitteln. So wird der Blick vom Sozialen auf das Technische gelenkt. Die Ziele der Gentechnik aber sind fast ausnahmslos soziale: Gesundheit, Lebensmittelverteilung (nicht deren vermehrte Erzeugung, denn die Menge war und ist ausreichend), Überwachung, Eugenik bis Euthanasie. Somit fördert die Gentechnik prinzipiell die Ausdehnung des Ingenieursdenkens auf soziale Fragen. Die gesellschaftliche Debatte verlagert sich immer weiter auf das ohnehin in Sozialpolitik, Bildung und Erziehung, Strafwesen und Medienpolitik bereits prägende Optimieren von Menschen für bestimmte Interessen und definierte Anforderungen statt einer Veränderung der Lebensbedingungen nach den Bedürfnissen der Menschen.

Metropole und Peripherie
Die Metropole vereinigt die zentralen Ressourcen gesellschaftlicher Steuerung und Handlungsmöglichkeiten auf sich. Sie schafft ein Zentrum funktionaler Macht, als den Ort des Wirkens von Funktionseliten. Hier werden ökonomische Abläufe koordiniert, hier sitzen die Zentralen der Verwaltungsmacht, Verkehrssysteme bilden hier Knoten- und Übergangspunkte, Bildungseinrichtungen, Medien und Kulturangebote konzentrieren sich in der Metropole. In demokratischen Systemen wohnt hier schlicht auch die Mehrheit - ein Grund, warum die metropolitanen Eliten zu den MarktschreierInnen genau dieser, ihre Dominanz absichernden Staatsform gehören.

Die Peripherie verfügt über die Rohstoffe des Lebens. Doch Macht zieht sie daraus kaum, denn die Verfügungsgewalt liegt in den Metropolen. Die BewohnerInnen der Peripherie verkaufen ihre Arbeitskraft, um die bei ihnen befindliche Rohstoffe zu gewinnen oder herzustellen, in die Metropolen zu schaffen und den Abfall der Metropolen wieder in Empfang zu nehmen.
Metropolen- und Peripherieverhältnisse bestehen auf verschiedenen Ebenen, z.B. zwischen den Industriestaaten des globalen Nordens und den Ländern des globalen Südens, ebenso aber auch innerhalb all dieser zwischen Stadt und Land oder sogar innerhalb einer Stadt zwischen Reichen- und Armenvierteln, Bank-/Dienstleistungssektoren und den schmutzigen Industriegebieten.

Bildungspyramiden
Die Zertifikategesellschaft, in der Titel und beurkundbares Wissen die Qualität eines Menschen definieren, schafft soziale Hierarchien aufgrund des Bildungsgrades. Dieser wird einseitig an der durchlaufenen Ausbildung festgemacht, d.h. die besten AbsolventInnen sind die, die sich am genauesten den vorgegebenen Bahnen angepasst, Lernformen und -inhalte reproduziert haben. Sie empfehlen sich für wichtige Aufgaben in einer Gesellschaft, die sich selbst der Zweck geworden ist und in der die Entfaltung der Menschen zugunsten der Aufrechterhaltung einer momentanen Ordnung unterdrückt wird. Alltagswissen, Lebenserfahrung, Aneignung von Wissen durch eigenes Interesse oder Handeln - all das ist kaum bewertbar und deshalb wenig geachtet.
Die sozialen Stufungen durch den Bildungsstand "vererben" sich - im Zusammenspiel mit sozialem Status und Einkommenshöhe. Das heißt, dass Nachkommen aus den unteren Sektoren der Bildungspyramide mit hoher Wahrscheinlichkeit auch selbst in Ausbildungen drängen bzw. diese für sie nur übrig bleiben, die ihnen wiederum einen Platz im unteren Sektor zuweist.

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