Demokratie

BOLO'BOLO (AUSZÜGE)

Triko ... und: bolo'bolo - Grundrisse für ein Projekt


1. Der grosse Kater
2. Die drei Grundbestandteile der Maschine
3. Drei Deals in Krise
4. Der A-Deal: enttäuscht vom Konsum
5. Der B-Deal: frustriert vom Sozialismus
6. Der C-Deal: genug von der Entwicklung des Elends
7. Der Bankrott der Realpolitik
8. Die Schattenwirklichkeit
9. Substruktion
10. Dysko
11. Triko ... und: bolo'bolo - Grundrisse für ein Projekt
12. Fahrplan
13. ibu
14. bolo
15. sila
16. taku
17. kana
18. nima
19. kodu
20. yalu
21. sibi
22. pali
23. sufu
24. gano
25. bete
26. nugo
27. pili
28. kene
29. tega
30. fudo
31. sumi
32. asa
33. buni
34. mafa
35. feno
36. sadi
37. fasi
38. yaka
39. Anmerkungen
40. Sechs Jahre bolo'bolo
41. Abfahrt

Wenn es stimmt, dass die Arbeits-Maschine planetar ist, dann genügen auch rein lokale oder regionale Dyskos niemals, um sie unschädlich zu machen. Westen, Osten und Süden müssen von Anfang an und gleichzeitig beginnen, ihre Funktionen für die PAM zu unterlaufen und neue Konstruktionen keimen zu lassen. Es muss planetare ABC-Dysko-Knoten geben, Trikommunikation, als Triko. Triko ist also die Dysko zwischen ABC-Knoten in den drei Weltgegenden: westliche Industrieländer, sozialistische Länder, Dritte Welt. Es ist eine Art Super-Dysko.

Triko kommt nicht zustande, indem "Internationalen" von Funktionären gebildet werden, denn die Eröffnung eines Büros schafft noch keine qualitativ neuen Begegnungen. Es entstehen so nur Karikaturen von Gegenmaschinen. Kongresse und Konferenzen bleiben an der Oberfläche. Was wir brauchen, sind direkte, persönliche Beziehungen für ein gemeinsames Projekt.

Triko könnten z.b. entstehen, indem Nachbarschaften Kontakte zu Partnern in den drei Weltgegenden aufnehmen. Ein Triko wäre dann: Angelino Heights (Los Angeles)-Peredel-kino (Moskau)-Mutum Biyu (Nigeria), oder: Zürich/AussersihlDanzig/Nord-West-Vuma (Fidji). Solche Trikos entstehen vielleicht zuerst durch persönliche Bekanntschaften auf Reisen. Wenn es gelingt, Trikos einzufädeln, dann können die positiven Seiten der jeweiligen Deals gegen die Maschine kombiniert werden. Die Nischen, Frei- und Spielräume der A-, B- und C-Partner können sich so ergänzen und vergrössern. Informationen, Produktionsmittel und natürliche Ressourcen können ausgetauscht werden. ABC-Knoten in der Dritten Welt benötigen zuerst vielleicht Medikamente, Waffen, Lebensmittel oder andere dringende Güter, etwa zum Ausbau einer Infrastruktur (für Brunnen, Telephon, Landwirtschaft). Es geht dabei nicht einfach um Entwicklungshilfe, sondern um persönliche Kontakte und ein gemeinsames Projekt. Wenn die Dörfer in der Dritten Welt wieder lebenswert gemacht werden sollen, so brauchen wir die Erfahrungen, Traditionen und Techniken, die sie darin besitzen, zugleich dafür, um unsere Agglomerationen wieder in "Dörfer" (bolos) aufzulösen. Es geht um eine dreiseitige Wechselwirkung. Die Mechanismen der nationalen Aufspaltung und des Weltmarkts können so allmählich untergraben werden.

Die Trikos erlauben es den beteiligten ABC-Knoten auch, die Vorurteile und Illusionen, die sie einander gegenüber haben, zu durchschauen. Westliche Dyskos erfahren so einiges über den sozialistischen Alltag und schütteln sowohl antikommunistische wie offiziell-kommunistische Propagandalügen ab. Die östlichen Partner verlieren ihre Illusionen über den goldenen Westen und können sich leichter gegen die Indoktrination in ihren Ländern wehren. Dritt-Welt-Dyskos werden die Entwicklungs-Ideologie los und fallen weniger auf die sozialistische Demagogie der einheimischen Eliten herein. Die drei Deals kombinieren ihre Vorteile und mildern ihre Nachteile durch gegenseitige Hilfe, sowohl materielle wie kulturelle.

Nur ein wachsendes Geflecht solcher Trikos kann das Block-Spiel der Maschine allmählich zerfressen. Die Trikos bilden auch die Voraussetzungen für das Entstehen planetarer, geldloser Austauschbeziehungen, für das allgemeine Gastrecht (sila), für die Auflösung der Nationalstaaten und die Bildung autonomer Regionen (sumi). Die Trikos können die nationale Kriegsmaschinen von Innen heraus blockieren und sind somit die einzig wirksame Friedensbewegung, gerade weil es nicht um den "Frieden" geht, sondern um ein positives Projekt.

Wenn aber ABC-Dysko nur zur Angelegenheit einzelner Quartiere oder Weltgegenden wird, dann muss sie scheitern und wird nur zu einer neuen Antriebskraft der Maschine. bolos werden dann Problemlösungskonzepte für lokale Krisen oder Feriendörfer für reiche Touristen. Es nützt nichts, "global zu denken" und nur lokal zu handeln. Schattenpläne und Aktionen in einem einzelnen Quartier sind zwar gut und schön, doch ohne von Anfang an Trikos aufzubauen, versinken sie in Isolation und ersticken sie auch an kultureller Verarmung. Allen muss der Reichtum des ganzen Planeten zugänglich gemacht werden.

bolo'bolo - Grundrisse für ein Projekt

Substruktion ist ein Prozess und ein Projekt in einem. Was die Maschine "ersetzen" wird, ist zugleich das, was sie auflöst. Vom konkreten Verlauf dieser Gegengeschichte hängt es also ab, welche "Utopie" dabei verwirklicht wird. Die Wünsche, die wir jetzt gegen die Maschine mobilisieren, werden sich dabei verändern. Unser Projekt ist also kein Programm, das nur noch ausgeführt werden müsste - es ist ein provisorischer Vorschlag, ein Ausgangspunkt. Trotz dieses "offenen Endes" ist es notwendig, dass wir uns jetzt schon darüber verständigen, wohin unsere Wünsche zielen und welche Grenzen wir für akzeptabel halten. Für diese Verständigung brauchen wir eine gemeinsame Sprache, eine Art Wunschgrammatik.

Einige Grundzüge eines Projekts lassen sich auf Grund des heutigen Stands der Diskussionen und Forschungen schon skizzieren. Es ist klar, dass wir kleinere, autonome, ja autarke Gemeinschaften aufbauen müssen, damit die Maschinen-Mechanismen Geld, Grossindustrie und Staat überflüssig werden. Andererseits ist es nicht mehr möglich, zum noch freieren Leben der Jäger und Sammlerinnen zurückzukehren, weil die natürlichen Grundlagen zerstört und wir zu zahlreich sind. Über die Grösse dieser Gemeinschaften (bolos), über ihre Beziehungen untereinander, über zusätzliche Organismen, über die Verwen dung der Technologien usw. müssen wir uns unterhalten können. Diesem Zweck dient bolo'bolo.

An Vorstellungen über eine post-industrielle Gesellschaft fehlt es heute nicht mehr. Ausbruch des Wassermann-Zeitalters, Paradigmenwechsel, Quartärgesellschaft, Dualwirtschaft, Ökotopia, Dezentralisierung, Rhizom, Vernetzung, kleine Kreisläufe, Sanfte Technologie - so lauten einige Stichworte der zunehmenden alternativen und ökologischen Literatur. Es ist von epochaler Krise, grosser Wende, Endzeit, Neuem Zeitalter, die Rede. Die Ökologie liefert wertvolles Material über die Grenzen, die uns heute gesetzt sind. Es ist wichtig, sie zu kennen. Was aber fehlt, sind Ideen für die neuen Möglichkeiten, den neuen Reichtum, der sich uns auftut, wenn wir die Maschine hinter uns lassen. Und oft sind diese Alternativ-Theorien unvollständig oder naiv, wenn es um die Frage der Zerstörung der Maschine, um die Strategie, geht. Es fehlt auch die wirklich planetare Sicht; meist sind die Vorschläge nur partiell (Energie, Verkehr, Gesundheitswesen) oder betreffen nur die fortgeschrittenen Industriegesellschaften.

bolo'bolo ist der Versuch, ein planetares Projekt in einigen Grundzügen zu formulieren. Die konstruktiven Aspekte der substruktiven Bewegungen werden so zu einem zusammen hängenden Bild verbunden. Es ist eine Momentaufnahme unserer (meiner?) augenblicklichen Wünsche und der heutigen Einschätzung der "technisch/biologischen" Grenzen. In vielen Punkten werden die Grenzen zu eng gesteckt sein, in anderen die Wünsche zu extravagant. Darum geht es nicht. Wichtig ist, dass eine Verständigung über ein gemeinsames, planetares Projekt gefördert wird. Die Zeit ist vorbei, wo wir uns in partiellen Diskussionen und lokalen Initiativen verzetteln dürfen. Wir leben nur 70 Jahre und Wünsche sind dazu da, noch in einer nahen Zukunft, sagen wir bis 1987, verwirklicht zu werden.

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