Offener Raum

VEREINAHMUNG DURCH FÜHRUNGSGRUPPEN

Events: Große Aktionen vieler AkteurInnen


1. Bewegungen und große Netzwerke
2. Events: Große Aktionen vieler AkteurInnen
3. Es geht: Medien schaffen die Zentralen
4. Geschluckt von großen Organisationen
5. Wie werden bestimmte Teile zu Zentren der Bewegung
6. Nicht nur blanke Macht: Gründe für Ausgrenzung und Kontrolle
7. Links und Buchtipps

NATO-Sicherheitskonferenz in München und der Protest dagegen
Im Original: Anti-NATO-Protesten Febr. 2006 in München
Anweisung für das Aktionszentrum im Newsletter Nr. 3 (1.2.2006)
zweck des ganzen soll auch sein das mensch bei einem eindringen der polizei nicht irgendwo verplant herumsteht, sondern sich nach möglichkeit alle im saal sammeln um als geschlossene gruppe in einer besseren verhandlungsposition zu sein.

Anweisungen der Eliten an die DemonstrantInnen gegen die NATO-Sicherheitskonferenz per Indymedia. Auszüge:
Wer zur SIKO fährt und sein Handy nicht unbedingt braucht, sollte es zuhause liegen lassen. ... Wer unbedingt mobil telefonieren muss, sollte sich ein Extra Handy zulegen. ... Aus Sicherheitsgründen werden wir bei der Demo die Daten des Air Interface aller Netze per Software laufend aufzeichnen. Anschließend wird dieses Protokoll ausgewertet. ... Eine Kartentransaktion kann 10 Jahre auf die Minute und den Zahlungsort genau nachvollzogen werden. Also genug Bargeld mitnehmen. ...
Hinweis: Die Eliten lassen ihre Handys natürlich nicht zu Hause und erreichen so eine kommunikative Dominanz.

Mehr Informationen über die NATO-Proteste:

G8 Heiligendamm 2007, Vor- und Nachphasen
Das war ein klarer Paradigmenwechsel. Waren bislang Hierarchien immer noch sicht- und spürbar, so bot die G8-Mobilisierung zu ersten Mal eine umfangreiche Organisierung, bei der kaum noch direkte Anweisungen und zentrale Steuerung von Aktivitäten z.B. der Verbandsbasisgruppen zu sehen waren. Stattdessen entwickelten die Eliten - erstmals in spaltungsfreier Eintracht - einen gemeinsamen Fahrplan der Aktionen. Professionelle Gremien beschlossen den Zeitplan (genannt: "Choreografie des Widerstandes"), Medien und Mailinglisten schworen die mobilisierten Massen ein, TrainerInnen schulten die Angereisten in ganz konkreten Verhaltensweisen genau für die vorgedachten Aktionen ... und dann lief alles wie ein Uhrwerk ab. Eigenanteil der gekommenen Menschen: Kaum messbar.

Im Original: Weitere Beispiele
Beispiel: Pressekonferenz-Planung der G8-Vorbereitungskonferenz Nov. 2006 in Rostock
Die Mail stammt von Pedram Shayar, damals Führungsfunktionär bei Attac, interventionistische Linke und in der G8-Vorbereitung
Lieber m.
Befindlichkeiten kann jeder mensch äussern, wo er will. Auf einer pressekonferenz sprechen verschiedene repräsentant/innen von verschiedenen spektren. Diese vertreten vor allem ihre eigene organisation und sprechen dann nach der gemeinsamen absprachen mit der presse. Du hast das gute recht, menschen zu trauen und zu mistrauen wie du willst, aber wer an welche stelle für attac mit der presse spricht, wird in attac-gremien entschieden. Also wirst du dich mit unserer personalpolitik abfinden müssen :)
Eine pressekonferenz ist im übrigen FÜR DIE PRESSE und nicht für die konferenzteilnehmer/innen. Insofern ist es sehr unerheblich, ob wir es ankündigen oder nicht, das betrifft die teilnehmer/innen sowieso nicht. Die Besetzung und Durchführung der Pressekonferenz war und ist Gegenstand der Vorbereitungsgruppe.
Viele grüße pedram


Danach ging es genau so weiter.

Weiterentwicklung nach 2015: Retorten-Bewegungen
Die Massenaktion "Ende Gelände" 2015 veränderte die Lage. Viele Akteure begriffen, dass Mobilisierung nach dem Vorbild des Buches "Die Welle" möglich waren. Erstmals seit langer Zeit schienen willige Menschenmassen verfügbar, die sich nach großen Gemeinschaftsaktionen mit hoher Präsenz in klassischen Medien und im Internet sehnten. Eine eigene Beteiligung und Mitsprache war kaum gewünscht - das Zeitalter der Retorten-Bewegungen begann. Als ersten kaperten einige zentral organisierte Gruppen zusammen mit hinzustoßenden Unterstützer*innen den polulär gewordenen Begriff "Ende Gelände" und schufen daraus einen Verband mit zentraler Steuerung. Parteistiftungen und linksautoritäre Strömungen bildeten die Steuerungsgruppe, die fortan mit - durchaus offensiven und gut überlegten - Großaktionen die Szene der Klimaaktion aufmischte und weitgehend übernahm. Der Erfolg dieser Strategie führt schließlich ab 2018 zu weiteren Retorten-Gründungen, die alle nach dem gleichen Schema funktionieren: Eine kleine Gruppe legte sich auf ein Thema fest, wählte ein Einzelevent (Konzernsitz, Messe ...) für eine einzelne Großaktion aus und begann dann mit der Massenmobilisierung. Die zu mobilisierenden Massen wurden dabei wie Setzfiguren behandelt. Die Vorbereitungsprotokolle weisen dieses Verständnis seitens der Organisator*innen auch deutlich aus. Die Mobilisierung erfolgte bewusst mit falschen Versprechungen und rein aus PR-Gründen gezeigter Rebellion, während tatsächlich sehr harmlose Massenevents geplant wurden. Im Mittelpunkt stand die Präsentation des eigenen Labels. Wissenvermittlung diente allein dem perfekten Funktionieren der Massen in den vorgesehen Aktionen.


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