Offener Raum

GLOBALISIERUNG

Kritik an der Globalisierungskritik


1. Zitate zur Lage der Welt
2. Rufe für eine Globalisierung von oben
3. Kritik an der Globalisierungskritik
4. Hilfe schafft Abhängigkeit und Macht
5. Grundeinkommen statt "Entwicklungshilfe"?
6. Links zum Thema

Im Original: Kritik an der Kritik
Aus einer Mail auf der Hoppetosse-Mailingliste
Die Globalisierungsgegner behaupten, dass die Welt von sich selber abweicht:
Es soll eben ein Skandal sein, dass die Leute im Busch verhungern und dass es so viel Arbeitslose + andere Arme in den Staaten des freien Westens gibt. Wer "Skandal" schreit, behauptet, dass die angeprangerten Zustände nicht notwendig seien, sich vielmehr bösen Machenschaften verdanken, die sie -entgegen den in dieser Welt eigentlich gültigen Zwecken - hervorgebracht haben. (Wer diese Zusammenfassung nicht glaubt, soll noch mal die Mail von mir vom 22.10.01 mit dem Titel "Kritik an Globalisierungsgegnern / War: massenflugi zum attac-kongress /Teil1" lesen)
Das ist falsch. Verhungernde Neger, arme Arbeitslose und ebenfalls arme Proleten sind in dieser Gesellschaft notwendig:

1. Staat richtet nationalen Kapitalismus ein.
Der bürgerliche Staat ist die oberste Gewalt auf seinem Territorium. Er schreibt seinen Bürgern vor, was sie wollen dürfen und wie sie dieses dürfen. Vollzogen wird dieses in Gesetzen, in denen genau aufgeschrieben ist, was erlaubt und was verboten, was wie erlaubt und was wann verboten ist. Vom Ableben bis zum Kinderkriegen, vom Asbest bedingten Krebs bis hin zur ,normalen' Strahlung bei AKWs, vom Arbeitsvertrag bis zur Miete sind alle möglichen Willensinhalte mit Erlaubnissen, Verboten und Einschränkungen versehen. Dies macht er, weil er etwas davon haben will. Er verspricht sich davon etwas, sonst würde er es als oberste Gewalt - er hat das Gewaltmonopol - nicht machen.

1.1. Freiheit und Gleichheit
Drei Werten - so kann man in Sonntagsreden hören, dem Grundgesetz entnehmen und lernt man im Politik- oder Sozialkundeunterricht - ist der moderne bürgerliche Staat zuallererst verpflichtet: Freiheit will er seinen Bürgern garantieren und Gleichheit und natürlich Eigentum.
Wenn jemand z.B. ein gutes Essen zu sich nehmen will, braucht er einen Herd, die benötigten Zutaten, ein Dach über dem Kopf etc.. Mit der Garantie der Freiheit - das er also das gute Essen auch essen darf - ist im dabei überhaupt nicht geholfen. Und auch wer gerne Musik hört, braucht dazu die richtige CD, einen CD Player und einen Ort, an dem er die Musik in der gewünschten Lautstärke auch hören kann. Die Garantie der Freiheit - das er die Musik auch hören darf - hilft ihm überhaupt nichts, um die Musik auch hören zu können.
Und wenn nun jemand meint, dass die Freiheit doch wohl auch mit beinhalten müsse, das man die Ziele und Zwecke verfolgen kann, dann wird das als überholtes Besitzstandsdenken gegeißelt oder gar als kommunistisch verschrien (wobei beides natürlich nicht das gleiche ist).
Mit der Garantie der Freiheit muss also etwas anderes gemeint sein, als das einer einfach einen Willen hat, darum Zwecke und Ziele hat und diese verfolgt. Dazu taugt eine Garantie der Freiheit nichts. Vielmehr braucht er doch die Mittel, damit er seine Zwecke verfolgen kann. Und diese werden gerade ausdrücklich nicht mit garantiert. Die Garantie der Freiheit sagt ja bloß: 'Du darfst wollen.'
Der Staat garantiert seinen Bürgern aber nicht einfach nur, das sie wollen dürfen. Die Garantie der Freiheit bedeutet gleichzeitig den Auftrag, sie dem Staat gemäß zu benutzen: "Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt." (Art. 2.1 GG) Man darf nun also Wollen. Und dieses Wollen muss den Gesetzen entsprechen.Wenn der Inhalt des Wollens nun dem Gesetz entspricht, dann ist die Verfolgung dieses Willens staatlicherseits erlaubt. Der bestimmte Wille -
Fußball spielen will man vielleicht oder in einer schöne Wohnung leben- ist da aber gerade nicht enthalten. Nun geht man mit seinem Willen - schöne Wohnung - auf die Welt los. Und was muss man feststellen? Das geht gar nicht so einfach. Nicht etwa, weil es die Wohnungen nicht geben würde. Vielmehr gehören die jemanden. Der muss damit einverstanden sein, das man da reingeht und dort lebe. Ihm geht es nämlich darum, mit dieser Wohnung einen Profit zu machen. Da ist nun ein kapitaler Gegensatz in der Welt: Der eine will einen netten Ort zum Wohnen und der andere hat den netten Ort zum Wohnen, will damit aber ein Geschäft machen. Was tun? Dem anderen einfach eins auf die Rübe geben, ist verboten. Also muss man sich mit ihm ins Benehmen setzen und einen Mietvertrag unterschreiben. Damit relativiert man dann sein Interesse am schönen Wohnen daran, ob man das entsprechende Geld übrig hat. Und wenn man für die Miete wegzahlt, hat man es nicht mehr für andere Dinge. Und umgekehrt: Man vermietet die Wohnung ja gerade, damit man mit ihr einen Profit macht. Aber man will ja gar nicht, dass der andere dort wohnt, sondern sein Geld. Damit der zahlt, musste man den Mietvertrag eingehen. Eingehandelt hat man sich damit aber, dass der andere nicht einfach ohne Probleme erpresst werden kann und auch in ein Loch kann man ihn nicht einfach stecken.
Es gibt also, dafür sollte das Beispiel stehen, wuchtige Gegensätze zwischen den Menschen. Weil in diesen Gegensätzen steckt, den Willen des anderen zu negieren - einfach in die Wohnung ziehen resp. sehr viel Miete verlangen und den anderen dann doch keine Wohnung geben - muss jeweils garantiert werden, das beide ihren Willen verfolgen dürfen. Sie werden beide dazu gezwungen, den gegensätzlichen Willen des anderen zu respektieren und sich mit ihm zu einigen. Hier also: der andere darf Miete verlangen und der eine muss in die Wohnung gelassen werden. Geregelt ist der Gegensatz als Vertrag, der beiden vom Gewaltmonopol aufgezwungen wird.
Man darf wollen. Und in dieser Freiheit des Wollens sind alle Menschen gleich. Aber eben auch nur darin: Da gibt es kleine und große, dicke und dünne, Menschen mit schwarzen Haaren und Hautfarbe und welche mit blonden Haaren und blauen Augen. Einige sind gläubig, andere sind Kommunisten. Der eine findet die CDU gut, eine andere die NPD, jemand anderes ist frustrierter Nichtwähler und noch jemand erklärt sich den Kapitalismus und seinen Staat und weiß dann, was er davon zu halten hat. Die eine mag Mozart der andere Take That, die dritte hat mit Musik nichts am Hut und fährt dafür lieber den ganzen Tag Skateboard. Nicht zu vergessen die biologische Differenz zwischen Mann und Frau. Der eine lernt schneller, der andere langsamer. Der eine hat viel Geld und Zeit, der andere wenig von beidem.
Es gibt also offensichtlich keine gleichen Menschen: die unterscheiden sich nach Aussehen, Geschmack und Meinung, nach Geschlecht und Einkommen etc.. Wenn nun die Gleichheit trotz dem garantiert ist, dann werden damit die diversen Unterschiede gerade nicht aus der Welt geschafft. So geht es ja auch bei der Gleichheit darum, das alle Menschen "vor dem Gesetz gleich" (Art. 3.1GG) sind.
Die Freiheit, Zwecke zu verfolgen, taugt - wie gesagt - nicht dafür, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Und es ist unterstellt, das einem das ansonsten dauernd verwehrt werden würde. Es geht also offensichtlich um einen wuchtigen Gegensatz zwischen den Willen. Und diesen Gegensatz dürfen alle - Gleichheit - verfolgen. Diese ungemütliche Sache liegt im

1.2. Privateigentum 
begründet. Womit wir beim dritten Wert der Welt von Freiheit und Demokratie wären. Der Staat garantiert in seinem Grundgesetz (Art. 14.1) das Eigentum. Und im BGB führt er weiter aus, was es mit dem Eigentum auf sich hat: "Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen." (§ 903 BGB)
Mit aller staatlicher Gewalt wird damit eine harte Gleichung praktisch gemacht: Eigentum = Ausschluss. Jeder darf mit seinen Gütern machen was er will. Aber blöder Weise auch nur mit diesen. In einer 'arbeitsteiligen Gesellschaft' hat man bekanntlich nicht all das, was man zum Leben braucht. Man muss sich also das andere, fehlende Zeug verschaffen. Dieses verschaffen geht nur darüber, das man sich die Dinge mit Geld organisiert, also kauft. Der eine muss sich also, will er überleben, die Dinge des täglichen Bedarfs organisieren. Der andere hat sie, weil und sofern sich mit ihnen ein Geschäft machen lässt.
Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Das Autokapital lässt produzieren, damit die hergestellten Autos verkauft werden können, das vorgeschossene Kapital durch den Verkauf mehr wird. Durch den staatlich garantierten Ausschluss des Autolosen wird dieser dazu gezwungen, das geforderte Geld über den Tisch zu schieben. Wenn man nun dauerhaft ein Auto haben will oder muss, dann muss man sich eins kaufen. Es kommt also drauf an, hierfür über die nötige Menge Geld zu verfügen.
Um etwas kaufen zu können, muss man über Geld verfügen - und das dauerhaft. Wer nun keins hat, muss es sich organisieren. Aber wie? er hat doch nichts, das er gegen Geld tauschen kann. Das einzige, über das er verfügt, ist er selber. Und dafür muss er einen Käufer finden:

1.3. Lohnarbeit
Wer in der Welt des Eigentums über keins verfügt, muss seine eigene Potenz zu arbeiten zu Markte tragen. Damit ist er doppelt vom Kapital abhängig:
Erstens, ob er überhaupt einen Arbeitsplatz bekommt, und mit Lohnarbeit sich einen Lohn verdienen kann. Zweitens gibt es diesen Arbeitsplatz nur dann, wenn sich die Benutzung des Lohnabhängigen für die Profitmacherei rechnet. Die Höhe des Lohns und die dafür zu erbringende Leistung ist also von den Profitkalkulationen des Kapitals abhängig. So ist der Schaden des Proleten auch doppelt bestimmt: erstens bestimmt das Kapital, wie lange der Prolet arbeitet, wie viel Zeit im also bleibt, um sein Leben zu leben. Zweitens ist durch die Profitkalkulationen des Kapitals bestimmt, wie viel Geld er für die Arbeit bekommt, in welcher Menge er also seine Bedürfnisse befriedigen kann.
Die Armut der Proleten ist also durch seine Eigentumslosigkeit a) garantiert und wird b) dauernd wieder festgeschrieben: Er hat kein Geld, braucht es aber, muss also Arbeiten gehen und bekommt dadurch so viel Geld, wie es sich fürs Kapital rechnet. Und dieses Geld hält immer nur so lange, wie der Monat lang ist. Es hält aber auch nur darum so lange, weil sich der Prolet in seiner Bedürfnisbefriedigung einschränkt. Menschen, die keinen Arbeitsplatz und kein Eigentum haben, sind also logischer Weise noch ärmer dran als die anderen. Sie haben nichts und können sich auch nichts verdienen. Für sie gibt es den

1.4 Sozialstaat
Mit seiner Sozialgesetzgebung zwingt der Staat die Proleten, in den Zeiten des Geldverdienens einen Teil seines Lohns (die sog. Lohnnebenkosten) für den Erhalt des Teils seiner Klasse abzugeben, die gerade kein Geld verdienen: Arbeitslose und Rentner. Und er muss Geld dafür hergeben, damit er selber behandelt wird, wenn er krank geworden ist. Für diejenigen, die gar nicht arbeiten können, gibt es einen Almosen, die sich Sozialhilfe nennt. Damit wird beim Proleten der Wille und die Fähigkeit erhalten, in Zukunft wieder arbeiten gehen zu können. Der Wille insofern, als die Vergabe der Sozialhilfe daran gebunden ist, sich dauernd um einen Arbeitsplatz zu kümmern. Sonst wird sie gestrichen. Die Möglichkeit insofern, als dass der Mensch ein Geld hat, mit dem er gerade so überleben kann.
Heute sagt der Staat, dass er hier ein Besitzstandsdenken hat einreißen lassen, das schnell beseitigt gehört. Und dafür hat er auch seine guten Gründe: Er hat sich mit der Internationalisierung des Geschäfts darauf eingelassen, dass es einen inter-nationalen Wettbewerb darum gibt, wo die besten Anlagebedingungen fürs Kapital sind. Diesen Wettbewerb will er aus nationalem Eigennutz gewinnen, denn je mehr Kapital sich bei ihm anlegt, desto mehr kann er über Steuern am Geschäft partizipieren. Dafür sind dann die Löhne zu senken, andere Wettbewerbsbedingungen zu verändern (Umweltschutz, Steuern etc.).
Diese inter-nationale Konkurrenz ist einerseits eine Konkurrenz der Standorte und andererseits eine Konkurrenz der nationalen Gelder: Die konkurrieren darum, in welchem Verhältnis die zueinander stehen: Ist der $ gegenüber dem ? gestiegen oder gefallen? ist die entscheidende Frage. Die entscheidende Frage ist es, denn je mehr die Währung nachgefragt ist, also je höher der Kurs, desto besser kann sich der Staat verschulden, seine Staatsschuldtitel auf den internationalen Börsen verkaufen und hat dadurch ein zweites Mal Mittel, seine Gesellschaft zu fördern. Die Währungen werden um so mehr gekauft, um so besser das Geschäft in ihnen geht.
Aber bei den Währungen stellt sich immer die Frage: Gibt es eine Inflation? Taugt das Geld also dafür, wofür ich es gekauft habe, nämlich um mit ihm ein Geschäft zu machen. Die Inflation ergibt sich einfach schon dadurch, das mit dem Kredit des Staates Kaufkraft aus der Zukunft in die Gegenwart gepumpt wird und sich nun in der Gegenwart durch den Geschäftserfolg herausstellen muss, das dies gerechtfertigt war. Weil sich die Frage der Inflation dauernd stellt, schaut der Staat, wo er weniger Ausgeben kann und gleichzeitig seinem Zweck - Förderung der Geschäftemacherei - nachkommen kann. Und so kommt dann die Sozialhilfe etc. ins Visier.

1.5 3.Welt
In den Staaten der 3.Welt gibt es keinen funktionierenden Kapitalismus. A) Darum gibt es dort auch keine sinnvolle Verwendung der Leute, sie sind zuviel, mit ihnen lässt sich Geschäftsmäßig nichts anstellen. Darum gibt es keinen Grund, die Paupers am Leben zu erhalten. B) Gehen den Staaten dort auch alle Mittel ab, um die Paupers am leben halten zu können, denn es gibt kein Geschäft, an dem er per Steuern partizipieren kann. Noch ein Grund, warum er sich um sein Volk nicht so kümmert, dass es überlebt. Wenn, dann kommt es als Ordnungsproblem ins Visier. (Siehe hierzu auch: GegenStandpunkt 3-98)

1.6 Fazit
Von wegen also, dass das Elend der Menschen im Kapitalismus nicht notwendig sei. Das Elend durch Lohnarbeit, Arbeitslosigkeit und Verhungern gehört notwendig zu dieser Gesellschaft.

Soweit erst mal, Klaus
PS: Die von mir hier und in der letzten Mail vorgebrachten Argumente diskutiere ich auch gerne auf einer Veranstaltung. Ein Vortrag würde auch gehen. Auch ein Seminar zum Thema kann gerne gemacht werden (auch zu einigen Punkten, die hier nur ganz knapp angesprochen sind wie z.B. der Punkt 3.Welt könnte eins gemacht werden). Melde dich bei Interesse bei mir.


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