Offener Raum

ERICH MÜHSAM

Aus: Die Befreiung des Gesellschaft vom Staat

Erich Mühsam (1993, Reprint 2004): Die Befreiung der Gesellschaft vom Staat, Syndikat A in Moers (im Internet)
Kein Gedanke wird dadurch richtiger, daß schon ein andrer ihn früher geäußert hat.(S. 4)

Anarchismus ist die Lehre von der Freiheit als Grundlage der menschlichen Gesellschaft. Anarchie, zu deutsch: ohne Herrschaft, ohne Obrigkeit, ohne Staat, bezeichnet somit den von den Anarchisten erstrebten Zustand der gesellschaftlichen Ordnung, nämlich die Freiheit jedes einzelnen durch die allgemeine Freiheit. In dieser Zielsetzung, in nichts anderm, besteht die Verbundenheit aller Anarchisten untereinander, besteht die grundsätzliche Unterscheidung des Anarchismus von allen andern Gesellschaftslehren und Menschheitsbekenntnissen.
Wer die Freiheit der Persönlichkeit zur Forderung aller Menschengemeinschaft erhebt, und wer umgekehrt die Freiheit der Gesellschaft gleichsetzt mit der Freiheit aller in ihr zur Gemeinschaft verbundenen Menschen, hat das Recht, sich Anarchist zu nennen. Wer dagegen glaubt, die Menschen um der gesellschaftlichen Ordnung willen oder die Gesellschaft um der vermeintlichen Freiheit der Menschen willen unter von außen wirkenden Zwang stellen zu dürfen, hat keinen Anspruch, als Anarchist anerkannt zu werden. (S. 7)
Entschiedene Abgrenzung aber ist geboten gegenüber den nur individualistischen Anarchisten, die in der egoistischen Steigerung und Durchsetzung der Persönlichkeit allein das Mittel zur Verneinung des Staats und der Autorität erblicken und selbst den Sozialismus wie jede allgemeine Gesellschaftsorganisation schon als Unterdrückung des auf sich selbst ruhenden Ich zurückweisen. Sie schließen die Augen vor der naturgegebenen Tatsache, daß der Mensch ein gesellschaftlich lebendes Wesen ist und die Menschheit eine Gattung, in der jedes Individuum auf die Gesamtheit, die Gesamtheit auf jedes Individuum angewiesen ist.
Wir bestreiten die Möglichkeit und auch die Wünschbarkeit des vom Ganzen losgelösten Individuums, dessen vermeintliche Freiheit nichts anderes sein könnte als Vereinsamung, mit der Folge des Untergangs im sozial luftleeren Ftum. Wir behaupten: niemand kann frei sein, solange es nicht alle sind. Die Freiheit aller aber und damit die Freiheit eines jeden setzt voraus die Gemeinschaft im Sozialismus.
Sozialismus ist, wirtschaftlich gesehen, die klassenlose Gesellschaft, in welcher der Grund und Boden sowie alle Produktionsmittel der privaten Verfügung entzogen sind, somit weder Grundrente noch Unternehmerprofit noch auch die Abgeltung vermieteter Arbeitskraft durch Lohn oder Gehalt die schaffenden Hände und Hirne um den Ertrag ihrer Mühen berauben können. An der Stelle der privaten oder staatlichen Ausbeutung steht die planmäßige gemeinsame Bewirtschaftung des Gemeineigentums, an der Stelle der bevorrechtigten Minderheit der Besitzenden jedes Landes die zum Volk geeinte Gesamtheit in allen Ländern. (S. 8)
Der Begriff der Gleichheit möge nicht in der Bedeutung von Gleichmacherei verstanden werden. Im Gegenteil ist die Forderung der Gleichheit nichts anderes als die Forderung: Gleiches Recht für alle! Das heißt: gleiche Bedingungen für einen jeden, seine Anlagen zu ihren günstigsten Möglichkeiten zu entwickeln. Wirtschaftliche Gleichheit besagt soviel wie Ausschaltung aller aus widrigen Umständen, zumal aus Mangel, erwachsenen Störungen, die die Entfaltung der Individualität in ihrer Verschiedenheit von allen anderen Individualitäten behindern. Gleichheit, als Gleichberechtigung verstanden, unterbindet nicht, sondern ermöglicht erst das Wachstum der Persönlichkeit. (S. 10)
Sicher ist indessen, daß von allen auf gesellschaftliches Zusammenwirken angewiesenen Geschöpfen allein der Mensch den Kampf planvoll auf die eigene Art ausgedehnt hat und zwar nicht, wie das bei manchen Tieren und bei den Kannibalen geschieht, um Ernährungsschwierigkeiten zu beheben, sondern um ungleiches Recht in derselben Gattung zu schaffen und dadurch Machtgelüste zu befriedigen. Gegenseitige Hilfe ist ebenso Bestandteil der Gleichberechtigung, wie soziale Ungleichheit jede Gegenseitigkeitsbeziehung unmöglich macht. (S. 14)
Gesellschaft und Mensch ist demnach als einheitlicher Organismus zu begreifen ...
Wie der Wald aus Bäumen besteht ... und wie in diesem Werden und Vergehen und in der wechselseitigen Kraftübertragung der einzelnen Bäume das Leben des Waldes als Zusammenfassung zu einem Ganzen wiederum völlig den Charakter eines lebenden, sterbenden, sich stets von neuem schaffenden individuellen Wesens erhält, so ist jede Gemeinschaft ein Organismus aus Organismen, ein Bund von Bünden, eine zur Einheit gewordene Vielheit von Einheiten. (S. 17 f.)
Föderalismus ist Organisation durch natürliche Ordnung; Zentralismus ist Ersatz der Ordnung durch Überordnung und Anordnung.
Die föderalistische Organisation entspricht den Forderungen der Gerechtigkeit, der Gegenseitigkeit, der Gleichheit, der gemeinsamen Selbstverantwortung, der Gemeinschaft aus Einzelnen. Die zentralistische Organisation entspricht den Bedürfnissen der Macht, der Obrigkeit, der Ausbeutung, des Klassenzwiespalts, der Bevorzugten. Föderalismus ist Ausdruck der Gesellschaft; Zentralismus ist Ausdruck des Staates.
Staat und Gesellschaft nämlich ist zweierlei. Weder ist die Gesellschaft eine Zusammenballung aller verschiedenen Organisationen und Verbindungen, innerhalb deren die Menschen ihre gemeinschaftlichen Angelegenheiten ordnen und unter denen der Staat neben anderen Einrichtungsformen besteht, noch ist der Staat von etlichen Möglichkeiten eine der Organisationsarten, in denen sich die Gesellschaft verkörpern kann. Es ist in aller Eindeutigkeit so, daß wo Gesellschaft besteht, für den Staat kein Raum ist, wo aber der Staat ist, er als Pfahl im Fleische der Gesellschaft steckt, ihr nicht erlaubt, Volk zu bilden und gemeinschaftlich ein- und auszuatmen, sie statt dessen in Klassen trennt und dadurch verhindert, Gesellschaft zu sein. Ein zentralisiertes Gebilde kann nicht zugleich ein föderalistisches Gebilde sein. Ein obrigkeitlich zugerichtetes Verwaltungewesen ist Regierung, Bürokratie, Befehlsgewalt, und dies ist das Merkmal des Staates; eine auf Gleichberechtigung und Gegenseitigkeit aufgebaute Gemeinschaft ist in den Grenzen der räumlichen Verbundenheit der Menschen Volk, als allgemeine Lebensform der Menschheit betrachtet, Gesellschaft. Staat und Gesellschaft sind gegensätzliche Begriffe; eins schließt das andere aus.
Vom Klassenstaat reden, heißt von hölzernem Holz reden. Staat ist nichts anderes, kann nichts anderes sein als zentralisierter Ausführungsdienst einer vom Volk gelösten Klasse zur Beherrschung des entrechteten und zur beherrschten Klasse erniedrigten Volkes. (S. 19)
Die Verneinung der Macht in der gesellschaftlichen Organisation ist das maßgebliche Wesensmerkmal der Anarchie, oder, um dieser verneinenden Erklärung die bejahende Form zu geben: der Anarchismus kämpft anstatt für irgendeine Form der Macht für die gesellschaftlich organisierte Selbstverfügung und Selbstentschließung der Menschen. Unter Macht ist jede Inanspruchnahme oder Einräumung von Hoheitsbefugnissen zu verstehen, durch die die Menschen in regierende und regierte Gruppen getrennt werden. Hierbei spielt die Regierungsform nicht die geringste Rolle. Monarchie, Demokratie, Diktatur stellen als Staatsarten nur verschiedene Möglichkeiten im Verfahren der zentralistischen Menschenbeherrschung dar. Wenn die Demokratie sich darauf beruft, daß sie dem Volksganzen die Beteiligung an der öffentlichen Verwaltung mit gleichem Stimmrecht für alle gewährt, so ist daran zu erinnern, daß gleiches Stimmrecht nichts mit gleichem Recht zu tun hat und daß die Aussonderung von Abgeordneten eben die Beteiligung der Aussondernden an der Verwaltung verhindert und ihre Vertretung durch einander ablösende Machthaber bedeutet. (S. 25)
Die Macht des Staates ist aber gefährlicher als jede andere Macht, weil sie mit dem Anspruch auftritt, Ausdruck des allgemeinen Willens zu sein und die von ihr der Arbeit abgenommenen Reichtümer dem allgemeinen Nutzen zuzuführen. (S. 26 f.)
Da der Anarchismus den Kampf bejaht, kann er nicht eine Abstufung zwischen den äußeren Kampfformen vornehmen und eine Grenze ziehen, jenseits deren der Kampf verneint wird. Auch die Anwendung von Zwang ist nicht allgemein im Widerspruch zu anarchistischern Verhalten. Ein im Kampf bezwungener Gegner muß selbstverständlich verhindert werden, den Kampf weiterzuführen. Ein sozialer Schädling muß genötigt werden, sich in die Notwendigkeit der gemeinsamen Lebensgestaltung einzufügen. Solche Verhinderung und Nötigung ist Zwang. Unzulässig im Sinne anarchistischer Auffassung werden Gewalt und Zwang erst, wenn sie im Dienste einer Befehlshoheit stehen, und daraus erklärt sich eben die oberflächliche Gleichsetzung der drei Begriffe, dass der Staat kraft seiner Macht den Alleingebrauch Gewalt für sich in Anspruch nimmt. Der Anarchismus ist gegen Staatsgewalt und Staatszwang, weil er gegen Staatsmacht ist. Um der Sauberkeit des Denkens willen muß aber unterschieden werden: Gewalt ist Kampfhandlung, bloßes Mittel zur Erreichung eines Zwecks; Zwang ist Maßregel im Kampf und Mittel zur Sicherung des erreichten Kampfzweckes, Macht ist ein Dauerzustand von Gewalt und Zwang zur Niederhaltung von Gleichheitsgelüsten, ist das von oben her verfügte Zwangs- und Gewaltmonopol der Herrschaft. Macht bezeichnet somit die tatsächliche Gegebenheit die aus jedem zentralistischen, obrigkeitlichen, gesetzgebundenen, staatlichen Verhältnis erwächst. Als sittlicher Grundlage ihrer Herrschaftsbefugnisse bedient sie sich des den Menschen eingeimpften Glaubens an die Berechtigung und Notwendigkeit der Autorität. Autorität ist die Maßgeblichkeit fremder Erkenntnis für das eigene Urteil. (S. 27 f.)
Daß der Anarchismus mit dem Glauben an eine außerhalb der Persönlichkeit wirkende bewußte und willensbegabte Kraft unvereinbar ist, bedarf keiner besonderen Darlegung. Der Begriff der Religion könnte nur insofern mit anarchistischer Denkweise in Übereinstimmung gebracht werden, wie er als Hingebung und Versunkenheit des Ich in seiner Beziehung zu Menschheit und Weltallgemeint wäre. (S. 30)
Jede Unterwerfung und Beherrschung führt zu materieller Ausbeutung, jede Ausbeutung zu Autorität, Zentralismus, Staat. Gott und der Staat sind die beiden Pole der Macht, die auf der Verneinung von Gleichberechtigung, Gegenseitigkeit und Selbstverantwortung beruht. (S. 32)
Die jüdische Gottvater-Lehre, die den einzigen, allmächtigen, allgerechten, allgegenwärtigen Gott mit dem finster drohenden Verlangen über die Menschen setzt, in unaufhörlichem Gebet angefleht, bewundert, der hingegebenen Verehrung versichert und für alles, selbst für jede Qual und Demütigung bedankt zu werden, schuf den westlichen Völkern die Voraussetzung zur Hinnahme der Vaterschaftsfamilie mit der gottähnlichen Stellung des über die Seinen herrschenden Oberhauptes. Diese autoritären Vorbilder haben auch dem Staat mit seiner nationalistischen Ideologie die Bereitwilligkeit der Menschen zur Untertanschaft unter eine zentralistisch schaltende Macht, zum Verzicht auf Selbstverantwortung, Selbstbestimmung und Gleichberechtigung in den Dingen des gesellschaftlichen Zusammenlebens erschlossen. Gottvater, Vater, Vaterland - die Einwirkung auf die Gefügigkeit der Menschen geschieht überall auf die gleiche Weise ... (S. 40)
Eine geordnete Gesellschaft besteht durch verbundenen Willen der Menschen zur Erfüllung einheitlich erkannter, gemeinsamer Aufgaben, setzt also Gleichheit, Gegenseitigkeitsverpflichtung und soziales Verantwortungsbewußtsein jedes einzelnen voraus. (S. 44)
Wir Anarchisten verabscheuen eine Führerschaft mit Befehlsgewalt und auf Dauergesicherter Wirksamkeit, also jede Staatsregierung, Beamtenschaft und Parteizentrale, jede Diktatur und jede Klüngelherrschaft. Aber wir leugnen weder die Nützlichkeit des Spielleiters im Theater noch des Vorsitzenden einer Versammlung oder des Kapitäns auf einem Schiff. Hier teilen persönliche Eigenschaften dem Geeigneten bestimmte Aufgaben in bestimmten Fällen zu. (S. 46)
Die von unten aufgebaute Organisation führt Personen zu Bänden zusammen, oft die gleichen Personen zu verschiedenartiger Verbündung. Man organisiert sich unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Zusammengehörigkeit nach Gesinnung, Aufgaben und Örtlichkeit. Die Gesinnungsgenossen, die zu gemeinsamer Tätigkeit Verbundenen, die in Häusern, Straßen, Gemeinden, Städten auf gleichmäßige Bedingungen Angewiesenen halten bei völliger Selbständigkeit in allen Entschlüssen ,gute Fühlung zu Bünden ähnlicher Beschaffenheit. Es findet dauernde gemeinsame Beratung in betrieblichen, beruflichen, weltanschaulichen Dingen statt, der Grundsatz der gegenseitigen Unterstützung ist für alle ,gemeinschaftlichen' Maßnahmen verbindlich, ohne der Selbstverantwortung jeder Persönlichkeit und jeder Gruppe Abbruch zu tun. Es entsteht ein netzartiges Gewebe bis ins Einzelglied selbständiger, einander wechselseitig durchwirkender Arbeits-, Gesinnungs- und Nachbarsbünde, ... (S. 51)
Denn die Anarchisten übergeben ihre durchdachten und sorgfältig errechneten Vorschläge nicht irgendwelchen Regierungsstellen sondern der selbstverantwortlichen Arbeiterklasse insgesamt, die selber alles prüfen, selber verbessern, selber die Ausführung überwachen muß durch diejenigen Organe, welche sie selbst ausschließlich für diesen Zweck bestimmt, ohne sie deswegen auch nur zeitweilig aus der tätigen Gemeinschaft aller zu entlassen. Diese Organe werden die soziale Triebkraft der Revolution bedeuten, sie werden von der Stunde des Sieges an Wirtschaft und Verwaltung des Gemeinwesens in den Händen führen, sie werden in der Zeit des Überganges und während der ganzen Entwicklung der sozialistischen Arbeits- Lind Gesellschaftsformen die Ordnung der Freiheit betreuen und verbürgen, sie werden die kommunalistische Anarchie schaffen und in der anarchischen Gemeinschaft die Träger der Föderation der Arbeits- und Menschheitsbünde bleiben. Diese Organe sind die freien Räte der Arbeiter und Bauern. (S. 64 f.)
Räte als die Träger der sozialistischen Gemeinschaft sind die Beauftragten aller am allgemeinen Werk beteiligten Menschen, durch die sich die Gesamtheit der Tätigen mit jeder einzelnen Person in den gesellschaftlichen Lebensprozeß einschaltet. In einer von Ausbeutung befreiten Zeit versieht ausnahmslos jeder Mensch, der sich nicht etwa selbst außerhalb des sozialen Geschehens stellt, Rätedienste. Nur für die Zeit des revolutionären Überganges müssen selbstverständlich diejenigen von aller Rätearbeit ferngehalten werden, gegen die sich die Revolution richtet. Da es erste Verpflichtung der Räte ist, die kapitalistische Ausbeutung abzuschaffen und das sozialistische Gemeinwesen zu verwirklichen, können Personen, die den Sozialismus gar nicht wollen, nicht zum Aufbau des Sozialismus herangezogen werden. In dieser Zeit fällt den Räten die besondere Aufgabe zu, die Zwangsmaßregeln der proletarischen Klasse durchzuführen, die zur Brechung gegenrevolutionärer Bestrebungen erforderlich sind und zu verhindern, daß sich unter Berufung auf Gefährdungen der Revolution neue Regierungsgebilde auftun, die von Rätemacht reden, um ihre eigne Macht dahinter zu befestigen, und die von einer Diktatur des Proletariates sprechen, uni selber Diktatoren spielen zu können.
Die Anarchisten tun gut, sich des Ausdrucks Diktatur des Proletariates so wenig wie möglich zu bedienen, obwohl bei richtigem Auffassen des Rätebegriffs und ohne Hinterhältigkeit kaum etwas anderes darunter verstanden werden könnte als die Niederhaltung von Widerständen gegen die proletarische Revolution durch die proletarische Klasse. (S. 65 f.)
Das Rätesystem schafft, und hier zeigt sich seine Übereinstimmung mit den anarchistischen Grundsätzen, bei unverfälschter Anwendung keinerlei Beamtenschaft, keinerlei Sonderanspruch einzelner, keinerlei umfassende Machtvollkommenheit. Denn ein den Räten von der Gesamtheit erteilter Auftrag ändert in keiner Weise das gleichwertige Verhältnis zwischen Auftraggebern und Beauftragten. (S. 66)
Alle Aufträge bleiben an den Willen derer gebunden, die ihn erteilen; wer ihn erhält, ist nichts als ausführendes Organ der Körperschaft, die ihm die Teilarbeit überträgt, für die sie ihn geeignet hält; er ist Willensvollstrecker einer bestimmten Gemeinschaft, der er selbst angehört ... (S. 67)
Eine Rätegesellschaft, eine Räterepublik - das Wort Republik bezeichnet keineswegs ohne weiteres eine Staatsform, sondern jede Selbstverwaltung eines Gemeinwesens durch das Volk - eine Rätewirtschaft ist nur als föderatives Gebilde zu denken und kann niemals ein Staat sein oder in einem Staatsganzen Platz finden. (S. 68)
Zum Beispiel: die Justiz im Staate kann niemals Recht schaffen, weil sie nach zentralen Anweisungen zentrale Behörden über individuelle Handlungen aburteilen läßt. Gerechtigkeit kann nur da an der Rechtsprechung teilhaben, wo die sozial schuldig gewordene Persönlichkeit von ihresgleichen, mit den räumlichen und seelischen Voraussetzungen der Tat vertrauten Menschen ohne Bindung an einförmige Vorschriften vernommen, überführt und notfalls an weiteren Schädigungen des allgemeinen Wohls verhindert wird. In der Räterepublik steht der Gleiche vor Gleichen, vor Nachbarn und Genossen. (S. 69)
Der Arbeiterrat einer industriellen Anlage, der zunächst wesenseins ist mit der Gesamtbelegschaft, regelt im Werk selbst die Verteilung der Pflichten nach der Art der Beschäftigung, berücksichtigt aber im Falle etwa der Beschlußfassung über einen Anbau die Wünsche und Bedenken aller verschiedenen Tätigkeitsgattungen, die mit dem Betriebe unmittelbar oder mittelbar verbunden sind (S. 69 f.)
Er tut das Rechte, da er weiß, was Recht ist. Denn Recht und Freiheit ist das gleiche, wie Gesellschaft und Persönlichkeit das gleiche ist. Aus dem Recht wächst die Gleichheit des Kommunismus, aus der Gleichheit die Freiheit der Anarchie! (S. 75)

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