Offener Raum

KRITIK AN ATTAC

Attac Kritik (von Traute Kirsch)


1. Erfolgsbilanzen
2. Who the fuck is attac?
3. ATTAC-KONGRESS: DER REFORMiSMUS IST TOT - ES LEBE DER REFORMISMUS
4. Alter Wein in neuen Schläuchen!
5. Attac-Debatte auf Hoppetosse
6. Berichte vom ersten Attac-Kongress
7. Linksruck über Attac und umgekehrt
8. Kritik an "Kontrolle der Finanzmärkte"
9. BUKO-Kritik an attac
10. Attac Kritik (von Traute Kirsch)
11. Links zu Kritik an Attac
12. Kritik an der Kritik
13. Graswurzelrevolution polemisiert gegen Attac-KritikerInnen
14. Kritische Berichte von Ex-Attacies zur Veranstaltung in Lüneburg, 15.12.2004
15. Weitere Links

Traute Kirsch, 27. 1. 2002

A t t a c: Eine Bewegung mit vorprogrammiertem Scheitern
Zur Veranstaltung von „attac-Göttingen“ am 26. 01.2002

Mit der These „Eine andere Welt ist möglich“ übt attac eine Sogwirkung aus für Menschen mit Unzufriedenheiten und Kritik an der Gesellschaft jeglicher Art . Nur eine einzige Kritik ist unerwünscht, und zwar die an Politikern.
Die agierenden Personen stammen aus den Verbänden (BUND, NABU, Eurosolar) der Friedensbewegung und den Grünen, die meinen, dort ein Umfeld und Unterstützer für das Abreagieren ihrer Profilneurosen zu finden und erpicht darauf sind, sich als Verkünder einer Heilslehre (Wir wissen, wie man alles besser machen kann) auf die Markplätze ihrer Wohngemeinde zu stellen. Dazu kommen in großen Mengen junge Leute, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben und die Fußtruppe bilden.
Die Parallelen zur Entstehung der Grünen, der Bildung des Castor-Widerstandes und der Begeisterung für Mitwirkung an „Runden Tischen“ sind unübersehbar. Auffallend ist die Betonung, dass es bei „attac“ darum geht vor Ort Aktivitäten zu entfalten, was einen Gegensatz zu den zentralen Thesen von der anderen möglichen Welt und den weltweiten Finanzströmen als zu beseitigendes Übel darstellt.
Im Mittelpunkt der Kritik steht die Globalisierung. Bezeichnend ist, dass großer Wert auf die Aussage gelegt wird, man lehne die Globalisierung nicht grundsätzlich ab, man sei kein Globalisierungs-gegner. Man müsse bei der Globalisierung das Gute und Schlechte abwägen, um dann Bilanz zu ziehen. „Gut“ und „Schlecht“ wurde dann erläutert von Prof. Elmar Altvater, der die Rolle des geistigen Mentors bei attac übernommen hat.
Er setzte als positiv Globalisierung mit Freihandel und Mobilität für die Menschen gleich.
Als negativ und damit als Ursache alles derzeitigen Übels bezeichnete er das ungehinderte weltweite Fließen der Finanzströme. Ohne den Zusammenhang zur Globalisierung herzustellen, kritisierte er, dass die Märkte nicht mehr regulierend wirkten und die Privatisierung öffentlicher Güter wie Wasser, Luft und Boden ihre Vermarktbarkeit zu privater Gewinnerzielung beinhalte.
Von mir kamen in der Diskussion folgende Einwände:
Globalisierung dürfe nicht mit Freihandel gleichgesetzt werden. Der Begriff werde derzeit nur für den Vorrang für die Konzerne und die damit verbundene Missachtung von Natur, Umwelt, Lebensgrundlagen, d.h. für die Missachtung der Menschen weltweit verwendet. Es sei irreführend in der öffentlichen Diskussion, diesen Begriff anders zu verwenden, da dies von dem, was unter diesem Begriff passiere, ablenke.
Die Globalisierung werde auf amerikanischen Imperialismus hinauslaufen.
Dafür bekam ich lebhaften Beifall aus dem Auditorium, in dem attac-Anhänger nur in der Minderzahl waren.
Altvater ignorierte die Aussage zu Freihandel und Globalisierung. Er griff aber die Aussage zum amerikanischen Imperialismus auf und wehrte sie damit ab, dass der Begriff des Imperialismus die Auflösung nationaler Grenzen bedeute und davon könne man doch nicht sprechen.

TrauteKirsch
27. 1. 2002
At t a c Kritik An Hand der Veranstaltung von „attac-Göttingen“ am26. 01.2002

Die beiden grundsätzlichen Aussagen von attac lauten:
  • „Eineandere Welt ist möglich.“ (Wir wissen wie sie zuschaffen ist)
  • „Wir sindkeine Globalisierungsgegner, sondern Globalisierungskritiker“ (Wir wollennicht gegen etwas sein, sondern für etwas. Globalisierung hat Schlechtesund Gutes)

Doch eine „andere Welt“ ist nicht nur möglich, sondern notwendig um ein menschenwürdigesLeben - vielleicht sogar das menschliche Überleben für die Menschen- zu sichern. Diese Aussage fehlt jedoch und damit der These jeglicherBiß.
DenBiß lässt auch die 2. Aussage vermissen, attac-Mitglieder seienkeine Globalisierungsgegner, die immer sehr nachdrücklich betont wird.
Globalisierungbedeutet Entmachtung der Politik und Entwicklung hin zur Wirtschaftsdiktatur,zur Zerstörung der Demokratie. Wer da nicht ausdrücklich undbewusst Gegenposition bezieht, bekundet Akzeptanz zu dieser Entwicklung.
Mitden beiden Grundsatzaussagen bindet sich attac in die Werbe-kampagne vonPolitik und Wirtschaft für die Globalisierung ein. Ziel dieser Werbekampagneist es nämlich, wahrheitswidrig Globalisierung als zukunftsfähiggestaltbar und als gesellschaftlich akzeptabel darzustellen, um von denwirklichen Absichten hinter der bewusst betriebenen Globalisierungsentwicklungabzulenken. D. h. attac betätigt sich als Helfershelfer für Wirtschaftsvorrang und Entdemokratisierung.
DieseFehlentwicklung ist darauf zurückzuführen, dass man bisher beiattac noch nicht ernsthaft analysiert hat, was es mit der Globalisierungauf sich hat. Die bei attac vorhandenen Vorstellungen zur Globalisierung,die u. a. auch aus der Rede von Prof. Elmar Altvater ersichtlich wurden,sind irreführend und falsch.
Dawird nämlich Globalisierung mehr oder weniger als Freihandel und Freizügigkeit zwischen den Staaten definiert, die grundsätzlichzu begrüßen - also gut - sei, da sie Mobilität fürdie Menschen gewährleiste und über den verbesserten Güteraustauschden Wohlstand für die Menschen anhebe. Das Schlechte seien ebennur die frei fließenden Finanzströme, die man regulieren müsse.
DochFreihandel existiert schon seit eh und jeh und funktioniert bestens. Erhat mit dem, was derzeit unter dem Stichwort Globalisierung diskutiertwerden sollte, nichts zu tun.
Globalisierungzielt darauf ab, dass weltweit politisches Handeln danach ausgerichtetwird, den internationalen Konzernen größtmögliche Gewinnmaximierungauf Kosten von Menschen und Lebensgrundlagen zu garantieren.
JüngstesBeispiel: die USA wehren sich unter Verweis auf angebliche Freihandelsprinzipiendagegen, dass die Bundesrepublik verlangt, aus den USA einzuführendegenmanipulierte Produkte sollten als solche gekennzeichnet werden.
InWirklichkeit geht es bei diesem vermeint-lichen Freihandelsprinzip darum, dass die Industriestaaten nicht mehr entscheiden sollen, ob undwelche Maßnahmen gegen die Konzerne zum Schutze der Bevölkerungzu treffen sind. Ihr Handlungsspielraum wird so weitgehend eingeschränkt,dass unmittelbare Gefahren drohen müssen, um ein Eingreifen zu ermöglichen.
Globalisierungheißt demnach: Weltweit sollen die besten
Gewinnmaxi-mierungsmöglichkeitenunter Verzicht auf kostenträchtige Maßnahmen zum Schutzder Bevölkerung geschaffen werden.Das wird belegt durch die Aussagedes Präsidenten der Welthandelsorganisation (WT0) Renato Ruggiero,„We are writing the constitu-tion of a single global economy“ (Wir schreibendie Verfassung für eine einzige Weltwirtschaft)
Ergo:Die Regierungen weltweit haben sich dem Willen der transnationalen Konzernezu unterwerfen.
Diein den Industriestaaten vorhandenen Verfassungsprinzipien, nach denen dieMenschen dem Staat gegenüber einen Anspruch auf Schutz von Leben,Gesundheit und Eigentum besitzen, müssen dann missachtet werden.
Fürdiese Missachtung wurden in den Industriestaaten in übereinstim-menderWeise bereits die Voraussetzungen geschaffen. Die Parlamente erließenGesetze, in denen sie uneinschränkbare Ansprüche auf Investi-tionenund Gewinnmaximierung für die Unternehmen festschrieben. DiePolitiker verpflichteten sich damit, nur noch im Interesse der Wirtschaftzu handeln, was langfristig bedeutet, dass sie vorwiegend als Dienst-leister-Handlanger- für die internationalen Konzerne zu fungieren haben.
Dadie meisten und größten transnationalen Konzerne in den USAangesiedelt sind, läuft die Entwicklung auf einen amerikanischen Imperialismushinaus.
DieserEntwicklung entsprechen die derzeitigen militärischen Opera-tionen,die dort stattfinden, wo wirtschaftliche Interessen nämlichdie der amerikanischen Ölmultis eine Rolle spielen.
Inseinem Vortrag wies Elmar Altvater darauf hin, dass ein negatives Ergebnisder Globalisierung sei, dass die Märkte keine Regulierungs-funktionmehr besäßen. In der Tat auch die Regulierungsfunktion der Märkteist schon seit langem den Wirtschaftsvorrangbestrebungen zum Opfer gefallen.
DieRegulierungsfunktion der Märkte war abhängig von dem Besteheneiner sozialen Marktwirtschaft. Mit ihr wurden die Gewinne der Unterneh-mengerechtfertigt.
DieThese war, dass dank einer großen Konkurrenz Unternehmer mit denqualitativ besten und preisgünstigsten Angeboten die Nachfrage befriedigen und somit auch die Gewinne einer Minimierungstendenz folgen würden.
Mitdem seit geraumer Zeit offen verfolgten Ziel, eine Angebotswirtschaft betreibenzu wollen, hat die Politik die „soziale Marktwirtschaft“ aufgege-ben. Angebotswirtschaft heißt im Grunde nichts anderes, als dass das Prinzipder Gewinnmaximierung auf Kosten von Konkurrenten und Ver-brauchern daswirtschaftliche Geschehen beherrscht. Güterproduktion erfolgt dannnicht mehr unter dem Gesichtspunkt der besten Versorgung der Verbraucher,sondern der kostengünstigsten Gestaltung für Großunternehmenund Konzerne.
Diebeiden Grundsatzaussagen von „attac“ machen deutlich, dass hier eine Bewegungentstanden ist, die, wie die anderen „gesellschaftskriti-schen“ Bewegungenbisher auch, nicht bereit ist, das Grundsatzübel anzupacken, denndazu muß man ja gegen die Globalisierung sein und die politischeSelbstentmachtung und die Recht- und Schutzlosstellung der BürgerInnenangreifen.
Dochdazu fehlt offenbar der Mut. So beschränkt attac sich darauf, den Kritiker zu spielen und Verbesserungsvorschläge zu machen.
DiePolitiker werden es sehr begrüßen, dass da im Wahlkampf nocheine Gruppe auftaucht, die verschleiern hilft, welchen Verrat sie an unserer Demokratie begehen.

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