Offener Raum

BALLUNGSZENTREN UND KNOTENPUNKTE:
DIE HOCHBURGEN DER SEILSCHAFTEN

AgroBioTechnikum in Groß Lüsewitz, Uni Rostock und die Felder bei Sagerheide


1. Einleitung
2. Es begann im Namen Gottes: IPK und die ersten Bioparks in Gatersleben
3. AgroBioTechnikum in Groß Lüsewitz, Uni Rostock und die Felder bei Sagerheide
4. Der letzte Versuch: BioTechFarm - Gehirnwäsche per Kaffeefahrt
5. Versteckspiel in Braunschweig: Wo die Bundesbehörden ihre Felder anlegen ...
6. Limburgerhof: Das Agrarzentrum der BASF
7. Gemeinsame Adresse: Mauerstraße in Berlin
8. Die Karte: Was ist wo in München?
9. Links und Materialien

Weiter im Norden entstand einige Jahre nach den Biopark von Gatersleben die nächste Hochburg der Agro-Gentechnik. Offiziell ist es ein reines Gründerzentrum speziell für diese Anwendungen. Tatsächlich aber ist es vollgestopft mit merkwürdigen Vereinen und Tarnfirmen vor allem aus universitären Kreisen, in die hinein große Mengen staatlicher Gelder mehrfach umgeleitet werden. Der Verdacht liegt nahe, dass hiermit der riskanten Technologie gespielt wird, um Privatkonten zu füllen und Propaganda für die Gentechnik zu machen. Die Experimente machen überwiegend wenig Sinn. Die teuren Labore stehen zu guten Teilen leer. Dafür sind die Felder besonders umkämpft. 2007 scheiterte ein Besetzungsversuch nur knapp, brachte aber das AgroBioTechnikum in die Schlagzeilen. 2009, als Uni-GenforscherInnen aus Deutschland immer mehr Felder aus Angst vor GentechnikgegnerInnen hierhin verlegten, wurden die Dörfer Groß Lüsewitz mit den Gebäuden und Sagerheide als Standort der Versuchsfelder zur ständige Quelle von Schlagzeilen: Feldbesetzung und Räumung, mehrere Feldbefreiungen und intensive Auseinandersetzungen rund um die Felder. Und genau von diesem Widerstand ist wenigstens ein bisschen Erfreuliches zu berichten. Zum einen hat sich das intensive Bemühen von AktivistInnen gelohnt, die seit 2007 mit Feldbesetzungen und - unbekannterweise - Feldbefreiungen von sich reden machten, gleichzeitig aber auch immer wieder mit Infoveranstaltungen, Mahnwachen und anderen Aktionen vor Ort präsent waren. Das - zusammen mit der bestehenden BürgerInnen-Initiative und anderen Einzelprotesten reichte, vor Ort eine deutliche Ablehnung zu erzeugen. Der Gemeinderat von Thulendorf, zu dem der Ort Sagerheide mit den Versuchsfeldern gehört, ist sei 2009 einstimmig gegen die Gentechnikfelder. In der Nachbarschaft hängen Protesttransparente in den Gärten und an Häusern. Die Bürgermeisterin passt auf, dass keine gemeindlichen Wege für Gentechnikanwendungen genutzt werden. 2010 beschloss der Gemeinderat schon mal prophylaktisch, dass Gemeindegrundstücke für gentechnikkritische Veranstaltungen zu Verfügung ständen. Das war nicht von Anfang so, sondern ist ein Resultat der intensiven Aufklärungsarbeit und der direkten Aktionen. Einmalig, fast sensationell erscheint, dass ein Funktionär einer Umwelt-NGO mit vor Ort aktiv ist und gar keine Berührungsängste mit AktivistInnen hat. Der Gentechnikreferent des BUND-Landesverbandes ist neben örtlichen Aktiven immer wieder selbst vor Ort - eine angenehme Ausnahme in der ansonsten tristen Apparatelandschaft von Umwelt- und Biolandbauverbänden. Das Ergebnis dieser bunten, gemeinsamen Protestvielfalt lässt sich sehen: Im Frühjahr 2010 sprach sich selbst die SPD in ihrem Entwurf für das Wahlkampfprogramm gegen die Agro-Gentechnik einschließlich der von ihrem eigenen Landwirtschaftsminister so intensiv geförderten Versuchsanlagen aus - und seit Juli 2010 äußerte sich auch die Landesregierung in diese Richtung. 2011 verblich dann der Stern des Zentrum, 2013 beschloss der Landtag, es für die Eiweißpflanzenforschung zu nutzen - ohne Gentechnik. Die Abstimmung erfolgte einstimmig, der Protest hatte gewirkt.



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