Offener Raum

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Text aus der "Zeitung für stürmische Tage"

"Neulich traf ich Elli und Sven wieder, weißt Du? Die beiden aus dem besetzten Haus in der Crelonstrasse. Die wohnen jetzt zu zweit und haben ein süßes Töchterchen. Die haben ihr Haus total schön umgebaut, ich hab Fotos gesehen. Im Flur, wo sie früher zu fünft hausten, haben sie sich jetzt zu dritt eingerichtet, eben als Familie. Elli geht morgens immer zur Arbeit, Sven hat es nicht geschafft, seine Ausbildung zuende zu machen. Unten, wo früher die Kneipe war, ist jetzt eine wunderschönes Lesezimmer und eine Sauna. Sieht richtig schnieke aus, aber das benutzen jetzt ja auch nur noch die fünf Familien, die im Haus wohnen". Vorhang. Applaus. Angekommen in der bürgerlichen Gesellschaft. Der Anspruch, anders zu leben, offene Räume zu schaffen, Gegengesellschaft aufzubauen ist zerstoben in nervenzerreibenden Debatten um den Dreck der Punkrockkonzerte und welche Nationalfahnen cool sind. Am Ende musste der Vereinsvorstand per Beschluss entscheiden und die, die bleiben durften, haben alle ihren Weg in die Normalität gefunden. Das Haus ist jetzt zwar nicht mehr umkämpft zwischen der Wohnbaugesellschaft und den BewohnerInnen, aber dafür auch nicht mehr als offener Raum zu nutzen. Wer was Offenes sucht, muss Hausordnungen der staatlichen Zentren akzeptieren oder neue Häuser besetzen, renovieren und dann vielleicht nach der Legalisierung Stück für Stück wieder selbst zerstören, privatisieren und dem Offenen entziehen.
Nur ein kleiner Teil alternativer Projekte scheitert am Konflikt mit dem Staat. Die meisten scheitern an sich selbst. Das hat zwar viel mit der Zurichtung der Menschen zu tun, durch die Mackerigkeit, Dominanzgehabe oder Unterwürfigkeit, der Hang zur Akzeptanz geltender Gesetze und Normen sowie die Ängste vor der Übermacht von Repression, sozialem Umfeld oder dem blanken Kampf ums materielle Überleben in jedes Projekt geschleppt wird. Allerdings fehlt meist auch ein kreativer Umgang und der Wille zum Experimentieren mit dem Unbekannten. Der schwammige Glaube, "alles anders und besser zu machen" plus einem gemeinsamen Verein, wo " der Vorstand nur formal da ist", reicht den meisten schon. Andere fangen schon schwach an und reden mit großen Worten über ihr autonomes Zentrum, was bei näherem Hinsehen eine städtische Einrichtung ist, wo nur der Jugendpfleger ein bisschen kumpeliger drauf ist. Und wo doch mal mehr Freiheit erkämpft werden kann, verregeln die BewohnerInnen oder NutzerInnen ihr Haus meist selbst: Schlüsselgewalt für die Räume, Passwörter an den Computern, säuberlich getrenntes Eigentum ... die Chefs haben gewechselt und tragen jetzt schwarz anstatt grün.

FreiRäume schaffen und sichern!
Der Republik quadratmeterweise die Wirkungsmöglichkeiten entziehen, ist eine Strategie politischer Widerständigkeit und der Organisierung von mehr eigenen Handlungsmöglichkeiten gleichzeitig. Jeder Ort braucht Freiräume, offen, unkontrolliert. Es gibt Beispiele, wo Experimente über das Übliche hinausgehen. Die meisten davon liegen außerhalb Deutschlands. Offenbar ist in diesem Lande die Bewegung so bürokratisch wie der Staat. Mit subversiven Ideen der Sicherung von Eigentumsliquidierung versuchen Projekte sich Handlungsspielräume zu verschaffen. Es lohnt sich, diese Ideen anzusehen und eigene zu entwickeln. Zwei seien genannt, beide können angesprochen werden und helfen bei neuen Projekten:

Projekte
  • Mietshäuser-Syndikat mit Sitz in Freiburg: Viele Häuser, durch interessante GmbH-Konstruktionen gesichert. Schwerpunkt auf Wohnprojekte. www.syndikat.org.
  • Stiftung FreiRäume: Die soll Grundeigentum neutralisieren und dabei vor allem öffentliche Räume sichern - nach außen und innen. Erstes Projekt und Experimentierfeld ist die Projektwerkstatt in Saasen, deren Konstruktion damit "exportiert" werden kann, je nach Ort abgewandelt.
    Die Stiftung koordiniert auch das Netzwerk FreiRäume, also die Vernetzung und gegenseitige Unterstützung offener Räume

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