Alltagsalternativen

DIRECT ACTION: WIDERSTAND IM ALLTAG
DIREKTE INTERVENTION

Szenarios und Beispiele für Eingriffsmöglichkeiten


1. Szenarios und Beispiele für Eingriffsmöglichkeiten
2. 'Robuste' Methoden
3. Beispiel
4. Hilfreiche Methoden
5. Zitate zu Direkter Intervention

Direkte Intervention meint ein unmittelbares Eingreifen, wenn andere diskriminiert oder - auf welche Weise auch immer – eingeschränkt werden. Damit ist weniger Gewalt, sondern ein sich Sich-Positionieren zu den Vorgängen gemeint, dass auch auf andere wirkt und diese ermutigt, nicht wegzuschauen. Ziele sind die Beendigung oder zumindest Offenlegung einer Unterdrückungssituation bis hin zum Anstoß einer Reflektion über das eigene Verhalten bei den kritisierten Personen. An dieser Stelle sind einige Ideen gesammelt, wie mit konkreten, sich oft wiederholenden Situationen umgegangen werden könnte. Weitere können gerne hinzukommen (oder eingetragen werden auf das Alltagswiderstands-Wiki).

Diskriminierung und Anmache aufgrund von Herkunft, Alter oder Geschlecht
  • Einmischen: Hingehen und laut nachfragen, was hier passiert, sich bei dem ‚Opfer’ erkundigen, ob Hilfe gewünscht ist, den Täterinnen entschlossen rüber bringen, dass Du das Verhalten nicht willst; erklären, warum du dass forderst, da ja mindestens die Hoffnung besteht, dass die angesprochene Person sich ändert
  • Laut werden: Laut auf die Situation aufmerksam machen, um andere zum Eingreifen zu bewegen und der Täterin zu zeigen, dass ihr Handeln öffentlich ist
  • Hilfe holen: Andere Personen miteinbeziehen und bitten, mit dir in die Situation zu gehen
  • Rausziehen: Eine Person, die auf einer Party z.B. ungewollt angemacht und bedrängt wird, ansprechen und unauffällig aus der Situation ziehen („Da ist ein Anruf für dich ...“)
  • Spiegeln: In einem Gießener Szeneladen wurde immer wieder eine Person von einem Typen ungewollt angebaggert und mit unerwünschten Annäherungsversuchen überzogen. Eine sehr wirkungsvolle Reaktion darauf war, dass eine andere Person den Typen (bevor er sein bevorzugtes 'Opfer' ansprechen konnte) sehr penetrant anbaggerte, verbunden mit Hinweisen, dass er sehen sollte, wie sein Verhalten auf andere wirkt
  • Covern: Ein Mann nimmt einer Frau einen Bierkasten weg (passiert gar nicht so selten und wird oft als charmante Geste verstanden) in der sexistischen Annahme, dass sie zu schwach sei. Um die Kritik daran zu vermitteln, ist es denkbar, dieses Verhalten in der näheren Umgebung nachzuahmen (zu „covern“, d.h. zu kopieren), dabei aber absurde Abweichungen einzubauen und den Vorgang zu überspitzen. Anderes Beispiel: Eine Betreuungsperson schränkt ein Kind ständig ein („sei ruhig“, „setz Dich hin“). Um die Kritik daran zu vermitteln, ist es denkbar, die Zurechtweisung eines Kindes in der näheren Umgebung nachzuahmen und dabei zu überspitzen.
  • Preisverleihung: Der Täterin eine Urkunde für unsensibles Verhalten o.Ä. überreichen (die Kritik ist also in scheinbar positiven Formulierungen verpackt)
  • Ignoranz kommentieren: Wenn mal wieder außer dir keine eingegriffen hat, könntest Du Kärtchen an Menschen verteilen, die weg geschaut haben („Preis für nachhaltiges Wegsehen“, dazu inhaltliche Vermittlung).


Personen- oder Fahrkartenkontrollen
Ausweiskontrollen nach rassistischem Schema in Bahnhöfen oder Zügen, Polizeiattacken in der Öffentlichkeit oder Fahrkartenkontrollen in öffentlichen Verkehrsmitteln sind häufig anzutreffende Unterdrückungssituationen. Handlungsmöglichkeiten könnten sein:
  • Einmischen: Hingehen und laut nachfragen, was hier passiert, sich bei dem ‚Opfer’ erkundigen, ob Hilfe gewünscht ist, den Täterinnen entschlossen rüber bringen, dass Du das Verhalten nicht willst
  • Passantinnen ansprechen: Andere ansprechen und auf die Vorgänge aufmerksam machen. „Sehen Sie hin - hier geschieht gerade eine praktische Umsetzung von Eigentums- und Reichtumsgefällen ...“
  • Ablenken: Ein sehr abruptes Wegrennen kann zum Abbruch einer Fahrkartenkontrolle führen (und zu Deiner Verfolgung!). Auch das auffällige Inspizieren von Polizeifahrzeugen oder der Spruch „Oh, ihr Auto hat einen Platten“ kann für kurze Ablenkung sorgen
  • Kommentieren: Per simuliertem Handytelefonat politisch kommentieren, was gerade passiert (laut sprechen!)
  • Blockieren (bei Fahrkartenkontrollen): Wenn Du den Sinn der Kontrolle erfragst, anfängst zu diskutieren oder Deine Karte erst nach langem Suchen findest, verzögert das die gesamte Maßnahme und verschafft anderen mehr Zeit, sich zu entfernen
  • Sichtbar machen: Damit außenstehende Menschen erfahren, was abgeht, sollte das Geschehen ordentlich beschriftet werden, z.B. Plakatrückseiten beschriften (mit Pfeil auf das Geschehen) und hochhalten. Oder die ganze Szene mit Kreide einkreisen und kommentieren (auch mit Pfeilen in Richtung der Situation; Text z.B. „Hier findet eine ... statt“)
  • Überidentifikation: Denkbar ist, die Kontrollmaßnahme übertrieben zu begrüßen („Genau, kann ja nicht angehen, dass die Armen hier einfach so mitfahren“), mehr Polizeigewalt einzufordern, durch Sprechgesänge oder einfach zu feiern
  • Covern: Eine gute Möglichkeit des Improvisationstheaters ist, die Situation daneben noch einmal nachzustellen – aber mit absurden Abweichungen. Also bei Festnahmen, einige Meter entfernt auch Leute fesseln, vor der Fahrkartenkontrolle den sozialen Status abfragen ...
  • Mars-TV: Ein inzwischen berühmtes Beispiel ist Mars-TV. Das ist ein Theaterspiel ab 3 Personen, die als Marsmenschen verkleidet (dazu reichen auch einfach skurrile Verkleidungen, die mensch überall schnell findet) mit einem großen Bildschirm zum Geschehen springen und dann wie in einer Talkshow für Marsbewohnerinnen („Wir sind live auf dem Mars zu sehen ...“) das Geschehen hinterfragen. Als Themen eignen sich Uniformen, Befehle und vieles andere optimal. Das Selbstverständliche wird dann plötzlich zum Absurden ... (www.projektwerkstatt.de/marstv).

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