Alltagsalternativen

DIRECT-ACTION: ANTIRASSISMUS

Widerstand gegen Abschiebelager und Rassismus


1. Widerstand gegen Abschiebelager und Rassismus
2. Beispiele und Ideen
3. Abschiebungen verhindern: Passagiere greifen ein!
4. 14.9. in Giessen: Antirassistischer Aktionstag
5. Links

NoLager ist mehr als bloße Parole. NoLager ist Intervention: Ziel ist es, die soziale Isolation von Flüchtlingen und MigrantInnen praktisch aufzubrechen. Denn Isolation ist das Grundprinzip sämtlicher Lager – ganz gleich ob diese in der Libyschen Wüste, in den Wäldern Mecklenburg-Vorpommerns oder im Industriegürtel westdeutscher Großstädte liegen. Je stärker Flüchtlinge und MigrantInnen isoliert bzw. sozial ausgeschlossen sind, d.h. je spärlicher ihre Kontakte zur ansässigen Wohnbevölkerung, zu migrantischen Communities, RechtsanwältInnen oder politischen AktivistInnen ausfallen, desto tiefer greift die Kontrolle, desto stärker sind sie außerdem den Schikanen, Demütigungen und Bestrafungen durch Lagerleitung & Behörden ausgesetzt.
Konkret heißt das also: Nehmt Kontakt mit Menschen auf, die in Lagern leben müssen, organisiert Protestcamps in unmittelbarer Nähe der Lager, schneidet Löcher in die Zäune, demontiert die Bewachungs- und Isolationsinfrastruktur, macht Dachbesetzungen, sucht ausgewählte ArbeiterInnen der Lagerbürokratie früh morgens bei ihren Privathäusern auf, tauscht Bargeld gegen Lebensmittelgutscheine, organisiert Imagebeschmutzungskampagnen gegen private Sicherheitsdienste und Lagerbetreiberfirmen (z.B. European Homecare), fädelt Schutzheiraten ein oder unterstützt Flüchtlinge, indem ihr Kontakte zu AnwältInnen oder Beratungsstellen herstellt, organisiert Speakers-Corner-Kundgebungen, bei denen Flüchtlinge in der Öffentlichkeit über konkrete Erfahrungen im Lager berichten können usw. usf.

Mit ihrer Isolationspolitik verfolgt die europäische Lagerbürokratie mehrere, oft auch gegenläufige Ziele auf einmal: Erstens sollen möglichst viele Flüchtlinge und MigrantInnen in Lagern abgefangen und somit an der Einreise in die EU gehindert werden. Das ist der Grund, weshalb derzeit innerhalb und außerhalb der EU mit hohem Tempo ein System unterschiedlicher Lager hochgezogen wird. Die Unterbringung in Lagern ist zweitens eine zentrale Voraussetzung dafür, Flüchtlinge und MigrantInnen möglichst reibungslos wieder abzuschieben, entweder direkt in ihre Herkunftsländer oder in die neu errichteten Auffanglager in Nordafrika, wo sodann die Regierungen Libyens, Tunesiens oder Marokkos über das weitere Vorgehen entscheiden. Drittens dient Lagerpolitik der Abschreckung bzw. Illegalisierung – sei es, dass Flüchtlinge und MigrantInnen es vorziehen, von Anfang an irregulär in die EU einzureisen (anstatt sich ins ohnehin fast aussichtslose Asylverfahren zu begeben) oder sei es, dass sie durch ihre Lagererfahrungen zermürbt werden und freiwillig in die Illegalität abtauchen. Beides ist durchaus Kalkül, jedenfalls in bestimmtem Umfang: Menschen ohne Papiere kosten den Staat nichts, außerdem stehen sie dem europäischen Arbeitsmarkt als billige, flexible und gewerkschaftlich unorganisierte Arbeitskräfte zur Verfügung – ob in der Landwirtschaft, auf dem Bau, im Reinigungsgewerbe, in der Gastronomie, der Sexindustrie oder den privaten Haushalten der Mittelklassen.

Widerstand gegen Lager gibt es überall – ob von innen oder außen. Hier zu Lande ist es seit einigen Jahren vor allem das NoLager-Netzwerk, das öffentlich das Lagerregime attackiert. Stellvertretend erwähnt sei die 17-tägige Anti-Lager-action-Tour 2004 durch mehrere nord- und ostdeutsche Bundesländer. Das NoLager-Netzwerk ist ein bundesweiter Zusammenschluss antirassistischer, feministischer und autonomer Gruppen; eine zentrale Rolle spielen Flüchtlingsselbstorganisationen wie die Brandenburger Flüchtlingsinitiative, The Voice oder die Karawane.

Als gemischter Zusammenhang in Deutschland unterwegs zu sein, bringt es unweigerlich mit sich, die Residenzpflicht zu verletzen, jenes Gesetz, wonach Flüchtlinge (auch solche, die eine Duldung haben) ihren Landkreis nur mit schriftlicher Genehmigung der Ausländerbehörden verlassen dürfen. Bereits dreimaliger Verstoß gegen die Residenzpflicht kann mit empfindlichen Geldstrafen geahndet werden, welche nicht selten ersatzweise im Knast abgesessen werden müssen. Die zentralen Forderungen des NoLager-Netzwerks lauten: Keine Lager – nicht hier und nicht anderswo! Für globale Bewegungsfreiheit! Gleiche Rechte für alle!

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