Alltagsalternativen

VERKEHRSWENDE IM WIESECKTAL

Verkehrswende in Grünberg


1. Das Gesamtkonzept: Verstärkte Vogelsbergbahn, Buslinien, gutes Radwegenetz und mehr
2. Den Radweg "R7" stärken und alle Ortsteile verbinden
3. Vogelsbergbahn stärken: RegioTram mit neuen Haltestellen und Zubringerbuslinien
4. Neue Haltepunkt Buseck-Ost/Leppermühle
5. Verkehrswende in Buseck
6. Verkehrswende in Reiskirchen
7. Verkehrswende in Grünberg
8. Politik und Medien
9. Rückblicke: Aktionen im Wiesecktal

Die Stadt Grünberg liegt am östlichen Ende des Wiesecktales. Der Ortsteil Göbelnrod wird von dieser noch durchflossen, danach verlieren sich die Zuflüsse in der Agrarlandschaft nördlich des Kernortes. Richtung Vogelsberg hat Grünberg viele, zum Teil recht kleine Ortsteile, die in zwei Tälern in Nord-Süd-Richtung liegen. Der Radweg "R7" durchläuft beide, weswegen die Strecke hier hügeliger wird. Die Vogelsbergbahn wechselt vom Wiesecktal direkt ins Ohmtal und folgt diesem bzw. der zufließenden Felda in Richtung Alsfeld. Angebunden an die Bahn und an den Radweg "R7", die weitgehend nebeneinander verlaufen, sind neben Grünberg die Ortsteile Göbelnrod und Lehnheim. Alle weiteren haben nur mäßige Bus- und Radwegeanbindungen, oft mit bergigen Streckenverläufen. Aus Süden kommend stößt der Radweg "R6" auf den "R7" und bindet so immerhin den Ortsteil Queckborn an.
Die neben der A5 wichtigste Straße des Wiesecktales, die B49, führt auch durch Grünberg, zerschneidet aber vor allem den Kernort selbst und würde, wenn sie im Bereich Reiskirchen weiter ausgebaut wird, Grünberg noch stärker belasten und gefährliche Situationen schaffen. Dort liegt der Bahnhof ziemlich ungünstig am Rand der Stadt, so dass die Innenstadt und noch mehr die Gesamtschule nebst benachbarten Sportstätten und Freibad kaum zu erreichen sind. Ein innerstädtischer Kleinbus bindet zur Zeit die entlegenden Teile der Kernstadt an, allerdings nur mit wenigen Verbindungen tagsüber.

Fahrradnetz und Fahrradstraßen in Grünberg
Alle Ortsteile sollten an den "R7" angebunden und dieser zentrale Fahrradweg durch Lehnheim als Fahrradstraße geführt werden. In Göbelnrod und Grünberg ist die vorhandene bzw. ab 2019 geplante Wegeführung abseits von Straßen, allerdings im Kernort auch wieder nur am Stadtrand, so dass hier, wie in mehreren anderen Ortsteilen auch, Fahrradstraßen den Fahrkomfort und -sicherheit erhöhen müssen. Gerade in der Grünberger Altstadt mit den engen Straßen sind Fahrradstraßen wichtig, weil Autos und Fahrräder hier nicht sinnvoll nebeneinander fahren können.


Vorschlag für Fahrradwege und -straßen (unten: Ausschnitt für Grünberg-Kernstadt)

Legende für alle Pläne:
  • Quadrate schwarz: Haltestellen eingleisig
  • Rechtecke schwarz: Haltestellen zweigleisig (Begegnung/Überholung möglich)
  • Striche pink: Vorgeschlagene Buslinien (Zubringer Ortsteile-Bahnhöfe/Ortszentren)
  • gesprenkelt schwarz: Ost-West-Hauptachse Vogelsbergbahn
  • Punkte dunkelgrün mit schwarzem Kern: Radweg getrennt von Straße
  • Punkte dunkelgrün mit Abstand: Fahrradweg auf Feldwegen (höchstens Anlieger frei)
  • Punkte dunkelgrün eng: Fahrradstraße mit "Anlieger frei"
  • Punkte hellgrün eng: Fahrradstraße mit "Kfz frei"
  • Stern schwarz: Gefährliche Überquerung/Einfädelung zu Autostraße - Querungshilfen nötig (Markierungen, bauliche Anlagen, Tempobegrenzung usw.)
  • Punkte schwarz: Aufbesserung der Wegeoberfläche nötig
  • Lastenradsymbol grün: Lastenradleihstation im Ort
  • gesprenkelt grün: Ost-West-Hauptachse "R7" (Fernradwanderweg)

Berichte und Einzelvorschläge

Vogelsbergbahn und Buslinien
Die schon vorhandenen Bahnhöfe in Göbelnrod, Grünberg und Lehnheim können von Zubringerbussen angefahren werden. Nur in Göbelnrod liegt der Bahnhof ausreichend zentral. Für Grünberg und die vielen Ortsteile ohne Bahnanschluss ist ein gutes Zubringersystem mit Bussen sehr wichtig. Um für Grünberg und die umgebenden Orte diese Lage deutlich zu verbessern, hat die Verkehrswende-Initiative einen Vorschlag erarbeitet, der Buslinien optimaler führt und besser mit der Vogelsbergbahn zu verzahnen. Dafür wurden zwei Rundkurse (rote und blaue Linie, siehe Buslinienplan auf www.gruenberg.siehe.website), die jeweils zwei Schleifen fahren und dabei immer wieder die Haltepunkte an der Bahn kreuzen. Dort soll ein gut getakteter, überdachter und barrierefreier Umstieg möglich sein. Da die östlichen Ortsteile Grünbergs nahe an Bahnhof, Einkaufszentren und Schulen in Mücke liegen, führen die Buslinien von Weikartshain, Seenbrücke, Klein und Groß Eichen sowie Lardenbach nicht nur nach Grünberg, sondern auch direkt nach Mücke. Die Vogelsberggemeinde soll zudem einem zusätzlichen Bahnhalt bei Schule und Aquariohm erhalten, so dass auch diese Ziele von überall mit maximal einem Umstieg zu erreichen sind.
Neben der in Ost-West-Richtung verlaufenden Vogelsbergbahn soll eine leistungsfähige Nord-Süd-Buslinie die überregionale Anbindung gewährleisten. Die Verkehrswende-Initiative schlägt einen Schnellbus von Marburg über Londorf (mit der Endhaltestelle der zu reaktivierenden Lumdatalbahn) nach Grünberg und dann weiter über Laubach zum Bahnhof Hungen vor, wo dann ein Anschluss an die Lahn-Kinzig-Bahn und über die ebenfalls zu reaktivierende Horlofftalbahn Richtung Rhein-Main bestehen würde. Alles zusammen würde ein leistungsfähiges und attraktives Busnetz bis in alle Ortsteile ergeben, zusätzlich zum weiterhin nötigen Stadtverkehr innerhalb der Kernstadt Grünberg, der auch heute bereits besteht.

Buslinienkonzept für Grünberg und z.T. Mücke (Beschreibung oben im Text)
Berichte: Gießener Allgemeine

Wie wichtig die Stadt Grünberg ihren ÖPNV nimmt, lässt sich am offiziellen Stadtplan sehen. In der gedruckten Fassung sind weder Bahnhöfe noch Bushaltestellen eingezeichnet.

  • Bericht "160 Autos für rund 300 Einwohner" über die Zerstörung der Bahnlinien und den Zwang zum Autofahren in der Provinz, in: Gießener Anzeiger am 7.4.2024. Der Bericht zeigt deutlich, wie aus ehemaligen Idealisten krasse Kapitalisen wurden, die vor keinen Lügen, Bilanzbeschönigungen und Risikoinvestments zurückschreckten.

Problemstraße B49
Der ständige Ausbau dieser autobahnparallel verlaufenden Bundesstraße zieht Verkehr aus der ganzen Region an und führt auch zu Vermeidungsverkehr, wenn z.B. die Maut auf der A5 umgangen werden soll. Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten, zeigt sich an der B49 sehr eindrucksvoll. Dieser Effekt würde noch verstärkt, wenn es zu weiteren Ausbauten, z.B. einer Umgehungsstraße von Reiskirchen und Lindenstruth käme. Aus Grünberger Sicht und weiterer Orte im Vogelsberg wären solche Ausbauten das schlimmste, was passieren kann.


Fußgänger*innen und Barrierefreiheit

Die Politik: Desinteresse und Dauerschlaf
Am 21.1.2015 wurde das Leitbild "Grünberg 2025" verfasst. Zum Verkehr gab es zwei Ziele:
  • Der ÖPNV in Grünberg soll so ausgebaut sein, dass die Ortsteile gut an die Kernstadt und die Ortsteile auch untereinander gut angebunden sind. Daneben soll Mobilität z.B. auch durch den Ausbau des Radwegenetzes weiter verbessert werden
  • .
  • Die Verkehrsinfrastruktur in Grünberg entspricht zeitgemäßen Anforderungen. Der (fließende und ruhende) Straßenverkehr in Grünberg wird reflektiert und bei Bedarf punktuell neu ausgerichtet durch geeignete Maßnahmen.

Die Bertelsmannstiftung erstellte, offentlich aus den Bürger*innen-Workshops heraus, Folien zu den verschiedenen Leitsätzen. Jede Folie enthielt einen Leitsatz. Darunter waren die Punkte noch etwas genauer ausgeführt. Zu den beiden Verkehrszielen lauteten die Ergänzungen:

Zu "Der ÖPNV in Grünberg soll ..."
- Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse zum ÖPNV sollte Grundlage weiterer Überlegungen sein (Beispiele: „Anruflinientaxi“ kommt manchmal nicht, Ausnutzung der Bahnverbindung nach Gießen besser nutzen etc.)
- Ziel: ÖPNV muss vor allem gut ausgebaut sein, um Ortsteile an die Kernstadt gut anzubinden und Ortsteile untereinander zu vernetzen.
- Informationsangebot über den ÖPNV in Grünberg via Internet und geeigneter Broschüren etc. verbessern, da viele Angebote nicht bekannt sind (Bus, „Kleene Grimmicher“, Anruflinientaxi). Hier sollen andere Kommunikationswege gefunden werden.
- Fahrpläne optisch ansprechend und klar gestalten – an die Bürgerinnen und Bürger verteilen/zugänglich machen. In der Kommunikation werden vor allem die Menschen adressiert, die sich innerhalb Grünbergs bewegen. Überregionale Verkehre sind im hier betrachteten Kontext für die Zielgruppe eher nachrangig.
- Vor allem das „Anruflinientaxi“ ist trotz des langjährigen Angebotes mit seinen Möglichkeiten nur wenig bekannt in der Stadt.
- Idee: NeubürgerInnenbroschüre
- Idee: „Ein Fest für den Kleene Grimmicher“, um ihn bekannter zu machen (Bsp.: Fährt einen Tag kostenlos).
- „Kleene Grimmicher“ optisch zu groß – Anpassung und Umstellung auf Elektrobetrieb prüfen.
- Bahnhof neu gestalten und seine Attraktivität steigern.
- Anbindung an Fernbusbahnhof Gießen ermöglichen.
- Ausbau des Radwegenetzes forcieren.
- Ziel sollte sein, z.B. Synergien mit der Fa. Horst zu schaffen, die Kunden zuhause abholen und in die Geschäfte bringen.


Zu "Die Verkehrsinfrastruktur in Grünberg entspricht ..."
- Verkehrsinfrastruktur auch im Hinblick auf die Anforderungen der Unternehmen hin reflektieren und ausrichten.
- Lebensqualität verbessern durch mehr Verkehrsberuhigung (z.B. weitere Tempo-30-Zonen).
- Möglichkeiten zum kostenlosen Parken verstärken (auch für die Außenwerbung der Stadt nutzbar machen).
- Idee: Evtl. Sperrung des Marktplatzes von Samstagnachmittag bis Sonntagabend zur Ansiedlung von Gastronomie und Kleinkunst. So oder so soll dabei die Attraktivitätssteigerung des Marktplatzes im Fokus stehen.
- Mehr ebene Flächen für Außengastronomie auf dem Marktplatz/Diebsturm schaffen. Die Stadtverwaltung unterbreitet den Gastronomiebetrieben dazu geeignete Angebote.
- Mehr geeignete Verkehrsüberwachung für Verkehrsberuhigung am Marktplatz (Schrittgeschwindigkeit auf dem Marktplatz etc.)
- Parkmöglichkeiten auch für längere Besuchsaufenthalte ohne Parkzeitbeschränkung.

2016 präsentierte die Stadt Zwischenergebnisse. Zu den beiden Verkehrszielen stand da:
Zu „Der ÖPNV in Grünberg soll ...“
-Neue Konzeption für bedarfsgerechten und für die Stadt Grünberg finanzierbaren ÖPNV in der Kernstadt wurde bereits von VGO in den Ausschüssen vorgestellt, demnächst Vorlage eines entscheidungsreifen Neuordnungskonzepts,
-Bekanntheitsgrad und Funktionalität des Anruflinientaxis sollen deutlich erweitert werden,
-Aufnahme des bestehenden ÖPNV-Angebotes in die Neubürgerbroschüre soll erfolgen.
-Bahnverkehrsstationen wurden und werden bis 2018 modernisiert.

Zu „Die Verkehrsinfrastruktur in Grünberg entspricht ...“
-In den nächsten Monaten Einrichtung weiterer Tempo-20 und 30-Zonen,
-Parkdecks in der Schlossgasse und in der Rosengasse wurden saniert, damit komfortablere Parkmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
-Auch Marktplatz wurde funktional und optisch aufgewertet (senioren-und behindertenorientierte Wegegestaltung, Aufstellung neuer Bänke),
-Stärkere Kontrolle des ruhenden und fließenden Straßenverkehrs (insbesondere auch auf dem Marktplatz) wird angestrebt, ist aber abhängig von personellen Ressourcen.

Seitdem ist nichts mehr von der ganzen Geschichte zu finden. Das Projekt scheint schnell wieder eingeschlafen zu sein - und die Ziele werden nicht mehr verfolgt. Fahrrad, Fuß und Barrierefreiheit kommen gar nicht vor.

Im Sommer 2023 teilte der Bürgermeister von Grünberg mit, dass es keine Kapazitäten für Verkehrswende-Maßnahmen gäbe - eine Komplettabsage nach ca. einem Jahr Vorschlägen und Gesprächsversuchen.

Die CDU will noch mehr Autos durch ein neues Parkhaus mitten in der Stadt in die Altstadt lenken. Anlass war der Verkehrsversuch (vor dessen Abbruch) und die Hoffnung, Autoabhängige würden dann nach Grünberg statt nach Gießen fahren.
Im November 2024 debattierte die Stadtpolitik über die Attraktivität der Innenstadt - mal sehen, ob es mal mutige Vorschläge gibt oder das für eine lebenswerte Altstadt und auch die Geschäfte letztlich tödliche Festhalten an der Autodominanz bleibt.


Verkehrswende-Initiative Grünberg
Die Verkehrswende-Ini ist leider eingeschlafen - auch wegen der völlig uneinsichtigen Haltung der Stadt und insbesondere des Bürgermeisters Marcel Schlosser, der sogar schriftlich mitteilte, nicht fürs Fahrradfahren tun zu wollen. Falls Menschen neu starten wollen, können sie gerne Kontakt aufnehmen. Unterstützung gibt es weiterhin aus der Projektwerkstatt in Saasen.
Kontakt per verkehrswende-gruenberg ...ätt... gmx.de
Auch die Fahrradstation in Lehnheim ist wieder abgebaut worden. Das Material ist aber noch vorhanden und könnte an anderer Stelle in Grünberg, entlang des "R7" oder an anderen Fahrradrouten wieder aufgebaut werden - in ungenutzen Räumen, Carports, unter Vordächer oder wo es sonst gut passt.

Rückblicke
2022 entstand die Verkehrswende-Ini in Grünberg . Die erste Aktion war eine Kidical Mass (familienfreundliche Raddemo) am 22.5.2022 (siehe Flyer rechts, Bericht im Dokufilm zum Stadtradeln 2022). Danach folgten der Aufbau einer Radstation in Lehnheim (Kernstr. 9), ein Infostand mit Begleitprogramm bei "Grünberg auf der Rolle" und eine Raddemo am 22.10.2022, wo es vor allem um die Anbindung kleiner Ortsteile von Grünberg und Mücke ging. Konkrete Vorschläge für Rad- und ÖPNV-Verbindungen wurden erarbeitet und an die Politik geleitet, z.B. zu Fahrradstraßen und neuer Buslinienführung.

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