Offener Raum

NGO - INTERNE STRUKTUREN UND STRATEGIEN

Hauptsache in den Medien?


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Aus Mareike Korte (2008): "Medienstrategien von Protestbewegungen". Diplomarbeit Berlin
Selbstbeschränkung: Es wurde deutlich, dass es gegenüber den Medien eine Selbstbeschränkung der AkteurInnen gibt. Bestimmte Ziele und Kritiken werden zwar gegenüber den AktivistInnen, also der eigenen Diskursgemeinschaft, formuliert, gegenüber den Medien aber nicht erwähnt, da davon ausgegangen wird, dass darüber nicht berichtet wird, es im hegemonialen Diskurs, zu dem auch die Massenmedien zählen, nicht sagbar ist. Dazu gehören z.B. sofortiger Atomausstieg, Gewaltfreiheit als Gesellschaftsutopie und die Anwendung geschlechterdifferenzierter Sprache. Diese Ziele oder Ideen befinden sich nicht im hegemonial hergestellten Konsens. Dies kann als Selbsttechnologie im Sinne Foucaults gedeutet werden, da die Beschränkungen der Berichterstattung der Medien bereits vorweggenommen und durch Selbstbeschränkung internalisiert werden, der Raum des Sagbaren ist hier deutlich eingeschränkt.
Anpassung: Für die untersuchten Kampagnen und ihre Zielsetzungen spielen Medien eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund passen sie sich, um von den Medien berücksichtigt zu werden, an bestimmte Funktionsweisen der Medien an. Die Beschränkung auf wenige Personen, die gegenüber den Medien sprechen – auch als Personalisierung bezeichnet – ist eine dieser Anpassungen an Medienfunktionsweisen. Dies ist ein Kompromiss, der zu Lasten der emanzipatorischen Ansprüche von Nicht-Hierarchisierung und Aktivierung der Kampagnen geht. Er hat zur Folge, dass die Darstellung in den Medien oft den emanzipatorischen und antihierarchischen Charakter der Kampagne nicht wiedergibt und teilweise sogar Personen ausmacht, die die Proteste „anführen“.


Professionalisierung versus inhaltlichen Ansprüchen
Aus Viola Köster (2012): „Umwelt-NGOs“ (S. 171ff)
a) Professionalisierung und Managerialismus als Realitätsprinzip
Wie in Abschnitt 3.2 festgestellt, besteht ein entscheidender Widerspruch zwischen den genannten Ansprüchen und den tatsächlichen Arbeitsbedingungen in professionalisierten Umwelt NGOs. Letztere sind nicht (mehr) Authentizität sichernd sondern fremdbestimmt, durch extern formulierte Zielrichtlinien und Strategien. Wie beschrieben, wurden im Zuge der Professionalisierung auch in Umwelt NGOs Managementkonzepte aus der Privatwirtschaft übernommen und mit Hilfe von Experten umgesetzt, was von den befragten Mitarbeitern bestätigt worden ist (vgl. insbesondere die Interviews , , , , , ). Diese neuen Organisationskonzepte sind vor allem auf eine effiziente Arbeitsstruktur ausgelegt, so dass möglichst viel Leistung erbracht werden kann. Dafür wiederum wurden einzelne Abteilungen aufgebaut, die formalisierte und abstrakte Tätigkeiten zu erfüllen haben. 'Teams' für Fundraising, Lobbying und Öffentlichkeitsarbeit sind herausragende Beispiele dafür.
Dieser professionelle Managerialismus in Umwelt NGOs läßt sich mit seiner Erfolgsorientierung als das von Herbert Marcuse beschriebene vorherrschende Realitätsprinzip (Rp) auffassen, das sämtliche Lebensbereiche der modernen Industriegesellschaft erfasst hat (vgl. Marcuse 1967). Der einzelne Mensch wird diesem ökonomischen Primat untergeordnet und fungiert nurmehr als Hilfsmittel zur Zielerreichung. Auf diese Weise holen sich die Umwelt NGOs mit ihrer Professionalisierung also das in der Gesellschaft vorherrschende Rp den Status Quo ins Haus und stehen ihm nicht (mehr) als Gegenmacht entgegen. Hinter dieser Handlung steht die Annahme, innerhalb des Systems mit den anderen (politischen und wirtschaftlichen) Akteuren auf einer Ebene stehend, einen effektiven Natur und Umweltschutz betreiben zu können. Diese Argumentation der NGO Manager steht Marcuses Überzeugung, dass Natur und Umweltschutz nur außerhalb des vorherrschenden Realitätsprinzips (Rp) gelingen kann, diametral gegenüber.

b) Selbst Management und AKU als Inkarnation des Realitätsprinzips
Wenn die Professionalisierung in Form von Organisations und Personalmanagement nun als Marcuses Rp angesehen werden kann, das von den NGOs als leistungssteigerndes Mittel übernommen worden ist, so muss auch das in 2.4. vorgestellte Selbst Management als Verinnerlichung des Rps durch die Mitarbeiter angesehen werden. Die Auswirkungen der Selbst Kontrolle, Selbst Ökonomisierung und Selbst Rationalisierung müssen dann mit Marcuse als selbstzerstörerische Verhaltensweisen verstanden werden, da das Rp dabei die Herrschaft über die "innere Natur" übernimmt. Als Managerialismus hält es jedenfalls Einzug in die "ureigenste Triebstruktur" der NGO Beschäftigten (Marcuse 2009: 176).
Unterstützt wird das Rp nach Marcuse dabei durch den Destruktionstrieb Thanatos der darauf bedacht ist, den Einzelnen möglichst wenigen inneren Widersprüchen und Spannungen auszusetzen. Auch unter der Gefahr, dass diese jntrojektion des Realitätsprinzips" dem Individuum in seiner Psyche und den eigenen Überzeugungen schadet, treibt ein (größerer) Teil der NGO Mitarbeiter diese dazu, sich selber dem zuvor kritisierten Leistungsprinzip zu beugen (vgl. Marcuse 1968: 30): "Der Schein der Selbstbestimmung[] ermöglicht die Internalisierung der das System reproduzierenden Bedürfnisse (systemimmanente Bedürfnisse): das Aufoktroyierte wird zum Angebotenen und dann zum Eigenen des Individuum, zum Gewählten. " (Marcuse 2009: 159)
Statt sich also weiter um authentisches Verhalten im NGO Beruf zu bemühen und den "äußeren Naturschutz" mit dem "inneren Naturschutz" zusammen zu bringen, bauen die (meisten) Beschäftigten im Zuge der "Selbst Rationalisierung" vielmehr "emotionale Schutzfilter" und eine "professionelle Distanz" auf (vgl. hierzu die Interviews , , , , ). Dadurch erhoffen sie sich, persönlich weniger an den Widersprüchen zwischen persönlicher Einstellung und beruflichem Leistungsstreben leiden zu müssen. Die persönlichen Emotionen bezüglich eines Arbeitsthemas gilt es also zu zügeln, da sich diese "radikale Sensibilität' die Marcuse doch als Protestpotential ausfindig gemacht hatte nicht mit der formalisierten Arbeit unter dem Rp Primat verträgt.


Aus Viola Köster (2012): „Umwelt-NGOs“ (S. 182f)
Nähme man diese Überlegungen in der Praxis ernst, müsste nun nach einer alternativen Professionalisierung für Umwelt NGOs gesucht werden. Diese hätte das innerste Protestpotential der Organisationen, die "radikale Sensibilität' und die "revolutionäre Subjektivität' ihrer Mitarbeiter zu schützen und auszubauen, anstatt sie wie bisher einzuschränken. Dieser "innere Naturschutz" ließe sich dadurch gewährleisten, dass sich die realen Arbeitsbedingungen in Umwelt NGOs mit den Ansprüchen der Mitarbeiter an den NGO Beruf decken. So müssten insbesondere die artikulierten Wünsche nach Selbstbestimmung, Kooperation, Arbeitsplatzsicherheit und Anerkennung im Beruf erfüllt werden. Dafür wären eine Arbeitszeitverkürzung, tatsächlich kooperativ getroffene Organisationsentscheidungen beispielsweise bezüglich der Fördergelder und der Methoden der Öffentlichkeitsarbeit Bürokratie- und Hierarchieabbau und die Auflösung abstrakter Arbeitsstrukturen erforderlich. Vor allem müsste jedoch auch der Widerspruch zwischen privat und beruflich vertretenen politischen Einstellungen gemindert werden, so dass sowohl die individuelle Authentizität der Mitarbeiter als auch die organisationale Glaubwürdigkeit gewährleistet würden. Die von den NGO Hauptamtlichen aufgebauten "emotionalen Schutzfilter" stellen unter den gegebenen Arbeitsbedingungen zwar einen nötigen Selbstschutzmechanismus dar, gleichzeitig aber auch eine Einschränkung 'des emotionalen Protestmotors' des Einzelnen. Die wirkliche, nicht die durch Change Management künstlich hergestellte Übereinstimmung von Wollen und Müssen der Mitarbeiter, könnte dann zum Erhalt der individuellen Authentizität, d. h. zum "inneren Naturschutz" und zur Steigerung des Protestpotentials der Organisationen führen und damit insgesamt auch zu vermehrten Kapazitäten für den "äußeren Naturschutz".
Ob dann aber überhaupt noch von Professionalisierung als erfolgssteigerndes Mittel gesprochen werden sollte, muss an dieser Stelle als Frage offen bleiben.



Beispiele politisch völlig unsinniger Appelle an führende PolitikerInnen. Sinn solcher Sammlungen sind die Adressen selbst, die dann mit Spendenaufrufen oder Anträgen zu Fördermitgliedschaften "bombardiert" werden. Links ausgestrahlt im Frühjahr 2010, rechts zeitgleich das personell z.T. identische Campact - mensch beachte die Zahl schon gesammelter Adressen. Das finanziert den MitarbeiterInnenstab!


Das gleiche mit einer Greenpeace-Unterschriftensammlung: Völlig unsinnige politische Forderung - klingt aber schön und lässt viele zum Kugelschreiber greifen. Zack, eine Adresse und damit einE potentielle SpenderIn mehr.


Und noch einer: Unterschriftensammlung von Friedensorganisationen ... allgemein, unpolitisch, Hauptsache die Adresse!

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