Offener Raum

GLEICHHEIT VOR DEM GESETZ

Urteile zur Gleichheit vor Gerichten


1. Die Grundlage im Grundgesetz
2. Urteile zur Gleichheit vor Gerichten
3. Polizei ist mehr wert - Strafe höher!
4. Links zur Sache

Im Original: Verfassungsgericht zu Artikel 3, Absatz 1
Aus dem Urteil des BVerfG: Erster Senat vom 7. Oktober 1980 -- 1 BvL 50, 89/79, 1 BvR 240/79 --
Diese Verfassungsnorm gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Demgemäß ist dieses Grundrecht vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 22, 387 [415]; 52, 277 [280]). Diesen Regelungsgehalt des Art. 3 Abs. 1 GG hat das Bundesverfassungsgericht namentlich im Zusammenhang mit Versuchen hervorgehoben, aus einem Gesetzeswerk eine den Gesetzgeber bindende Sachgesetzlichkeit herzuleiten und eine Systemwidrigkeit als Verletzung des Gleichheitssatzes zu beanstanden (BVerfGE 34, 103 [105]). ...
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erschöpft sich allerdings der Gleichheitssatz nicht in dem Verbot einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von Normadressaten. Vielmehr kommt in ihm ein Willkürverbot als fundamentales Rechtsprinzip zum Ausdruck, das nicht nur der Rechtsprechung, sondern auch der Gesetzgebung gewisse äußerste Grenzen setzt. Diese Grenze wird dann überschritten, wenn eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch die Gerichte bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht (BVerfGE 42, 64 [72 ff.]; Beschluß vom 29. April 1980 - 2 BvR 1441/ 79 - [EuGRZ 1980, S. 377] zur Anwendung von Präklusionsvorschriften).

Beschluß des Zweiten Senats vom 24. März 1976 -- 2 BvR 804/75 --
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG; sie sind willkürlich.
1. Das Gebot des allgemeinen Gleichheitssatzes, bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (BVerfGE 3, 58 [135], ständige Rechtsprechung), wendet sich nicht nur an den Gesetzgeber. Es bindet auch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung - unbeschadet der Bindung des Richters an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) - als unmittelbar geltendes Recht (Art. 1 Abs. 3 GG - vgl. auch BVerfGE 9, 137 [149]; 34, 325 [328]). Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn wesentlich Gleiches willkürlich ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich behandelt wird (BVerfGE 4, 144 [155], ständige Rechtsprechung).
Welche materiellen Schranken das im allgemeinen Gleichheitssatz enthaltene Willkürverbot allem staatlichen Handeln zieht, läßt sich angesichts der Vielfalt möglicher Lebenssachverhalte abstrakt nicht erschöpfend umreißen. Erst wenn Gesetzlichkeiten, die in der Sache selbst liegen, und die fundierten allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen der Gemeinschaft mißachtet werden, liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor (BVerfGE 9, 338 [349]; 13, 225 [228]). Der Maßstab dafür, was im konkreten Fall als in diesem Sinne willkürlich zu qualifizieren ist, ergibt sich nicht aus den subjektiven Gerechtigkeitsvorstellungen des gerade zur Rechtsanwendung Berufenen, sondern zunächst und vor allem aus den in den Grundrechten konkretisierten Wertentscheidungen und den fundamentalen Ordnungsprinzipien des Grundgesetzes.
Ebenso wie die besonderen Wertentscheidungen des Grundgesetzes die Freiheit des Gesetzgebers einschränken, selbst zu bestimmen, was "gleich" oder "ungleich" sein soll (vgl. BVerfGE 36, 321 [330]), werden auch der Rechtsprechung bei der Ausfüllung der ihr eingeräumten Ermessens- und Beurteilungsspielräume durch das Willkürverbot gewisse äußerste Grenzen gezogen. diese sind unter anderem dann überschritten, wenn sich für eine bei der Auslegung und Anwendung einer einfachrechtlichen Norm getroffene Abwägung sachlich zureichende, plausible Gründe nicht mehr finden lassen; beruht das Ergebnis der gerichtlichen Entscheidung auf dieser verfassungswidrigen Abwägung, so kann der Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG mit der Verfassungsbeschwerde erfolgreich gerügt werden. Dabei enthält die verfassungsgerichtliche Feststellung von Willkür auch in diesem Zusammenhang keinen subjektiven Schuldvorwurf, sondern will in einem objektiven Sinne verstanden sein; nicht subjektive Willkür führt zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit, sondern objektive, das heißt die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit einer Maßnahme im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, deren sie Herr werden soll (BVerfGE 2, 266 [281]; 4, 144 [155]).
Alles das gilt nicht nur bei der Auslegung und Anwendung materiellen Rechts; es gilt auch für die Handhabung des Verfahrensrechts. Das Verfahrensrecht dient der Herbeiführung gesetzmäßiger und unter diesem Blickpunkt richtiger, aber darüber hinaus auch im Rahmen dieser Richtigkeit gerechter Entscheidungen. Es hält daher dem Richter im Interesse einer dem jeweiligen Verfahrensgegenstand angemessenen Prozedur in weiten Bereichen Ermessens- und Beurteilungsspielräume zur Leitung, Förderung und Ausgestaltung des Verfahrensganges offen. § 139 ZPO ist dafür nur ein Beispiel unter mehreren. Auch die Auslegung und Anwendung von Verfahrensrecht kann - wenn sie willkürlich gehandhabt wird - gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen (vgl. BVerfGE 34, 325 [331]).
2. Unbeschadet dessen bleibt die Auslegung und Anwendung des einfachen materiellen und formellen Rechts grundsätzlich Sache der Fachgerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen; es ist kein Revisionsgericht. Welcher von zwei vertretbaren Auslegungen nach einfachem Recht der Vorzug gebührt oder ob noch eine weitere Auslegung möglich erscheint, hat das Bundesverfassungsgericht nicht zu entscheiden. Eine Rechtsauslegung, die mit dem Gleichheitssatz noch vereinbar ist, kann nicht deshalb für verfassungswidrig erklärt werden, weil eine andere Auslegung möglicherweise dem Gleichheitssatz besser entspräche (BVerfGE 27, 175 [178] mit Nachweisen).
Die verfassungsgerichtliche Kontrolle der Verletzung des Willkürverbots des Art. 3 Abs. 1 GG durch gerichtliche Entscheidungen greift also nicht bei jedem Fehler in der Auslegung und Anwendung des einfachen materiellen und formellen Rechts durch die Fachgerichte ein. Hinzukommen muß vielmehr, daß die fehlerhafte Anwendung des einfachen Rechts bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auch sachfremden Erwägungen beruht (BVerfGE 4, 1 [7], ständige Rechtsprechung). Das ist hier der Fall.

Urteil des Zweiten Senats vom 16. März 1955 -- 2 BvK 1/54 --
Der Gesetzgeber ist an den allgemeinen Gleichheitssatz in dem Sinne gebunden, daß er weder wesentlich Gleiches willkürlich ungleich noch wesentlich Ungleiches willkürlich gleich behandeln darf (BVerfGE 1, 52; 1, 247). Von einer Willkür des Gesetzgebers darf man aber nicht schon dann sprechen, wenn er im Rahmen seines freien Ermessens unter mehreren gerechten Lösungen im konkreten Falle nicht die "zweckmäßigste", "vernünftigste" oder "gerechteste" gewählt hat, vielmehr nur dann, wenn sich ein sachgerechter Grund für eine gesetzliche Bestimmung nicht finden läßt (BVerfGE 3, 182). Dabei genügt Willkür im objektiven Sinn, d. h. die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit der Regelung in bezug auf den zu ordnenden Gesetzgebungsgegenstand (BVerfGE 2, 281).

Beschluß des Ersten Senats vom 1. Juli 1954 -- 1 BvR 361/52 --
Ein solcher Verstoß liegt bei gerichtlichen Urteilen unter dem Gesichtspunkt des Willkürverbots des Art. 3 Abs. 1 GG nicht schon dann vor, wenn die Rechtsanwendung oder das eingeschlagene Verfahren Fehler enthalten. Hinzukommen muß vielmehr, daß diese bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich sind und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruhen.

Verfassungsklage wegen Ungleichbehandlung von Polizeizeugen und anderen vor Gericht
Im Verfahren gegen die Polizei wegen rechtswidriger Festnahme am 10.7.2004 in Lich hat der Betroffene Verfassungsbeschwerde eingereicht, nachdem zwei Gerichte die Annahme seiner Klage mit der Behauptung verweigerten, es bestände kein Rechtsschutzinteresse, da der Betroffene die Polizeiaktionen, u.a. die Festnahme, gegen ihn gewollt hätte. Das Gericht übernahm dabei die Darstellungen der Polizei ohne Erörterung in einer Verhandlung als "festgestellte Tatsachen", während die Ausführungen des nicht der Polizei angehörigen Betroffenen gar nicht beachtet wurden. Mehr zu diesen Urteilen und zur Verfassungsklage ...

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