Offener Raum

ESOTERIK UND LIFESTYLE

Beispiel: Zeitschrift "Connection"


1. Einleitung
2. Verharmlosend bis gefährlich ... die Seiten der Esoterik
3. Brücken nach rechts
4. Öko-Eso
5. Beispiel: Zeitschrift "Connection"
6. Schamanismus & Co.
7. Lifestyle, Gesundheit, Ernährung
8. Links

Bericht nach einem Bundes-Ökologie-Treffen
Nach der Debatte auf dem Bundes-Ökologie-Treffen habe ich einige Connection-Ausgaben (die Zeitung, um die da gestritten wurde, ob für sei auf dem BÖT Werbung gemacht werden dürfe) durchgeguckt. Ich möchte ein paar Ergebnisse niederschreiben, um zu verdeutlichen, warum ich meine, daß das klar antiemanzipatorisch ist. Dabei nehmen ich nicht die Einzelklopfer, sondern die generelle Richtung, weil es mir wichtiger ist, klarzustellen, daß es eben nicht nur Details sind, sondern das Grundsätzliche, was falsch, weil antiemanzipatorisch ist. Untersucht habe ich die Frage des Geschlechterverhältnisses. Ich komme zu dem Ergebnis, daß die Zeitung klare Rollenzuschreibungen macht und die Geschlechter unterschiedlich definiert.
Männer und Frauen haben dabei ganz verschiedene Ausrichtungen - und zwar kraft ihres Mann- bzw. Frauseins, nicht sozialisiert, sondern aufgrund ihres biologischen Geschlechts. Folgende Belege möchte ich anführen:
  • Connection-Sonderhefte: Es gibt ein Sonderheft zu Männern. Dieses heißt "Männer - ein starkes Geschlecht". Und es gibt eines zu Frauen. Das heißt: "Frauen - zwischen Auflehnung und Hingabe". Schon diese beiden Titel zeigen einen sehr eindeutigen Unterschied. Auch das Titelfoto symbolisiert diesen Unterschied.
  • Ein Text im Heft über Männer lautet "Der Mann muß männlich sein, und die Frau muß weiblich sein". So ist der Text dann auch: "Positive Männlichkeit bedeutet Initiative, Kreativität, Abenteuer". Frauen wird dann zugeschrieben: "Empfänglichkeit ... Erwarten ... Andacht". Zur Gewalt weiß der Autor: "Wenn Gewalt zum Abenteuer wird, wenn Gewalt zur Entdeckungsreise wird, zur Erforschung des Neuen, des Unbekannten, ist es von enormen Segen". Autor ist Osho, eine immer wieder in der Connection hochgelobte und zitierte Person. Früherer Name: Bhagwan.
  • Ein weiterer Text im Männer-Spezialheft in der Einleitung: "Männer brauchen Frauen, um sich stark, lebendig und schön zu fühlen .... Aggressivität ist der natürliche Ausdruck männlicher Kraft. Sie wird nur destruktiv, wenn sie unterdrückt wird" (aha, männliche Gewalt ist die Folge von Unterdrückung, der Vergewaltiger ist das eigentliche Opfer!).
  • Im Frauen-Heft dagegen finden sich endlose Texte dazu, daß die Frau das passive Geschlecht ist. "Wenn eine eine Frau bei einem Mann sexuelle Anerkennung findet, dann entsteht in ihr auf der Stelle ein sexuelles Selbstbewußtsein ...". Zu Wort kommt auch Sabine Lichtenfels, Cheftheoretikerin des ZEGG und die Person, die formuliert hat, daß Vergewaltigungen ein Problem sind, weil die Frauen sie nicht genießen.
  • Und im Heft zu "Mann&Frau" (das es auch noch gibt): "Mann-sein ist auf einmal zur Hypothek geworden, die viele Männer dazu verführte, sich eine weibliche Identität zuzulegen. Inzwischen hat sich auch das als Irrweg erwiesen."

Interessant sind auch die Grundaussagen zur Sexualität insgesamt. Hier wird ständig das Natürliche, Biologische in den Vordergrund gerückt. Und: "Sexualität und Religion bergen in sich das gleiche Geheimnis." Gut geeignet sind die Hefte sicher, um sich unter der Bettdecke einen runterzuholen, denn viele Seiten sind voller Detailberichte von sexuellen Handlungen - vorzugsweise (aber nicht nur) des wollustigen Beschreibens weiblicher Geschlechtsorgane.
Und als Abschluß ein allgemeiner Beleg für antiemanzipatorische Position der Titel eines Sonderheftes: "Meditation - tausend Wege, eine Wahrheit" (mensch beachte das "eine").
Ich meine daher: Zur kritischen Reflexion dient jeder Scheiß, Werbung sollten wir für so etwas niemals machen!!! Die Debatte auf dem BÖT zeigte, daß wir offensichtlich unfähig sind zum Handeln. In dieser Situation war die direkte Aktion (von wem auch immer), die Werbezettel einfach zu entfernen, richtig - und ein angenehmer Kontrast zu Ankündigungen, zum Thema Texte zu verfassen u.ä., was dann alles nicht geschah ...

Im Original: Kritik an der Kritik
Feindliche Literatur auf dem BÖT? Über die Linksalternativen und ihr Verhältnis zu Esoterik
Zum BÖT komme ich immer wieder gerne. Hier erle-be ich intensiven Austausch mit der alternativen Szene. Wer hier herkommt, sucht Alternativen zur konventionellen Praxis, will in Frage stellen, was das herrschen-de System stützt und möchte neue Werte und neue Wege ausprobieren. Was mich im Wesentlichen in die. links-alternative Szene zog, war mein Freiheitsbegriff, den ich in diesen Zusammenhängen fand. Freiheit ist die Freiheit des Menschen als Individuum, die Befreiung von aufgepfropfter, Denkmustern und Wertesystemen. JedeR darf denken, fühlen und tun, was ihr/m beliebt, solange er/sie niemandem anders schadet.
Mit dieser Einstellung und um Gleichgesinnte zu treffen, kam ich auch dieses Mal wieder aufs BÖT nach Clausthal, im Gepäck, die "connection“, die Zeitschrift „fürs Wesentliche“, wie sie sich nennt. In der Ausgabe "Spirituelle Ökologie“ wird die Spaltung von spirituellen SucherInnen und PolitaktivistInnen thematisiert. Die einen meditieren glücklich und still in ihrem Kämmerchen, die anderen demonstrieren sich müde, bis sie frustriert sind. Erst auf das gesunde Gleichgewicht einer inneren Ökologie können wirkungsvolle ökologische Reformen im Außen bauen. (connection S.3)
Aber leider ist die Spaltung in zwei Szenen die Realität. Für mich gehört beides zusammen und beides ist politisch: Innen- und Außenwelt, das Private und das Öffentliche, die Natur und das Sozia-le. Wer spaltet, der schließt aus, und sieht schließlich nur noch einen Ausschnitt, der Wirklichkeit. Die „Weltrevolution“ aber kann nur funktionieren, wenn man eben die ganze Welt mit einbezieht.
Deshalb halte ich es für sehr wichtig, die Verschiedenartigkeit der Wege zu akzeptieren und Gemeinsamkeiten statt Differenzen zu suchen, um eben Spaltungen, Vorurteile und Missverständnisse zu vermeiden, wie es sich z.B. nach Meinung einiger Beteiligter zwischen „Umweltschutz von unten" und BSÖ abzeichnen könnte.
Jetzt werden einige aufheulen und sagen: Aber wenn doch Sexismus, Faschismus. Biologismus etc. dahinter stehen ... Das sind fanatisch-emotional aufgeladene Totschlag-Abstempelungsbegriffe der linken Ideologen. Sind sie ausgesprochen, hat eine argumentativ-vorurteilsfreie Diskussion wenig Chancen. Ich habe mich doch sehr gewundert, als in einem AK, wo über die „Connection“ und das Auslegen der Zeitschrift, auf dem BÖT gesprochen werden sollte, eine zähe Diskussion um die Definition von Biologismus lief. Was hat das da zu suchen? Ich sehe die Angriffe gegen die „connection“ in keiner Weise gerechtfertigt. Geht es hier um pauschalisierendes Schubladendenken in Form von Ismen aufgrund paranoider Angst, das eigene Wirklichkeitsmodell könne in Frage gestellt werden oder um Neugierde und Verstehen vielleicht fremder Erkenntniswege und ein aufeinander Zugehen? Ich käme auch nicht auf die Idee, wegen eines - mir zudem nicht genau bekannten - Sexismusvorwurfes, jemanden unwiderruflich abzustempeln. Was passiert da? Folgen bier selbsternannte Anarchisten militärisch gehorsam den steifen Vorgaben Ihrer eigenen Ideologie?
Ich würde mir wirklich unter Menschen, die selbst den Anspruch haben, so behandelt zu werden, mehr Toleranz, Offenheit und die Bereitschaft zum Verständnis wünschen.
Die Vorwürfe der "Linksalternativen" gegen die sogenannte „Eso-Spiri-"Szene sind verschieden und reichen von einem milden Belächeln dieser an sich unwichtigen Geistesrichtung über den Vorwurf, auf unpolitische Weise von den gesellschaftlichen Missständen abzulenken bis hin zu massiven Angriffen, faschistisches, sexistisches und biologistisches Gedankengut zu verbreiten. Die Einstellungen sind so lächerlich widersprüchlich, dass man ihnen kaum Glauben schenken kann und wirken wie unhinterfragte Vorurteile. Ist „die Esoterik" nun unwichtig oder gefährlich? Politisch oder unpolitisch?
Wobei noch die Frage zu klären wäre, was denn eigentlich politisch ist? Muss man, um politisch zu sein, immer destruktiv sein, und das „herrschende System“ auf verbale, materielle oder personelle Weise angreifen oder zerstören? Diese Sichtweise halte ich für einseitig, aber sie scheint in der Szene verbreitet zu sein. Eine Art politischen Wirkens. die nur auf Zerstörung beruht, ist nicht in der Lage, neue Wege zwischenmenschlichen Zusammenlebens zu kreieren.
Um die Welt wirklich zu verändern, braucht es neue Ideen, neue Wege, nicht nur in den Köpfen. Wir können nicht warten, bis „das Sy-stem“ ausgemerzt ist, sondern wir sollten hier und jetzt mit dem „anders“-leben anfangen- und konstruktiv eine neue Wirklichkeit erschaffen. Das bedeutet erst mal Ausprobieren, Üben und auch Fehler machen, aber so lernen wir dazu.
In der Esoterik findet man abenteuerliche Wege, wie kaum woanders. Die Szene zeugt von großer Viel-falt wodurch sie, schwer zu umreißen ist, denn alles ist erlaubt rund jedeR hat die Möglichkeit, seine noch so absurde Idee zu veröffentlichen,. wobei man für sich selbst verantwortlich ist, anzunehmen oder abzulehnen, was da serviert wird. So eine große Freiheit und Akzeptanz ist mir noch nirgendwo anders begegnet. Ganz ohne von oben aufgepfropfte Ideologien und Werte, was ein wichtiges Merkmal der Esoterik ist, kann jedeR selbst wählen, was ihm/ihr zusagt. Ist das nicht ein hohes Maß an emanzipatorischer Selbstbestimmung und anarchistischer Toleranz? Wenn man Anarchismus und Selbstbestimmung möchte, kann man nicht fordern, dass alle den gleichen Lebensstil und die gleiche Ideologie haben, wie man selbst.
Den Vorwurf, die spirituelle Szene sei manipulativ, kann ich nicht teilen, denn im Wesentlichen geht es darum, sich selbst zu finden im Gefüge von Natur und Gesellschaft. Die spirituelle Erfahrung auf individueller Ebene steht über Ideologien und Wertesystemen, was genau der Unterschied zwischen Religion und Esoterik ist. Was emanzipatorischer als das und birgt zudem ein Potential zur individuell initiierten Gesellschaftsveränderung?
Ich hoffe, mein Artikel tritt Diskussionen los. Ich freue mich auf Resonanz und LeserInnenbriefe.
Iris Kunze, kunzei@uni-muenster.de
Quellen: connection special: „spirituelle Ökologie - der Blick aufs Ganze“ III/97, www.connection-medien.de


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