Offener Raum

ZIELE UND INHALTE VON ATTAC

Minimalreformen und Turbo-Realpolitik


1. Minimalreformen und Turbo-Realpolitik
2. Mehr Staat bitte!
3. Von Verkürzungen bis zu Falschdarstellungen
4. Für internationale Regulation und Steuerung
5. Kritiktext kurz nach Gründung des Attac-Vorläufers
6. Links

"Wir sind die erste weltweite Bewegung, die einzig für eine bessere Welt kämpft, frei von Interessen und Ideologien." (Attac-Mitglied im Film "un mondo diverso e possibile")

Highlights von Sven Giegold
Aus einem taz-Streitgespräch Giegold - Cohn-Bendit
taz: Sven Giegold, waren Sie auch mal Rätekommunist?
Sven Giegold: Ja, aber nicht Jahre, sondern viel kürzer. Im ersten Semester Politik habe ich begriffen, dass Anarchismus Unsinn ist und ... dass Selbstverwaltung eine gute Idee für Leute ist, die so leben wollen - aber keine Vision für die ganze Gesellschaft.
Giegold: Ich habe immer Rot-Grün gewählt: Erststimme SPD, Zweitstimme Grüne. Ganz pragmatisch. ...
Ich bin auch gegen bedingungslose Schuldenstreichung. ...
Gut. Ich teile, halb, ihre Idee, dass Europa ein Hebel gegen eine neoliberale Globalisierung sein kann. ...
Der Effizienzmangel im öffentlichen Sektor ist neben der Steuersenkung eine zweite Quelle der Delegitimierung des Staates. ...
Attac ist eine Bewegung, die man früher gemäßigt genannt hätte. Ich frage: Warum waren denn keine grünen Bundestagsabgeordneten beim Weltsozialforum in Porto Alegre? ...
Wir wollen nichts von vorgestern imitieren, sondern ein paar Essentials retten: zum Beispiel einen handlungsfähigen, umverteilenden Staat, der dafür hohe Steuern braucht. Und wie man in Schweden sieht, ist dies auch unter globalisierten Bedingungen mit einer florierenden Wirtschaft vereinbar.
Cohn-Bendit: Es sprach Sven Giegold, der künftige Finanzminister.



Harmonie und Langeweile
Im Jahr 2007 stieg Heiner Geißler bei Attac ein - irgendwie wuchs Attac zu einer Großfamilie, wo sich alle mögen und niemand mehr über geschärfte Positionen diskutiert. Piep - wir haben uns alle lieb. So hätte das Motte der Sommerakademie 2007 heißen können ... beachtlich war, wieviel die Medien über die Leere und Langeweile der Veranstaltung in Fulda berichteten.

Aus "Träumt schön", in: Junge Welt, 3.8.2007 (S. 5)
Pluralismus und Harmoniebedürftigkeit kennzeichneten am Mittwoch den ersten Abend der 6.Sommerakdemie des globalisierungskritischen Netzwerks ATTAC im hessischen Fulda. CDU-Oberbürgermeister Gerhard Möller höchstpersönlich begrüßte die Anwesenden in den Räumen der örtlichen Hochschule und sprach sich für einen "friedlichen Wettbewerb der Argumente, der Meinungen und vielleicht auch der Ideologien" aus. ...
Trotz ihrer kritisierten Basisferne war Leidig am ersten Abend in Fulda von Moderator Klaus-Rainer Rupp als Frau vorgestellt worden, die bei den G-8-Protesten "hautnah dabei" gewesen sei. Von den Zuhörern hatte sie sich "Mut zum Träumen" gewünscht und ihren Redebeitrag mit den Worten "In diesem Sinne: Träumt schön!" beendet.
Für weiteren Diskussionsstoff sorgte der Gastgeber selbst. "Ich freue mich über Ihren Entschluß, die diesjährige Sommerakademie auf unserem Campus durchzuführen", hatte Hochschulpräsident Professor Roland Schopf die Teilnehmer der ATTAC-Bildungsveranstaltung begrüßt. Stolz verkündete er, die Hochschule Fulda habe den "Bologna-Prozeß" abgeschlossen, sich damit neuen Herausforderungen gestellt und mehrere Bachelor- und Masterstudiengänge eingeführt. Von dieser Propaganda für das "marktgerechte" Bachelor-Studium im Schnelldurchlauf waren einige Zuhörer irritiert und fragten bei den Organisatoren nach, wie man mit so einem Standpunkt ATTAC unterstützen könne. Aber vielleicht war das ja mit der "Rolle der Pluralität" gemeint.


Welch spannendes Podium ... gähn!
Einen Tag später der nächste Artikel, diesmal unter dem Titel "Come together bei ATTAC", in: Junge Welt, 4.8.2007 (S. 5)
Am Donnerstag abend diskutierten bei der Sommerakademie von ATTAC Pedram Shayar vom Koordinierungskreis des globalisierungskritischen Netzwerks, dessen Aktivistin Nele Hirsch (die inzwischen als Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion republikweit bekannt geworden ist), die christliche Politologin Martina Wasserlos-Strunk sowie ATTAC-Neumitglied und Ex-CDU-Generalsekretär Heiner Geißler. ...
Es gehe heute vielmehr darum, Begriffe zu besetzen statt Bahnhöfe, wenn man eine Revolution machen wolle, so Geißler. Pedram Shayar forderte die Kontrolle der Bereiche Bildung, Gesundheit, Energie und Telekommunikation "durch eine demokratische öffentliche Hand". Für solche Forderungen gebe es inzwischen eine breite Zustimmung, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen sei. Die Mobilisierung gegen den G-8-Gipfel Anfang Juni in Heiligendamm sei vor allem deshalb ein Erfolg, weil man sie nicht mit Demonstrationen vor 1989 und dem darauffolgenden Zusammenbruch der Linken vergleichen dürfe, entgegnete Shayar auf einen Redebeitrag aus dem Publikum, der davor warnen wollte, die Lage zu optimistisch einzuschätzen.


Visionärer Flair für zurückhaltende Forderungen

SPD-MdB Michael Müller und Attac-Chefideologe Sven Giegold, veröffentlicht in: C. Grefe u.a., 2002: attac, Rowohlt Berlin - dort ist diese Passage als "angespannte Kommunikation von oben (Müller, venünftig) nach "unten" (Giegold, trotzig)" beschrieben.
Giegold: Was Ihr Ansehen bei uns sehr steigern würde: Bringen Sie einen Antrag ein in den Bundestag, mache Sie ein grundsätzliches Votum zur Besteuerung von Devisentransaktionen. Wenn Deutschland als drittgrößte Wirtschaftsnation erklären würde: "Wir finden dieses Instrument gut", dann würde uns das einen guten Schritt weiterbringen.
Müller: Ich bin ja richtig enttäuscht, wie gemäßigt Ihre Forderungen sind.


Sven Giegold zu "eine andere Welt"
Interview mit Sven Giegold (Mann des Jahres in der Zeitschrift "Neon", Jugendmagazin des Stern)
Frage: "Attac behauptet: Eine andere Welt ist möglich. Wie soll das gehen?"
Giegold: "Es gibt dafür keinen Blueprint, keine umfassende Ideologie. Allerdings würden schon die Verwirklichung von Forderungen wie Schuldenstreichung oder eine Steuer auf Devisenspekulationen reichen, um die extremsten Formen von Armut zu beseitigen. Für mich wäre das eine andere Welt."

Andere Zielgruppe, andere Töne: Aus einem Interview mit Sven Giegold in der Politischen Ökologie Nr. 85 (S. 60)
Unsere Forderungen sind konkret, machen aber noch keine andere Welt.

Jochen Stay, ständiger Werber für Attac und Mehrfach-Funktionär in den Verdener Filzorganisationen rund um Attac, in "FriedensForum" 5/2003 (S. 8)
... wenn beispielsweise Attac heute mit dem einerseits diffusen aber andererseits ehrgeizigen Slogan "Eine andere Welt ist möglich" agiert, dann zeigt dies schon, dass man bereit ist, sich mit den Mächtigen in Wirtschaft und Regierungen anzulegen, auch wenn ein kurzfristiger Erfolg nicht in Reichweite ist.

Aus Susan George, "Die Globalisierung der Konzerne" in: Christine Buchholz u.a., 2002, "Handbuch für Globalisierungskritiker", KiWi in Köln (S. 59)
Wir stehen auf der richtigen Seite des Kampfes, denn wir kämpfen für Würde, Anstand und Demokratie.

Romantisierung eines "von unten", während praktisch Weltinstitutionen gefordert werden
Umschlagtext Attac Deutschland (Hrsg.), 2004: "Alles über Attac". Fischer, Frankfurt
Es geht um nichts weniger, als unsere Zukunft wieder selbst in die Hand zu nehmen.

Der Mythos "Demokratie"
Demokratie = Antikapitalismus? (S. 3)
Aus dem Memorandum "Wege zu einer Alternativen Weltwirtschaftsordnung (AWWO)", Positionen in Attac Deutschland (Dritter Entwurf, September 2004)
Treten wir für eine öko-soziale Marktwirtschaft oder - antikapitalistisch - für eine ökologische Wirtschaftsdemokratie oder für eine Überwindung des Marktes zugunsten von Demokratisierung der Ökonomie ein?

Am 21. März 2009 brachte Attac ein Plagiat in Umlauf - sie fälschte eine Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit" auf den 1.5.2010. Eigentlich eine schöne Aktion der Kommunikationsguerilla, Marke "Fake". Leider allerdings nicht vollständig, denn so eine Label-Organisation kann einfach nicht handeln, ohne für sich selbst Werbung zu machen. Schließlich geht es immer auch um Spenden und Mitglieder. Das aber war nicht anders zu erwarten - die echte Kommunikationsguerilla kann offenbar nur von denen gelingen, die eine eigene Kollektividentität verstecken können, weil wie die nicht brauchen oder, besser, auch gar nicht haben.
Aber immerhin, ließe sich sagen, wenn da nicht der Inhalt wäre. Der nämlich ist eine Mischung aus Staatsglauben und Neokeynesianismus. "Wir haben kein Paradies an die Wand gemalt", wird Attac-Funktionärin Jutta Sundermann zwei Tage später verkünden (Interview in: Junge Welt, 23.3.2009, S. 2) - aber das ist noch harmlos. Obwohl die Aktionsform dafür geradezu prädestiniert wäre, findet sich kaum etwas Utopisches im Blatt. Das meiste könnten auch SPDlerInnen im Wahlkampf so formulieren - oder steht ohnehin in der TAZ, die den größten Teil der Auflage verteilt. Doch noch absurder: Im besagten Interview bezeichnet das Attac-Koordinierungskreismitglied die ohnehin schwächlichen Entwürfe als "nicht umsetzbar". Zitat: "Es wäre sicher auch vermessen zu glauben, daß eine solche Politik bis zum 1. Mai 2010 umsetzbar ist."
Da passt, die Junge Welt weiterzublättern und auf Seite 8 auf den Kommentar von Daniel Behruzi zu stoßen. Der schreibt zur Lage beim Autokonzern Opel (den die Linke ja unbedingt retten will): "Wie anders als durchstaatliche Lenkung kann die Umstellung bei Opel und anderen Autokonzernen auf gesellschaftlich sinnvolle Produkte bewerkstelligt werden?" Etwas anderes als den Retter Staat können sich Linken offenbar gar nicht vorstellen. Wer gibt nochmal die Aufträge für Polizeiautos, Panzer und anderes Bundeswehrgerät an solche Konzerne?

Im Original: Für einen etwas besseren Kapitalismus
Felix Kolb, Attac-Pressesprecher Deutschland, in "Politische Ökologie" Nr.72 (S. 60)
Was aber ist unsere Vision von einer "Globalisierung von unten"? Obwohl nirgends eine umfassende und klarumrissene Vision einer "Globalisierung von unten" niedergeschrieben ist, lässt sich aus der politischen Praxis der Bewegung die Richtung erkennen. Denn ein Großteil der Aktivitäten konzentriert sich auf eine gut überschaubare Zahl von Forderungen. Dazu gehören die Schuldenstreichung für so genannte Entwicklungsländer, die Schließung der weltweit über 60 Steueroasen oder der Stopp weiterer Liberalisierungen der Weltwirtschaft sowie die Einführung der Tobinsteuer ... Weitere Mosaiksteine der gesamten Forderungspalette sind die Einführung von Umwelt- und Sozialstandards im weltweiten Handel, die Begrenzung der Macht multinationaler Konzerne und die demokratische Reform internationaler Institutionen wie des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der Welthandelsorganisation sowie die Verteidigung der sozialen Sicherungssysteme.
Zusammengenommen drücken diese Forderungen die - zugegebenermaßen vage - Vision einer "Globalisierung von unten" aus. In politischer Hinsicht wird dies eine Welt, in der einerseits die Nationalstaaten ihre politische Handlungsfreiheit zurückgewinnen und andererseits Globalisierung einer politischen Steuer und demokratischen Kontrolle auf internationaler Ebene unterworfen wird.


Aus C. Grefe, M. Greffrath und H. Schumann, 2002: attac. Rowohlt Berlin (S. 177, 181)
In einem Vortrag, den sie kurz nach dem 11. September ..., hat die Vizepräsidentin von Attac Frankreich, Susan George, diesen "globalen Marshallplan" skizziert. Er verknüpft ökologische Erneuerung, globale Armutsbekämpfung und weltweite Demokratisierung. Und er stellt dem System der Entwicklungshilfe einen "globalen Keynesianismus", ja, die Idee eines "global welfare state" gegenüber. ...
Jahrelang hat die Bürgerbewegung von den Symbolen der "Gegner" gelebt: beim Kampf der Aktivisten gegen die Marken-Konzerne ebenso wie von den Demonstrationsbildern der Straßenschlachten vor den Konferenzsälen. "Aber diese Symbole waren nicht die wahren Ziele; sie waren immer nur Türen. Es ist an der Zeit hindurchzugehen." Attac ist auf diesem Weg. Seine Leitforderung, die Tobin-Steuer, ist wegen ihrer Plausibilität Symbol und Lösungsschritt zugleich.


Aus Attac Deutschland, 2002: Eine andere Welt ist möglich!, VSA Hamburg (S. 146)
Alle Gesellschaften, egal wie arm, haben Organisationen, die Bauern, ArbeiterInnen, Frauen, die Geschäftswelt und so weiter vertreten, und die je nach Regierung mehr oder weniger frei agieren können. Arabische und/oder muslimische Länder, die dem "Weltweiten Vertrag beitreten möchten", müssten große Bereitschaft zeigen, ihre eigenen fundamentalistischen Elemente zu isolieren. Es wäre oft hilfreich, VertreterInnen der NRO des Nordens und der Zivilgesellschaften einzubeziehen, die bereits mit unabhängigen Gruppen des Südens gearbeitet haben, um sicherzustellen, das die Regierung und die Elite nicht einfach manipulieren oder die "Zivilgesellschaft" ersetzen.

Felix Kolb, Attac-Pressesprecher, im Focus, S. 186 auf die Frage, was er von Investitionen der Konzerne im Trikont hält
Solange sich ein Konzern an die dortigen Auflagen hält und Steuern zahlt, ist dagegen nichts zu sagen.

Christoph Bautz, Öffentlichkeitsreferent im Attac-Büro in: Friedensforum 1/2002 (S. 46)
In den letzten Wochen wird in der Öffentlichkeit immer wieder die Notwendigkeit einer neuen Weltwirtschaftsordnung thematisiert. Attac versteht hierunter vor allem eine Rückeroberung von Gestaltungsspielräumen der Politik gegenüber der Wirtschaft. Nicht Finanzanlager und multinationale Konzerne dürfen die Politik in ihrem Sinne instrumentalisieren und bei Nichterfüllung ihrer Forderungen - niedrige Umwelt- und Sozialstandards, niedrige Steuern und Staatsausgaben, hohe Zinsen - mit Kapitalabzug drohen. Vielmehr muss die Politik der Globalisierung des Kapitals und der Konzerne einen internationalen Ordnungsrahmen entgegensetzen.

Aussage von attac-Koordinationskreis-Mitglied Werner Rätz, zitiert in iz3w Nov. 2001 (S. 22)
Wenn die Forderungen von Attac Regierungsprogramm wären, müsste man sie von links kritisieren.

FR, 24.5.2002 (S. 4)
Demokratische Regierungen hätten zwar teils die gleichen Ziele wie Attac. "Aber die bekommen Druck von den Akteuren der Finanzwelt - und weichen zurück. Wir wollen der Gegendruck sein", sagt Wahl.

Position für Mehrheits-Demokratie im Faltblatt "Attac - was ist das?" der Attac-Gruppe Köln
Globalisierung bedeutet heute, dass Interessengruppen wie der Weltwährungsfonds als undemokratische Institution die weltweite Ausweitung politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse betreiben. Wir wollen diese Prozesse nach den Bedürfnissen der Mehrheit der Menschen orientieren.

Aus einem Interview mit Sven Giegold in der FR am 14.9.2002 (S. 2)
Unsere Mitglieder sind sehr unterschiedlich. Sie sind einig in den Kernforderungen von Attac. Diese gemeinsam durchzusetzen, ist unser politisches Ziel, unabhängig von weltanschaulichen Unterschieden. ... Wirtschaftsverbände oder Konzerne vertreten ihre Eigeninteressen inzwischen sogar auf den internationalen UN-Konferenzen. Wir dagegen vertreten nicht einmal die persönlichen Interesse unserer Mitglieder - darunter Umwelt- und Entwicklungsorganisationen -, sondern wir richten unsere Politik am Gemeinwohl, an Ökologie, Entwicklung, sozialer Gerechtigkeit und Demokratie aus. ... Die Anhänger der Marktideologie waren so etwas wie die letzten Utopisten.
Frage: Irgendwann wird also der Vorstand der Deutschen Bank reumütig Attac beitreten?
Wenn das passiert, dann haben wir wohl unser Ziel erreicht und können den Laden zumachen.

Attac-Köln-Macher und PDSler Heinrich P. im Kommentar auf Indymedia
Und wenn Stoiber nicht Kanzler werden soll, dann müssen wir wohl (oder nicht ganz so übel) die PDS wählen. Nur wenn sie in den Bundestag kommt, wird Stoiber garantiert nicht gewählt (es sei denn die SPD fällt um). Kommt die PDS nicht in den Bundestag, hat Stoiber eine durchaus gute Chance. Also überlegt es Euch!
Ach ja, Kölner ATTACIES haben den ganzen Demoweg hinauf Müllsäcke verteilt. Aber wenn (wir alle) so mit unserer Umwelt umgehen?
Von Revolution spricht es sich oftmals leichter.


Giegold als besserer Unternehmer ... im besseren Kapitalismus
Aus einem Streitgespräch zwischen Attac-Chefideologie Sven Giegold und dem Millionär Bodo Schäfer, in: Welt am Sonntag (WamS), 25.8.2002 (zitiert nach CGW-Rundbrief Dez. 2002)
Schäfer: Niemand wird reich, ohne für andere Arbeit zu schaffen.
Giegold: Doch immer mehr Geld wird verdient, ohne das der Allgemeinheit etwas zurückgegeben wird: durch Erbschaft und Spekulationsgewinne. Das ist gesellschaftlich schädlich. Wir brauchen nicht nur Armuts-, sondern auch Reichtums-Linderung. ...
Schäfer: Mir ist vor allem die Freiheit wichtig, meine Zeit selbst einzuteilen zu können. Dazu brauche ich Mitarbeiter, die gerne tun, was ich nicht selber tun will.
Giegold: ... im Büro haben wir auch Mitarbeiter, die mir Dinge abnehmen. ...
Schäfer: ... Ich bin an acht Firmen beteiligt, da kommt der eine oder andere Euro rein. Und dann arbeitet ja auch das Geld für mich. So konnte ich mich aus dem Tagesgeschäft meiner Firmen zurückziehen - womit wir wieder bei meinem Verständnis von Freiheit wären.
Giegold: Ich habe auch Anteile an einer Firma - unserer Wohnungsgenossenschaft, mit der wir zwei ökologische Häuser gekauft und umgebaut haben, wodurch 25 Arbeitsplätze entstanden.
Schäfer: Woher kommt denn das Geld für die Häuser?
Giegold: Von ethischen Investoren, die uns Mittel mit geringer Rendite geliehen haben.
Schäfer: Sehen Sie - das Geld, das Sie ausgeben, muss irgendwo verdient werden, wahrscheinlich auf eine Weise, die Ihnen nicht gefällt. Sie schaffen ja selber nichts.
Giegold: Doch. Im genannten Gründerzentrum, das ich mit aufgebaut habe, gibt es produzierende Betriebe, die Häuser bauen, Essen kochen, sich um Kinder kümmern. Ich bestreite ja auch gar nicht, dass man mit Geld im positiven Sinn gestalten kann.
WamS: Gibt es für Sie also einen moralisch "guten" Kapitalismus wie in Ihrem Zentrum und einen "bösen", für den Herr Schäfer steht?
Giegold: Kapitalismus ist immer verschieden - der amerikanische unterschiedet sich stark vom schwedischen oder dänischen, wie ich ihn vorziehe ...
Schäfer: ... Ich spende zehn Prozent von allem, was ich einnehme, für gute Zwecke, habe eine Stiftung für Waisenkinder ins Leben gerufen.
Giegold: Das finde ich ja auch gut, und es wäre schön, wenn diese Kultur in Deutschland stärker wachsen würde.

Mehr Jubel für den skandinavischen Kapitalismus
Sven Giegold im Interview der Freitag, 14.5.2004 (S. 4)
Die skandinavischen Beispiele zeigen, dass trotz des realen Globalisierungsdrucks, der ja nicht zu leugnen ist, ein aufgebauter Sozialstaat und ökonomischer Erfolg sich keineswegs ausschließen.

Sven Giegold am 1. Mai 2004 als Hauptredner beim DGB Fulda
In Skandinavien sieht man, dass wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und niedrigere Arbeitslosigkeit sehr wohl mit stärkeren sozialen Rechten und öffentlichen Ausgaben vereinbar sind; auch unter Bedingungen der Globalisierung. ... Ich bin nach realistischer Abwägung der Vor- und Nachteile ein Befürworter der Marktwirtschaft.

Aus Ignacio Ramonet (Attac-Initiator und Ehrenpräsident, Chefredakteur der le monde diplomatique), 2002: "Kriege des 21. Jahrhunderts". Rotpunktverlag, Zürich
... Weltsozialforum im brasilianischen Porto Alegre. Dort sind fünf von den sechs Milliarden Menschen vertreten, die auf dieser Welt leben. Das Forum von Porto Alegre vertritt die Menschheit. Was sich dort jedes Jahr Ende Januar versammelt, ist zum ersten Mal in der Geschichte - die Menschheit.
Und sie tut es unter anderem, um sich dafür einzusetzen, dass die Vereinten Nationen als entscheidungs- und handlungsfähige Institutionen im internationalen Rechtssystem einen zentralen Platz erhalten und einen dauerhaften Frieden durchsetzen können, dass die internationalen Gerichtshöfe aufgewertet werden, um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Demokratie und das Gemeinwohl zu ahnden, dass Manipulationen durch die Massenmedien verurteilt werden, die Frauendiskriminerung überwunden wird, neue Umweltgesetze beschlossen werden, das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung durchgesetzt wird, Steuerparadiese verboten werden und eine solidarische Wirtschaft gefördert wird.

Attac-Papier zur Alternativen Wirtschaftsordnung

Interview in der Jungen Welt vom 24.9.2003 mit Attac-Funktionär Philipp Hersel (S. 3)
jW: Der Internationale Währungsfond (IWF) und die Weltbank halten derzeit in Dubai am Persischen Golf ihre Jahrestagung ab. ATTAC wirft den beiden Bretton-Woods-Institutionen vor, vollkommen undemokratisch zu sein. Weshalb?
Antwort: Beide Institutionen sind so konstruiert, daß die Stimmrechte innerhalb der Institution nach der Wirtschaftsleistung der Länder verteilt ist. Das führt dazu, daß die zwölf reichsten Industrieländer zusammen mehr als 50 Prozent der Stimmrechte haben.
Das klingt gut, zeigt aber die populistische Ader von ATTAC. Denn die WTO ist nach dieser Logik gut, weil demokratisch. Dort hat jedes Land eine Stimme. Zum zweiten hat Attac auch mal deutlich gesagt, daß die Beschlüsse von Bretton Woods verteidigt werden müssen gegen den neoliberalen Kurs der Jetzt-Zeit. Alle diese Aussagen sind Nonsens - aber sie zeigen, daß ATTAC es egal ist, sich ständig zu widersprechen. Hauptsache ist, in der jeweiligen Minute mit einer populistischen Äußerungen zu landen und so die Schafherde und das eigene Image zu organisieren.

Oskar Lafontaine in der Werbezeitung von attac, Beilage zur Jungen Welt 5.10.2001
Unterstützt Attac!
Von Oskar Lafontaine
Der 83jährige Nobelpreisträger James Tobin grummelte kürzlich in einem Spiegelinterview: „ Die mißbrauchen meinen Namen ... Ich habe nicht gemein mit diesen Antiglobalisierungsrevoluzzer. Ich bin ein Anhänger des Freihandels.“ Da hatte der ältere Herr wohl die Bilder aus Seattle und Genua im Kopf. Er übersieht dabei, dass die groe Mehrheit der Globalisierungskritiker für Gewaltfreiheit eintritt. Zudem kämpft ein Teil von ihnen für den Freihandel ... Joschka Fischer wirft den Globalisierungskritikern „abgestandenen linksradikalen Antikapitalismus“ vor. Sie kämpfen aber für etwas ganz anderes: die Rettung der Demokratie.


Aus der "Erklärung für eine demokratische Kontrolle der Finanzmärkte" (Gründungspapier des Netzwerkes für eine demokratische Kontrolle der Finanzmärkte, aus dem dann durch Umbenennung Attac Deutschland entstand), Quelle: www.share-online.de/Finanzmaerkte/erklaerung.html, am 17.5.2000)
Durch internationale politische Regulierung könnten die entfesselten Marktkräfte soweit gezähmt werden, dass ihr destruktives Potenzial eingedämmt wird.

Aus dem Einladung für ein Seminar der Evangelischen Akademie Iserlohn zut attac-Bewegung, Febr. 2002
Die in Frankreich gegründete ATTAC-Bewegung fordert die Einführung einer solchen Steuer (gemeint ist die Tobin-Steuer), um Wildwüchse der Globalisierung zu begrenzen.

Sven Giegold, Attac-Koordinationskreis, im Vorwort der Stichwort Bayer, 1/2002
Gute und schlechte Konzerne?
Es ist nicht akzeptabel, dass Bayer & Co. in vielerlei Hinsicht von öffentlichen Einrichtungen und Infrastruktur profitieren, ihre Gewinne aber in Deutschland nicht mehr versteuern.


Leserbrief von Jörg Bergstedt (mehr Infos zu Attac & Co. unter go.to/tobin-tax), nicht abgedruckt
Was will die Coordination gegen Bayer-Gefahren mit Attac? Diese Frage stellt sich verschärft seit der letzten Ausgabe von Stichwort Bayer, wo der Attac-Funktionär Sven Giegold seine wirren Wirtschaftstheorien vorstellen konnte. Dieser Text war nicht eingebunden in eine Pro&Contra-Sicht oder eine kritische Berichterstattung, sondern der neue "König der NGOs" konnte ein Vorwort schreiben. Was er dort dann aussagte, ist typische Attac-Gesellschafts"analyse" - und so alt wie falsch. Daß das Problem an den Konzernen sei, daß sie nicht genug Steuern zahlen, sollte der CBG eigentlich als falsche Analyse bekannt sein. "Es ist nicht akzeptabel, dass Bayer & Co. in vielerlei Hinsicht von öffentlichen Einrichtungen und Infrastruktur profitieren, ihre Gewinne aber in Deutschland nicht mehr versteuern", schreibt Giegold am Ende des Vorwortes. Das wäre sicherlich kompatibel zur NPD - wie manches aus der attac-Hierarchie. Dort wird keine Analyse von Herrschafts- und Verwertungsverhältnissen gemacht, sondern einfach ein Rettungsversuch für den Nationalstaat unternommen. Was bitte, wäre gewonnen, wenn Bayer in Deutschland Steuern zahlen würde? Mehr Geld für mehr Kriege? Aber solche Fragen nach Macht und Interessen stellt attac nicht. Das ist nicht neu neu. Was aber ist mit der Coordination gegen Bayer-Gefahren - die hatte auch schon mal bessere Analysen drauf.

Felix Kolb, Pressesprecher von Attac Deutschland, im Interview der Jungen Welt, 2.1.2002
Kolb: ...Eine Organisation, die die Einzelnen die Möglichkeit an die Hand gibt, sich für eine andere Globalisierung, für eine Zivilisierung des globalen Kapitalismus zu engagieren.
Junge Welt: Zivilisierung des Kapitalismus?
Kolb: Ja. ... Einerseits brauchen wir ein bißchen mehr Staat, wenn es darum geht, umzuverteilen und Gerechtigkeit herzustellen. Andererseits braucht es auch überstaatliche Regulierungen, denn viele Probleme, egal ob in der Umwelt oder in sozialen und wirtschaftlichen Fragen, sind globaler Natur und müssen daher auf der multilateralen Ebene gelöst werden.


Sven Giegold im Politchat bei Sabine Christiansen am 4.4.2004
Eine Wirtschaft, die mit ethischen Prinzipien vereinbar ist, braucht soziale, ökologische und demokratische Regulierungen. Ohne Regulierung werden Märkte tyrannisch. Das Problem ist, dass Regulierungen unter Globalisierungsstress kommen. Deshalb engagieren Sie sich bei Attac für die Internationalisierung sozialer Gerechtigkeit.

Aus Stefan Steinberg, "Ungezügelter Opportunismus und unerschütterliches Vertrauen in den bürgerlichen Staat" (25. Oktober 2001)
Auch andere führende Mitglieder der deutschen Attac-Bewegung haben deutlich gemacht, dass sie bei aller Kritik an internationalen Institutionen für deren Stärkung eintreten. So erklärte Peter Wahl, vor kurzem im Spiegel: "Der Vorwurf, dass Attac internationale Institutionen pauschal ablehnen würde, trifft nicht zu. Zunehmend globalisierten Märkten muss ein globaler Ordnungsrahmen entgegengesetzt werden, der die Allmacht der Märkte wieder unter demokratische Kontrolle bringt. WTO, IWF und Weltbank könnten theoretisch hierfür durchaus geeignete Institutionen sein."

Jürgen Borchert auf dem Attac-Kongress Oktober 2001 in Berlin im Interview mit Stefan Steinberg
Ich habe den Punkt gemacht, das sozialer Unfrieden vor allem den Geldwert trifft. Man könnte sogar sagen, dass, wenn es Attac nicht gäbe, es auch von Seiten des Kapitals nötig wäre, es zu erfinden. Es ist in dem Sinn ähnlich wie mit der Entwicklung der Gewerkschaften: Sie haben auch für das Kapital eine wichtige Rolle gespielt, um soziale Unzufriedenheit zu verhindern. Ich sehe darin eine ähnliche Rolle für Attac.

Positiver Bezug auf Nachhaltigkeit und Agenda 21 (S. 18, 37)
Aus dem Memorandum "Wege zu einer Alternativen Weltwirtschaftsordnung (AWWO)", Positionen in Attac Deutschland (Dritter Entwurf, September 2004)
1992 einigte sich die Weltgemeinschaft auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro auf das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung, wobei die Industriestaaten ihre vorrangige Verantwortung für ein Umsteuern in Richtung ressourcenschonender Entwicklung anerkannten. ...
Trotz der Vereinnahmung des Nachhaltigkeitskonzeptes ("nachhaltige Globalisierung") enthält dieses Konzept ein grundlegend kritisches Potential gegenüber den herrschenden ökonomischen und ökologischen Ausbeutungsverhältnissen. ...
Ziel der europäischen Agrarpolitik muss eine nachhaltige Entwicklung der Lebens- und Wirtschaftsweisen im ländlichen Raum sein.


Am Beispiel: Financial Crimes
Im September brachte Attac eine Zeitung heraus, die die Financial Times Deutschland nachmachte, aber mit - vermeintlich - anderem Inhalt. Technisch gut gemacht schufen die MacherInnen mit ihrem kreativen Potential aber mal wieder den Langweilern der Polittheorie aus Attac und Umfeld eine Plattform. Die boten Inhalte dar, die so auch aus der SPD kommen könnten ...

Auf Seite 1
Weg von der Jagd nach Rekorddividenden mit gemeingefährlichen Spekulationsinstrumenten, hin zu einem Bankensystem, das den sozialen und ökologischen Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger dient.
Leitartikel
Es wird Zeit, dass die Politik handelt und Banken kleiner macht. Diese Deutsche Bank können wir uns nicht leisten.


Zum Vergleich: Aus dem Vorwort zum "Hamburger Programm" der SPD:
Aber die globalen Finanz- und Kapitalmärkte, die keine Grenzen mehr kennen, stellen diese bewährte Ordnung in Frage. Eine ausschließliche Orientierung an kurzfristigen und überzogenen Renditen gefährdet den sozialen Zusammenhalt und ist blind für die ökologischen Notwendigkeiten. Sie untergräbt zugleich den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg unserer Unternehmen und unserer Volkswirtschaft.
(S. 43)

Aus dem Editorial (Seite 2)
Wir brauchen ein ganz anderes Finanzsystem, das nicht mehr der Bereicherung weniger dient, sondern Geld dorthin leitet, wo es gesellschaftlich benötigt wird.

Zum Vergleich: Aus dem Vorwort zum "Hamburger Programm" der SPD:
Wir brauchen Spielregeln für Investoren und Fonds, die eine einseitige Renditeorientierung zu Lasten des langfristigen Substanzerhalts von Unternehmen verhindern. Mit der zunehmenden internationalen Vernetzung der Güter- und Finanzmärkte wird ihre internationale Regulierung immer bedeutsamer. Nur transparente Finanzmärkte sind effiziente Finanzmärkte. Stabile nationale und internationale Finanzmärkte sind ein wichtiges öffentliches Gut. Um Rechtssicherheit und Vertrauen zu verbessern, wollen wir mit anderen Staaten und internationalen Institutionen gemeinsam handeln. Durch klare Regeln und wirksame Aufsicht gilt es Stabilitätsrisiken und volkswirtschaftlich schädliche Fehlentwicklungen zu verhindern. Wo möglich, wollen wir dies durch das nationale Steuer- und Aktienrecht unterstützen.
(S. 47)

Scheidler, Fabian: „Intransparenz mit System“
Und vielleicht erinnern ja in der Zwischenzeit die Bürger ihre Abgeordneten daran, die Kontrollhoheit über die Staatsausgaben zurückzuerobern.

Zum Vergleich: Aus dem Vorwort zum "Hamburger Programm" der SPD:
Unsere Prämisse, dass der Staat handlungsfähig sein muss, dass Demokratie keine Ohnmacht verträgt und Gestalten vor Erdulden geht, setzt sich immer mehr durch. ...
Soziale Demokratie erfordert einen handlungsfähigen Staat. Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten. Für politische Gestaltung braucht der Staat ausreichende und verlässliche Einnahmen. (S. 45)


Werner Rügemer: „Fatale Verflechtung“
Dabei müssten sie jetzt zerschlagen und ihr Geschäftsmodell verändert werden, wenn die nächste Krise verhindert werden soll.

Es war nur ein kleiner Artikel, den Rügemer mit dieser aus dem sonstigen Tenor der Zeitung herausfallenden Formulierungen erhielt. Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Autor im Gegensatz zum sozialdemokratischen Attac-Mainstream bewegt, aber weiter auf der Erfolgsplattform mitschwimmen will.

Heribert Prantl: „Feuerprobe für die Demokratie“ (Seite 3)
Attac ist Anreger und Aufreger. Attac will mit seinem Werben für die Transaktionssteuer im Speziellen und für ein sozialverträgliches Wirtschaften im Allgemeinen dafür sorgen, dass der Sozialstaat finanziert werden kann. Das ist nicht einfach Wohltätigkeit, das ist Einsatz für die Demokratie. Sozialstaat und Demokratie gehören zusammen. ...
Demokratie ist etwas ganz anderes, sie ist eine Gemeinschaft, die ihre Zukunft miteinander gestaltet. Die Dirigenten der Finanzmärkte haben sich aus diesem Miteinander ausgekoppelt. Attac versucht, diese Entkoppelung wieder rückgängig zu machen. Die globale Ökonomie braucht eine globale politische Antwort.
„Ein Staat, dem die Gerechtigkeit fehlt, ist nichts anderes als eine große Räuberbande.“ Dieser Satz stammt nicht von der Gewerkschaft Verdi, nicht von der Linkspartei und nicht von Attac. Er stammt vom heiligen Augustinus. Vielleicht wäre der heute Mitglied bei Attac.


Zur Person:
Prantl ist Innenressort-Chef der Süddeutschen Zeitung. Also solches mischt er in Organisierungsdebatten politischer Bewegung mit. Beim Castorprotest 2010 schrieb er in der SZ vom 8.11.2010:
Es ist ein Fiasko für diesen friedlichen Protest, wenn er von Gewalttätern diskreditiert wird. Solche Gewalt erlaubt es nämlich einer verbohrten Atompolitik, sich als Hüter von Recht und Ordnung zu stilisieren und von der empörten und neu erwachten Massenkritik an der rollenden Ratlosigkeit der Atompolitik abzulenken. ...
Wer ein Gleisbett zerstört, ist genauso ein Straftäter wie der, der den Bahnverkehr mit Wurfankern sabotiert oder Gleise zersägt. ...Wer so etwas tut, ist nicht verzweifelt, sondern gefährlich und dumm. Die Gefährlichkeit solcher Störer ist offenkundig. Ihre Dummheit ergibt sich daraus, dass sie ihrem angeblichen oder echten Anliegen nur schaden. Ihre Anschläge erschlagen die seriösen und berechtigten Argumente der Atomgegner ...


Barbara Happe: „Leistung, die Leiden schafft“ (Seite 4)
Es ist höchste Zeit, dass die Deutsche Bank ihren hehren Worten auch Taten folgen lässt! Weg von Atom- und Waffenfinanzierungen und hin zu einer Bank mit Gewissen und praktizierten Grundsätzen.

Chris Methmann: „Banken hoffen auf den Emissionshandel“
Wenn aber dadurch ähnliche Preisschwankungen wie auf dem Nahrungsmittelmarkt entstehen, wird die Zukunft des Klimaschutzes vollends unplanbar.

Ulrike Herrmann: „Ungerecht und ökonomisch unsinnig“ (Seite 6)
Umverteilung ist also nötig. Aber es reicht nicht, nur die Steuern auf Einkommen und Vermögen anzuheben. Man muss das Geld in eine nachhaltige Zukunft investieren. Deutschland wird neue Konjunkturpakete brauchen – aber eine Abwrackprämie sollte diesmal nicht dabei sein.

Zum Vergleich aus dem "Hamburger Programm" der SPD:
Wo die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen die Gesellschaft teilt in solche, die über andere verfügen, und solche, über die verfügt wird, verstößt sie gegen die gleiche Freiheit und ist darum ungerecht. Daher erfordert Gerechtigkeit mehr Gleichheit in der Verteilung von Einkommen, Vermögen und Macht. (S. 15)
Wer überdurchschnittlich verdient, mehr Vermögen besitzt als andere, muss auch mehr zum Wohl der Gesellschaft beitragen.
(S. 16)

Sven Giegold im Interview
Wir brauchen eine Doppelstrategie: gemeinwohlorientierte Kräfte stärken und illegitimen Einfluss von mächtigen Partikularinteressen schwächen. Dazu können wir als Gesetzgeber Entscheidendes leisten.

Zur Person:
Sven Giegold ist Europaabgeordneter der Grünen. Zweifelhaft ist bereits, dass hier einem Parteivertreter viel Platz eingeräumt wird (mit Personenfoto). Giegold wird allerdings von Attac ständig gefördert und in die Öffentlichkeit gebracht - er ist einer der Gründer von Attac und hat weiterhin hervorragende persönliche Kontakte in die Führungsapparate. Auch viele Attac-Mitglieder erkennen Giegold weiter als Vordenker an - auf großen Versammlung wird er fast wie eine Lichtgestalt gehuldigt.

Philipp Hersel: „Bankensystem reloaded“ (Seite 7)
Die Kontrollorgane (Verwaltungs- und Aufsichtsräte) der Banken sind in ihren Kompetenzen zu stärken und personell durch Vertreter gesellschaftlicher Organisationen wie Gewerkschaften, Umweltverbände, Verbraucherschützer, soziale Einrichtungen und Bewegungen zu erweitern. Die Mitglieder der Kontrollorgane müssen eine demokratische Legitimation haben, gegebenenfalls durch direkte Wahl. ...
Wie es zu Recht eine Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und Millionenausgaben für die AIDS-Prävention gibt, so wäre unsere Gesellschaft gut beraten, viel Geld in die Aufklärung über die Risiken unkontrollierter Finanzmärkte zu investieren. Auch wenn sie auf ihre Kernfunktionen zurückgestutzt sind – man kann die demokratische Kontrolle der Banken nicht allein Parlamenten und Parteien überlassen. Nicht nur Attac sollte sich daher auf eine künftige Mitwirkung in den Kontrollgremien der Banken vorbereiten.


Aus Detlev von Larcher und Ralf Krämer: „Alternativen zum Kaputtsparen“ (Seite 8)
Nachdem Bankenrettungen und Konjunktureinbrüche die öffentlichen Haushalte erheblich geschröpft haben, steht nun der Abbau von Staatsschulden ganz oben auf der politischen Agenda. Als Mittel dazu werden von den meisten EU-Regierungen - so auch von der Bundesregierung – rigide Sparprogramme und die damit verbundenen Einschnitte ins soziale Netz als alternativlos dargestellt. Diese Einschätzung verwundert, wenn man sich vor Augen führt, dass dem Schuldenberg der öffentlichen Hand auf der anderen Seite ein enormer und in den Händen weniger hoch konzentrierter privater Reichtum gegenübersteht, der über die letzten zehn Jahre sogar erheblich gewachsen ist.
Von 1999 bis 2009 erhöhte sich das private Vermögen in Deutschland um 1100 Milliarden auf 6,6 Billionen Euro. Das oberste Zehntel der Bevölkerung besaß 2007 einen Anteil von 61 Prozent am Gesamtvermögen. Was also würde näher liegen, als diese Vermögen zur Finanzierung der Krisenkosten und der dringend notwendigen öffentlichen Aufgaben heranzuziehen? Zumal die Vermögenden durch die Bankenrettungspakete mit Millarden aus Steuergeld vor größeren Verlusten bewahrt wurden.
Tatsächlich gibt es dazu längst eine Reihe von Konzepten, die aber von der Bundesregierung geflissentlich ignoriert werden. Attac und Verdi etwa haben ihre bereits vor einigen Jahren vorgestellte Solidarische Einfachsteuer unter dem Eindruck der Krise weiterentwickelt. Das Konzept umfasst sieben zentrale Punkte:


  • Eine gerechte, progressive Einkommensteuer mit einem Spitzensteuersatz von 53 Prozent. Dazu müssen Schlupflöcher geschlossen und eine vollständige Erfassung und Besteuerung hoher Einkommen durch wirksame Kontrollen und Prüfungen gesichert werden.
  • Eine Reichensteuer mit einem Höchstsatz von 56 Prozent ab einem Jahreseinkommen von 125.000 Euro. Das jährliche Aufkommen einer so reformierten Einkommensteuer würde um zirka vier Milliarden Euro pro Jahr höher ausfallen.
    Die Wiedererhebung der Vermögensteuer auf reformierter Grundlage. Bei einem Freibetrag von 500.000 Euro je Haushalt und einem Steuersatz von einem Prozent auf das den Freibetrag übersteigende Vermögen wird mit einem Aufkommen von 20 Milliarden Euro gerechnet.
  • Zusätzlich zur Vermögenssteuer wird für Vermögen ab zwei Millionen Euro progressiv ein Solidaritätszuschlag von zwei bis fünf Prozent für eine Frist von mindestens fünf Jahren erhoben. Das würde mehrere Milliarden Euro jährliche Zusatzeinnahmen bringen.
    Erbschaftsteuer: Bei einer korrekten Erfassung aller Vermögensarten wäre der Gesamtwert des vererbten Vermögens doppelt so hoch wie vorher. Zusätzlich würden mehr Erbfälle steuerpflichtig werden. Die Einnahmen würden sich von heute vier auf acht Milliarden Euro verdoppeln. Durch Verstärkung der Progression und Schließung von Schlupflöchern (etwa bei Schenkungen) ließe sich das Aufkommen sogar auf zehn Milliarden steigern.
  • Unternehmenssteuern: Finanzkräftige Unternehmen, die von den Regierungen Schröder und Merkel immer weiter entlastet wurden, sind durch eine Erhöhung der Körperschaftsteuer und eine Stärkung (statt Abschaffung) der Gewerbesteuer bei gleichzeitiger Verbreiterung der Bemessungsgrundlagen verstärkt heranzuziehen. Mehreinnahmen von etwa 20 Milliarden Euro sind realistisch.
    Eine Finanztransaktionsteuer würde die Spekulation auf den Finanzmärkten dämpfen und die Profiteure des Finanzcasinos an den Kosten der Krise beteiligen. Außerdem bliebe noch Geld für die Entwicklung der Länder des Südens. Ein Steuersatz von nur 0,1 Prozent würde weltweit rund 700 Mrd. US-Dollar jährlich erbringen, davon allein 320 Miliarden in Europa.
  • Die Superreichen der Welt halten ungefähr 11,5 Billionen US-Dollar in Steueroasen. Damit hinterziehen sie den Finanzämtern jährlich Steuern in Höhe von zirka 250 Milliarden US-Dollar. 30 Milliarden Euro gehen Deutschland verloren. Ein automatischer Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden der Länder und von den Finanzinstituten zu den Steuerbehörden würde wirksam Steuervermeidung und –hinterziehung bekämpfen. Das zeigen die angekauften CDs aus den Schattenfinanzplätzen.

Alternativvorschläge zum Kaputtsparen gibt es also reichlich. Es fragt sich nur, warum sich die Bundesregierung so heftig dagegen sträubt, sie zur Kenntnis zu nehmen. Vielleicht sollte sie bedenken, dass internationale Umfragen immer wieder die Finnen als die glücklichsten Menschen der Welt identifizieren - und das, obwohl in kaum einem Land so hohe Steuern – besonders für Spitzenverdiener zu zahlen sind.

Aus Rainald Ötsch: „Mit Robin Hood gegen Armut und Resignation“
Die Steuer auf Finanztransaktionen war nie die einzige Forderung der Bewegung. Als prominenteste Forderung trägt sie jedoch Symbolcharakter für eine neue Form globaler solidarischer Politik. ...
Die Finanztransaktionssteuer ist zwar kein Allheilmittel. Da sie jedoch speziell kurzfristige Spekulation belastet, zielt sie genau auf die exzessiven Zockereien des Casino-Kapitalismus, trifft dessen Profiteure und schrumpft den aufgeblähten Finanzsektor.


Aus Andrea Vetter und Matthias Schmelzer: „Besetzen statt besitzen“
Das nächste Mal, wenn es Sie zwickt, den Gürtel noch ein Stückchen enger zu schnallen, dann fangen Sie doch einfach mal damit an – setzen Sie sich statt auf die Parkbank vor die Commerzbank, statt auf die Spielplatzbank vor die Deutsche Bank – damit die Spielbank des internationalen Finanzhandels endlich geschlossen wird.


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